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Ehemals besetzte Häuser:

Freiraum in Bedrängnis

Was steckt dahinter?

Wo der Hund begraben liegt

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Zeitschrift für Stadterneuerung

18.Jahrgang Januar 1/2012

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www.friedrichshain-magazin.de

Friedrichshain unlängst:

Klo auf halber

Treppe

9-13

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Aktuell

FRIEDRICHsHAIN 1/12

Am 14. November 1990 begann früh- morgens die Räumung der Mainzer Straße. Von der Boxhagener Straße her rückten etwa 4000 Polizisten mit Räumpanzern, Wasserwerfern und Blendgranaten vor und vertrieben die rund 500 Besetzer der 13 Häuser. Nach fünf Stunden war die „Schlacht“ent- schieden. Bilanz: 417 Festnahmen, 70 verletzte Polizisten, eine unbekannte Zahl von Verletzten auf Seiten der Be- setzer, eine völlig verwüstete Straße – und das Ende von Walter Mompers rot-grüner Senatskoalition.

Trotz dieser staatlichen Stärkedemon- stration gegen den damaligen Kern der Hausbesetzerszene war die Bewe- gung nicht am Ende. Wohnungsnot auf der einen und Leerstand auf der anderen Seite gab es nach wie vor. Im Laufe des Jahres 1990 sind in Fried- richshain mehr als 40 leer stehende Häuser besetzt worden. Insgesamt gab

Über 40 besetzte Häuser gab es 1990 in Friedrichshain. Etwa die Hälfte davon ist heute in verschiedenen Formen „legalisiert”und abgesichert. Die Häuser sind nach wie vor ein Kern der alternativen Wohn- und Stadtteilkultur, die Friedrichshain zu einem spannen- den Bezirk gemacht hat. Der wachsende Verwertungsdruck lässt seit einigen Jahren die Luft für unkonventionelle Wohn- und Kul- turprojekte in der Innenstadt aber immer dünner werden. Der auch ein Jahr nach der Räumung anhaltende Konflikt um die Lie- bigstraße 14 zeigt, dass der Kampf um Freiräume, der Ausgangs- punkt der Hausbesetzerbewegung war, heute wieder aktuell ist.

Ehemals besetzte Häuser

Freiraum in Bedrängnis

es zu jener Zeit in Ost-Berlin rund 150 besetzte Häuser, vor allem in Prenz- lauer Berg, Friedrichshain, Mitte und Lichtenberg. Auch wenn in der Main- zer Straße heute nichts mehr an die Besetzerzeiten erinnert und es kein besetztes Haus mehr gibt, so haben die Hausbesetzer Friedrichshain doch einen deutlichen Stempel aufgedrückt, ohne den der Stadtteil heute nicht das wäre, was er ist.

In Friedrichshain kamen die Besetzer der ersten Stunde zu einem großen Teil aus West-Berlin. Im Frühling 1990 haben Hausbesetzer aus Prenzlauer Berg in Kreuzberg regelrecht Verstär- kung angeworben. Sie wollten die vielen leer stehenden Altbauten im Osten vor dem Ruin retten, doch die Ost-Besetzerszene war zu klein, um alle abrissbedrohten Häuser zu be- wohnen. Die Umworbenen nahmen die Gelegenheit gern wahr, denn in West-Berlin war seit 1981 das Häuser- besetzen nicht mehr möglich. Nach der„Berliner Linie der Vernunft“wur- den die bereits besetzten Häuser zwar im Grundsatz toleriert, Neubesetzun- gen jedoch innerhalb von 24 Stunden von der Polizei geräumt. In Ost-Berlin, das als Teil der DDR bis zum 3. Okto- ber 1990 ja noch „Ausland“ war, galt die„Berliner Linie“nicht.

Die meisten besetzten Häuser sind in den folgenden Jahren„legalisiert“

worden: Die Bewohner haben mit der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichs- hain (WBF), die zu Wendezeiten fast alle Wohnungen im Bezirk verwaltete, meist einen Rahmenmietvertrag für das ganze Haus sowie personenge-

bundene Einzelmietverträge abge- schlossen. Die letzten nicht-legalisier- ten Häuser sind in Friedrichshain zwi- schen 1996 und 1998 auf Betreiben des CDU-Innensenators Jörg Schön- bohm geräumt worden.

In den ex-besetzten Häusern ist das Wohnen immer noch sehr selbstbe- stimmt. Meist gibt es einen von den Bewohnern gegründeten Hausverein, der mitunter in eine komplizierte rechtliche Struktur eingebunden ist.

Unter den ehemals besetzten Häusern gibt es eine Vielzahl von juristischen Daseinsformen.

Um aus den teilweise befristeten Rahmenverträgen in einen langfristig sicheren Status zu wechseln, haben einige Ex-Besetzer 1995 die„Selbst- verwaltete Ostberliner GenossInnen- schaft“(SOG) gegründet. 1996 konnte sie mit der Kreutzigerstraße 23 ihr erstes Haus kaufen. Mit viel Selbst- hilfe haben die Bewohner das Gebäu- de saniert. Dadurch sind die Mieten dort immer noch niedrig. Ein kleines gasbetriebenes Blockheizkraftwerk und eine Anlage zur Regenwasser- nutzung tragen dazu bei, dass auch die Betriebskosten überschaubar blei- ben. Die SOG hat mittlerweile drei weitere ehemals besetzte Häuser über- nommen: die Rigaer Straße 83, die Jessnerstraße 41und die Kreutziger- straße 18/19.

Drei Friedrichshainer Häuser haben sich dem in Freiburg beheimateten

„Mietshäuser-Syndikat“angeschlos- sen. Ein Fall ist die Rigaer Straße 78:

Vier Jahre lang hatte eine Gruppe von neun Bewohnern zäh gegen die Ver- wertung des Gebäudes gekämpft. Mit Erfolg. Auf Vermittlung des Mietshäu- ser-Syndikats hat schließlich im Jahr 2008 eine Schweizer Stiftung das Haus gekauft und das Erbbaurecht an eine eigens gegründete GmbH vergeben, die zu 51 Prozent aus dem

„Hausverein Rigaer 78“und zu 49 Prozent aus dem Mietshäuser-Syndi- kat besteht.„Der Kauf konnte nur durch Beißen, Kratzen, Stinken, Glück und das Geschick vieler HelferInnen verwirklicht werden“, heißt es von Seiten der Bewohner. Das Syndikat überlässt die Verwaltung ganz den Bewohnern, die damit quasi zu Besit- IEin zäher

vierjähriger Kampf machte die Besetzer der Rigaer Straße 78 quasi zu Besitzern

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Aktuell

FRIEDRICHsHAIN 1/12

zern geworden sind. Dieser rechtlich abgesicherte Status ermöglichte es auch, eine Finanzierung für die am Haus notwendigen Arbeiten auf die Beine zu stellen.

Einen Schritt weiter ist bereits die Grünberger Straße 73 gegangen, die 2004 ebenfalls mit dem Mietshäuser- Syndikat in Bewohnerhände überge- gangen ist. Vor einem Jahr konnten die Sanierungsarbeiten abgeschlossen werden. Das dritte Friedrichshainer Syndikats-Mietshaus ist die Scharn- weberstraße 38, die 2005 gekauft wer- den konnte. Auch hier wurde schon einiges saniert, unter anderem sind die Fenster erneuert und eine Holzpel- let-Zentralheizung eingebaut worden.

