Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 29–30|
21. Juli 2014 A 1311 ART COLOGNEDie Angst vorm Verfallsdatum in der Kunst
Ein Highlight der Kunstmesse war die Ausstellung zur Überlassung des Privatarchivs von Kunstpromotor Kasper König
an das Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels.
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ie 48. Art Cologne konnte selbstbewusst auftreten, wich- tige Galerien wie David Zwirner, Hauser + Wirth sowie Schönewald, die der The European Fine Art Fair (TEFAF) in Maastricht zuletzt eine Absage erteilt hatten, sind der Köl- ner Messe treu geblieben oder zu- rückgekehrt. Seit Daniel Hug im Jahre 2008 die künstlerische Lei- tung übernommen hat, ist die ältes-te Kunstmesse der Welt wieder at- traktiv geworden. 221 Galerien aus aller Welt haben diesmal das Aus- wahlverfahren überstanden. Die po- sitiven Signale sind wohl auch in London verstanden worden, die Ge- rüchte, dass die Frieze-Art-Fair ei- nen Kunstmesseableger in Berlin plane, sind verstummt. Sorge macht den Galeristen und Sammlern eher eine neuartige, US-amerikanische Kunstmarktanalyse, die nicht nur Kaufempfehlungen gibt, sondern Künstler benennt, die man schleu- nigst verkaufen sollte, weil sie ih-
ren preislichen Höhepunkt über- schritten hätten. An dieser Entwick- lung sind die Galeristen und Samm- ler und auch die Künstler nicht un- schuldig. Die Rasanz, mit der heut- zutage junge Künstler zu Shooting- stars der Szene aufgebaut werden, ist oft atemberaubend, nur ist die künstlerische Potenz nicht immer adäquat, und dann ist ein Absturz programmiert.
Vielleicht hob deswegen Messe- direktor Hug bei der Pres - sekonferenz die stabilen Marktaus- sichten der klassischen Moderne hervor, wenngleich hochpreisige Werke auch nicht immer sofort ei- nen Käufer finden, das vorzügliche Gemälde „Die Angst des Hasen“
von Franz Marc aus dem Jahre 1912 für 9,4 Millionen Euro wur- de von der Galerie Thomas schon auf der TEFAF angeboten. In Halle 11.3 mit der aktuellen Kunst konnte man auch mit kleinerem Geldbeutel fündig werden, so bei der Auflagen-
kunst der Galerie Staeck oder der Galerie Akinci, die ein faszinieren- des Aquarell von Thomas Huber für 4 500 Euro anbot. Arbeiten von Tho- mas Huber gehören zu den Glanzstü- cken der sehenswerten Ausstellung
„Kunst und Alchemie“, die im Rah- men der Quadriennale Düsseldorf noch bis zum 10. August im Museum Kunstpalast besucht werden kann.
Ein besonderes Highlight der 48. Art Cologne war die kleine Aus- stellung zur großzügigen Überlas- sung des Privatarchivs des renom- mierten Kunstpromotors und ehe- maligen Direktors des Kölner Mu- seums Ludwig, Kasper König, an das Zentralarchiv des internationa- len Kunsthandels. Bereits aufgear- beitet und in einer schönen Publika- tion „Kasper König – The Forma - tive Years (1962–1979)“ dokumen- tiert, kann man wichtige Dokumen- te und Korrespondenzen aus dem Beginn seiner Karriere nachlesen (Sediment Heft 23–24/2014, 29 Euro, Verlag für Moderne Kunst Nürnberg). König hat erst kürzlich eine ehrenvolle, aber unter den der- zeitigen politischen Entwicklungen schwierige Aufgabe übernommen:
Er ist zum künstlerischen Leiter der 10. Manifesta gewählt worden, die bis 31. Oktober in der Eremitage von St. Petersburg stattfindet. Kö- nig glaubt an die aufklärerische Wirkung der Kunst, und deswegen hält er einen Boykott der Manifes- ta, wie ihn einige Künstler gefor- dert haben, für falsch. Die Hoff- nung ist berechtigt, dass König auch diese Herausforderung souve- rän meistern wird.
Die 49. Art Cologne findet vom 16. bis 19. April 2015 statt. Infor- mationen: www.artcologne.de
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Dr. med. Helmut Jaeschke Kasper König
beim Signieren der Publikation
„Kasper König – The Formative Years (1962–
1979)“
Foto: Gerda Jaeschke