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Refl uxbedingte Erosionen bei Kindern

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Refl uxbedingte Erosionen bei Kindern

Anhand von zwei Fallbeispielen wird die Ätiologie, das klinische Erscheinungsbild und Therapiemodalitäten von Erosionen bei Kindern diskutiert

Progression der Erosionen während 2 Jahren.

Progression des érosions pendant 2 ans.

Erosionen werden immer häufi ger bereits bei Kindern diagnostiziert. Sowohl die Milchzähne als auch die permanente Dentition sind betroffen. Die Ursache für diese Läsionen ist exogene und/oder endogene Säure- einwirkung, die im Unter- schied zur Karies nicht bak- teriell bedingt ist. Neben dem zunehmenden Konsum saurer Nahrungsmittel und Getränke ist gastrooeso- phagealer Refl ux von Ma- gensaft in die Mundhöhle eine Hauptursache für die Entstehung von Erosionen.

Häufi g wird das Grundlei- den erst bemerkt, wenn Säureschäden an den Zäh- nen entstanden sind. Wich- tig für eine erfolgreiche Be- handlung solcher Patienten ist die Früherkennung der Erkrankung, die Einleitung zielgerichteter Prophylaxe- massnahmen und wenn nötig die Durchführung der adäquaten systemischen und lokalen Therapie.

Mikroorganismen (ZIPKIN & MC CLURE 1949). Erosive Läsionen treten an den Milchzähnen und an den permanenten Zähnen auf. Wie bei den Erwachsenen hat die Entstehung von Erosionen auch bei Kindern unterschiedliche Ursachen. Die Säureexposi- tion kann dabei durch Eintreten von Magensaft in die Mund- höhle erfolgen, wie bei saurem Aufstossen oder Erbrechen (in- trinsische Faktoren), oder die Säure gelangt von aussen in die Mundhöhle meist durch übermässigen Konsum von sauren Nah- rungsmitteln und Getränken, seltener durch die häufi ge Ein- nahme gewisser Medikamente oder durch berufsbedingte Säu- reexposition (extrinsische Faktoren). Bereits im Babyalter kann ein regelmässiger Säureinput zu Erosionen führen. Es ist bekannt, dass Neugeborene häufi g Refl ux haben, der mit zunehmendem Alter abnimmt, sodass nach dem ersten Lebensjahr noch etwa 8% der Kinder an saurem Aufstossen leiden (OSATAKUL et al.

2002). Der allgemeine Trend, sich möglichst gesund (und damit oft sauer) zu ernähren, führt nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Jugendlichen vermehrt zur Entstehung von erosiven Adrian Lussi und Thomas Jaeggi

Universität Bern, Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin Schlüsselwörter:

Erosionen, Milch- und permanente Zähne, Refl ux Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. A. Lussi, Klinik für Zahnerhaltung Freiburgstrasse 7, 3010 Bern Tel. 031 632 25 70 Fax 031 632 98 75

(Texte français voir page 1027)

Einleitung

Der Zahnhartsubstanzverlust ohne Beteiligung von Bakterien ist multifaktoriell: Neben den mechanischen Ursachen Abrasion, Attrition und Demastikation spielen erosive Prozesse eine wich- tige Rolle. Erosion wird defi niert als Zahnhartsubstanzverlust verursacht durch chemische Prozesse ohne Beteiligung von

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lokale Therapiemodalitäten besprochen.

Fallberichte

Fall 1: Patient M. R., männlich, 8-jährig

Anamnese

Der Patient wurde vom Privatzahnarzt an die Klinik überwiesen, nachdem ausgeprägte Erosionen an den Milchzähnen sowie Anzeichen für erosive Veränderungen an den permanenten Zähnen gefunden worden waren. Anamnestisch zeigte sich ein medizinisch gesunder Knabe. Dental klagte das Kind über Schmerzen auf kalt, vor allem im Oberkiefer rechts. Die Eltern gaben an, dass das Kind bis im Alter von ca. eineinhalb Jahren regelmässig erbrochen hatte. Der Patient berichtete, dass er am Morgen Schleim im Mund habe. Erbrechen musste er ca. 6-mal pro Jahr. Die Ernährungsanamnese, bei der an vier aufeinander folgenden Tagen (unter Einschluss eines Wochenendes) sämtli- che Nahrungsmittel- und Getränkeeinnahmen notiert werden müssen, ergab keine Pathologie: Der Knabe hatte durchschnitt- lich zwei Säureinputs pro Tag (Kritischer Wert: ⭓ 4 Säureinputs pro Tag) (LUSSI et al. 2004).

