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Auf der Mauer, auf der Lauer …

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114 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Dezember 2017 | www.diepta.de

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ie Bett- oder

Hauswanze ist seit den 1990er Jahren weltweit wieder auf dem Vormarsch. In Deutschland hat sich der Ein- satz der Schädlingsbekämpfer gegen die Parasiten seit 2007 verzehnfacht, in Berlin sind ganze Häuserzüge mit ihnen verseucht. Vor allem in den

USA ist die Lage schwierig, so sind New York und Chicago die „Bettwanzenmetropolen“

der Welt. Experten sehen die Ursache zum einen in der Glo- balisierung, da Touristen die Wanzen in ihrer Schmutzklei- dung oder in Antiquitäten wie alten Büchern oder Bildern aus dem Urlaub mitbringen. Zum anderen entwickeln die Parasi-

ten immer stärkere Resistenzen gegen Insektizide, mit denen sie früher noch wirksam bekämpft werden konnten.

Groß wie ein Apfelkern Bett- wanzen (Cimex lectularius) sind im hungrigen Zustand etwa fünf Millimeter lang und flach wie ein Stück Papier. Mit Blut vollgesogen erreichen die

Tiere hingegen fast zehn Milli- meter und besitzen einen ge- wölbten Körper. Die rötlich- braunen und leicht behaarten Insekten haben nur kleine stummelformige Vorderflügel, können also nicht fliegen. Doch auf ihren sechs Beinen sind sie trotzdem schnell unterwegs.

Die Wanzen werden bis zu einem Jahr alt, wobei Weibchen

© wildpixel / iStock / Thinkstock

Auf der Mauer, auf der Lauer …

PRAXIS PARASITEN

Die Bett- oder Hauswanze ist ein klassischer Parasit, der sich vom Blut seiner Wirte

ernährt. Bettwanzenstiche jucken zwar meist nur unangenehm, die Tiere können aber

auch ernsthafte Krankheiten übertragen.

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in dieser Zeit rund 200 Eier legen. Nach zwei Wochen schlüpfen daraus Larven, die immer eine Blutmahlzeit be- nötigen, um in ein neues Lar- venstadium zu gelangen, bis sie nach fünf Häutungen ausge- wachsen sind. Da Wanzen in Kolonien leben, kann der Be fall in kurzer Zeit sehr stark anstei- gen. Sie locken sich gegenseitig an, indem sie spezielle Phero- mone absondern. Stört man sie, geben sie wiederum Pheromone ab, die die anderen Wanzen warnen und zu einer soforti gen Zerstreuung der Kolonie füh- ren.

Typischer Geruch Der leicht süßliche, korianderartige Ge- ruch dieser Pheromone ist meist der einzige Hinweis auf einen Wanzenbefall – denn zu Gesicht bekommt man die Tiere so gut wie nie. Sie sind nur nachts aktiv, während sie sich tagsüber geschickt in Rit- zen, Tapetenstößen oder hinter Lichtschaltern verstecken. Zur Blutmahlzeit kommen sie aus ihren Verstecken, wobei sie vom Kohlendioxid in der Atem- luft ihrer Opfer angelockt wer- den. Der Biss mit dem Saugrüs- sel durch die menschliche Haut wird meist nicht bemerkt, da der Speichel der Wanzen Subs- tanzen enthält, die eine lokale Betäubung bewirken. Zudem sorgen gerinnungshemmende Stoffe dafür, dass der Blutfluss nicht stockt. Die Bestandteile des Speichels können eine aller- gische Reaktion auslösen, so- dass die Einstichstellen mehr oder weniger stark jucken.

Ähnlich wie bei Flöhen sind die Bissstellen in einer Reihe an- geordnet, was man auch als

„Wanzenstraße“ bezeichnet.

Eine Blutmahlzeit dauert unge- fähr zehn Minuten, danach wiegt die vollgesogene Wanze sieben Mal mehr als zuvor.

Dafür kann sie aber auch mo-

nate-, und bei perfekten Bedin- gungen sogar jahrelang ohne Nahrung auskommen. Außer- dem sind die Tiere relativ un- empfindlich gegenüber Kälte und Hitze, erst Temperaturen um den Gefrierpunkt oder über 60 Grad Celsius werden ihnen gefährlich. Ihre Widerstandsfä- higkeit macht eine Bekämpfung äußerst schwierig.

Erkennen … Wanzen fühlen sich in Wohnungen besonders wohl, denn dort finden sie op- timale Bedingungen, was Tem- peratur und Luftfeuchtigkeit angeht. Woher weiß ich aber, dass meine Wohnung von Wanzen befallen ist? Außer dem typischen süßlichen Ge- ruch gibt es dafür fast keine Hinweise, denn bei den jucken- den Hautstellen könnte es sich auch um Mückenstiche oder Flohbisse handeln. Wer Mü- cken ausschließen kann und keine Haustiere hat, die Flöhe übertragen können, sollte an einen Wanzenbefall denken.

