• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Mehr praxisbezogene Akzente setzen" (09.01.1995)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Mehr praxisbezogene Akzente setzen" (09.01.1995)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

MEDIZ

handlungszeiten entschlossen, um die Prophylaxe-Noncompliance von Patienten und Ärzten zu reduzieren und um die immer noch viel zu ho- he Rezidivrate dieser schweren psychiatrischen Erkrankung so weit zu senken, wie dies nach dem der- zeitigen Wissensstand schon mög- lich ist. Um diesem Ziel näherzu- kommen, muß ein Konsens ange-

DISKUSSION

strebt, aber vereinzelter Dissens auch in Kauf genommen werden.

Literatur

1. Bäuml J: Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis. Ein Ratgeber für Patienten und Angehörige. Springer Berlin Heidel- berg New York 1994

2. Kissling W, Bäuml J: Die Vernachlässigung psychosozialer Projekte in der Routine- versorgung und bei der Forschungsförde- rung muß beendet werden! In: Mundt Ch, Kick H, Fiedler P (Hrsg.) Angehörigenar-

beit und psychosoziale Intervention in der Psychiatrie: Methodische Grundlagen, Thera- pie, Rehabilitation. Roderer Heidelberg 1993

Dr. med. Werner Kissling

Psychiatrische Klinik u. Poliklinik der Technischen Universität München

Ismaninger Straße 22 81675 München

Kreuzschmerzen

Diagnostik aus internistischer Sicht

Mehr praxisbezogene Akzente setzen

Die Autoren haben in ihrer umfassenden Darstellung unseres Erachtens an einigen Punkten ver- säumt, deutlichere praxisbetonte Akzente zu setzen und, wie wir fin- den, die Übersichtlichkeit einer größeren Vollständigkeit geopfert.

Eingangs wird zu Recht auf wichtige epidemiologische Untersu- chungen hingewiesen, die allerdings auch klargestellt haben, daß Kreuz- schmerzen ebenso häufig wie in der Regel als prognostisch günstig anzu- sehen sind (1). Die im Rahmen des Themas bisher im Deutschen Ärzte- blatt veröffentlichten Arbeiten ha- ben eindrucksvoll gezeigt, daß der

„Kreuzschmerz" ein interdisziplinä- res Symptom ist. Die Aufgabenstel- lung des Internisten, vor allem des Rheumatologen, in der Diagnostik von Rückenschmerzen besteht ne- ben der Ersteinschätzung und ge- zielten Fragestellungen nach Spon- dylitis und Osteoporose nicht selten in einer Synthese der Befunde an- derer Disziplinen. Deshalb würden wir viel stärker betonen, daß bei der internistischen Diagnostik vor allen apparativen Maßnahmen eine sorg- fältige Anamnese, Untersuchung und psychosoziale Einschätzung des Patienten steht. Hierbei lassen sich durch Ermittlung von Lokalisation, Charakter, Akutheit, Dauer und Be- wegungsabhängigkeit des Schmer- zes in der Regel wichtige Anhalts-

Zu dem Beitrag von Dr. med. Wilfried Mau, Dr. med. Marion Marenholtz und

Prof. Dr. med. Henning Zeidler

in Heft 10/1994

punkte ermitteln. Eine fixe diagno- stische Abfolge, bei der, wie von den Autoren in Abbildung 7 vorge- schlagen, zunächst ein Röntgenbild der Lendenwirbelsäule angefertigt wird und dann die klinische Frage nach dem entzündlichen Charakter des Rückenschmerzes gestellt wird, worauf als nächster Schritt gleich ein CT beziehungsweise NMR an- gefordert wird, halten wir für die tägliche internistische Praxis weder medizinisch noch ökonomisch für sinnvoll. Grundsätzlich halten wir den Hinweis für angebracht, daß bei persistierenden Rückenbeschwer- den die Möglichkeit der Konsultati- on eines Rheumatologen vor dem reflexartigen und nicht selten unkri- tischen Einsatz von aufwendigen bildgebenden Verfahren in Erwä- gung gezogen werden sollte. Auf die Möglichkeit der iatrogenen Chronifizierung von „unspezifi- schen" Rückenschmerzen durch aufwendige Diagnostik ist hinge- wiesen worden (2).

Bei den internistischen Mög- lichkeiten der körperlichen Unter- suchung haben wir die Aufführung des bei entzündlichem Rücken- schmerz (von den Autoren defi- niert) sicher wichtigen Tests nach Schober (3) zur Einschätzung der anterioren und lateralen Flexibilität der Wirbelsäule sowie die einfache Messung der Thoraxexkursion im 4.

Interkostalraum (4) vermißt Die hierbei ermittelten Daten werden neben dem Röntgenbefund der S a- kroiliakalgelenke nach wie vor in- ternational zur Diagnosestellung der ankylosierenden Spondylitis verwendet (5).