Anfangsbefund

Die klinische Untersuchung zeigte multiple vestibuläre, okklusale und orale Erosionen, wobei die Milchmolaren einen ausgepräg- ten Grad 2 aufwiesen (= Erosion mit Dentinbeteiligung), während die 6-Jahr-Molaren und die Palatinalflächen der permanenten

Inzisiven einen Grad 1 zeigten (= Erosion im Schmelz) (Abb. 1–6).

Die labialen Zahnflächen der Inzisiven waren kaum erosiv ge- schädigt (LUSSI et al. 1991). Die Untersuchung der Speichelpara- meter ergab keine pathologischen Werte: Speichelfl iessrate un- stimuliert 0,8 ml/Min; Pufferkapazität normal bis tief (Dentobuff, Vivadent, Schaan, Liechtenstein). Der pH-Wert des Speichels lag mit 7,1 ebenfalls im normalen Bereich, hingegen zeigte der mor- gendliche Schleim einen pH-Wert von 5,0 (Spezialindikator pH 4,0–7,0 und 6,5–10,0, E. Merck, Darmstadt, Deutschland).

Auf Grund der Lokalisation der erosiven Läsionen und der er- hobenen Befunde musste eine endogene Ursache für den Zahn- hartsubstanzverlust angenommen werden, worauf der Patient an einen Gastroenterologen zur weiteren Abklärung überwiesen wurde.

Prophylaxemassnahmen

Um ein Fortschreiten der Läsionen möglichst zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen und zur Eliminierung der schmer- zenden Zahnoberflächen, wurde Duraphat-Lack (Colgate-Pal- molive, Thalwil, Schweiz) auf die entsprechenden Läsionen appliziert und der Patient angewiesen, morgens und abends mit einer Fluorid-Spüllösung zu spülen (Meridol, Gaba AG, Therwil, Schweiz). In weiteren Sitzungen wurde ein Versiegler appliziert (Seal and Protect, Densply de Trey, Konstanz, Deutschland) und dem Patienten aufgetragen, zusätzlich wöchentlich ein Fluorid- Gel einzubürsten (Elmex Gelée, Gaba AG, Therwil, Schweiz) (Abb. 7).

Verlauf

Die zur weiteren Abklärung nötige pH-Metrie des Ösophagus durch den Gastroenterologen wurde vom Patienten verweigert.

Da die erosiven Läsionen trotz Prophylaxemassnahmen weiter fortschritten, wurde im Alter von 11,5 Jahren ein weiterer Ver- such unternommen. Es konnte eine Ösophago-Gastro-Duoden- oskopie durchgeführt werden, welche aber keine pathologischen Befunde zeigte. Im Anschluss an diese Untersuchung wurde eine 24-Stunden-pH-Wert-Metrie des Ösophagus veranlasst: Dabei lag der pH-Wert des Ösophagus während 10 Stunden unter 5.

Die Refl uxepisoden traten hauptsächlich postprandial sowie nachts auf.

Abb. 1 Fall 1: Frontalansicht der Zähne des 8-jährigen Knaben. La- bial sind keine erosiven Läsionen sichtbar. Die mesialen Approximal- flächen der Zähne 11 und 21 zeigen eine übermässige Konkavität, was auf palatinale Erosionen schliessen lässt.

Fig. 1 Cas 1: Vue frontale des dents d’un garçon de 8 ans. Aucune lésion par érosion n’est visible sur les faces labiales. Les faces mésia- les proximales des dents 11 et 21 présentent une concavité impor- tante, qui permet de conclure à des érosions palatines.

Abb. 2 Fall 1: Palatinalansicht des Frontsegementes. Deutliche Erosionen Grad 1 (= Erosion im Schmelz) und Grad 2 (= Erosion mit Dentinbeteiligung) sind sichtbar.

Fig. 2 Cas 1: Vue palatine des incisives: les lésions érosives mar- quées, de niveau 1 (= érosion de l’émail) et de niveau 2 (= érosion avec atteinte de la dentine) sont bien visibles.

