• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "CUP-Syndrom: Untersuchungsstrategien beim unbekannten Primärtumor" (12.04.1990)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "CUP-Syndrom: Untersuchungsstrategien beim unbekannten Primärtumor" (12.04.1990)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

DIE ÜBERSICHT

CUP-Syndrom

Untersuchungsstrategien beim unbekannten Primärtumor

Michael Friedrich

Der unbekannte Primärtumor zeichnet sich durch eine pri- mär atypische Verteilung und ein atypisches Metastasie- rungsmuster aus. Beide Faktoren erschweren seine Auffin- dung erheblich. Die diagnostische Strategie zielt auf eine ex- akte Bestimmung der Tumorausdehung und das Herausfin- den der potentiell kurablen Tumoren ab. Das therapeutische Vorgehen ist beim kurablen Tumor, auch im disseminierten

Stadium, auf die Erzielung einer Vollremission gerichtet.

Definition

Das CUP-Syndrom (Carcinoma of Unknown Primary) liegt vor, wenn bei einem Patienten 1. die Manife- station einer malignen Neoplasie bioptisch zweifelsfrei gesichert ist und 2. durch Anamnese, körperliche Untersuchung und ein diagnosti- sches Untersuchungsprogramm, das sich am Allgemeinzustand des Pa- tienten und Ort der Metastase orien- tiert, der Primärtumor nicht gefun- den werden kann. Die Histologie muß zweifelsfrei Malignität nachwei- sen und darf in ihrer Art nicht zu einer primären Tumorentstehung am Ort des bioptischen Nachweises passen.

Diese Situation tritt in fünf bis zehn Prozent aller Patienten mit Tu- morerkrankung auf und erfordert ei- ne interdisziplinär abgestimmte Un- tersuchungsstrategie. Hierbei sind einige tumorbiologische Besonder- heiten des CUP-Syndroms zu be- rücksichtigen:

• Das atypische lokalisatori- sche Verteilungsmuster der beim CUP-Syndrom schließlich gefunde- nen Primärtumoren. Für supradia- phragmale Metastasen kommt die Lunge, für infradiaphragmale Filiae das Pankreas als wahrscheinlichste Primärtumorlokalisation in Betracht.

• Das atypische Metastasie- rungsmuster beim unbekannten Pri- märtumor. Während zum Beispiel beim klinisch bekannten Bronchial- karzinom in 30 bis 50 Prozent Kno- chenherde vorkommen, haben Pa- tienten mit CUP-Syndrom, bei denen autoptisch schließlich ein Bronchial- karzinom als Primärtumor gesichert wird, nur in vier Prozent Knochen- metastasen. Die biologischen Ursa- chen hierfür sind unbekannt.

Die weiteren tumorbiologischen Besonderheiten beim CUP-Syndrom hängen miteinander zusammen:

O Die geringe Tumorgröße des unbekannten Primärtumors zum Zeitpunkt der Feststellung des CUP- Syndroms im Vergleich zum klinisch manifesten Tumor.

• Das häufigere Vorkommen einer undifferenzierten Histologie mit biologisch aggressiverem Wachs- tumsverhalten des Tumors.

• Die frühere Metastasierung dieser Tumoren mit der Tendenz der Metastasen zu schnellerem Wachs- tum als der Ausgangstumor.

• Die relativ schlechten durch- schnittlichen Behandlungsmöglich- keiten der Tumorerkrankung beim CUP-Syndrom.