In Tabelle 5 (Differentialdia- gnose der Sakroiliitis) fehlt die ankylosierende Spondylitis und die Sarkoidose.

Ähnlich wichtig erscheint uns bei Patienten mit tiefsitzenden Kreuzschmerzen die Familien- anamnese zu sein. Hierbei wird nach Verwandten ersten Grades gefragt, die einen M. Bechterew, eine Schuppenflechte, eine chro- nisch entzündliche Darmerkran- kung oder eine Iridozyklitis haben.

Bei den 1991 vorgeschlagenen eu- ropäischen Kriterien für Spondylar- thropathien (6), von den Autoren wird synonym der Begriff Spondar- thritis verwendet, wird diese ana- mnestische Angabe als Kriterium für die Erkennung und Diagnose- stellung einer sogenannten undiffe- renzierten Spondylarthropathie (7) vorgeschlagen. Mit diesem Begriff,

A-60 (64) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 1/2, 9. Januar 1995

(2)

MEDIZ

den die Autoren selbst in einer an- gloamerikanischen Publikation so verwendet haben, können jetzt erst- mals Patienten mit einer Diagnose versehen werden, die der Gruppe der rheumatischen Erkrankungen angehören, die sich klinisch durch eine asymmetrische Arthritis der unteren Extremitäten und/oder ent- zündlichen Rückenschmerz aus- zeichnet und keiner der klassischen Kategorien einer Spondylarthropa- thie zugeordnet werden kann. Dies stellt in unserer Einschätzung kei- nen endgültigen, aber einen wichti- gen Fortschritt in der rheumatologi- schen Nomenklatur der entzündli- chen Gelenkerkrankungen dar (8).

Von mehreren Autoren ist be- tont worden, daß der Nachweis von HLA B27 allein kein diagnostisches Hilfsmittel etwa für die Diagnose- stellung ankylosierende Spondylitis darstellt (9). Nur bei fundiertem kli- nischen Verdacht stellt der (leider immer noch sehr teure) positive Nachweis von HLA B27 ein die Diagnose stützendes Argument dar.

In der Normalbevölkerung sind acht bis zehn Prozent Träger des HLA-B27-Zelloberflächenmarkers, davon sind aber nur etwa fünf Pro- zent an einer Spondylarthropathie erkrankt Die restlichen 95 Prozent der HLA-B27+-Bevölkerung haben mit großer Wahrscheinlichkeit in ihrem Leben auch einige Zeit unter nichtentzündlichen Rückenschmer- zen zu leiden (2).

Während wir im Beitrag der Autoren nur indirekte Hinweise ge- funden haben, daß die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, vor allem der M. Crohn, mit ent- zündlichem Rückenschmerz bis zum Vollbild einer schwer verlau- fenden ankylosierenden Spondylitis einhergehen kann (10), finden wir den Hinweis auf die serologischen Möglichkeiten der Erregerdiagno- stik überbetont. Zwar kann es im Verlauf eines Reitersyndroms zu Sakroiliitiden kommen, aber über eine von den Autoren implizierte quasi „reaktive Sakroiliitis" liegen bislang keine eindeutigen Daten vor. Auch der Hinweis auf die be- kanntermaßen wenig spezifische Chlamydiendiagnostik ist mißver- ständlich, in der internistischen

DISKUSSION

Diagnostik des Rückenschmerzes haben diese serologischen Untersu- chungen keinen gesicherten Stellen- wert. Dies trifft auch auf die Erwäh- nung der Gonokokken zu, diese spielen in der Differentialdiagnose der Arthritis, nicht aber des Kreuz- schmerzes eine Rolle.

Der Hinweis auf die diagno- stisch wegweisende BKS-Beschleu- nigung bedarf der Ergänzung, daß bei 25 Prozent und mehr der Patien- ten mit entzündlichen Gelenker- krankungen wie der ankylosieren- den Spondylitis die BKS normal bleibt (11).

Bei der kritischen Bewertung der diagnostischen Maßnahmen sollte unseres Erachtens der Hin- weis nicht fehlen, daß die Aussage- kraft der Knochenszintigraphie für die Diagnostik der Sakroiliakalge- lenke wegen zu geringer Spezifität stark eingeschränkt ist (12). Bei kli- nischem Verdacht auf das Vorliegen einer Sakroiliitis kann die dynami- sche Kernspintomographie, wie un- sere Arbeitsgruppe kürzlich zeigen konnte (13), eine wertvolle Hilfe sein, da hierbei die Vorteile einer guten Beurteilungsmöglichkeit des Knorpels mit dem im Fall einer Entzündung möglichen Nachweis einer signifikanten Kontrastmittel- anreicherung (Gadolinium-DTPA) verbunden werden kann. Der Ein- satz dieser innovativen Techniken sollte unserer Ansicht nach aber im jetzigen Stadium Spezialzentren vorbehalten bleiben und nicht (wie im Falle der Osteodensitometrie ge- schehen) vor einer ordentlichen Evaluierung und Festlegung klarer Indikationen auf das Gesundheits- wesen losgelassen werden.