Als nächstes sollte man dann das Bett überprüfen, da bei jedem Biss ein wenig Blut auf Laken oder Decke gelangt.

Kleine bräunliche Krümel im Bett können auf Wanzenkot hindeuten. Nach dem Bett müssen alle Ritzen im Schlaf- zim mer abgesucht werden. Vor allem sollte man auch in losge- lösten Tapetenstößen suchen, denn die Tierchen haben ihren umgangssprachlichen Namen

„Tapetenflunder“ nicht um- sonst. Weitere Verstecke kön- nen Bilderrahmen sein, Bücher, CDs, Elektrogeräte, Fußleis ten, Steckdosen – die Möglichkeiten sind in einer herkömmlichen Wohnung schier endlos.

… und schnell handeln Ge- nau das macht ihre Bekämp- fung auch so schwierig. Wer Wanzen entdeckt, sollte sie auf keinen Fall selbst bekämpfen.

Denn wenn nicht alle Parasiten abgetötet werden, breiten sie sich nur weiter in der Wohnung aus, was ihre Bekämpfung noch schwieriger macht. Bei Ver- dacht auf einen Befall sollte man immer einen Schädlings- bekämpfer zu Rate ziehen. Ein paar Dinge kann man aller dings schon zuvor erledigen: Da Wanzen sich lieber in ungewa- schener als in frischer Wäsche aufhalten, sollte man alle waschbaren Textilien bei min- destens 60 Grad waschen, eine nachfolgende Hitzebehandlung im Wäschetrockner ist ebenfalls hilfreich. Ein weiteres probates Mittel ist das Einfrieren von Textilien, aber auch von All- tagsgegenständen. Die Matratze können Sie direkt entsorgen, am besten auch den Lattenrost, da die Tiere sich hier gerne ein- nisten. Der Schädlingsbekämp- fer wird erst einmal herausfin- den, wie groß der Befall ist.

Dann muss entschieden wer- den: Insektizide oder Kälte-/

Wärmebehandlung? Letzteres ist für den Menschen wesent- lich schonender, aber auch un- gefähr dreimal so teuer. Eine Behandlung mit Insektiziden liegt bei ein paar Hundert Euro pro Raum, die Wärmebehand- lung bereits bei fast 2000 Euro.

Dabei wird der Raum kontinu- ierlich mit einem Spezialofen auf über 60 Grad Celsius er- hitzt. Nicht immer werden je- doch alle Tiere, Larven und Eier durch eine Behandlung abgetö- tet, sodass sie wiederholt wer- den muss.

Vorsicht geboten Vorbeu- gung ist der beste Schutz gegen Wanzen. Bei Reisen sollte man Koffer auf Gestellen mit Metall- füßen ablegen, denn daran können Wanzen nicht hoch- klettern. Auch Schmutzwäsche sollte man immer in einer ver- schlossenen Tüte aufbewahren und zuhause sofort durchwa-

schen. Gebrauchte Möbel, Bü- cher, Bilder, CDs oder Schall- platten sollte man erst nach Hause bringen, wenn man si- cher ist, dass sie parasitenfrei sind.

Gefährlich oder nicht? Meist ist der Juckreiz, der mehrere Tage anhalten kann, das einzig Unangenehme. Einige Men- schen reagieren allerdings mit allgemeinem Unwohlsein, Seh- störungen oder sogar asthma- tischen Anfällen. Die Bissstellen können sich entzünden und Krankheitskeimen eine Ein- trittspforte bieten. Daher sollte man sie nicht aufkratzen, son- dern mit ein wenig juckreiz- stillender Salbe behandeln. In seltenen Fällen übertragen Bett- wanzen auch gefährlichere Krankheiten. Bis zu 28 ver- schiedene Erreger hat man in ihnen gefunden, wenn auch noch keine Ansteckung mit HIV oder Hepatitis durch eine Wanze nachgewiesen wurde.

Anders sieht es beim Q-Fieber aus. Hier sind Wanzen tatsäch- lich wichtige Vektoren, die die Rickettsien-Erreger übertragen.

Q-Fieber-verursachende Ri- ckettsien sind hochinfektiös, denn bereits ein Erreger kann die Krankheit auslösen. Die Symptome sind grippeähnlich, gefürchtete Komplikationen sind Lungen- und Leberentzün- dungen sowie Peri- oder Endo- karditis. ■

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | Dezember 2017 | www.diepta.de

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