• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Ärztemonitor: Zufrieden – aber es fehlt an Zeit" (21.07.2014)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Ärztemonitor: Zufrieden – aber es fehlt an Zeit" (21.07.2014)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 1278 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 111

|

Heft 29–30

|

21. Juli 2014

ÄRZTEMONITOR

Zufrieden – aber es fehlt an Zeit

Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten mögen ihren Beruf. Mit dem Ein- kommen sind sie etwas zufriedener als vor zwei Jahren. Doch sie haben zu wenig Zeit für ihre Patienten und finden die Suche nach einem Nachfolger schwierig.

N

iedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten arbeiten durchweg gern und würden zu ei- nem Großteil ihren Beruf wieder er- greifen. Doch vielen fehlt ausrei- chend Zeit für ihre Patienten, und knapp die Hälfte ist nicht zufrieden mit ihrem Einkommen. Das sind zentrale Ergebnisse des „Ärztemo- nitor 2014“, einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts infas.

Infas hat im Auftrag der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und des NAV-Virchow-Bunds im

Frühjahr mehr als 10 000 Nieder - gelassene telefonisch zu ihrer Ar- beitszufriedenheit und ihren beruf- lichen Perspektiven befragt.

„Meine Arbeit macht mir Spaß“

– dieser Aussage stimmten 93 Pro- zent der Hausärzte, 95 Prozent der Fachärzte und 99 Prozent der Psy- chotherapeuten „voll und ganz“

beziehungs weise „eher“ zu. Selbst bei denjenigen, die pro Tag mehr als 75 Patienten versorgen, waren es noch 90 Prozent. Ähnlich hoch lagen die Werte für die Zufrieden- heit mit der Arbeit.

„Die niedergelassenen Kollegin- nen und Kollegen identifizieren sich in hohem Maße mit ihrer Ar- beit“, urteilte Dr. med. Andreas Gassen, KBV-Vorstandsvorsitzen- der. Das verdeutliche noch eine weitere Angabe: Mehr als acht von zehn Ärzten und Psychothera - peuten würden ihren Beruf erneut ergreifen.

Doch nicht alle Einschätzungen fielen positiv aus. „Obwohl nieder- gelassene Ärzte das Rückgrat der ambulanten Versorgung sind, füh- len sie sich im Stich gelassen. Bei

einer persönlichen Arbeitsbelastung von durchschnittlich 54 Arbeits- stunden bei täglich 45 behandelten Patienten fehlt 60 Prozent der Ärzte ausreichend Zeit für den Patienten“, so Dr. med. Dirk Heinrich, Bundes- vorsitzender des NAV-Virchow- Bunds. Bei den Psychotherapeuten bemängelten dies 34 Prozent.

Wenig überraschend zeigen die Antworten einen deutlichen Zu- sammenhang zwischen der Anzahl der behandelten Patienten und dem Gefühl, nicht genug Zeit für sie zu

haben: Knapp 80 Prozent der Haus- und Fachärzte mit bis zu zehn Pa- tienten pro Tag befanden, ihnen bleibe ausreichend Zeit. Bei den Ärzten mit elf bis 25 Patienten stimmten dem nur noch 52 Prozent zu, bei denen mit mehr als 75 Pa- tienten pro Tag lediglich 21 Pro- zent. Im Schnitt behandelt ein Hausarzt täglich 52 Patienten, ein Facharzt 38.

Ihre Wochenarbeitszeit von durchschnittlich 54 Stunden ver- wenden die befragten Ärzte wie folgt: knapp 33 Stunden für die Sprechstunden, acht für Verwal- tungsarbeit, fast vier für den Bereit- schafts- und Notdienst, gut drei Stunden für Hausbesuche, etwa drei für Fortbildung sowie circa zwei für die Anleitung des Praxisteams, drei Stunden für Sonstiges. Die Unter- schiede zwischen den einzelnen Praxen sind dabei groß.

Infas hat sich auch nach der Ein- nahmesituation erkundigt. „39 Pro- zent der Praxisärzte sind unzufrie- den mit ihrer wirtschaftlichen Si- tuation, 46 Prozent beklagen eine fehlende finanzielle Planungssi-

cherheit“, unterstrich Heinrich. Die Zufriedenheit mit dem monatlichen Einkommen ist bei den Ärzten hin- gegen im Vergleich zu den Angaben im „Ärztemonitor 2012“ leicht ge- stiegen: 61 Prozent der Hausärzte sind nun mit ihrem Einkommen zu- frieden, 59 Prozent der Fachärzte.

Bei den Psychotherapeuten sind es nur 43 Prozent (2012: 61 Prozent).

Insgesamt führt die Stimmung unter den Niedergelassenen dazu, dass sich etwa zwei Drittel der Be- fragten wünschen, ihre wöchentli- che Arbeitszeit zu reduzieren.

