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Archiv "Pharmaprodukte: Großer Erkenntnisgewinn" (28.05.2010)

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A 1076 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 21

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28. Mai 2010 Im US-amerikanischen und deutsch-

sprachigen Raum werden zahlreiche Lehrbücher für Pharmareferenten angeboten, die zwar nicht für Ärzte geschrieben worden sind, die diese aber mit großem Erkenntnisgewinn lesen können. Ein Standardwerk der USA ist vor kurzem in der neunten Auflage erschienen: Insider’s Guide to the World of Pharmaceutical Sales von Jane Williams. Die ärztli- che Lektüre lohnt sich, weil die Au- torin mit viel Witz und schwungvoll darstellt, wie die Pharmareferentin den Arzt am besten über den Tisch zieht und ihn dabei so geschickt be- einflusst, dass er gar nicht merkt, dass er durch Marketing dazu ge- bracht wird, das beworbene Medi- kament schnell auf seinen Rezept- block zu schreiben. Wenn Ärzte über diese Verkaufstechniken Be- scheid wissen, dann kann das die Arbeit auf ein höheres Qualitätsni- veau heben, und nicht zuletzt nützt dieses Wissen den Patienten.

Der Großteil des Buches be- schäftigt sich mit den Vorbereitun- gen des künftigen Pharmareferen- ten auf die Einstellungsgespräche mit den Managern der pharmazeuti- schen Industrie. Sinn ist es, in dem Frage- und Antwortspiel den Frager davon zu überzeugen, dass man selbst der richtige Mitarbeiter ist, der eingestellt werden „muss“. Der Bewerber soll vermitteln, dass er gute Kenntnisse darüber hat, wie Ärzte am besten zu beeinflussen sind. Was wie ein Leitfaden für Bewerbungsgespräche beginnt, ver- mittelt darüber hinaus eine tiefe Einsicht in die Werbestrategien der Pharmareferenten. Es geht zum Beispiel darum, „quality time“ mit dem Arzt zu verbringen, um ihm die Vorzüge der eigenen Produkte nahebringen zu können, und man erfährt, wie das Verschreibungsver- halten des Arztes zu eruieren ist.

Man liest auch, wie wichtig es für den Pharmareferenten ist, den

„gate keeper“ der Praxis zu ermitteln, denn der muss überwunden werden, PHARMAPRODUKTE

Großer Erkenntnisgewinn

um mit dem Arzt Kontakt aufzu- nehmen. Egal, wer es ist, und wenn es die Ehepartnerin des Arztes ist, der „gatekeeper“ ist enorm wichtig.

In diesem Buch geht es nicht um Pharmakologie, nicht um Halbwert- zeit und nicht um Bioverfügbarkeit.

Stattdessen geht es darum, den Arzt zum Wechsel vom Konkurrenzprä- parat auf das eigene Produkt zu be- wegen. Wenn man den Arzt so weit hat, dass er seine Verordnungen än- dert – und zwar nicht aufgrund neu- er pharmakologischer Erkenntnisse –, dann sage man „wonderful“ oder

„great“ und plane die Versorgung mit Mustern. Im Suchtbereich heißt so etwas „anfixen“.

Eine besondere Herausforderung für alle Pharmareferenten stellen die „no-see-docs“ dar, diejenigen, die keine Ärztebesucher in der Pra- xis empfangen. Wer sich auf eine Stelle als Pharmareferent bewirbt, muss bereits im Vorstellungsge- spräch klarmachen, dass er das Pro- blem erkennt und weiß, wie man auch solche Ärzte zurückgewinnen kann.

Der Kandidat für die Arbeit als Pharmareferent sollte auch genau wissen, wie wichtig es ist, Ärzte mit Einladungen zu einem Essen zu ge- winnen. Man kann das zum Beispiel nach Fortbildungsveranstaltungen tun, oder man bietet das Essen in

der Praxis an. Immer ergibt sich da- bei die Gelegenheit, intensive Ver- kaufsgespräche in entspannter At- mosphäre zu führen, zumal der Arzt ja nichts dafür zahlen muss. Beim Schmausen lässt sich die eigene Produktpalette gut vorstellen. Und da der wohlerzogene Doktor mit vollem Mund nicht spricht, dürfte es mit den kritischen Argumenten vonseiten der Ärzte nicht weit her sein. Der Mund wird ihm sozusagen mit Köstlichkeiten gestopft.

Man hatte beim Lesen mehrere Déjà-vu-Erlebnisse: Was man bisher als Eigenart einzelner Pharmarefe- renten einstufte, war Teil einer wohl- durchdachten Beeinflussungstaktik.

Blumen für den Arzt (das bekom- men Ärzte, die sonst nichts anneh- men), Pfannkuchen für die Mitarbei- terinnen zu Fastnacht (essen macht freundlich und zugewandt) und das Bewerben eines Produkts durch ver- schiedene Referenten derselben Fir- ma kurz hintereinander (die gleiche

„gute“ Botschaft von unterschiedli- chen Gesprächspartnern sinkt besser ins ärztliche Gedächtnis).

Dem Einwand, dieses US-ameri- kanische Lehrbuch passe nur unge- nau zu den deutschen Verhältnis- sen, kann man entgegnen, dass hier weltweit agierende Firmen im Fo- kus stehen, deren Prinzipien des Verkaufens und Beeinflussens auf den verschiedenen Kontinenten nur marginal von einander abweichen.

Es gibt im deutschen Sprachraum kein Lehrbuch für Pharmareferen- ten, das nur annähernd so frisch und unterhaltsam geschrieben ist.

Ich will bekennen, dass ich be- reits vor der Lektüre dieses Buches die Entwicklung von einem „nor- malen“ Arzt zu einem „hard-to-see- doc“ und schließlich zu einem „no- see-doc“ gemacht hatte. Kollegin- nen und Kollegen, die das nicht ge- macht haben, könnten durch die Lektüre von „Insider’s World . . .“

auf diesen Weg kommen. Das Le- sen des Buches macht auch Spaß, und gelegentlich traten mir vor La- chen die Tränen in die Augen. Es ist eben auch lustig und macht Scha- denfreude zu sehen, wenn jemand eingeseift wird. Leider gehören die Eingeseiften zum eigenen Berufs- stand. Thomas Lindner Jane Williams: In -

si der’s Guide to the World of Pharmaceu- tical Sales. 9th edition, Principle Publications, Alexandria, LA 2008, 196 Seiten, 21,99 Euro

M E D I E N

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