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Archiv "Und wie meistern Sie es, liebe Kollegin?" (18.01.1979)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

FEUILLETON

Und wie meistern Sie es, liebe Kollegin?

„ ... ist nicht das Weib, wie auserlesen, gleich zu Beruf und Haushaltswesen "

(frei nach Johann Wolfgang von Goethe)

Vor kurzem traf ich auf Marianne Langewiesches Bändchen „Mit Fe- derkiel und Besenstiel" und las es — o schwesterliche Seelenharmonie — an einem Abend zu Ende. Wie wohl das tat, zu erfahren, daß noch ein Mensch mit Humor, wenngleich fru- stran, gegen die Tücken der geliebt- gehaßten Haushaltspflichtübung an- kämpft und trotz strategischen Ein- satzes der gesamten einschlägigen Technik, triumphierend — unter- liegt ...

Wie viele meiner Kolleginnen, spiele ich die Doppelrolle der fachärztli- chen Hausfrau (Ende Fünfzig), und seit die Kinder den engeren Kreis der Familie verlassen haben, versor- ge ich kulinarisch nur Ehemann und drei Boxer.

Da wäre eine Köchin doch zu auf- wendig, und weil sich unsere derzei- tige fleißige Frau Saubermann be- reits zum Einstand standhaft gewei- gert hatte zu kochen, mußte ich's im fortgeschrittenen Alter lernen.

Es gelang schließlich mit Hilfe eines ausführlichen Kochbuchs und Ehr- geiz: Täglich mußte ich mir aufs neue einreden, daß zum Kochen nicht nur Übung, sondern auch ein gewisses Maß von Denkarbeit ge- hört, Neuerungen stets von Männern kreiert werden, Vereinfachungen durch Erfahrung und Intelligenz ent- deckt werden usw.. .. (also Gleich- berechtigung ?!? )

So klingelte der Wecker um 4.30 Uhr, um die Vorbereitungen fürs Mittagessen zu sichern; dazu Ge-

brauch — je nach Bedarf — von Mi- krowelle, Teflon-Schnellkoch- oder Römertopf; Rationalisierung des Abwasches durch Einsatz von Alu- oder Bratfolien; bald war das Koch- buch nur noch selten notwendig;

Triumph! Mit Überlegung ist der Haushalt eine Spielerei: wie bedau- ernswert waren doch unsere Groß- mütter — ohne Spülmaschine, Kühl- schrank, Gefriertruhe ...

Inzwischen läutet der Wecker weiter um 4.30 Uhr, damit das Notwendige vor der Sprechstunde erledigt wer- den kann. — Die Hände gleichen (ei- ne fachliche Schande ... ) trotz Gummihandschuhen und Elektro- spüle jenen einer polnischen Guts- magd oder einer Dirn auf einem oberbayerischen Hof aus der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts. (Heute sind die Hände weiblicher landwirt- schaftlicher Hilfskräfte — dank Ar- beitszeitverkürzung — wesentlich ge- pflegter, nach authentischer, eigen- beruflicher Erfahrung ... )

Dabei mag ich meine eigenen Koch- Brat- und Backprodukte so gar nicht kosten, sondern verschlinge viel lie- ber Salate, Topfen, Joghurt, Äpfel, Melonen oder Pampelmusen nach dem jahreszeitlichen Angebot.

Wenn wir eingeladen sind, kiebitze ich schamlos, wie sich berufstätige Freundinnen verhalten:

Reni ist mit einem leidenschaftli- chen Jäger verheiratet — unschlag- bar in der Zubereitung von Wild und eine bezaubernde Gastgeberin; sie trägt mit Grazie die Jagdtrophäen — zierlich und kostbar vom Gold- schmied gefaßt — von jener Beute, die vor Monaten so gut geschmeckt hatte.

Violetta kocht aus Leidenschaft. Sie liebt zahllose Gäste, die ihr großes, neues Haus besetzen. Wie sie's

schafft, trotz Sprechstunde noch mittäglich Siesta zu halten, bleibt ihr Geheimnis. Abends blüht sie auf — morgens schafft sie das Lever nur mühsam. Die Perücke ersetzt den Gang zum Friseur und sitzt auch ge- legentlich ein bißchen schief ... Ich bewundere sie!

Esther ist viel jünger. Sie gehört dem Typ moderner, erfolgreicher Frauen an, die das Heim in eine Boutique verwandeln, mit zauberhaftem Ein- satz von Blumen, Antikem und Mo- dernem, peinlichst Ordnung halten und — sei es mit Gästen oder dem eigenen Mann — zum Essen immer ausgehen. Joule-bewußt fallen ein- zelne Mahlzeiten aus; die Figuren des jungen Paares sind ideal . . . Viktoria — unverheiratet — intelligent, verspielt und sehr sinnenfroh: ihre Wohnung gleicht — nicht immer in peinlichster Ordnung — einem Bou- doir. Mit Sinnenlust verwöhnt sie dann auch den Partner — die kulina- rischen Feste tragen gelegentlich Gewichtszunahmen ein. So stelle ich mir eine Maharani vor.

Maria — Jahrgang 1915 — dynamisch, vielseitig, treibt, trotz anstrengender Praxis, viel Sport, findet dennoch Zeit für ausreichenden Besuch kul- tureller Veranstaltungen und steht trotzdem an Wochenenden allein in der Küche, um den fachgleichen Ehemann mit Diabetes („imaginai- re") zu versorgen, was die Zuberei- tung der Speisen und die interfami- liären Beziehungen etwas kompli- ziert...