Die „Villa Felix“in der Schreinerstraße 47 hat sich 2004 einer bestehenden Genossenschaft angeschlossen. Noch im Dezember 1989 haben sich rund 15 junge Leute das Gebäude angeeig- net und es somit zu einem der aller- ersten besetzten Häuser in Ost-Berlin gemacht. Nach mehreren Eigentümer- wechseln erhielten sie erst 1997 Miet- verträge. Nachdem sich der Eigentümer zwar als sanierungsunwillig, aber ver- kaufsbereit gezeigt hat, gelang es den Bewohnern, eine Zusage für Förder- mittel aus dem Selbsthilfe-Programm des Senats zu erhalten. Man schloss

sich der Wohnungsbaugenossenschaft

„Am Ostseeplatz“an, mit der die Mo- dernisierung des Hauses umgesetzt werden konnte, bevor die Fördergelder verfielen. Das Haus hat heute unter anderem eine Solaranlage für die Warmwasserbereitung und eine zen- trale Wärmeversorgung in Brennwert- technik.

Ganz ähnlich verhält es sich in der Liebigstraße 15. Die Bewohner nah- men die Wohnungsbaugenossenschaft

„Bremer Höhe“ins Boot, die das Haus 2002 von der WBF kaufte. In den da- rauf folgenden zwei Jahren wurde das Gebäude mit Förderung aus dem Selbsthilfe-Programm saniert. Die Be- wohner haben mit der Genossenschaft einen Selbstverwaltungsvertrag ge- schlossen, der ihnen ein dauerhaftes Belegungsrecht für frei werdende Wohnungen garantiert. Auf diese Wei- se ist das selbstbestimmte Wohnen der Hausgemeinschaft auch für die Zukunft gesichert.

Manche Häuser sind aber immer noch von der Räumung bedroht. Einige Eigentümer nutzen auch kleinste ver- meintliche Verstöße wie eine etwas zu spät überwiesene Miete oder eine un- erlaubte Untervermietung dazu, Kün- digungen auszusprechen und diese per Räumungsklage durchzusetzen.

IMainzer Straße 1990: 4000 Polizisten räumten 13 Häuser – und trugen den ersten rot-grünen Senat Berlins zu Grabe

ISolaranlage, Brennwerttechnik: Die

„Villa Felix” in der Schreinerstraße 47 – erstes besetztes Ost- Berliner Haus nach der Wende – ist heute eine Genossenschaft So sind zum Beispiel im ehemals be-

setzten Haus Scharnweberstraße 29 mehrere einzelne Wohnungen ge- räumt und damit aus dem Hauspro- jekt herausgerissen worden.

Im Fall der Liebigstraße 14 setzte der Eigentümer sogar die Räumung des ganzen Gebäudes durch.Am 2.Februar 2011 fand dort mit einem riesigen Polizeiaufgebot die erste gewaltsame Räumung seit Jahren statt. Die Räu- mung hat über die Ex-Besetzerszene hinaus eine Solidarisierung mit der

„Liebig 14“hervorgerufen. Der Protest hat sich auf der Straße aber auch ge- waltsam entladen. Im geräumten Haus kam es zu Sachbeschädigungen und Sabotageakten. Die dort ein- gezogenen Mieter und die Mieter im Nachbarhaus Rigaer Straße 96 sind die Leidtragenden. Der Eigentümer versucht mittlerweile, die „belastete“

Adresse Liebigstraße 14 zu tarnen, indem er den Eingang und die An- schrift des Nachbarhauses Rigaer Straße 96 nutzen lässt. Derselbe Eigentümer versucht auch schon seit Jahren, die Ex-Besetzer aus dem Sei- tenflügel der benachbarten Rigaer Straße 94 zu vertreiben.

Zum ersten Jahrestag der Räumung der Liebig 14 gab es eine Demonstra- tion gegen steigende Mieten. Unter dem Motto „Für eine Stadt für alle“

zogen trotz eisiger Temperaturen 1200 Teilnehmer in einer „Zombie- Parade“ durch Friedrichshain. Anders als von der Polizei erwartet, blieb alles friedlich.

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Verkehr

FRIEDRICHsHAIN 1/12

IWird eine kleine grüne Vignette das Park-Chaos zwischen Ostkreuz und Ostbahnhof beheben?

Im Bereich zwischen Ostbahnhof und Ostkreuz sollen die Park- plätze auf den öffentlichen Straßen besser ausgenutzt werden.

Zur Zeit erarbeitet der Bezirk ein Konzept, mit dem voraussicht- lich ab Anfang 2013 die Parkraumbewirtschaftung eingeführt werden kann. Erfahrungen aus anderen Bezirken zeigen, dass die Anwohner nach anfänglicher Ablehnung dann doch von den Vorteilen überzeugt sind.

Parkraumbewirtschaftung

Kleine Kosten, große Wirkung?

Abends im Boxhagener Kiez einen Parkplatz zu finden, ist für die Anwoh- ner ein langwieriges und nerviges Un- terfangen. Viele Stellplätze sind von auswärtigen Kneipenbesuchern belegt.

Abhilfe kann eine Parkraumbewirt- schaftung bringen: Ortsansässige be- kommen zum Preis von 20 Euro für zwei Jahre einen Anwohnerparkaus- weis („Vignette“), während auswär- tige Autofahrer für jede Stunde Parken den Parkscheinautomaten füttern müssen. Das ist ein großer Anreiz für Kneipengäste, nicht mit dem Auto, sondern mit den öffentlichen Verkehrs-

mitteln zu kommen. Da mit dem be- vorstehenden Umbau der Warschauer Straße die meisten Parkplätze am Straßenrand wegfallen werden, fasst der Bezirk nun eine Parkraumbewirt- schaftung für den gesamten„Südkiez“

ins Auge: Das Gebiet liegt zwischen der Frankfurter Allee und der Stadt- bahn und reicht von der bestehenden Parkzone 18 am Ostbahnhof bis zur Lichtenberger Grenze am Ostkreuz.

Zur Zeit führt das Bezirksamt Wirt- schaftlichkeitsberechnungen durch.

Geprüft wird, ob die voraussichtlichen Einnahmen aus dem Parkscheinver- kauf und den Bußgeldern ausreichen, um den Aufwand für eine neue Park- zone auszugleichen: Schließlich müs- sen nicht nur Automaten und Hinweis- schilder aufgestellt werden, das Ord- nungsamt muss auch neues Personal für die Parkraumüberwachung ein- stellen, schulen und mit Geräten und Kleidung ausstatten. „Wir wollen sehen, dass bis zum Jahresende das Konzept steht“, sagt Tiefbauamtsleiter

Helmut Schulz-Herrmann. Wahrschein- lich wird das Gebiet in mehrere An- wohnerparkzonen unterteilt.

Der Bezirk Pankow hat im Herbst 2010 in einem noch größeren Gebiet von Prenzlauer Berg eine Parkraum- bewirtschaftung eingeführt. Nach einem Jahr bewertete der Baustadtrat Jens-Holger Kirchner das Unterfangen als Erfolg. Hier parken tagsüber 20 Pro-

zent weniger Autos als vor der Einfüh- rung dieser Maßnahme. Die Erlöse durch den Parkscheinverkauf waren zwar geringer als erwartet, die ein- genommenen Bußgelder machten das Minus jedoch mehr als wett. Die autofahrenden Anwohner haben die Parkraumbewirtschaftung überwie- gend begrüßt. Auch Fußgänger stell- ten erfreut fest, dass die Kreuzungen und Gehwege nicht mehr so zuge- parkt sind. Stark angestiegen ist je- doch der Parkdruck in den Nachbar- kiezen, die von der Bewirtschaftung ausgenommen sind. Pankow plant deshalb eine Ausdehnung auf das Bötzowviertel und die Gebiete Arnim- platz und Humannplatz.