Diagnostische Strategie

Die mediane Überlebenszeit beim CUP-Syndrom beträgt nach Renner und Mitarbeitern zirka neun Monate und ist vergleichbar derjeni- gen beim metastasierten Mamma- karzinom oder kleinzelligen Bron- Röntgenabteilung (Chefarzt: Professor Dr.

med. Michael Friedrich) des Krankenhau- ses am Urban, Berlin

chialkarzinom. Das Hauptziel der diagnostischen Strategie beim CUP- Syndrom ist nicht die unbedingte Auffindung des Primärtumors um je- den Preis. Vielmehr wird von ihr er- wartet: 1. Die exakte Bestimmung der Tumorausdehnung (Metastasie- rung) und damit die Einordnung des Patienten in eine bestimmte Progno- sekategorie. 2. Das Herausfinden der potentiell kurablen Tumoren (extragonadaler Keimzelltumoren, Hodgkin- Non-Hodgkin-Lymphom und Trophoblasttumor) und der durch eine schonende Hormonthera- pie (Brust-, Prostata- und Endome- trium-Karzinom) oder hocheffektive Chemotherapie gut zu behandeln- den Tumoren (zum Beispiel kleinzel- liges Bronchialkarzinom). Diese ma- chen etwa 10 bis 15 Prozent der un- bekannten Primärtumoren aus.

Die Diagnostik muß zeitsparend und rational sein; Aufwand und Be- lastung für den Patienten müssen in vernünftiger Relation zu den Thera- piemöglichkeiten stehen. Die Vor- stellung, die primäre Tumorlokalisa- tion für eine effektive Therapie un- bedingt finden zu müssen, sowie die Unzulänglichkeiten der diagnosti- schen Verfahren dürfen keinesfalls zu einer sinnlosen Eskalation der Diagnostik führen. Man muß beim A-1190 (46) Dt. Ärztebl. 87, Heft 15, 12. April 1990

(2)

CUP-Syndrom damit rechnen, nur in zirka 15 Prozent den Primärtumor intra vitam finden zu können, zirka 50 Prozent werden post mortem aut- optisch geklärt und zirka 30 Prozent bleiben für immer im Dunkeln.

Als Ursachen für diese schlechte klinisch-diagnostische Effizienz müs- sen diskutiert werden: 1. intra vitam die immer noch fehlende Vollkom- menheit unserer gegenwärtigen kli- nischen Diagnoseverfahren, speziell der bildgebenden Verfahren, 2. in- travital wie postmortal die unzurei- chende standardmäßige makrosko- pisch-pathologische und histologi- sche Aufarbeitung des Biopsiemate- rials sowie der hohe Anteil undiffe- renzierter Tumoren.

So wurden in einer retrospekti- ven Therapiestudie zum CUP-Syn- drom von Rathmann und Mitarbei- tern bei insgesamt 84 Patienten durch bildgebende Verfahren nur in sechs Fällen, durch die Histologie in- tra vitam 11 mal die Primärtumor- diagnose gestellt. Weitere Gründe für das Nichtauffinden von Primär- tumoren können sein: 3. die klinisch unbemerkte Entfernung oder Zer- störung des Primärtumors durch Ex- zision/Verschorfung/Curettage sowie die Abschilferung/Abstoßung nekro- tischer Tumoren von der Haut oder der Darmschleimhaut und 4. eine spontane Tumorregression.

Das diagnostische Basisprogramm beim CUP-Syndrom besteht aus:

—Anamnese

—gründlicher körperlicher Un- tersuchung einschließlich Lymph- knotenstationen, Haut, Mamma, Prostata, Zervix, Rektum, Hoden

—Labordiagnostik (großes Blut- bild, Tumormarker, Hämokkult-Test und Urinzytologie)

—Röntgen-Thorax und Sono- graphie des Abdomens.

Bei der Erhebung der Anamnese sollte intensiv nach früheren „Ver- schorfungen"/Biopsien „harmloser Hautveränderungen", Entfernung

„benigner" Kolon-Polypen, Gebär- mutterhals-Dilatationen/Curettagen mit dem Ergebnis „kein Krebs", nach Prostatabiopsien, die „nur benigne Prostatahypertrophie" ergaben und jeglichen anderen chirurgischen Ein- griffen, bei denen Gewebe entfernt wurde, gefragt werden.