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Diagnose

Nach Einbezug der Resultate der gastroenterologischen Unter- suchungen konnte die Diagnose dentale Erosionen, hervorge- rufen durch gastroösophagealen Refl ux, gestellt werden.

Therapie

Zur Hemmung der Magensäuresekretion wurde ein Omeprazol- Präparat verschrieben (Antramups, AstraZeneca, 2-mal täglich 20 mg). Der Patient wurde angewiesen, die Fluoridprophylaxe fortzusetzen und nachts mit leicht hochgelagertem Kopf zu schlafen.

Weiterer Verlauf

Mit 13 Jahren wurde eine weitere 24-Stunden-pH-Wert- Metrie des Ösophagus durchgeführt, wobei eine deutliche Verminderung des Refl uxes gemessen wurde. Als Teil des Wachstumsprozesses wurde dies auf einen kompetenteren Ösophagussphinkter zurückgeführt. Da die Refl uxwerte inner- halb der Norm lagen, wurde die medikamentöse Therapie Abb. 7 Fall 1: Palatinalansicht des Frontsegmentes nach Versiege- lung der (schmerzenden) erosiven Läsionen (Seal and Protect, Densply de Trey, Konstanz, Deutschland).

Fig. 7 Cas 1: Vue palatine des incisives après scellement des lésions (douloureuses) (Seal and Protect, Densply de Trey, Constance, Alle- magne).

beendet. Sowohl durch den Patienten als auch durch den behandelnden Zahnarzt konnte keine Progression der Erosi- onen festgestellt werden, weshalb auf eine weitergehende Therapie der erosiven Läsionen (Kompositfüllungen, Veneers, Kronen) bis Dato verzichtet werden konnte. Solange der Pa- tient schmerzfrei ist und nicht weitere Zahnsubstanz verloren geht, scheint es sinnvoll, möglichst zahnsubstanzschonend und prophylaxeorientiert zu handeln.

Nach Exfoliation der Milchzähne wurden uns diese vom Patien- ten zur histologischen Auswertung zur Verfügung gestellt. Die Abbildungen 8a–c zeigen einen Milcheckzahn und die entspre- chenden histologischen Präparate. Die stark erodierte Zahn ober- fläche mit breiter Dentinbeteiligung ist deutlich sichtbar. Dabei kam es auf Grund des relativ milden Reizes zu einer Reaktions- dentinbildung durch die primären Odontoblasten.

Fall 2: Patient T. M., männlich, 14-jährig

Anamnese

Der Patient wurde vom behandelnden Kieferorthopäden an die Klinik überwiesen, weil dieser eine Veränderung der Zahnhart- substanz festgestellt hatte. Die medizinische und dentale Anam- nese war unauffällig. Der Patient war Mundatmer und hatte keine Schmerzen. Mit weniger als zwei Säureinputs pro Tag lag der Patient bei der Ernährung deutlich unter den kritischen Werten (⭓ 4 Säureinputs pro Tag).

Anfangsbefund

Die Befundaufnahme zeigte erosive Läsionen Grad 1 und Grad 2 v. a. an den Palatinalflächen des Frontsegmentes sowie an den 1. Molaren. Der Patient trug eine kieferorthopädische fest sitzende Apparatur (Abb. 9–11). Die Speichelparameter zeigten Grenzwerte bei der Speichelfl iessrate: Beim unstimu- lierten Speichel wurde ein Wert von 0,22 ml/Min. (Normal- wert:⭓ 0,25 ml/Min.), beim stimulierten Speichel 1 ml/Min.

(Normalwert: ⭓ 1 ml/ Min.) gemessen. Der unstimulierte Speichel zeigte eine mittlere Pufferkapazität. Die Pufferkapa- zität des stimulierten Speichels war jedoch hoch, ebenso wie der Ausgangs-pH-Wert von 7,8.

Die anamnestischen Angaben sowie die dentalen Befunde inkl.

der Speichelanalysen liessen den Schluss zu, dass auch bei die- sem Patienten eine endogene Ursache für die Entstehung der

Abb. 3

Abb. 3–6 Fall 1: Okklusalansicht der Seitenzahngebiete. Erosionen Grad 1 der 6-Jahr-Molaren sowie ausgeprägte okklusale Erosionen Grad 2 (mit Ausdehnung nach vestibulär und oral) der Milchmolaren sind sichtbar.