In Mitte hatten Anwohner im Jahr 2007 einen Bürgerbegehren gegen die Einführung der Parkraumbewirt- schaftung in der Rosenthaler und Oranienburger Vorstadt gestartet. Die Initiative ist aber an mangelnder Zu- stimmung gescheitert. Eine Wirkungs- analyse vom Herbst 2008 besagt, dass fast 60 Prozent der autofahrenden Anwohner eine Verbesserung festge- stellt haben und die Parksituation jetzt als völlig ausreichend oder ak- zeptabel beurteilen. In Charlotten- burg-Wilmersdorf fand jedoch im Jahr 2007 ein Bürgerentscheid gegen die Ausweitung der Parkraumbewirt- schaftung die erforderliche Mehrheit, so dass weiterhin nur im engeren Bereich der City-West für das Parken bezahlt werden muss.

„Kostenlose Stellplätze wird es in den Innenstädten nicht mehr geben“, lau- tet die Zukunftsprognose von Tilmann Bracher, Bereichsleiter für Mobilität und Infrastruktur am Deutschen Insti- tut für Urbanistik (difu). Die Städte sollten den Straßenraum nicht unter Wert zur Verfügung stellen. Er plädiert auch für höhere Bußgelder. Weil an manchen Orten die Parkgebühr für zwei Stunden schon so hoch wie das Bußgeld ist, lassen es viele Autofahrer auf einen Strafzettel ankommen.„Um den Autoverkehr gegenüber dem öffentlichen Verkehr nicht weiter zu privilegieren, sollten die Bußgelder für innerstädtisches Falschparken mindes- tens genauso hoch sein wie beim Schwarzfahren im öffentlichen Ver- kehr: 40 Euro“, so Bracher.

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Verkehr

FRIEDRICHsHAIN 1/12

IAn der

nordwestlichen Ecke des Ostkreuzes – Richtung Sonntag- straße – entsteht der größte der vier Bahnhofsvorplätze

Der 16. April 2012 wird es einen Wendepunkt beim Umbau des Bahnhofs Ostkreuz geben. Die Ringlinien der S-Bahn nutzen dann die neue Bahnsteighalle. Das Baugeschehen verlagert sich danach auf die ebenerdigen Ost-West-Gleise. Bei der Gestaltung der künftigen Bahnhofsvorplätze wollen die Anwohner ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Auch die Idee einer Fahrrad- brücke ist noch nicht gestorben.

Am Morgen des 16. April soll der erste S-Bahn-Zug in die neue Bahnsteig- halle am Ostkreuz einfahren. Bis da- hin wird in der riesigen Halle noch eifrig gearbeitet: Der Bahnsteig wird aufgebaut, die Bodenbeläge verlegt, das Abfertigungsgebäude und die Verkaufspavillons errichtet. Um die Gleise der Ringbahn in ihre endgülti- ge Position zu legen, wird am Abend des 30. März der Ost-Ring für 16 Tage gesperrt. In dieser Zeit werden auch die Behelfstreppen des bisherigen Ausweichbahnsteigs versetzt, an der Brücke über den Wiesenweg gearbei- tet sowie das elektronische Stellwerk an der Frankfurter Allee in Betrieb ge- nommen.

Neben den Gleisen werden die Schall- schutzwände errichtet, die den Lärm des Schienenverkehrs vor allem von den Wohnhäusern an der Neuen Bahn- hofstraße abhalten sollen. Im Frühjahr beginnt auch der Einbau der Schall- schutzfenster. Die Anwohner, die An- spruch darauf haben, sind bereits von der Bahn angeschrieben worden.

Ostkreuz-Umbau

Lärmschutz in den Mittelpunkt

punkt stellen.“ Wo so langsam die Form des neuen Ostkreuzes erkennbar wird, kommt auch die Frage nach der Gestaltung des Bahnhofumfeldes aufs Tapet. Der kreuzförmige Bahnhof wird in jedem seiner vier Winkel einen Vor- platz haben. Die Anwohner aus allen vier angrenzenden Stadtteilen wün- schen sich einen offenen Ideenwettbe- werb für die Gestaltung dieser Plätze und eine möglichst weitgehende und rechtzeitige Bürgerbeteiligung. „Das geht zu langsam, da muss Tempo rein“, sagt Tobias Trommer vom Bür- gerforum Stralau.

„Wie das Umfeld gestaltet wird, ist für die Anwohner entscheidend, damit sie später einmal sagen: Das ist unser Bahnhof“, unterstreicht Sven Heine- mann, der sowohl Betroffener ist als auch für die Friedrichshainer SPD im Abgeordnetenhaus sitzt. Der nord- westliche Vorplatz in der Verlänge- rung der Sonntagstraße wird der größte sein. Der Bahndamm der alten Nordkurve wird abgetragen, so dass sich die Fläche zum Annemirl-Bauer- Platz öffnet. Fest steht bereits, dass die Straßenbahnlinie 21direkt an das Ostkreuz herangeführt wird und vor dem sogenannten Beamtenwohnhaus über den künftigen Platz fährt.

Unbefriedigend ist der Stillstand beim Problem der Querung für Fahrradfah- rer. Nachdem die Kosten-Nutzen-Rech- nung für eine fahrradtaugliche Brücke über das Ostkreuz negativ ausgefallen ist, sieht die Senatsverwaltung keinen weiteren Handlungsbedarf. Der Bür- gerverein Travekiez-Ostkreuz hält je- doch zumindest eine Rampe, an der man sein Fahrrad hochschieben kann, für notwendig. „Wir wollen das auf jeden Fall weiterverfolgen“, sagt auch Uwe Eccarius von der Sanierungsver- waltungsstelle des Bezirks. „Ob es eine kleinere oder eine größere Que- rungsmöglichkeit gibt, müssen wir sehen.“

Auf eine Verbesserung können sich Radfahrer immerhin schon mal freuen:

Im Frühjahr werden an der Haupt- straße provisorische Fahrradbügel aufgestellt, damit die wild an Zäunen und Geländern angeschlossenen Fahr- räder nicht mehr den ohnehin schon schmalen Gehweg blockieren.

„Der Rücklauf ist noch spärlich“, sagt Sven-Erik Baer von der DB-Projektbau.

„Aber die Ansprüche verfallen nicht.“

In Zukunft wird vor allem auf den ebenerdigen Bahnsteigen D und E der Stadtbahn gebaut. Nach und nach wer- den die Gleisanlagen und die Bahn- steige ersetzt und eine neue Südkur- venbrücke errichtet. Die erforderlichen Abbruch- und Rammarbeiten finden wie bisher vor allem in den nächt- lichen Betriebspausen statt – und sie werden die Nerven der Friedrichshai- ner Anwohner wieder stark belasten.

Schon jetzt ist zu beobachten, dass der Lärm durch die große Glasfläche der neuen Bahnsteighalle in die Fried- richshainer Wohngebiete reflektiert wird.

Auch die Lautsprecherdurchsagen auf den Bahnsteigen kommen den Anwoh- nern lauter vor als vorher. Am Runden Tisch zum Umbau des Ostkreuzes for- derte deshalb Rolf Tramp vom Bürger- verein Travekiez-Ostkreuz:„Man muss den Lärmschutz wieder in den Mittel-

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TV& Co

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Der Fernseh- und Rundfunkempfang ist zu einem Thema mit vielen technischen und rechtlichen Fallstricken geworden. Etliche Vermieter schließen zur Zeit neue Verträge mit Kabelnetzbetrei- bern ab, die für Mieter kostspielige Folgen haben. Und zwecks Satellitenempfang müssen viele Nutzer bis zum 30. April tech- nisch nachrüsten.

