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Archiv "Angiodysplasie: Häufige Ursache einer massiven peranalen Blutung aus dem unteren Verdauungstrakt" (28.11.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

EDITORIAL

Angiodysplasie

Häufige Ursache einer massiven peranalen Blutung aus dem unteren Verdauungstrakt

Wolfgang Rösch

V

an allen akuten gastrointe- stinalen Blutungen haben 85 Prozent ihren Ursprung im oberen Verdauungstrakt.

Selbst bei einer massiven per- analen Blutung wird deshalb die Diagnostik mit einer endo- skopischen Untersuchung von Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm beginnen, da eine Hämatochezie nicht sel- ten Ausdruck einer Öso- phagusvarizenblutung ist.

Läßt sich jedoch keine Blu- tungsquelle am oberen Trakt nachweisen, muß an eine Blu- tung aus Dünn- und Dickdarm gedacht werden, bei der noch vor wenigen Jahren bis zu 30 Prozent ungeklärt bleiben mußten.

Während bei jüngeren Patien- ten in erster Linie an eine Blu- tung aus einem Meckel'schen Divertikel zu denken ist, spie- len beim älteren Menschen zwei Ursachen eine überra- gende Rolle: die Divertikelblu- tung und die Angiodysplasie.

Dabei haben subtile anatomi- sche Untersuchungen der letzten Jahre gezeigt, daß die Blutung aus einem rupturier- ten, arteriosklerotisch verän- derten Vas rectum eines Ko- londivertikels sicher seltener ist, als früher angenommen, und daß die alte chirurgische Beobachtung, daß Divertikel ihre Prädilektionsstelle im Sig- ma-Deszendens-Bereich ha- ben, die Blutung aber bevor- zugt aus dem rechtsseitigen Kolon erfolgt, ihre Erklärung darin findet, daß vor allem dort Gefäßveränderungen lo- kalisiert sind.

Der im angloamerikanischen Schrifttum derzeit favorisierte Begriff der Angiodysplasie (ar- teriovenöse Malformation) für wahrscheinlich erworbene

„spider-ähnliche" Gefäßverän- derungen mit bevorzugter Lo- kalisation in Zökum und Colon ascendens umfaßt leider eine Vielzahl pathologisch-anato- misch nicht einheitlicher Strukturen, die von Osler-Ef- floreszenzen bis zum Häman- giom reichen (6).

Klinisch macht sich die Angio- dysplasie entweder durch rezi- divierende massive peranale Blutungen oder durch eine chronische Sickerblutung mit Eisenmangelanämie bemerk- bar, wobei der Haemoccult- Test konstant positiv bleibt (3).

Während bei jüngeren Pa- tienten diese Gefäßverän- derungen bevorzugt im termi- nalen Ileum nachweisbar sind, werden sie bei älteren Men- schen, wie bereits betont, be- vorzugt im Zökum angetrof- fen, was zu Spekulationen darüber Anlaß gegeben hat, ob es sich hier nicht um reak- tive Phänomene (arteriovenö- se Kurzschlüsse) bei Durch- blutungsstörungen im durch

eine chronische Obstipation überblähten Zökum handelt (1). Dafür würde auch spre- chen, daß Angiodysplasien die häufigste Blutungsquelle bei Patienten mit einer Aorten- stenose darstellen.

E

s muß aber betont werden, daß gleichartige Läsionen auch im oberen Verdauungs- trakt als Blutungsquelle gefun- den werden, und daß zum Bei- spiel bei Patienten mit chroni- scher Niereninsuffizienz und Hämodialyse Angiodysplasien in Antrum und Duodenum auf- fallend häufig als Ursache ei- ner gastrointestinalen Blutung gesehen werden (5).

Die Diagnostik der Angiodys- plasie ruht auf zwei Säulen:

der Angiographie und der En- doskopie. Auch im blutungs- freien Intervall läßt sich ein kleines Gefäßknäuel („vascu- lar tuft") darstellen, von dem aus bereits in der früharteriel- len Phase eine Vene („early draining vein") in Richtung V.

mesenterica läuft (4). Die Ge- fäßdarstellung kann im Falle einer anhaltenden Blutung mit einer Embolisation des bluten- den Gefäßes kombiniert wer- den.

Während die Koloskopie zum Zeitpunkt der aktiven Blutung aus technischen Gründen nicht unproblematisch ist, las- sen sich die leuchtend roten Gefäßveränderungen im blu- tungsfreien Intervall problem- los erkennen und durch eine Elektro- oder Laserkoagula- tion bzw. eine Unterspritzung beseitigen.

Multiple Angiodysplasien bis hin zu beetartigen, ein gesam- tes Kolonsegment (bevorzugt Ascendens) einnehmenden Telangiektasien lassen sich dabei nachweisen, wobei im

3590 (54) Heft 48 vom 28. November 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

EDITORIAL

letztgenannten Fall nur ein operativer Eingriff übrig bleibt. Auch bei submuköser Lokalisation der Gefäßverän- derungen oder bei Rezidivblu- tung nach Verödung wird die rechtsseitige Hemikolektomie empfohlen, die, wie Nachun- tersuchungen ergeben haben, selbst bei „Resektion auf Ver- dacht" ein Sistieren der rezi- divierenden Blutungen be- wirkt.