Das diagnostische Basispro- gramm soll den in der onkologischen Sprechstunde tätigen Arzt mit relativ einfachen Mitteln in die Lage verset- zen, das CUP-Syndrom im Sinne ei- ner limitierten umschriebenen oder einer disseminierten Tumorerkran- kung einzuordnen, den Ort der biop- tischen Entnahme festzulegen und gegebenenfalls aufwendigere weitere Diagnoseverfahren gezielt anzufor- dern. Hierbei sollte vor jeder zusätz- lichen Untersuchung geprüft wer- den, ob deren Ergebnis die Therapie beeinflußt und ob damit die Chance besteht, einen potentiell kurablen Tumor aus der überwiegenden Mehrzahl der prognostisch ungünsti- gen Tumorentitäten beim CUP-Syn- drom herauszufinden. Unspezifische Labortests, etwa die Bestimmung all- gemeiner Tumormarker wie des CEA sind für diese Fragestellung un- geeignet.

Die Prognose und die Behand- lungsmöglichkeiten sind wie bei den meisten anderen Tumorerkrankun- gen stark abhängig von der Lokalisa- tion und Ausdehnung der Metasta- sierung. An Hand des diagnostischen Basisprogramms kann der Patient ei- ner der drei Prognosegruppen zuge- ordnet werden:

C) lokal begrenzte Tumormani- festation (mediane Überlebenszeit 21 Monate)

disseminierte Tumorausbrei- tung (mediane Überlebenszeit 7 Mo- nate) und

C) infauste Prognose (mediane Überlebenszeit 2 Monate)

Bei lokal begrenzter Tumorma- nifestation engt die lymphonodale Metastasierung den Ursprungsort des Primärtumors meist mehr oder weniger ein. Bei der disseminierten Erkrankung tragen die bildgebenden Verfahren zur Primärtumorauffin- dung bei, sie sind jedoch in den mei- sten Fällen zu unspezifisch, so daß frühzeitig eine histologische Klärung folgen muß, da diese eine deutlich höhere Spezifität bezüglich der Tu- morentität besitzt.

Wird beim diagnostischen Basis- programm eine primär infauste Pro- gnose festgestellt, folgt keine weitere Diagnostik, sondern eine symptoma- tische Therapie (Analgesie, stabili- sierende/analgetische Bestrahlung

von Knochenherden, Linderung von Dyspnoe und Ileuszuständen).

Liegt eine disseminierte Tumor- ausdehnung vor, ist in jedem Falle die Biopsie obligat, da sie in einem Teil der Fälle die Tumorentität klärt und damit die Kurabilität bezie- hungsweise Therapiemöglichkeiten der Tumorerkrankung entscheidend mitbestimmt Die weiterführende Diagnostik mit bildgebenden Ver- fahren (Computertomographie des Thorax, des Abdomens, des Schä- dels, Knochenszintigraphie) richtet sich darüber hinaus nach der Meta- stasenlokalisation, der klinischen Symptomatik und individuellen Pa- tientenparametern wie Allgemeinzu- stand, Alter, Karnofsky-Index und Therapiewilligkeit des Patienten. Bei gutem AZ wird man eher zu einer weiterführenden Diagnostik und ag- gressiveren Therapie tendieren als bei schlechtem AZ.

Neben den bildgebenden Dia- gnoseverfahren können einige Tu- mormarker (Enzyme, Hormone, On- ko-fetale Antigene und andere Stoff- wechselprodukte) spezifische Hin- weise auf den primären Tumorsitz liefern:

—saure Prostata-Phosphatase (Prostata-Ca.)

—das Prostata-spezifische Anti- gen (PSA) (Prostata-Ca.)

—Kalzitonin (medulläres Schilddrüsen-Ca.)

—Thyreoglobulin (metastasie- rendes Schilddrüsen-Ca.)

—Lysozym (histiozytäres Lym- phom)

—alpha-Fetoprotein (Differen- zierung gonadaler und extragonada- ler Keimzelltumoren, hepatozellulä- res CA.)

