A2148 Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 3027. Juli 2007
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o ärgerlich die kommende Abgeltungssteuer auch sein mag, sie nährte wenigstens die Hoff- nung vieler Anleger, dass dem Fis- kus die Lust am Schnüffeln abhan- denkommen könnte. Wie anders sollte es denn auch sein, wenn der Staat schon direkt sein Scherflein, ein fettes zumal, über die Depotban- ken einzieht, dann müsste sich doch die Neugier des Staats zügeln lassen, und der ungehörige Blick in die Port- folios müsste dann doch wohl sein zwangsläufiges und auch noch sach- lich begründetes Ende finden. Weitgefehlt. Die heimliche Abfrage von Kontenstammdaten durch Ermittler und Steuerfahnder geht munter wei- ter. Im Gegenteil, das Bundesver- fassungsgericht erklärte die Lausch- praxis für rechtmäßig, quasi ein Punktsieg für den Schnüffelstaat. Die Regeln zum automatisierten Kon- tenabruf verstießen nicht gegen das im Grundgesetz niedergelegte Recht auf informelle Selbstbestimmung.
Es geht hier durchaus nicht um Einzelfälle, sondern, das macht die Causa so brisant, um fast schon ein massiertes Auftreten der so überaus neugierigen Zahlenfuchser. Im letz- ten Jahr hatten Strafermittler und Fahnder des Fiskus, aber auch So- zialbehörden über 100 000 Abrufe getätigt, in diesem Jahr könnte sich diese Zahl Schätzungen zufolge oh- ne Weiteres noch verdreifachen.
So geht es aber nicht, fand die Volksbank Raesfeld schon im Jahr 2003 und legte gegen den § 24 c Kreditwesengesetz Verfassungsbe-
schwerde ein; eben diese Regelung erlaubt den Blick in die Gelddaten der Bürger. Ohne Erfolg. Die Ver- fassungsrichter gingen in ihrem Ur- teil davon aus, dass sich die Behör- den beim Kontenabruf „in den ge- setzlich vorgeschriebenen Grenzen“
bewegten. Übersetzt heißt das also, ein Blick in die Konten erfolge nur dann, wenn es auch einen Grund dafür gäbe, schließlich seien die Ab- fragen nur im Rahmen konkreter Verdachtsmomente erlaubt.
Oh, blauäugige Karlsruher Ro- benträger! In ihrem eigenen Anwen- dungserlass von 2005 stellt sich die Finanzverwaltung einen Persil- schein aus, ein begründeter Ver- dacht auf steuerliche Unregelmä- ßigkeiten sei gar nicht erforderlich, es genüge auch schon, wenn ein
„Kontenabruf aufgrund allgemeiner Erfahrung angezeigt“ sei. Da mag sich keiner mehr über zunehmende Staatsverdrossenheit wundern, sie ist vielmehr zwangsläufig. n BÖRSEBIUS
Der Schnüffelstaat lebt immer weiter
Börsebius-Telefonberatung „rund ums Geld“
Wie an jedem 1. Samstag des Monats können Sie auch am 4. August 2007 in der Zeit von 9 bis 13 Uhr Börsebius (Diplom-Ökonom Reinhold Rombach) anrufen. Wenn Sie also in Finanzdingen „der Schuh drückt“, wählen Sie bitte 02 21/98 54 80-17.
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