Z

wei diagnostische Proble- me sollen noch kurz ange- schnitten werden: die Lokali- sation von Angiodysplasien im Dünndarm und die patholo- gisch-anatomische Untersu- chung des Resektionspräpa- rats. Da der Dünndarm einer präoperativen endoskopi- schen Diagnostik praktisch nicht zugängig ist, empfiehlt sich die intraoperative Endo- skopie, bei der Jejunum und Ileum vom Operateur ziehhar- monikaartig über das peroral eingeführte Endoskop gescho- ben werden und wo die Mög- lichkeiten der Diaphanoskopie zur Lokalisationsdiagnostik genutzt werden können.

Im Resektionspräparat kann der Nachweis der nur wenige Millimeter großen Gefäßknäu- el, die nicht tastbar sind und makroskopisch am frischen Präparat nur schwer erkannt werden, Probleme bereiten, wenn nicht auf eine präopera- tive Angiographie zurückge- griffen werden kann. Hier empfiehlt sich eine Auffüllung der zuführenden Gefäße mit Bariumgelatine, um die arte- riovenöse Malformation bes- ser identifizieren zu können.

Ein zumindest theoretisches Problem darf nicht unerwähnt bleiben: subtile histologische Untersuchungen an Kolonre- sektaten von Tumorpatienten

haben in 53 Prozent ektati- sche Gefäße in der Submuko- sa erkennen lassen, die von Angiodysplasien praktisch nicht zu unterscheiden sind.

Somit wäre es denkbar, daß man angiographisch zu häufig die Diagnose einer Angiodys- plasie stellt; doch widerspricht dies der klinischen Erfahrung, daß mindestens 10 Prozent al-

ler angiographisch untersuch- ten akuten und chronischen Blutungen auf Angiodyspla- sien zurückgeführt werden können, nach deren Beseiti- gung keine Rezidivblutung mehr auftritt.

Der von Cooperman vorge- schlagene intraoperative Ein- satz einer Ultraschall-Doppler- sonde zur Lokalisationsdia- gnostik bedarf noch einer kri- tischen Überprüfung.

Es

läßt sich zusammenfas- Esend festhalten: massive peranale Blutungen bei Patien- ten jenseits des 60. Lebensjah- res mit kardiovaskulären Grundkrankheiten gehen rela- tiv häufig auf Angiodysplasien mit bevorzugter Lokalisation in Zökum und Colon ascendens zurück. Diese nur wenige Milli- meter großen, häufig multiplen Gefäßveränderungen sind bei der konventionellen Röntgen- diagnostik nicht darstellbar, während einer Laparotomie nicht zu palpieren und im Blu- tungsstadium koloskopisch nur ausnahmsweise exakt zu loka- lisieren. Sie lassen sich angio- graphisch nicht nur anhand des Kontrastmittelaustritts während der Blutung, sondern auch im blutungsfreien Inter- vall anhand von typischen Gefäßveränderungen diagno- stizieren.

Therapie der Wahl ist die ko- loskopische Verödung durch

Koagulation oder Untersprit- zung, alternativ kommt eine rechtsseitige Hemikolektomie in Frage.

Unsere eigene Erfahrung Ugeht dahin, daß in allen Fäl- len, in denen primär eine Di- vertikelblutung aus dem links- seitigen Kolon angenommen wurde, die gezielte angiogra- phische und/oder endoskopi- sche Diagnostik angiodyspla- stische Veränderungen ergab, so daß man heute davon aus- gehen kann, daß Angiodyspla- sien die häufigste Ursache ei- ner massiven Kolonblutung darstellen dürften.

Literatur

(1) Boley, S. J.; R. Sammartano; A. Ad- ams; A. DiBiase; S. Kleinhaus; S. Spray- regen: On the nature and etiology of vas- cular ectasias of the colon. Degenerative lesions of aging. Gastroenterology 72 (1977) 650 — (2) Cooperman, M.; E. W.

Martin; W. E. Evans; L. C. Carey: Use of Doppler ultrasound in intraoperative loca- lization of intestinal arteriovenous mal- formation Ann. Surg. 190 (1979) 24 — (3) Lux, G.; P. Frühmorgen; W. Rösch: An- giodysplasie des Darmes als Ursache massiver gastrointestinaler Blutungen.

Dtsch. med. Wschr. 103 (1978) 383 — (4) Margulis, A. R.; P. Heinberger; H. R. Ber- nard: Operative mesenteric angiography in the search for the site of bleeding in unexplained gastrointestinal hemorrhage Surgery 48 (1960) 534 — (5) Rösch, W.:

Angiodysplasie des Zökums. Internist 19 (1978) 191 — (6) Weaver, G. A.; H. D. Al- pern; J. S. Davis; W. H. Ramsey; M. Rei- chelderfer: Gastrointestinal angiodyspla- sia associated with aortic valve disease:

part of a spectrum of angiodysplasia of the gut. Gastroenterology 77 (1979) 1.

Professor Dr. med.

Wolfgang Rösch Medizinische Klinik

am Krankenhaus Nordwest der Stiftung

Hospital zum Heiligen Geist Steinbacher Hohl 2-26 6000 Frankfurt (Main) 90

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 48 vom 28. November 1984 (55) 3591

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