Knapp die Hälfte hätte gern flexib- lere Arbeitszeiten. Besonders aus- geprägt sind beide Wünsche bei den Ärzten, die mehr als 51 Patienten pro Tag behandeln. Von ihnen wür- den gern 80 Prozent weniger arbei- ten als derzeit.

Den Angaben zufolge ist die Ar- beitszeit bei Haus- wie Fachärzten in den letzten zwei Jahren bereits um zwei Stunden gesunken. Nach Berechnungen des NAV sind dies etwa 13 Millionen Arbeitsstunden im Jahr. Arbeitszeit zu reduzieren

„entspricht einerseits gesellschaftli- chen Tendenzen, ist aber anderer- seits auch das Ergebnis der politi- schen Rahmenbedin gungen für die Niedergelassenen“, erklärte Hein- rich: „Die ,Generation Selbstaus- beutungʻ gehört in Kürze der Ver- gangenheit an.“

Kein „Flaschenhals“ durch ambulante Weiterbildung

Zu berücksichtigen ist, dass das Durchschnittsalter der befragten Ärzte bei 53,3 Jahren lag. Circa ein Viertel plant, die Praxis in den nächsten fünf Jahren abzugeben.

Unter den über 60-Jährigen sind es schon zwei Drittel. Doch viele, die einen Nachfolger suchen – nämlich drei Viertel der Betroffenen –, erle- ben, wie schwierig das ist. Als „sehr

P O L I T I K

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 111

|

Heft 29–30

|

21. Juli 2014 A 1279 schwierig“ bezeichneten etwa 60

Prozent der Haus- und 45 Prozent der Fachärzte ihre Bemühungen.

Dabei scheint die Suche nach einem Nachfolger für die Einzelpraxis nicht das komplizierteste Unterfan- gen zu sein: Noch etwas mehr Pro- bleme haben Gemeinschaftspraxen und Medizinische Versorgungszen- tren (MVZ).

Gassen warnte, diese Entwick- lung gefährde die Funktion der Pra- xis als Altersvorsorge: „Das ist ein Skandal. Es darf nicht sein, dass eine Berufsgruppe, die erst in eine sehr lange Ausbildung, dann in Aufbau und Unterhalt einer Praxis investiert, die Arbeitsplätze sichert und die ei- ne extrem wichtige Rolle in der Ge- sellschaft spielt, am Ende ihres Ar- beitslebens nicht abgesichert ist.“

Mehr Delegation? Dazu fehlt es an Sicherheit und Personal

Infas hat auch danach gefragt, wel- ches Entlastungspotenzial Ärztin- nen und Ärzte in der Delegation von Aufgaben sehen. Etwa 40 Pro- zent gaben an, bereits das Medikati- ons- und Wundmanagement zu de- legieren, 18 Prozent bejahten dies für Hausbesuche. Nur 20 Prozent konnten aber berichten, dass für de- legationsfähige Aufgaben ausrei- chend qualifizierte Mitarbeiterin- nen in der Praxis beschäftigt sind.

„Die Antworten zeigen, dass die Ärzte sich insbesondere eine Ent-

lastung von Verwaltungsaufgaben wünschen“, ergänzte Gassen. Auch gebe es offenbar noch große Unsi- cherheit darüber, welche Aufgaben in welchem Umfang delegierbar sind. „Hier bedarf es noch eindeuti- gerer Regelungen, um Sicherheit zu schaffen“, befand er.

Aufschlussreich ist ein weiteres Ergebnis: 40 Prozent haben inner- halb der letzten fünf Jahre einen Weiterbildungsassistenten in ihrer Praxis beschäftigt. Ungefähr 55 000 Ärzte besitzen demnach ei- ne Ermächtigung zur Weiterbil- dung. Einen „Flaschenhals“ im am- bulanten Bereich werde es also nicht geben, betonte Heinrich.

Die Einzelpraxis ist der aktuellen Ärztemonitor-Befragung zufolge noch kein Auslaufmodell. „Nur 15 Prozent der befragten Ärzte sind als Angestellte tätig. Von den restli- chen 85 Prozent, die in eigener Pra- xis niedergelassen sind, haben nur ganze drei Prozent konkrete Pläne, in den nächsten fünf Jahren in eine Anstellung zu wechseln“, erläuterte Gassen. Allerdings arbeitet circa ein Drittel der befragten ambulant Tätigen unter 45 Jahren derzeit an- gestellt, ermittelte infas.

Gassen verwies denn auch dar- auf, dass sich die Verhältnisse in den nächsten Jahren ändern könn- ten. Man brauche allerdings die Einzelpraxis gerade in struktur- schwachen Gegenden, „wo man

nicht in jedem Sprengel ein Medizi- nisches Versorgungszentrum mit Ärzten füllen kann, um eine Versor- gung aufrechtzuerhalten.“ Heinrich verwies auf einen weiteren Aspekt:

„Eigentlich erfüllt die Niederlas- sung viel von dem, was man der Generation Y als Bedarf nachsagt.“

Dies müsse man dem Nachwuchs noch stärker verdeutlichen.