—Ostradiol (Granulosazelltu- more)

Patienten mit lokal begrenzter Tumorausbreitung haben meist eine günstige Prognose und sind durch ei- ne lokale operativ/onkologische Kombinationsbehandlung potentiell kurabel. Sie erfordern eine differen- zierte Diagnostik.

Bei Verdacht auf eine solitäre Hirnmetastase sollte eine stereotak- tische Abklärung erfolgen und je nach Tumorentität und klinischer Symptomatik ein palliativer Thera- pieversuch unternommen werden, Dt. Ärztebl. 87, Heft 15, 12. April 1990 (47) A-1191

(3)

wobei die generell nicht günstige Prognose zu berücksichtigen ist.

Bei isoliertem Lungenherd wird dieser exstirpiert, was zugleich Teil einer lokalen Therapie darstellt. Ein vorgeschaltetes kranielles Compu- tertomogramm sollte Hirnmetasta- sen ausschließen.

Bei isoliertem Leberherd oder organbegrenzter Lebermetastasie- rung muß eine endoskopisch/radio- logische Abklärung des Gastrointe- stinaltrakts erfolgen.

Bei isoliertem Knochenherd (osteoplastisch/osteolytisch) ist das radiologische Bild nicht ausreichend spezifisch, um den Primärtumor an- zuzeigen. Vor einer operativ/onkolo- gischen Kombinationstherapie, in deren Verlauf die Histologie geklärt werden sollte, sind zusätzlich zum Basisprogramm ein kranielles CT und der Ausschluß einer monoklona- len Gammopathie (Myelom) erfor- derlich.

Bei lymphonodal begrenzter Manifestation sind die lymphogenen lokalen Metastasierungswege beson- ders zu berücksichtigen:

—zervikale Lymphknoten: Pri- märtumor im HNO-Bereich, kom- binierte radiologisch/endoskopisch/

HNO-ärztliche Abklärung

—supraklavikuläre Lymphkno- ten: je nach Histologie kommen un- ter anderem Lungenmalignome, Ösophagus- oder Magen-Ca., Mam- ma-Ca. und Hodentumoren in Be- tracht. Zur Basisdiagnostik kommt die Bronchoskopie, gastrointestinale Endoskopie, bei der Frau die Mam- mographie, beim Mann die Hoden- sonographie hinzu.

—axilläre Lymphknoten: bei Frauen mit Adeno-Ca-Manifestation in 50 Prozent, bei positivem Östro- gen/Progesteron-Rezeptorstatus in fast 100 Prozent auf Mamma-Ca.

hinweisend

—inguinale Lymphknoten: wei- sen meist eindeutig auf den Primär- tumor hin und treten deshalb beim CUP-Syndrom nur selten auf.

—supradiaphragmale Lymph- knoten insgesamt: Bronchial-Karzi- nom

—infradiaphragmale Lymphkno- ten insgesamt: Pankreas-Karzinom

Den entscheidenden Beitrag bei der Abklärung des CUP-Syndroms

leistet oft der Pathologe durch die Erbringung einer spezifischen Histo- logie. Mit lichtmikroskopischen Me- thoden ist allerdings meist nur eine grobe Gruppenzuordnung des unbe- kannten Primärtumors möglich, zum Beispiel durch:

—papilläre Tumorformationen, etwa in zervikalen Lymphknoten, die in erster Linie auf ein Schilddrüsen- Karzinom hindeuten, obwohl auch andere Ursprungsgebiete (Lunge, Ovar) in Frage kommen

—verschleimende Adeno-Karzi- nom-Metastasen, die auf den Ga- strointestinaltrakt, aber auch das Ovar hinweisen

—Siegelringzellen als Ausdruck eines Magen-Karzinom, aber auch zahlreicher anderer Organ-Karzino- me (Mamma, Dickdarm)

—Plattenepithel-Karzinom-Me- tastasen schließlich sind auch vom Pathologen oft nur unter Berück- sichtigung des Entnahmeortes hin- sichtlich des Primärtumors grob zu klassifizieren.