Kabel- und Satelliten-TV

Teurer Blick in die Röhre

Eine Reihe von Vermietern schließt derzeit mit Kabelservicegesellschaften neue Verträge ab. Oft ergibt sich für die Nutzer dadurch auch die Möglich- keit, Fernsehprogramme auf digitalem Weg zu empfangen. Dabei werden mehr Programme in höherer Bildqua- lität angeboten. Die Kehrseite der Medaille sind höhere Kosten, auch für diejenigen Mieter, denen weiterhin die analoge Grundversorgung genü- gen würde. Ein größerer Vermieter in Friedrichshain stellt beispielsweise seinen Mietern nach dem Abschluss eines neuen Vertrags mit einem Kabel- anbieter monatliche Gebühren von 12 Euro in Rechnung, die über die Betriebskostenabrechnung erhoben werden.

Den Mietern bleibt in diesem Fall nichts anderes übrig, als die Kosten- erhöhung zu schlucken. Sie könnten sie allenfalls anfechten, wenn der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ver- letzt wird. Den Nachweis, dass die

Kosten deutlich zu hoch sind, müss- ten die Mieter erbringen. Und das ist nahezu unmöglich: Der Markt wird von wenigen großen Kabelanbietern beherrscht, deren Preise sich nur wenig unterscheiden.

Wird ein Haus erstmalig an das Kabel- netz angeschlossen, ist das eine Mo- dernisierung, die vom Mieter geduldet werden muss. In der Regel sind über Kabel deutlich mehr Programme zu empfangen als über eine Gemein- schaftsantenne auf dem Dach oder über Zimmerantennen. Dadurch gilt der Kabelanschluss als Verbesserung der Mietsache. Nur wenn im seltenen Einzelfall das Kabelangebot nicht bes- ser ist als das vor Ort über Antenne und Satellit empfangbare Programm, kann man sich gegen den Anschluss zur Wehr setzen.

Die Kosten für die duldungspflichtigen Kabel-Installationsarbeiten können auf die Miete umgelegt werden. Das IViel kostet viel –

aber oft nutzt viel nicht viel

bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass man auch zur Nutzung des Anschlus- ses verpflichtet ist. Die monatlichen Kosten für das Kabel-TV-Angebot kann der Vermieter im übrigen nur dann über die Betriebskosten einfor- dern, wenn dies im Mietvertrag so vereinbart ist. Neuere Formularmiet- verträge, die etwa seit dem Jahr 2000 benutzt werden, sind jedoch geschickt in diese Richtung formuliert. „Nach vorherrschender Rechtsauffassung ist dabei auch die Einführung einer neuen Betriebskostenposition möglich“, er- klärt Rechtsanwalt Marco Hopp, der in der Mietrechtsberatung von ASUM tätig ist. Das bedeutet, dass Kabel- fernsehgebühren abgerechnet werden dürfen, auch wenn sie im Mietvertrag nicht ausdrücklich als abzurechnende Betriebskosten genannt sind. Weil es dazu noch keine Rechtssprechung gibt, ist die Frage allerdings bisher nicht eindeutig geklärt.

Mieter mit einem älteren Mietvertrag, deren Wohnung erstmals verkabelt wird, die aber kein Kabelfernsehen nutzen möchten, haben bessere Chan- cen, die Kosten zu umgehen. Viele alte Mietverträge lassen die Abrech- nung neu hinzukommender Betriebs- kosten nicht zu.„Da muss man sehr kritisch auf die Formulierung achten“, so Marco Hopp. Am besten lässt man den Mietvertrag in der Rechtsbera- tung der ASUM fachkundig überprü- fen. Günstigstenfalls kann man sich den Anschluss in seiner Wohnung verplomben lassen und zahlt nichts.

Viele Satellitenempfänger müssen sich umstellen. Am 30. April werden die analogen Satellitensignale abge- schaltet. Durch die Umstellung auf die digitale Übertragung soll es mehr Sendeplätze und einen besseren Emp- fang geben. Drei Viertel aller Haushal- te mit Satellitenempfang besitzen bereits einen digitalen Zugang. Die Übrigen müssen allerdings nachrüsten, wenn die Mattscheibe nicht schwarz bleiben soll. Bei älteren Fernsehgerä- ten benötigt man einen digitalen Satellitenreceiver. Unter Umständen muss auch der Empfangskopf der Parabolantenne ausgetauscht werden.

Ob man nachrüsten muss, kann man auf der Videotext-Seite 198 der großen Fernsehsender leicht selbst testen.

ASUM-Rechts- beratung siehe„Service”

Seite 15

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Bürgerbeteiligung

FRIEDRICHsHAIN 1/12

IFeste bringen Kiez, Kind und Kegel zusammen – und sind daher ein Fall für den Kiezfonds

Seit 2009 gibt es in Friedrichshain einen Kiezfonds. Zahlreiche Feste, Baumscheibenbegrünungen und andere Aktionen konnten damit finanziell unterstützt werden. Doch um die richtige Ver- wendung des Geldes gibt es jetzt Streit. Beim Verein Samariter- kiez kam es sogar zum offenen Bruch.

Kiezfonds

Zoff um die Kohle

Wohnumfeld verbessern, außerdem werden Projekte zur Kinder-, Familien und Bildungsarbeit unterstützt. Über die Vergabe entscheidet übrigens nicht der Verein, sondern eine unabhängige Jury, die sich aus Bewohnern und Aktiven im Gebiet zusammensetzt.

Pro Projekt werden maximal 500 Euro bewilligt.„Das Charakteristische beim Kiezfonds ist, dass mit ihm kleine, wichtige Aktionen im Gebiet unter- stützt werden“, findet Rolf Tramp.

Allerdings gebe es offenbar„Spezia- listen“, die es darauf anlegen, Förder- gelder„abzugreifen“, während gerade kleinere Initiativen vor dem hohen bürokratischen Aufwand zurückschre- cken. Er würde sich daher einen offe- nen, unbürokratischeren Kiezfonds wünschen.

Im Samariterviertel kann man bereits auf eine dreijährige Erfahrung mit dem Kiezfonds zurückblicken. Im Jahre 2011 erhielten unter anderem das Kunstprojekt „Solaris“in der ehema- ligen Möbelfabrik Rigaer Straße, das Drachenspielplatzfest, das Straßenfest

„Suppe und Mucke“sowie ein Kon- zert mit dem „braintreeorchestra“je 500 Euro. Zweimal 500 Euro konnte Edeltraut Pohl von der Samariterge- meinde für ihre Veranstaltung zum Thema Sudan verwenden, und 150 Euro ging an das Kinder- und Fami- lienzentrum „Das Haus“für dessen Arbeitsgruppe Schul-TV. Für Spiel- geräte wurden dem Schülerclub„Die Mühle“in der Schreinerstraße 500 Euro bewilligt. Außerdem wurden mehrere Baumscheibenbegrünungen mit kleineren Beträgen zwischen 25 und 50 Euro bezuschusst. Sven Gram- stadt vom Verein Samariterkiez findet es aber bedenklich, dass immer mehr Anträge von Vereinen eingereicht werden, die ohnehin Fördergelder vom Bezirk oder der EU erhalten –

etwa der Schulclub in der Pettenkofer Schule oder der„Spielwagen“. Gram- stadt: „Sinn und Zweck des Kiezfonds ist es doch nicht, Kürzungen bei deren Finanzierung auszugleichen, sondern einzelne Anwohner oder Gewerbetrei- bende in ihrem bürgerschaftlichen En- gagement unter die Arme zu greifen.“

