M E D I Z I N
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A3264 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 4829. November 2002
multizentrischen Studie ab. Zwar kön- nen die Autoren nicht ausschließen, dass selbst bei den Ärzten, denen auf- grund der Mitarbeit in der Studien- gruppe ein Interesse an kurativen The- rapieansätzen unterstellt wird, eine un- gerechtfertigte therapeutische Zurück- haltung vorherrscht. Dagegen spricht jedoch die Analyse des Patientenkol- lektivs an den Universitätskliniken des Saarlandes: Mehr als 90 Prozent der zu- gewiesenen Patienten im Alter von 61 bis 80 Jahren können innerhalb der Therapieoptimierungsprotokolle der DSHNHL behandelt werden. Gleich- zeitig spricht die Tatsache, dass das Ri- sikoprofil der zugewiesenen Patienten praktisch dem Risikoprofil der Studi- enpatienten der DSHNHL entspricht, für die Annahme, dass nur Patienten zugewiesen werden, die von dem im Umgang mit Lymphomen weniger er- fahrenen erstbetreuenden Arzt auf- grund einer subjektiven Beurteilung der Therapierbarkeit ausgewählt wur- den. Eine prospektive Studie des Kom- petenznetzes maligne Lymphome deu- tet darauf hin, dass in den zwei unter- suchten Regionen (Köln und Saarland) nicht die im Alter häufiger vorhandene Komorbidität, sondern zu einem weit größeren Anteil das Alter der Lym- phompatienten der Grund für den be- handelnden Arzt war, den Patienten nicht innerhalb einer Studie zu behan- deln (Tscholl et al., Manuskript in Vor- bereitung). Diese nihilistische Einstel- lung vieler Ärzte, die Patienten mit ag- gressiven Lymphomen primär betreu- en und beraten, gilt es zu verändern.
Fazit für die Praxis
Patienten mit aggressiven Non-Hodg- kin-Lymphomen haben auch in fortge- schrittenem Alter und bei ungünstigen prognostischen Faktoren eine hohe Wahrscheinlichkeit, durch eine adä- quate Therapie geheilt zu werden. Die hierzu erforderliche Behandlung darf ausschließlich durch onkologisch er- fahrene Ärzte durchgeführt werden.
Die Entscheidung über die Therapier- barkeit sollte erst nach einer Vorpha- sentherapie über etwa eine Woche mit Prednison und/oder einmaliger Gabe von Vincristin getroffen werden. Das
neue Standard-Chemotherapiesche- ma ist CHOP in zweiwöchigem Ab- stand (CHOP-14), das wegen der gleichzeitigen Gabe von G-CSF weni- ger myelotoxisch als das bisherige Standardschema des dreiwöchigen CHOP-21 ist. Inwiefern die zusätzli- che Gabe des Antikörpers Rituximab die Wirksamkeit von CHOP-14 weiter verbessert, ist Gegenstand einer lau- fenden Studie, ebenso die Klärung der Frage, ob sechs oder acht Zyklen durchgeführt werden sollen.
Manuskript eingereicht: 26. 8. 2002, angenommen:
5. 9. 2002
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2002; 99: A 3254–3264 [Heft 48]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit4802 abrufbar ist.
Anschrift für die Verfasser:
Prof. Dr. med. Michael Pfreundschuh Medizinische Klinik I
Universität des Saarlandes 66421 Homburg
E-Mail: michael.pfreundschuh@uniklinik-saarland.de
Piloten sind einer ionisierenden Strah- lung von 2 bis 6 mSv pro Jahr ausgesetzt.
Es wurde untersucht, ob bei Piloten in Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden ein erhöhtes Krebsrisiko nachweisbar ist. 10 032 Piloten wurden über durchschnittlich 17 Jahre beobach- tet. Die Zahl der Krebserkrankungen wurde über nationale Krebsregister er- fasst. 466 Piloten erkrankten an einem Karzinom, zu erwarten waren 456 Fälle.
Die einzige signifikante Zunahme bei standardisierten Inzidenzraten betrafen den Hautkrebs. Das Risiko für das malig- ne Melanom war um den Faktor 2,3, für
das Basaliom um den Faktor 2,5 erhöht.
Das Risiko, an einem Hautkrebs zu er- kranken, nahm mit der geschätzten Strahlendosis zu. Wahrscheinlich, so die Autoren, erhöht die kosmische Strahlung das Krebsrisiko nicht, mit Ausnahme des Risikos für Hautkrebs. w Pukkala E, R Aspholm, A Auvinen et al.: Incidence of can- cer among Nordic airline pilots over five decades: occupa- tional cohort study. BMJ 2002; 325: 567–569.
Dr. E. Pukkala, Finnish Cancer Registry, Institute of Statis- tical and Epidemiological Cancer Research, Liisankatu 21 B, 00170 Helsinki, Finnland, E-Mail: eero.pukkala@
cancer.fi
Kein erhöhtes Krebsrisiko durch kosmische Strahlung bei Piloten
Referiert
Wissenschaftler aus Australien kommen aufgrund einer umfangreichen Analyse unter Verwendung eines Markov-Mo- dells zu dem Schluss, dass das Risiko, eine Leberzirrhose auf dem Boden einer chronischen Hepatitis C zu entwickeln, offensichtlich niedriger liegt als bislang angenommen. In ihrem Modell wurde das Risiko der Progression zur Leberzir- rhose mit 7 Prozent innerhalb von 20 Jah- ren nach Infektion und 20 Prozent nach 40 Jahren berechnet. Die entsprechen- den Mortalitätsdaten betrugen 1 Prozent und 4 Prozent. Allerdings verläuft die Progression bei einigen Subgruppen wesentlich rascher, insbesondere bei ei-
ner Koinfektion mit HIV oder HBV, bei Personen mit massivem Alkoholkonsum oder wenn bereits eine mäßige oder schwere Leberfibrose vorliegt. w Dore GJ, AJ Freeman, M Law, JM Kaldor: Is severe liver disease a common outcome for people with chronic hepatitis C? J Gastroenterol Hepatolog, 2002; 17: 423–430.
Dr. Gregory J. Dore: National Centre in HIV Epidemiology and Clinic Research, University of New South Wales, Level 2, 376 Victoria Street, Darlinghurst, NSW 2010, Australien. E-Mail: gdore@nchecr.unsw.edu.au
Prognose der chronischen Hepatitis C
Referiert