Im Einzelfall können spezifische Hinweise durch Zelleinschlüsse und/

oder Stoffwechselprodukte gewon- nen werden, zum Beispiel durch Psammomkörperchen in peritone- alen Metastasen als Hinweis auf ein seröses Adeno-Karzinom des Ovars, allerdings auch auf ein papilläres Schilddrüsen-Karzinom oder durch den Nachweis von Gallepigment in den Filiae eines hepatozellulären Karzinoms oder von Melanin in Me- lanommetastasen.

Die Elektronenmikroskopie, an die sich anfangs große Hoffnungen bezüglich dieser Fragestellung ge- knüpft haben, wird heute nur noch in wenigen Fällen eingesetzt, etwa zum Nachweis neurosekretorischer Gra- nula zum spezifischen Nachweis des alveolären Weichteil-Sarkoms.

Ein sprunghafter Fortschritt in der histologischen Differenzierung des CUP-Syndroms konnte durch die Immunhistologie erzielt werden. Im wesentlichen sind es drei Gruppen von Zellmarkern, die mittels poli- oder monoklonaler Antikörper in oder an den Zellen spezifisch nach- gewiesen werden können:

1. Intermediärfilamente 2. Oberflächenmarker

3. intrazytoplasmatische Marker

Intermediärfilamente kommen als sieben bis elfµ große Elemente des sogenannten Zytoskeletts in al- len Körperzellen in fünf gewebespe- zifischen Formen vor:

—epitheliales Zellsystem: Kera- tin

—mesenchymales Zellsystem:

Vimentin

—muskuläres Zellsystem: Des- min

—Glia-Zellsystem: GFAP = Gliafibrilläres saures 'Protein

—neuronales Zellsystem: Neu- rofilamente

Gegen diese gewebespezifischen Antigene sind monoklonale Antikör- per hergestellt worden. Die Expres- sion dieser Antigene des Ursprungs- gewebes bleibt auch in den meisten Tumorzellen erhalten, so daß eine spezifische Zuordnung von Tumoren zum Ursprungsgewebe möglich ist.

So sind zum Beispiel alle Karzinome keratinpositiv und, weniger spezi- fisch, auch positiv für das epitheliale Membranantigen, alle Nicht-Mus- kel-Sarkome, das heißt Tumoren mesenchymalen Ursprungs, Keratin- negativ und Vimentin-positiv, wäh- rend Muskel-Sarkome Desmin-posi- tiv und Muskel-Aktin-positiv sind.

Alle Gliome, zum Beispiel Astrozy- tome, Glioblastome, enthalten den GFAP-Marker und sind damit als Tumorgruppe zu erfassen, ebenso wie die Neuroblastome und Phäo- chromozytome durch die Neurofila- mente.

Wichtig für den die Biopsie vor- nehmenden Arzt ist die Rücksprache mit dem Pathologen über die Präpa- rataufarbeitung. So sind nicht alle immunhistochemischen Färbeme- thoden an formalin-fixiertem Mate- rial durchführbar. Zu den auch an formalin-fixiertem Material arbei- tenden Antikörpern zählt auch der- jenige gegen das Kil-Antigen in Hodgkin und den hochmalignen Kil- Lymphomen, die dadurch von undif- ferenzierten Karzinomen und ande- ren Lymphomen, wie T-Zell-Lym- phom spezifisch abgetrennt werden können.

Als weitere Beispiele für eine gewebespezifische Tumoridentifizie- rung sollen der S100-Antikörper ge- gen Melanomzellen und neuro-en- dokrine Karzinome, die Antikörper A-1192 (48) Dt. Ärztebl. 87, Heft 15, 12. April 1990

(4)

gegen Neurofilamente in der Diffe- renzierung kindlicher Tumoren so- wie die Antikörper gegen die intrazy- toplasmatische x-Expression gegen leichte Ketten zur Identifizierung des Plasmozytoms genannt werden.