Gramstadt kritisiert, dass mittlerweile im Verein viele Mitglieder sitzen, die eigene Projekte verfolgen und die Zuschüsse aus dem Kiezfonds als ihre Einnahmequelle betrachten. Es gebe keine klare Linie, wo der Verein hin will, und das Jahresprogramm liste lediglich Projektideen auf, die aus dem Kiezfonds finanziert werden sol- len. Diese „Mitnahmementalität der Profis“ ärgert Gramstadt. Weil er sich Für die ehemaligen Sanierungsgebiete

Samariterviertel und Traveplatz/Ost- kreuz stellt der Bezirk jährlich 5000 Euro zur Verfügung. Anwohner, Gewer- betreibende oder Initiativen können daraus einen Zuschuss beantragen für Aktionen, die dem Gemeinwesen durch bürgerschaftliches Engagement dienen. Verwaltet wird das Geld von den beiden Bürgervereinen, die sich nach Auflösung der Betroffenenver- tretungen formiert haben: dem Verein

„Samariterkiez e.V.“sowie „Travekiez- Ostkreuz e.V.“Letzterer ist erst Mitte 2011gegründet worden und hat daher im vergangenen Jahr nur die Hälfte des Jahresetats erhalten. Der größte Brocken ging hier an zwei Feste, das Straßenfest„Suppe und Mucke“, das im letzten Jahr rund um die Sonntag- straße stattfand, und das Ankerfest am Wasserturm. Das relativ wenig be- kannte Ankerfest wird alljährlich von engagierten Eltern aus der Alternativ- szene veranstaltet und bietet neben Live-Bands und vielen Info-Ständen ein großes Kinderprogramm.

Rolf Tramp vom Verein hält die Unter- stützung solcher Feste für wichtig:

„Gerade in unserem Gebiet mit vielen Zugezogenen sind sie ein guter Anlass, sich kennenzulernen und miteinander ins Gespräch zu kommen“. Außerdem gab es Geld für mehrere Baumschei- benbegrünungen. Und das durch Van- dalismus zerstörte Beet der Evangeli- schen Kirche in der Simplonstraße konnte neu angelegt werden. Tramp und seine Mitstreiter haben nicht nur auf Anträge gewartet, sondern sind auch selber auf Initiativen zugegan- gen. „Diese Akquise ist sehr aufwän- dig: Den Antragstellern ist nur schwer zu vermitteln, dass nicht jedes Projekt unterstützt werden kann“, so Tramps Erfahrung. Nach den Vergabekriterien müssen die Maßnahmen die Kommu- nikation im Gebiet fördern oder das

mit seiner Sichtweise nicht durchset- zen konnte, trat er, der den Verein maßgeblich mit aufgebaut hat, Ende 2011 als Vorsitzender zurück. Noch im Februar (nach Redaktionsschluss) sollte ein neuer Vorstand gewählt werden. Greg Peercy, der als Vorsit- zender nachgerückt ist, wollte sich gegenüber FRIEDRICHsHAIN nicht zu den Streitigkeiten äußern.

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Geschichte

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Hinter der Samariterkirche, wo heute der Kindergarten der Ge- meinde seinen Spielplatz hat, befand sich ein Notfriedhof, auf dem viele Tote aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs bestattet wurden. Die Gräber sind 1994 umgebettet worden.

Wer hier begraben wurde, ist bis heute nicht ganz geklärt.

Am 21. April 1945 erreichten die ers- ten sowjetischen Truppen die Berliner Randbezirke, am 24. April rückten sie von Lichtenberg kommend nach Fried- richshain vor. Das Vordringen der Ro- ten Armee in die Stadt und die völlig sinn- und aussichtslose Gegenwehr der in Berlin eingekesselten deut- schen Truppen forderten ungezählte Todesopfer. Viele getötete Soldaten und Zivilisten lagen manchmal tage- lang auf den Straßen.

Ehemaliger Notfriedhof an der Samariterkirche

Eine fast vergessene Kriegsgräberstätte

stätten auf regulären Friedhöfen um- gebettet.

Bis in die Renaissance-Zeit waren Bestattungen„in geweihter Erde“

direkt auf dem Kirchengrundstück zwar üblich, doch mit dem Wachstum der Städte reichte dort der Platz nicht mehr aus. Nach dem Allgemeinen Preußischen Landrecht von 1794 wa- ren Bestattungen innerhalb bewohn- ter Gegenden nicht mehr erlaubt und die Toten wurden auf gesonderten Friedhöfen vor den Stadttoren bei- gesetzt.

Der Notfriedhof an der Samariterkir- che blieb jedoch über die Nachkriegs- jahre hinaus bestehen. In den 60er Jahren sind hier sogar noch einige weitere Urnen beigesetzt worden.

1978 wurde der Notfriedhof geschlos- sen und fünf Jahre später schließlich eingeebnet. Daraufhin wurde auf dem Areal eine Grünfläche und ein Spiel- platz angelegt.

„Zu DDR-Zeiten wurde schlicht igno- riert, dass es hier Kriegsgräber gab“, sagt Landschaftsplanerin Marie-Luise Klein, nach deren Entwurf das Umfeld der Kirche Anfang der 90er Jahre neu gestaltet wurde. Die Senatsverwal- tung für Stadtentwicklung bestand darauf, die Gräber umzubetten, bevor diese Fläche zum Spielplatz für den Kindergarten der Samariter-Gemeinde umgestaltet wird. Ansonsten hätte man das Areal offiziell als Kriegsgrä- berstätte behandeln müssen.

Im Jahr 1994 wurden die Überreste der Bestatteten exhumiert.„Es waren viel mehr Tote als in den Aufzeichnun- gen“, erinnert sich Marie-Luise Klein.

Die Kirche hatte anfangs noch die

Namen der Bestatteten dokumentiert, später aber vermutlich wegen der großen Zahl derer, die schnell begra- ben werden mussten, keine Aufzeich- nungen mehr gemacht. Die Toten waren auf dem kleinen Grundstück teilweise in zwei Schichten begraben worden. Letztlich sind 289 Kriegs- opfer in eine anonyme Kriegsgräber- stätte auf den Städtischen Friedhof Hohenschönhausen umgebettet worden. Es gibt Vermutungen, dass auch unter der Mittelpromenade der Bänschstraße noch Kriegstote liegen könnten.

Wilhelm Harnisch war seit 1931 Pfar- rer an der Samariterkirche und zeich- nete sich durch sein soziales Engage- ment aus. Er gründete eine Erwerbs- losenspeisung in der Samariterstraße 27, dem Samariterhaus, das sich zu einer Arbeitslosen-Begegnungsstätte entwickelte. Nach der Machtübernah- me der Nazis im Jahr 1933 gehörte er zum Pfarrernotbund, dessen Presse- arbeit er leitete. Aus dem Notbund ging die Bekennende Kirche hervor, die sich gegen die Gleichschaltung und die Vereinnahmung der evangeli- schen Kirche durch das Nazi-Regime wehrte. 1934 wurde Harnisch beur- laubt, er hielt aber weiter Konfirman- denunterricht und Bibelstunden ab.