Fig. 3–6 Cas 1: Vue occlusale des dents latérales: les lésions érosives de niveau 1 des premières molaires, et lésions érosives marquées de niveau 2 (avec extension vestibulaire et linguale) des molaires temporaires sont visibles.

Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6

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erosiven Läsionen verantwortlich war, weshalb der Patient zur weiteren Abklärung an einen Gastroenterologen überwiesen wurde.

Prophylaxemassnahmen

Um während der weiteren Abklärungen ein Fortschreiten der Erosionen möglichst zu verlangsamen, wurden folgende Mass- nahmen nach der ersten Befundaufnahme eingeleitet: Zur An- regung der ungenügenden Speichelsekretion wurde dem Pa- tienten aufgetragen, dreimal täglich einen zahnfreundlichen (zahnschonenden) Kaugummi zu kauen. Zudem wurde eine Fluoridspüllösung verordnet.

Verlauf

Die durch den Gastroenterologen durchgeführte 24-Stunden- pH-Wert-Metrie des Ösophagus war über die ganze Messperi- ode normal. Die Refl uxepisoden traten nur tagsüber auf und waren mit knapp 5% in dieser Zeitperiode leicht vermehrt.

Nachts fi el der Median-pH-Wert über lange Zeit auf Werte zwi- schen 5 und 6. Es lag der Verdacht von grösseren Mengen nicht sehr saurem gastroösophagealen Refl ux während der Nacht vor (Abb. 12). Für die Genese einer Refl uxösophagitis ist ein pH-Wert von⭐ 4 von klinischem Wert. Für die Entstehung von dentalen Erosionen sind höhere pH-Werte bereits kritisch. Abhängig vom Lokalmilieu (Sättigung der Umgebung, Diffusionsgradient) und von der exponierten Zahnsubstanz (Schmelz oder Dentin) kön-

nen bereits pH-Werte von unter 6,0 zu Erosionen führen. Nach- berechnungen der 24-Stunden-pH-Wert-Metrie für diesen Pa- tienten haben ergeben, dass während 2,5 Stunden der pH-Wert unter 5,5 und 12 Stun den unter 6,0 lag. Messpunkt war dabei eine Stelle 5 cm oberhalb des Ösophagussphinkters.

Diagnose

Auch bei diesem Patienten handelte es sich bei den Zahnhart- substanzläsionen um dentale Erosionen, hervorgerufen durch gastroösophagealen Refl ux.

Therapie

Mittels eines Protonenpumpenhemmers (Zurcal, Nycomed, 2-mal täglich 20 mg) wurde die Magensäuresekretion für einen Zeit- raum von zwei Jahren gehemmt. Nach dieser Periode sollte eine weitere pH-Wert-Manometrie Aufschluss über Erfolg und Verlauf geben. Der Patient wurde instruiert, die lokal präventiven Mass- nahmen (Kaugummikauen, Fluoridspüllösungen) fortzusetzen.

Weiterer Verlauf

Während der Phase der medikamentösen Therapie erfolgte das Debanding der kieferorthopädischen Apparatur. Unmittelbar Abb. 8b

Abb. 8a

Abb. 8c

Abb. 8a–c Fall 1: Milcheckzahn nach Exfoliation und entsprechende histologische Präparate. Die erodierten Areale mit Dentinbeteiligung sind deutlich sichtbar. Der relativ milde Reiz veranlasste die primären Odontoblasten, Reaktionsdentin zu bilden.

Fig. 8a–c Cas 1: Dent de lait après exfoliation et préparations his- tologiques correspondantes. Les sites érodés, avec atteinte de la dentine sont bien visibles. L’agression relativement faible entraîne la formation d’une dentine de réaction par odontoblastes primaires.

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danach wurde dem Patienten durch den Kieferorthopäden eine Tiefziehschiene im Oberkiefer zur lokalen Applikation von Fluo- ridgelen abgegeben. Das Fortschreiten der Erosionen konnte zwar verlangsamt, nicht aber gestoppt werden. Insbesondere die medikamentöse Therapie zeigte nicht die erhoffte Wirkung und wurde abgebrochen. Lokal wurden die erosiven Läsionen mit einem Versiegler (Seal and Protect) abgedeckt (Abb. 13, 14).