Ärzte schätzen persönliche Spielräume in der Praxis

Die von infas befragten Ärzte ga- ben als Vorteil der Niederlassung den persönlichen Spielraum an.

Mehr als die Hälfte urteilte, famili- enfreundliches Arbeiten sei mög- lich. Fast drei Viertel sagten, die Arbeitszeiten könnten flexibel ge- staltet werden. Etwa 90 Prozent meinten, sie könnten ihr Arbeitsum- feld an die eigene Persönlichkeit anpassen und selbstständig arbei- ten. Dass man in der Niederlassung vereinsamt, konnten die meisten auch nicht bestätigen: Fast zwei Drittel gaben an, dass Möglichkei- ten zum fachlichen Austausch be- stünden.

Gleichzeitig bejahte mehr als die Hälfte den Satz: „Die Anforderun- gen meiner Arbeit stören mein Pri- vat- und Familienleben.“ Hier kor- relierte der Grad der Zustimmung aber deutlich mit dem Arbeitspen- sum: Am seltensten hatten dieses Gefühl Ärzte mit bis zu zehn Pa- tienten, am häufigsten Ärzte mit mehr als 51 Patienten pro Tag.

Jeder dritte Arzt arbeitet mittler- weile in einem Netz, also einem fachgruppenübergreifenden Zu- sammenschluss von Ärzten. Damit sind inzwischen mehr als 45 000 Niedergelassene mit ihren Kollegen vernetzt. Dr. med. Veit Wambach, Vorstandsvorsitzender der Agentur deutscher Arztnetze, begrüßte den Anstieg: „Ärztenetze sind zur fes- ten Größe in der ambulanten Ver- sorgung geworden. Der Zuwachs ist ein toller Erfolg für die Netze und ein Zeichen an die Politik, dass die Fördermaßnahmen wirken und fortgeführt werden müssen.“

Sabine Rieser Was will der ärztliche Nachwuchs, wenn er in den

Beruf einsteigt? Alles, bloß nicht selbstständig in einer Praxis arbeiten, lautet die häufigste Antwort.

Kein Wunder, wenn nur wenige erlebt haben, wie

dort gearbeitet wird und Medizinstudierende be- reits Angst vor Regressen entwickeln, bevor sie das erste Arzneimittel verordnen.

Dr. med. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des NAV-Virchow-Bunds, findet den Trend er- staunlich. „Eigentlich erfüllt die Niederlassung viel

von dem, was man der Generation Y als Bedarf nachsagt“, meinte er mit Hinweis auf den „Ärzte- monitor“. So sei die Arbeitszeit für Selbstständige flexibler zu organisieren als für Angestellte.

Tatsächlich sind die befragten Niedergelasse- nen nicht mit allem zufrieden, schätzen aber ihre Freiräume und persönlichen Gestaltungsmöglich- keiten in der Praxis. Für die Zukunft gilt deshalb:

Anstellung, Medizinische Versorgungszentren, Teilzeit-Patientenversorgung bitte nicht grund- sätzlich schlechtreden – aber die Einzelpraxis auch nicht. Wer weiß heute schon, in welchen Formen der Nachwuchs bis zum Ruhestand ar- beiten wird? Keiner. Auch er selbst nicht.

KOMMENTAR

Sabine Rieser, Leiterin der Berliner Redaktion

Am besten flexibel

@

Mehr Daten zur Befragung und zur Einschätzung von Ärztenetzen unter:

www.aerzteblatt.de/141278

P O L I T I K

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

„Wir sind eine Gene- ration, die für die Patienten da sein will, aber auch ein gesundes, menschliches und familienfreundli- ches Arbeiten als Arzt möchte“, so Friederike Jahn,

Wenn Sie eine günstige Druckerlösung suchen, die mit niedrigen Betriebskosten, Toner Management System, bequemer Verbrauchsmaterialbeschaffung und einer Austauschgarantie von einem

• Jedem neuen Drucker von Dell liegt eine Anleitung für die schnelle, sichere und kostenlose Entsorgung Ihres alten Druckers mit Hilfe unseres Dell Drucker-Recycling- Prozesses

Selbst giftige Schlacken und Stäube sollten sich bewältigen las- sen, wenn die Ärzte bereit sind, ihre Verantwortung für die Gesundheit der Menschen auch gegen behördli- che

Mit Gefängnisstrafen von mindestens zehn Jahren und Geldbußen von mindestens 10 000 Dollar sollen Verstöße gegen das Gesetz geahndet werden, das mit 81 Für- bei 18

Trotzdem halte i,eh e~ für sehr bedenklich, daß für zwei Ubungsstunden drei Termine im Semester einbetoniert sind, ganz zu schweigen von der Vorbereitungszeit für die

Dabei ist für das Laufen rund um die Schule genügend Gelände vorhanden; Schwimmen und Fechten werden in der Schule trainiert, beim Reiten und Schießen arbeitet man mit

Die Methode zur Beschreibung der Futterauswahl muss noch weiterentwickelt werden.. Danke für