Wegen seiner großen Beliebtheit in der Gemeinde wurde die Beurlaubung 1935 wieder aufgehoben. Harnisch wurde aber noch mehrmals inhaftiert und insgesamt über 60 mal von der Gestapo verhört.

Bei Kriegsende ließ er nicht nur den Notfriedhof anlegen, er öffnete auch die Kirchenräume als Quartier für durchziehende Flüchtlinge und be- handelte selbst Verwundete und Kranke. In den folgenden Jahren ent- wickelte er das Samariterhaus zu einem Sozialzentrum mit eigener Schneiderei, Schuhmacherei und Bau- hütte. 1955 ging Wilhelm Harnisch in den Ruhestand, zog zunächst nach Schöneberg und später nach Frankfurt am Main, wo er 1960 im Alter von 72 Jahren starb. 1997 wurde am Fami- lienhilfezentrum in der Bänschstraße 50 eine Gedenktafel für ihn enthüllt.

Und: Das Pflegewohnheim Dr.-Har- nisch-Haus in der Liebigstraße 39 trägt seinen Namen.

IAuf der kleinen Fläche hinter der Samariterkirche waren bis Anfang der 90er Jahre Kriegsopfer bestattet

Wilhelm Harnisch, Pfarrer der Sama- riter-Gemeinde, legte deshalb zum Kriegsende direkt hinter der Samari- terkirche einen Notfriedhof an, auf dem getötete Soldaten beider Seiten und Zivilisten bestattet wurden. In jenen schlimmen Tagen wurden viele Tote an Ort und Stelle begraben, nicht nur um ihnen eine würdige Ruhestät- te zu geben, sondern auch um die Ausbreitung von Seuchen zu verhin- dern. Erst später wurden diese Toten exhumiert und meist in Kriegsgräber-

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„Ach du Schande, noch Ofenheizung“? fragt die Passantin mit- fühlend den jungen Mann, der bei der Eiseskälte Anfang Februar mit zwei Bündeln Briketts durch die Boxhagener Straße läuft. Die ältere Anwohnerin weiß offenbar noch, was das bedeutet: Kohlen vom Keller in den vierten Stock schleppen, Frieren am Morgen und eingefrorene Wasserleitungen, weil der Nachbar nicht heizt oder das Haus halb leer steht. Viele neu zugezogene Anwohner können sich solche Wohnbedingungen schlicht nicht vorstellen.

Doch was heute Seltenheitswert hat, war noch bis weit in die 1990er Jahre hinein normal. Eine Zeitreise in die Wohnverhält- nisse Friedrichshains vor der Sanierung.

Friedrichshain unlängst

Klo auf halber Treppe

IZum Bioladen musste man 1995 noch nach Kreuzberg fahren:

Manuel Goße ist in die Bänschstraße gezogen, noch bevor die Sanierung begann

I„Die Straße war scheußlich, das Haus war scheußlich…”:

Eheleute Schilken über die Schreinerstraße vor der Sanierung

Sanierung

Man muss gar nicht weit zurückge- hen. Noch 1995, als Manuel Goße in die Bänschstraße gezogen ist, war die Gegend grau, die Häuser wiesen Ein- schusslöcher aus dem Krieg auf und im Winter roch es nach Kohle.„Zum Bioladen bin ich immer nach Kreuz- berg oder Prenzlauer Berg gefahren“, erinnert er sich. Eher zufällig war der junge Mann bei der Suche nach einer großen, familiengerechten Wohnung im Samariterviertel gelandet. Beson- ders angesagt war die Gegend da- mals nicht. Doch die Vierzimmerwoh- nung gefiel Goße und seiner Familie.

Als eine der wenigen im Haus hatte sie eine von den Vormietern einge- baute Gasetagenheizung. Der Altbau selber war jedoch völlig herunterge- kommen: „Wenn wir Besuch von außerhalb bekamen, beispielsweise aus Hamburg, waren die schockiert, weil Fassade und Treppenaufgang einfach schrecklich aussahen.“Vorher

hatte Goße in Prenzlauer Berg ge- wohnt: Kohleofen, keine Dusche und nur kaltes Wasser.„Als Student kam man damit klar, die Miete war billig und man hat sich halt nur gewaschen statt geduscht.“

2003 wurde das Haus in der Bänsch- straße saniert. Mittlerweile ist die Familie die einzige, die schon vor der Sanierung da gewohnt hat. Diesen Bevölkerungsaustausch findet er schon ein wenig schade. Und noch etwas vermisst er:„Bevor die Dachge- schosse ausgebaut wurden, konnte man aufs Dach klettern, sich mit einem Buch hinsetzen oder den Son- nenuntergang anschauen – das war super!“

Zu DDR-Zeiten war Friedrichshain kein beliebtes Viertel. Doch die Wohnungs- not war groß und so nahm man eben, was einem die „Kommunale Woh-

nungsverwaltung“anbot. So kamen auch die Eheleute Schilken 1975 zu der Dreiraumwohnung in der Schrei- nerstraße, in der sie noch heute leben.

Die frühere Ladenwohnung im Erdge- schoss hatte jahrelang leer gestanden und musste von den Mietern erst her- gerichtet werden. „Ausbauwohnung“

nannte man das damals. „Besser als vorher, denn da haben wir mit einem Kleinkind in einer Einzimmerwohnung in der Boxhagener Straße gewohnt“, erklärt Randolf Schilken. Geheizt wur- de dort mit Kohlen, ein Bad oder eine Dusche gab es nicht, lediglich ein In- nen-WC mit Waschbecken. Herr Schil- ken konnte auf der Arbeit duschen, seine Frau ging zu ihren Eltern und

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Sanierung

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das Kind wurde in die Babybade- wanne gesetzt. Eineinhalb Jahre lang haben die Schilkens die Wohnung in der Schreinerstraße renoviert. Der Diplom-Ingenieur machte praktisch alles selber: Bad und neue Fenster einbauen, Wände herausreißen, Kabel einziehen, Böden verlegen und Gas- öfen installieren. Dank eines so ge- nannten„Ausbauscheins“ kam er an die entsprechenden Materialien her- an. Das Geld bekam er von der Woh- nungsverwaltung erstattet und für seine Arbeitsleistungen wurde ihm sogar ein Stundenlohn von 2,50 Mark gezahlt.

„Die Schreinerstraße sah damals furchtbar aus“, erzählt Frau Schilken.

Alle Häuserfassaden waren stark be- schädigt, der Putz bröckelte und die Balkone waren wegen Absturzgefahr gesperrt. Kein einziger Baum stand in der Straße – sie wurden erst nach der Wende gepflanzt. Auch das Gebäude war in einem jämmerlichen Zustand.

Das Treppenhaus war heruntergekom- men, Im Keller waren vergammelte Holzverschläge, in denen die Kohlen gelagert wurden. Bis auf Familie Schilken hatten alle Mieter Ofenhei- zung. „Die Straße war scheußlich, das

Mängel – so wird die Wand im Wohn- zimmer immer wieder feucht – sind die Schilkens zufrieden mit dem Er- gebnis der Sanierung. Während die Kälte früher vom Keller hoch kroch und man praktisch immer kalte Füße hatte, wird die Erdgeschosswohnung mit der Zentralheizung nun schön warm. Mit den früheren Gasaußen- wandheizern, auch unter dem Begriff

„Gamat“-Heizungenbekannt, wurde die Hälfte der Wärme zum Fenster hinausgeblasen. Da Gas in der DDR vergleichsweise teuer war, mussten die Mieter rund 100 Mark im Monat für die Beheizung bezahlen – bei einer Miete von 110 Mark. Und noch etwas anderes hat sich deutlich ver- bessert: Weil im Rahmen der Sanie- rung das Quergebäude abgerissen wurde, kommt nun wesentlich mehr Licht in die Wohnung.