Im Alter von 19 Jahren wurde eine weitere Therapie mit einem neu auf den Markt gekommenen Säureblocker eingeleitet (Ne- xium, AstraZeneca, 2-mal täglich 40 mg). Eine 24-Stunden-pH- Wert-Metrie sollte den Erfolg der Medikation zeigen: Der nächt- liche Refl ux konnte zwar ausgeschaltet werden, jedoch zeigte der Patient trotz Medikamenten deutliche Refl uxepisoden morgens und tagsüber. Der pH-Wert lag während der Messdauer immer noch über 9 Stunden unter 5,5 (Abb. 15). Deshalb wurde ein weiteres Medikament zur Verbesserung der Säureclearence ein- gesetzt (Prepulsid, Janssen-Cilag, 2-mal täglich 20 mg). Da keine Abb. 9 Fall 2: Frontalansicht der Zähne des 14-jährigen Knaben.

Dünn auslaufende, transparente Inzisalkanten und die Konkavitäten approximal beim Kontaktpunktbereich lassen auf fortgeschrittene palatinale Erosionen schliessen. Gingivitis mit Hyperplasie der Papil- len sind Resultat der ungenügenden Mundhygiene.

Fig. 9 Cas 2: Vue frontale des dents d’un garçon de 14 ans. Les bords libres fi ns et transparents des incisives et les concavités proxi- males au-dessus de la zone de contact permettent de conclure à des lésions érosives avancées. Une gingivite avec hyperplasie des papilles résulte d’une hygiène buccale insuffi sante.

Abb. 10 Fall 2: Palatinalansicht des Frontsegmentes. Erosionen des Grades 1 und 2 sind deutlich sichtbar.

Fig. 10 Cas 2: Vue palatine des incisives: lésions érosives très nettes, de niveaux 1 et 2.

Abb. 11 Fall 2: Okklusalansicht der Zähne 45 und 46 (Patient 14-jäh- rig). Bei Zahn 46 ist der Substanzverlust gleichmässig weit fortge- schritten und hat das Dentin erreicht (Erosion Grad 2). Zahn 45 zeigt nur eine geringe erosive Schädigung (Erosion Grad 1).

Fig. 11 Cas 2: Vue occlusale des dents 45 et 46 (patient de 14 ans).

La perte de tissu de la dent 46 est régulière, très avancée et la dentine est atteinte (érosion de niveau 2). La dent 45 ne présente qu’une légère érosion (érosion de niveau 1).

pH 7

4

1 12.00 Uhr 18.00 Uhr 0.00 Uhr 6.00 Uhr

Abb. 12 Fall 2: pH-Wert-Manometrie des Oesophagus (Patient 14-jäh- rig). Aufgezeichnet wurden die pH-Wert-Schwankungen über 24 Stun- den (Mess punkt 5 cm oberhalb Ösophagussphinkter). Die starken Refl uxperio den tagsüber sowie die weniger sauren, aber konstanten Refl uxperio den während der Nacht sind deutlich zu erkennen.

Fig. 12 Cas 2: pH-manométrie œsophagienne (patient de 14 ans).

Les variations du pH ont été enregistrées sur 24 heures (point de mesure: 5 au-dessus du sphincter de l’œsophage). Les fortes périodes de refl ux pendant la journée, ainsi que les périodes de refl ux moins acides mais constants pendant la nuit sont nettement visibles.

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axiale Hiatushernie vorlag, wurde auf einen operativen Eingriff (laparoskopische Fundoplicatio) verzichtet.

Trotz dieser Therapie zeigte der Patient auch weiterhin ein Fort- schreiten der erosiven Läsionen. Über zwei Jahre wurden in meh- reren Sitzungen weitere Versiegelungen der Erosionen vorgenom- men. Auf Grund des noch relativ geringen Substanzverlustes konnte bis jetzt auf aggressivere Therapieformen (Füllungen, Keramikschalen oder Kronen) verzichtet werden. Prophylaktisch wurde der Patient angewiesen, eine normale Zahnreinigung mit wenig abrasiven Zahnpasten, tägliche Fluoridspülungen und wöchentlich Fluorid-Gel-Applikationen durchzuführen.