Die Klammern beziehen sich auf die Literaturhinweise, zu beziehen über die Verfasser.

Dr. Jürgen Braun Dr. Ulrich Eggens

Priv.-Doz. Dr. Jochen Sieper Medizinische Klinik und Poliklinik Bereich Rheumatologie

Universitätsklinikum Steglitz Hindenburgdamm 30

12200 Berlin

Schlußwort

Die von den Kollegen Braun und Sieper an anderer Stelle zitier- te bevölkerungsepidemiologische Studie von Raspe und Kohlmann (7) zeigt, daß die Langzeitprognose von Kreuzschmerzen wahrschein- lich wesentlich ungünstiger ist, als in früheren Untersuchungen mit möglichen Selektionseffekten oder zu kurzer Beobachtungszeit ange- nommen worden ist.

Es steht außer Zweifel, daß sich die internistische Diagnostik von Kreuzschmerzen auf eine breite und sorgfältige Anamnese, allge- meininternistische und rheumatolo- gische Untersuchung und die Ein- beziehung der psychosozialen Si- tuation des Patienten stützt. Hier stimmen wir mit den Kollegen Braun und Sieper völlig überein.

Wir sind an mehreren Stellen unse- res Beitrages auf die große Bedeu- tung der Klinik eingegangen. So ha- ben wir bereits bei der Basisdiagno- stik darauf hingewiesen mit dem Satz „Eine gezielte Anamnese be- züglich urogenitaler Erkrankungen, abdomineller Symptomatik und hä- matopoetischer Erkrankungen trägt ebenfalls entscheidend zur Diagno- se und Differentialdiagnose extra- vertebraler Ursachen bei". Beson- ders betont wurde dies nochmals bei der Darstellung der Spondar- thritiden mit dem Satz „Diagno- stisch richtungsweisend sind ischial- giforme Schmerzausstrahlungen ins Gesäß und in die Oberschenkel- rückseite, eingeschränkte Wirbel- säulenbeweglichkeit und die Beach- tung extravertebraler Befunde wie asymmetrische Mono- oder Oligo- arthritis, Insertionstendinitis, Tho- raxschmerzen beziehungsweise ein- geschränkte Atembreite, systemi- sche Manifestationen (Iritis/Irido- zyklitis, Konjunktivitis, Enteritis, Urethritis, Hautveränderungen)".

Sehr ausführlich wurden dann spe- ziell die Darmsymptomatik, uroge- nitalen Symptome und Hautverän- derungen bei Spondarthritiden dar- gestellt und in Abbildung 6 syste- matisch zusammengefaßt. Schließ- lich gibt die Tabelle 8 eine sehr um- fangreiche Aufstellung der interni- stischen Zusatzsymptome für eine Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 1/2, 9. Januar 1995 (65) A-61

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Hauptstadt Hattusa wurde dabei mehrfach in ihrer Fläche stark durch neue Wehrmauern vergrößert und war ein bedeutendes Zentrum für den Warenhandel zwischen dem Schwarzen Meer

Bei dieser Besprechung habe er zudem erfahren, dass ab 2007 für die Hauseigentümer im Kanton Basel-Landschaft bei einer bewohnten Liegenschaft (B.____) und einem

Omgang met Nanodeeltjes op de Werkvloer 57 Naast de bovengenoemde studies is er onlangs een conceptrapport verschenen van het European Agency for Safety and Health at Work getiteld

Allein diese Nutzung entspricht schon lange nicht mehr dem rund 50 Jahre alten Bebau- ungsplan K72 „KTC“, auch ist allen Kom- munalpolitikern einerseits an einer Zukunfts-

Während der 80er Jahre waren zwischen 6 und 7 Prozent der vormals Arbeitslosen bereits nach einem Jahr erneut arbeitslos, was eine Arbeitslosenquote, bezogen auf diese Personen,

Rund ein Drittel der Befragten sieht Chancen für einen Mindest- preis, hiervon wiederum die Mehrheit für Preise zwischen 20 und 30 Euro, ein weiteres Drittel sieht auch das nicht

NIEDERRHEIN. Da immer wieder neue Fälle von Corona- Infektionen nachgewiesen wer- den und die Infektionsrate steigt, sieht der BRH bis auf weiteres von den monatlichen Treffen

Lux: Vier Themen sind mir besonders wich- tig: Frauen in der Medizin, der Stellenwert der Prävention, eine funktionierende Arbeit in der Substitution und die Zusammenarbeit zwischen