Heutzutage sind es vor allem Studen- ten, Künstler oder andere junge Leute mit kleinem Geldbeutel, die in den wenigen noch verbliebenen Ofenhei- zungswohnungen leben. Viele haben sich ganz bewusst für eine so ge- nannte „Substandardwohnung“ent- schieden: der günstigen Miete wegen, aber auch weil ihnen Kohleschleppen und Feuer schüren nichts ausmacht.

Sogar die berühmt-berüchtigte Po- dest-Toilette auf halber Treppe wird in beliebten Vierteln wie Friedrichshain oder Kreuzberg in Kauf genommen.

Oft sind diese Mieter alles andere als erfreut, wenn ihr Haus modernisiert werden soll.

Doch zu DDR-Zeiten lebten auch Ärzte, Lehrer, Familien und alte Leute mit Kachelofen und Außenklo – es gab kaum andere Altbauwohnungen. Wer Wert legte auf ein gewachsenes Quar- tier in der Innenstadt, dem blieb keine andere Möglichkeit, als solche Zustän- de zu akzeptieren. Viele Mieter stell- ten sich selber Duschkabinen in die Küche oder bauten sich Gasetagen- heizungen ein, was in der Regel von der Wohnungsverwaltung problemlos bewilligt wurde. Ansonsten hieß es:

Holz hacken, Kohlen– und Aschen- eimer schleppen und in schlecht iso- lierten Wohnungen stundenlang da- rauf warten, dass es warm wurde. Vor allem für kranke oder ältere Leute war das nicht nur anstrengend, sondern Zwei Drittel der Wohnungen im Sa-

mariterviertel wurden 1991 mit Koh- leöfen beheizt, 13 Prozent benutzen noch eine Podesttoilette, so das Er- gebnis der damaligen vorbereitenden Untersuchungen für das spätere Sa- nierungsgebiet. In 35 Prozent der Wohnungen gab es kein Bad. Oft waren Bäder und Duschen von den Mietern selbst eingebaut worden.

Im Gebiet Warschauer Straße sah es ganz ähnlich aus. Hier wurden 56 Pro- zent der Wohnungen ausschließlich mit Kohleöfen beheizt, knapp 40 Pro- zent hatten eine Innentoilette, aber kein Bad oder Dusche. 14 Prozent ver- fügten nur über eine Außentoilette.

Im Gebiet Traveplatz/Ostkreuz war der Standard etwas besser, auch dank der Eigeninitiative der Mieter. Hier wur- den Anfang der 1990er Jahre 38 Pro-

zent aller Wohnungen vorwiegend mit Kohleöfen beheizt, 36 Prozent hatten teilweise einzelne Gasöfen, soge- nannte Gamatöfen. Neun Prozent verfügten lediglich über ein Außen- WC auf halber Treppe, das teilweise sogar mit Nachbarn geteilt werden musste. Immerhin zwei Drittel aller Wohnungen waren mit Bad oder Dusche ausgestattet.

So war das damals…

Haus war scheußlich, aber die Woh- nung haben wir uns schön gemacht“, sagt Frau Schilken. Auch wenn viele Menschen damals auf der Warteliste für Neubauwohnungen in Marzahn oder Hellersdorf standen – für das Ehepaar wäre das nichts gewesen.

Sie schätzen den Charme einer Alt- bauwohnung mit Stuck und hohen Decken. Daher wehrten sie sich auch erfolgreich, als der Deckenstuck bei der Sanierung im Jahre 2001/2002 entfernt werden sollte. Trotz einiger

IDer Kachelofen war vor 20 Jahren in den Ost-Berliner Sanierungsgebieten Standard

IBeim Kohleholen im Keller zeigte der Altbau seinen herben Charme

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Sanierung

auch gefährlich, wie Burkhard Batze von der Evangelischen Kirchenge- meinde Boxhagen-Stralau erklärt:

„Wenn sich die Nachbarn nicht ge- kümmert haben, musste eben der Gemeindepfleger bei seinen Besuchen erst einmal den Kohleneimer in den dritten oder vierten Stock tragen.“

Batze, der lange Zeit in der Betroffe- nenvertretung Traveplatz/Ostkreuz aktiv war, hat selber reichlich Erfah- rung mit den damaligen Wohnverhält- nissen. Mitte der 1980er Jahre zog er mit Frau und Tochter in ein herunter- gekommenes Haus in der Gürtelstraße:

Ofenheizung, kein Bad und wegen der nassen Außenwände wurde es nie rich- tig warm. Immerhin hatte die Woh- nung eine ausziehbare Badewanne unter der Küchenspüle – damals der letzte Schrei, wie der Mieter erzählt.

In unmittelbarer Nähe des Hauses standen zwei Fabriken.„Die Schorn- steine haben so viel Dreck in die Um- gebung gepustet, dass die Wäsche auf dem Balkon sofort schwarz wurde“, erinnert er sich. Kurz nach der Wende wurden diese Industrieanlagen still- gelegt.

Bereits vorher, nämlich 1988 war Fa- milie Batze in eine größere Wohnung in der Jessnerstraße gezogen. Auch dieses Haus war völlig herunterge- kommen und stand auf der Abrissliste.

Doch es gab ein richtiges Bad und, als ganz besonderen„Luxus“, eine Koh- lenetagenheizung. Das bedeutete, dass man nur noch eine Feuerstelle beheizen musste, die Wärme verteilte sich dann über Heizkörper in der ge- samten Wohnung. Zu verdanken war

dieser Fortschritt der Vormieterin, einer Kusine von Batzes Frau. Sie hatte Bad und Kohlenetagenheizung selber eingebaut.„Man hat eben vieles selber gemacht, häufig sahen die Häuser von außen schlimm aus, aber in den Wohnungen hatten die Mieter einiges auf Vordermann ge- bracht“, so Batze.

Wie sich herausstellte, war das ge- samte Haus in der Jessnerstraße von Taubenzecken befallen – auch das damals kein Einzelfall. Häufig standen die Dachböden offen, so dass sich Tauben einnisten konnten. „Das war richtig schlimm, vor allem meine Frau wurde oft gebissen“, erinnert sich Burkhard Batze. Das Angebot der Wohnungsverwaltung, einen Kam- merjäger zu schicken, lehnten die Mieter trotzdem dankend ab. „Wer weiß, was der an Chemie versprüht hätte, da haben wir uns lieber mit den Taubenzecken arrangiert.“ Ende der 1990er Jahre wurde das Haus dann saniert. Weil dabei der Wohnungs-

schnitt verändert wurde, zog Batze mit seiner Familie aus und verließ Friedrichshain. Die Gegend habe sich ausgesprochen positiv verändert, fin- det er heute. Das sei rundweg erfreu- lich – trotz gestiegener Mieten und einer hohen Fluktuation in der Bevöl- kerung.