Diskussion

Als Ursache für die Entstehung von Erosionen kommen extrin- sische und intrinsische Faktoren in Frage. Als hauptsächliche exogene Noxe gilt eine saure Ernährung, die, wenn exzessiv

betrieben, zu massiven erosiven Läsionen führen kann, insbe- sondere wenn zusätzliche ungünstige Faktoren hinzukommen wie Hyposialie oder ungenügende Pufferkapazität des Speichels (ZERO 1996). Wird eine angeätzte Schmelz- oder Dentinoberflä- che ausserdem mechanisch belastet, wie das bei Parafunktionen oder beim Zähneputzen vorkommt, so ist der Zahnsubstanz- verlust hoch und schreitet schnell voran. Der übermässige Konsum von Fruchtsäften, sauren Softdrinks sowie sauren Nahrungsmitteln kann, wie in mehreren Publikationen be- schrieben wurde, zu Erosionen sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern führen (LUSSI et al. 1993, 1995, MILLWARD et al.

1994, GRANDO et al. 1996, HUNTER et al. 2000, AL-DLAIGAN et al.

2001, AL-MAJED et al. 2002). Die wachsende Beliebtheit von Softrinks, aber auch die Zunahme des Konsums saurer alkoho- lischer «Designer-Getränke» (Alcopops) führt bei den Jugend- lichen zu einem starken Anstieg des exogenen Säureinputs, was das Risiko für Erosionen erhöht (O‘SULLIVAN & CURZON 1998, AL-DLAIGAN et al. 2001).

Abb. 13 Fall 2: Palatinalansicht des Frontsegmentes nach Versiege- lung mittels Kunststoffl ack (Seal and Protect).

Fig. 13 Cas 2: Vue palatine des incisives après scellement avec un ciment synthétique (Seal and Protect).

Abb. 14 Fall 2: Okklusalansicht der Zähne 45 und 46 (Patient 16-jäh- rig). Deutlich sichtbar ist das Fortschreiten der Erosionen an Zahn 45, bei dem sich eine Dentinbeteiligung an der bukkalen Höckerspitze abzeichnet (vgl. Abb. 11). Die Zähne wurden mit einem Versiegler behandelt.

Fig. 14 Cas. 2: Vue occlusale des dents 45 et 46 (patient de 16 ans).

L’avancement de l’érosion est bien visible sur la dent 45, pour laquelle l’atteinte de la dentine sur la crête est marquée (voir également fi g. 11). Les dents ont été traitées à l’aide d’un ciment de scelle- ment.

pH 7

4

1 12.00 Uhr 18.00 Uhr 0.00 Uhr 6.00 Uhr

Abb. 15 Fall 2: pH-Wert-Manometrie des Oesophagus (Patient 19- jährig). Aufgezeichnet wurden die pH-Wert-Schwankungen über 24 Stunden. Die Refl uxperioden fi nden trotz medikamentöser Therapie v. a. morgens und tagsüber statt, sind aber weniger ausgeprägt als früher (vgl. Abb. 12).

Fig. 15 Cas. 2: pH-manométrie œsophagienne (patient de 19 ans).

Les variations du pH ont été enregistrées sur 24 heures. Les périodes de refl ux ont lieu, malgré une thérapie médicamenteuse, surtout le matin et la journée, elles sont cependant moins marquées qu’aupa- ravant (voir également fi g. 12).

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Neben den Krankheitsbildern Anorexia und Bulimia nervosa, bei denen es durch Erbrechen zu einer oralen Säureexposition kommt, muss der gastroösophageale Refl ux als wichtige endo- gene Ursache für die Erosionsentstehung betrachtet werden. Wie die zwei Fallbeispiele zeigen, verläuft dieses Krankheitsbild oft unbemerkt und wird häufi g erst beim Auftreten von Schleim- hautläsionen (Refl uxösophagitis) oder dentalen Erosionen ent- deckt. Die Symptome dieser Sekundärerkrankungen sind Ma- genschmerzen, Brennen oder Stechen in der Brustregion, Säuregefühl in der Mundhöhle und Hypersensibilitäten der Zähne. Meist treten die Refl uxphasen nachts auf. Es gilt zu be- achten, dass nicht bei allen Refl uxpatienten der Magensaft die Mundhöhle erreicht und somit bei diesen Patienten keine Ero- sionen zu beobachten sind. Zum gastroösophagealen Refl ux von Magensaft kommt es bei Insuffi zienz des gastroösophagealen Sphinkters. Aber auch bei normaler Sphinkterfunktion kann es zu Refl ux kommen, wenn der intraabdominale Druck erhöht ist z. B. bei einer Schwangerschaft, bei Fettleibigkeit oder wenn das Magenvolumen erhöht, ist wie nach übermässigem Essen oder wegen Ulzera oder Pylorusspasmen (SCHEUTZEL 1996). Die Me- diziner sprechen von pathologischem Refl ux, wenn bei mehr als 4% der Refl uxphase der pH-Wert im distalen Ösophagus unter 4 liegt (BARTLETT et al. 1996). Eine direkte Extrapolation auf die Zahnhartsubstanz ist dabei aber schwierig.