Besonders durch Kombination ver- schiedener Marker gewinnt die im- munhistochemische Aussage eine bisher ungeahnte Spezifität. So zeichnet sich zum Beispiel das Karzi- noid durch die Marker-Kombination Keratin, Chromogranin, Synaptofu- sin und Serotonin aus, während das medulläre Schilddrüsen-Karzinom die spezifische Kombination Kalzito- nin und Thyreoglobulin besitzt. Das Prostata-Karzinom enthält das Pro- stata-spezifische Antigen PSA.

Innerhalb des Keratin-Antigen- Systems, das sich aus 20 verschiede- nen Polipeptiden zusammensetzt, sind Versuche zur Unterscheidung von Platten- und Zylinderepithel-ty- pischen Keratin-Komponenten ge- macht worden (Fischer, Altmanns- berger et al.). So enthält das Dick- darm-Karzinom kein Keratin 7, das hepatozelluläre Karzinom kein Ke- ratin 7 und 19. Mit monoklonalen Antikörpern gegen Keratin 7, 8, 18 und 19 gelingt die gewebespezifische Differentialdiagnose zwischen Gal- lengangs-Karzinom, Gallenblasen- Karzinom, Pankreas-Karzinom und Mamma-Karzinom.

Therapeutisches Vorgehen

Das therapeutische Vorgehen beim CUP-Syndrom wird maßgeblich von der Lokalisation und Ausdeh- nung der Tumorerkrankung entspre- chend den oben definierten Progno- segruppen bestimmt. In einzelnen Therapiestudien (Wildfang et al.

Rathmann et al.) zum CUP-Syndrom wird die oben erwähnte Prognose- gruppe 1 (primär begrenzte Tumor- manifestation) in zwei Untergruppen unterteilt:

—isolierte Organherde (Gehirn, Leber, Lunge, Knochen) ohne Lymphknoten-Filia und

— die primär lympho-nodale Metastasierung.

Innerhalb der einzelnen Progno- segruppen beim CUP-Syndrom be-

einflußt außer dem Allgemeinzu- stand und dem Karnofsky-Index we- der das Alter noch die Histologie die mediane Überlebenszeit, mit einer Ausnahme: das extragonadale Keim- zell-Syndrom, das oft in primär dis- seminiertem Stadium mit ausge- dehntem Mittellinien-Strukturenbe- fall (paraaortale Lymphknotenpake- te) und diffuser Lungenmetastasie- rung zur Diagnostik kommt, besitzt trotz fortgeschrittener Ausdehnung dank der modernen platinhaltigen Chemotherapie eine relativ günstige Prognose, die sich zumindest von der infausten Prognose der anderen dis- seminierten Tumormanifestationen deutlich unterscheidet.

Innerhalb der Gruppe 1 haben Patienten mit isolierter Organfilia ei- ne deutlich schlechtere Prognose (mediane Überlebenszeit: 14 Mona- te) als die Patienten mit primär lym- pho-nodaler Manifestation (mediane Überlebenszeit: 22 Monate). Letzte- re werden in der Regel kombiniert radikal-operativ und strahlenthera- peutisch in kurativer Absicht behan- delt, wobei das Bestrahlungsfeld das potentielle Ursprungsgebiet des Pri- märtumors möglichst voll mitein- schließen soll (speziell bei Hals- Kopf-Tumoren). Für beide Gruppen ist nach Strahlentherapie in kurati- ver Intention mit einer kompletten Remissionsrate von ca. 60 Prozent zu rechnen.