Aber ich kämpfe weiter um das tägli- che Mahl und erprobe gelegentlich — auf Abenteuer bedacht — ein neues Gericht. (Noch immer lese ich lei- denschaftlich in Kochbüchern frü- her gewissermaßen in der pikanten Rolle des Voyeurs, jetzt des „Tä- ters".)

Heimlich oder im Gespräch beklage ich die Verschwendung der raren Zeit für die triviale Arbeit (schon die Kurtisanen der frühen chinesischen Dynastien verkauften sich nach dem chronometrischen Fallen klingender Kügelchen aus niederinnenden Ker-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 3 vom 18. Januar 1979 183

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen

Und wie meistern Sie es, liebe Kollegin?

zen nach dem Prinzip „firne is money").

Dabei ist es uns freigestellt, beim Zwiebelschneiden, Rühren, beim Surren der Spülmaschine oder des Mixers zu planen, meditieren, dich- ten, singen oder eine Stunde der Kontemplation zu erleben .. . Gelegentlich aber weichen alle heh- ren Gedanken zähneknirschendem Zorn, und es ist gut, wenn plötzlich berufliche Probleme die Überlegun- gen in andere, realistische Gleise zwingen .. .

Finden meine schicksals- und jahr- gangsgleichen Schwestern andere, bessere Wege der psychischen Be- wältigung!? Sind wir vorzeitig im fal- schen Jahrhundert geboren, das die Gleichberechtigung noch nicht ver- standen hat, geschweige denn prak- tiziert?

Sind wir immer noch nach Baudelai- re „Lange gardien, la muse et la madone!"? Oder ist es doch eine vis divina, die uns beflügelt, bei der lei- digen Arbeit glücklich zu sein, weil jemand uns braucht — ob eines

„Streiks" fassungslos betroffen wäre?

Mit vertauschten Rollen stimme ich dem Milchmann Tevje aus Anatevka zu, wenn er seine Golde fragt: „Ist es Liebe? — Ja, es wird wohl Liebe sein . . . "

Anschrift der Verfasserin:

Dr. med. Hedwig Lackner Gebhardtstraße 8

8190 Wolfratshausen

Gespräch mit Gott

Ich aber stehe demutsvoll vor dei- nem Sein Und meine arme Hand faßt zagend Nach deines Reichtums bergendem

Gewand.

Das Licht der Sterne war noch nie so rein Wie heut, so tausendfältig reich, Der Gnaden schönstes Bild und Un-

terpfand.

Ein zartes Wunder ist jetzt unter- wegs zu allen, Die deines Fittichs Rauschen hören Und gläubig zum Empfange Kränze winden.

Wie oft hat Bangnis mich in dieser Zeit befallen, Da sich des Schicksals Brückenbo- gen spannen Und alle Sucher ihre Ziele finden.

Nun aber hat dein Finger segnend mich berührt Und plötzlich ist es gar nicht schwer, Das uferlose Warten zu ertragen.

Arzt — und Poet dazu

Heinz Gotenbruck

Heinz Gotenbruck stammt aus Ober- schlesien. Er wurde am 14. April 1910 in Oppeln geboren, studierte in Breslau Greifswald, Wien, machte (schon!) 1932 Staatsexamen, arbei- tete danach in Beuthen, Dresden und Wien. Er ist seit 1938 Facharzt für Chirurgie, machte den Krieg in Frontlazaretten mit, danach vertrat er zahlreiche Chirurgische Chefärz- te und war von 1948 bis 1976 in einer eigenen Allgemeinpraxis tätig. Heinz Gotenbruck schreibt, er malt, er fo- tografiert, er filmt, aber vor allem reist er gern. Bisher sind ihm zwei Reisen um die Welt gelungen: „Ich

Die Adresse von Dr. med. Heinz Groten- bruck lautet: Birkengrund 12, 5100 Aachen.

habe alles besucht außer Alaska".

Gotenbruck legt eine umfangreiche Sammlung von Gedichten vor, die er

„Das Tagebuch der inwendigen Schau" nennt. Die Gedichte sind ge- ordnet nach „Inwendig schauen",

„Gespräch mit Gott", „In die Stille horchen", „Wo der Sehnsucht Brän- de flammen", „Die Zeilen in Grau",

„Schlot und Sirene". Damit gewinnt man schon einen gewissen Eindruck vom Menschen Gotenbruck. Er reimt. Er wählt Vierzeiler, oft auch Dreizeiler oder fortlaufende, nicht durch Strophen unterteilte Rhyth- men. Viele seiner Gedichte sind Ge- bete: an den christlichen Gott, an Pan, an den jeweils zur erlebten Landschaft gehörenden Gott. Eins dieser Gebete sei als Beispiel ange- führt:

Heut habe ich das Dröhnen deiner Macht gespürt Und trag's in Ohr und Herz. Seltsam:

Ich weiß jetzt Antwort auf die vielen Fragen.

Die Verse entstanden in der Christ- nacht 1942 in Littwoniwo in Ruß- land, und hier erleben wir wieder einmal, wie die Fähigkeit, sich künstlerisch auszudrücken, ein tie- fer Trost sein kann. Edith Engelke

E

Pfropfzieher von Lleremmok

Professor Dr. med. Burkhard Kom- merell, der das Büchlein „Pfropfzie- her von Lleremmok" veröffentlicht hat, wurde von Dr. Edith Engelke mit seinen Gedichten in der „Arzt-und- Poet-dazu"-Kolumne im DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATT, Heft 47/1978, Seite 2868, vorgestellt. Seine An- schrift: Köllestraße 24, 7000 Stutt- gart.

184 Heft 3 vom 18. Januar 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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