Bei vielen Patienten mit manifesten erosiven Läsionen kann trotz gründlicher Anamnese inklusive Ernährungsanamnese die Ursa- che der Zahnschäden nicht eruiert werden. Häufi g gibt die klini- sche Befundaufnahme, bei der die Lokalisation und der Schwe- regrad der Erosionen untersucht werden, einen Hinweis auf mögliche Ursachen. So treten Erosionen auf Grund von Erbre- chen oder Refl ux häufi g zuerst an den Palatinalflächen der Ober- kieferzähne auf (BARTLETT et al. 1996, LUSSI 1996). Die Prävalenz der Erosionen verursacht durch diese endogene Säure ist unbe- kannt. Klinische Studien, die das Auftreten, den Schweregrad und die Ursachen von Erosionen untersuchten, zeigten Werte zwi- schen 20 und 50% (SMITH & KNIGHT 1984, JÄRVINEN et al. 1992).

Die klinische Examination und deren Diagnose ist wichtig. Nicht selten werden auf diese Weise Bulimiepatienten entdeckt, die ihre Krankheit häufi g negieren oder verdrängen und diese anamnes- tisch nicht preisgeben. Bei diesen Patienten ist die Einleitung einer psychologischen oder psychiatrischen Therapie nicht nur wegen der Erosionsprävention wichtig. Bei Refl uxpatienten, denen häu- fi g ihre Krankheit nicht bewusst ist, kann oft eine medikamentöse Therapie (Hemmung der Magensaftsekretion), seltener ein zu- sätzlicher operativer Eingriff (Ösophagussphinkter) Abhilfe schaffen. Dem Zahnarzt fällt also in der Erfassung des Grundlei- dens und der Einleitung einer kausalen Therapie eine wichtige Rolle zu. Zudem können einfache präventive Massnahmen wie Hygieneinstruktion, Anregung des Speichelfl usses mittels neu- tralisierender Kaugummis und Fluoridapplikation das Fortschrei- ten der Erosionen verlangsamen. Leicht saure Fluoridgele bilden effi zienter als neutrale Fluoridgele eine CaF2-artige Deckschicht, die bei einem Säureangriff die darunterliegende Zahnhartsub- stanz zu schützen vermag (ATTIN et al. 1999, GANSS et al. 2001, LUSSI et al. 2004, LUSSI et al. im Druck).

Im Sinne einer möglichst optimalen Erosionsprophylaxe ist in Studien abzuklären, welche systemischen und lokalen präven- tiven Massnahmen den besten Erfolg zeigen, um die Destruktion der Zahnhartsubstanz durch Magensaft und exogene Säuren möglichst zu vermeiden. Zudem muss das Fachpersonal ver- mehrt diagnostisch geschult werden, damit Patienten mit endo- genem und/oder exogenem erosiven Potenzial früh erfasst und therapiert werden können.

Abstract

Dental erosion is a disease occurring not only in adults but also in children. Thereby, deciduous and permanent teeth are in- volved. The cause of these lesions is an extended acid exposure due to extrinsic or intrinsic factors. Unlike caries, the erosive process occurs without involving bacteria. Main reasons are ex- tensive consumption of erosive (soft) drinks and foodstuffs or gastrooesophageal refl ux with regurgitation of gastric acid into the oral cavity. Often, the fi rst signs of this disease are erosive lesions of the teeth and therefore dentists have an important role in early diagnosis. Two clinical cases are presented and the clinical diagnosis, the course and possible systemic and local preventive and therapeutic measures are discussed. Patients suf- fering from erosion can be treated successfully if the correct di- agnosis and adequate preventive and therapeutic measures are performed.

Verdankung

Wir danken Herr Dr. H. Stich herzlich für die histologische Aufarbeitung der Präparate.

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