Bei Patienten mit CUP-Syndrom und disseminiertem Befall ist nach Ausschluß eines extragonadalen Keimzell-Syndroms ein Gespräch mit dem Patienten und den Angehö- rigen zu führen, in dem die Behand- lungschancen und -folgen einer ag- gressiven Chemotherapie dargelegt und die Therapiewilligkeit des Pa- tienten erfragt werden muß. Sind po- sitive Voraussetzungen für eine sol- che Therapie gegeben, so folgt beim CUP-Syndrom mit undifferenzierter Histologie sowie beim extragonada- len Keimzell-Syndrom eine Kombi- nations-Chemotherapie mit Cispla- tin, Ifosfamid, VP 16 (PIV-Schema).

In diesen Fällen einer angestrebten Kuration wird eine maximale Toxizi- tät der Chemotherapie mit vorüber- gehender Verschlechterung der Le- bensqualität in Kauf genommen Bei Adeno-Karzinomen unbekannter

Herkunft findet ein weniger aggres- sives FAM-Schema oder eine Mono- therapie mit 5-Fluorouracil oder Anthracyclinen Anwendung. Bei hormonabhängigen Tumoren (Mam- ma-Ca., Prostata-Ca.) wird das Spek- trum der Hormontherapie einge- setzt.

In der Gruppe mit primär disse- minierter Erkrankung erreicht die Strahlentherapie eine Remissionsra- te unter 20 Prozent, in der Gruppe mit infauster Prognose ist allenfalls eine Verschlechterung in 30 Prozent vorübergehend aufzuhalten.

Neben den erwähnten diagnosti- schen Problemen ergibt sich für den behandelnden Arzt beim CUP-Syn- drom aber noch ein anderer Aspekt:

er muß sich darauf einstellen, daß seine Entscheidung hinsichtlich Dia- gnostik- und Therapiebegrenzung seitens des Patienten und seiner An- gehörigen auf wenig Akzeptanz und Verständnis stoßen kann. Bei dem Kranken kann dadurch der Eindruck fachlicher Inkompetenz oder einer mangelnden Fürsorge entstehen.

Die Erhaltung oder Wiederherstel- lung einer möglichst hohen Lebens- qualität ist beim CUP-Syndrom im Hinblick auf die kurze Überlebens- zeit vorrangiges Ziel der diagnosti- schen Untersuchungsstrategie und allen therapeutischen Handelns.

Das Übersichtsreferat faßt Ergebnis- se einer wissenschaftlichen Sitzung auf dem 70. Deutschen Röntgenkongreß in Bremen zusammen. Allen beitragenden Rednern sei hiermit herzlich gedankt.

Literatur zu beziehen über den Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med.

Michael Friedrich Chefarzt der Röntgenabteilung Krankenhaus am Urban Dieffenbachstraße 1 1000 Berlin 61

Dt. Ärztebl. 87, Heft 15, 12. April 1990 (51) A-1193

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

am Pauli-Prinzip, das es niht erlaubt, die Wellenpakete der einzelnen T eilhen

Al- len Definitionen gemeinsam ist der initiale histologische Nachweis einer Metastase, die zufällig oder aufgrund einer Symptomatik bei einem Patien- ten entdeckt wurde,

"Ich möchte Dich nicht verwunde(r)n mit einer Behauptung und doch kann ich sie nicht vermeiden: Ich glaube es Euch nimmermehr, selbst wenn ihr es glaubt, daß die Kindermärchen

[r]

In der "alpha" wurden eine Vielzahl von Arbeiten über die Geschichte der Mathematik veröffentlicht.. Die im folgenden chronologisch aufgelisteten, mathematikhistorischen

Wenn heute die deutsche Polarforschung wieder zu größeren Unternehmungen aufbricht und mit dem Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven endlich auch über ein eigenes

kis als Umbildung von ki scheitert daran, daß in diesem Fall auch andere wortscbließende k{i) zu kis hätten werden mUssen. Übrigens bleiben für den, der dieses ki-s anders

nimmt, daß es sie zerbricht oder zerschmettert. Gar nicht einleuchtend aber ist es, wenn auch ürmibhib plnvamänab sich auf das „rötliche Roß". beziehen soll. Oij)enbebo's