In der Tat sind viele Bewohner erst nach der großen Sanierungswelle von 1996 bis 2000 zugezogen. Alteinge- sessene, die über Jahrzehnte ihrem Kiez treu geblieben sind, gibt es nicht mehr allzu viele. Eine der wenigen Ausnahmen ist Carola Mohri, die 1958 in der Bänschstraße geboren wurde und ihr ganzes bisheriges Leben im Samariterviertel verbracht hat. Die Apothekerin kann sogar noch auf Vor- fahren zurückblicken, die um 1903 die Häuser in der Bänschstraße „trocken- gewohnt“ haben. Von Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern kennt sie noch das Milchgeschäft in der Bänsch- straße, wo die Kühe auf dem Hof standen. Die Waschküchen, die da- mals in fast allen Häusern auf dem Dachboden untergebracht waren, hat sie sogar selber noch erlebt. Noch bis Anfang der 1990er Jahre war es üb- lich, seine Wäsche auf dem Dachbo- den zu trocknen. Erst mit der Sanie- rung und dem Ausbau der Dachge-

IDie Sanierung hat nicht nur das Gesicht ganzer Straßenzüge verändert (hier:

Kopernikusstraße), sondern auch die Zusammensetzung der Bewohnerschaft

IDie Seile zum Wäschetrocknen und die Taubennester sind mittlerweile edlen Dachgeschoßwoh- nungen gewichen

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Sanierung

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schosswohnungen ging diese von vielen Bewohnern geschätzte Mög- lichkeit verloren.

Mehrmals ist Carola Mohri innerhalb der Bänschstraße umgezogen. Doch bis zur Jahrtausendwende wohnte sie stets mit Ofenheizung, einmal auch mit Badeofen. Das bedeutete, dass man erst mit Holz und Kohle einhei- zen musste, bevor man baden konnte.

Ihre Großeltern hatten sogar noch eine Außentoilette. „Als Kind fand ich das spannend, mit dem Riesenschlüs- sel die Treppe runterzugehen, doch wenn man im Winter nachts aufs Klo musste, war es natürlich sehr kalt“, erinnert sie sich. 1989 erlebte sie

Einbau einer Gasetagenheizung nicht zustimmte, musste sie ihrer geliebten Bänschstraße erstmals den Rücken kehren. Zusammen mit ihrem Mann und ihrer Tochter zog sie in einen Neu- bau in der Voigtstraße. Dort fühlten sie sich aber nicht wohl und so nah- men sie sich schon wenige Jahre spä- ter eine Altbauwohnung in der Rigaer Straße. Hier leben sie noch heute, mit Zentralheizung und Bad. Das Samari- terviertel zu verlassen, käme ihr nicht in den Sinn:„Man kennt sich hier, es ist fast wie ein kleines Dorf.“

Kein Zweifel: Die Wohnverhältnisse von damals wünscht sich wohl nie- mand zurück. Fast jeder war damals froh, wenn er endlich an die Zentral- heizung angeschlossen wurde und ein richtiges Bad bekam. Für die zahlrei- chen Zugezogenen sind „OH“ und

„AWC“ – so die gängigen Abkürzun- gen – Begriffe, die sie nie gehört haben.

Friedrichshain wird dominiert von jungen Familien und Studenten, ältere Menschen sieht man nur wenige.

Schon vor der Sanierung haben sich viele für eine Neubauwohnung mit Aufzug entschieden. Andere sind weggezogen, weil sie die Strapazen der Bauzeit nicht auf sich nehmen

nicht, aber immerhin eine Innen-Toi- lette. Im Wohnzimmer stand ein ge- mütlicher, warmer Kachelofen, der Kohlebeistellherd in der Küche wurde nur am Wochenende beheizt und das Schlafzimmer gar nicht. „Bevor ich ins Bett ging, hab ich mir immer den Schlafanzug zum Anwärmen über den Kachelofen gehängt“, erinnert sich die 76-Jährige. Auch die Toilette war in den Wintermonaten eiskalt und ist bei strengem Frost auch oft einge- froren.

1971, nachdem ihre Eltern gestorben waren, heiratete Renate Juliusburger.

Ihr Mann zog zu ihr in die Wohnung.

Als eines der wenigen Häuser im Samariterviertel war das Haus in Privatbesitz und wurde zweimal „re- konstruiert“: 1969 wurde die Fassade neu verputzt und sechs Jahre später die Elektrik neu verlegt. An der Aus- stattung in den Wohnungen änderte sich dagegen nichts.

1998/99 wurde das Haus dann richtig saniert. Seitdem hat sie zwar Zentral- heizung, doch gegen den Einbau eines Bades hat sie sich erfolgreich gewehrt.„Ich habe mich fast 64 Jahre lang in der Waschschüssel gewaschen, jetzt brauche ich auch keine Dusche mehr“, lautet ihre Erklärung. Ihre Speisekammer hätte sie mehr vermisst, denn die wäre durch den Duschein- bau zwangsläufig weggefallen. Be- reut hat sie ihre Entscheidung nie.

Lediglich im Sommer wäre es ganz schön, wenn man sich mal erfrischen könnte, meint sie.

Aus dem Viertel wegzuziehen, kann sie sich nicht vorstellen.„Mein ganzes Leben hat sich in dieser Wohnung ab- gespielt, hier bin ich geboren worden, habe Laufen gelernt, Einsegnung und Hochzeit gefeiert und meine Mutter gepflegt.“ Dass sie noch miterleben muss, wie ihr durch einen Neubau Licht und Ausblick genommen wer- den, ärgert sie aber schon. Direkt gegenüber, auf dem ehemaligen Koh- lenplatz, dreht sich ein riesiger Bau- kran. Dort werden in einigen Mona- ten exklusive Pent- und Townhouses stehen. „Parkquartier Dolziger“ nennt sich das Bauprojekt.„Ich bin gespannt, wie sich das Viertel dadurch verän- dern wird“, meint Frau Juliusburger.

erstmals den Luxus eines 80-Liter- Boilers. „Man drehte auf, und es kam warmes Wasser – herrlich!“. Auch wenn die 53-Jährige die Wärme und Gemütlichkeit eines Kachelofens manchmal vermisst – Kohleschleppen möchte sie heute nicht mehr. „Man war ja immer beschäftigt: Kohlen hochtragen, Feuer anmachen, Asche runtertragen – ein Fitnessstudio ha- ben wir nicht gebraucht.“ Teilweise wurden die Briketts in den Keller ge- liefert, man konnte aber Geld sparen, wenn man sie selber mit einem Hand- karren abholte, beispielsweise auf dem großen Kohlenplatz in der Dolzi- ger Straße. Als ihre Großmutter all das irgendwann nicht mehr schaffte, musste sich Frau Mohri auch darum kümmern. „Ich habe ihr dann einen Vorrat an Kohlen auf dem Balkon gestapelt, so musste ich nicht jeden Tag dorthin gehen.“ Als sie Ende der 90er Jahre Rückenprobleme bekam und die Wohnungsverwaltung dem

wollten. Renate Juliusburger dürfte da eine fast schon rekordverdächtige Ausnahme darstellen. Noch heute lebt sie in der gleichen Zweizimmerwoh- nung in der Dolziger Straße, in der sie 1935 geboren wurde. Ihr Kinderbett stand damals im Elternschlafzimmer, ihre älteren Brüder teilten sich ein Sofa im Wohnzimmer. Ein Bad gab es I„Habe mich 64

Jahre lang in der Waschschüssel gewaschen, warum sollte ich das ändern?”

Renate Juliusburger wurde 1935 in der Dolziger Straße geboren

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Sanierung

Ein ausgesprochen spannendes Kapi- tel Sanierungsgeschichte hat sich in der Schreinerstraße 10 abgespielt. Im Jahre 2001 wurde das Haus an die jüdischen Alteigentümer rückübertra- gen. Statt zu verkaufen, entschieden sich die beiden in den USA lebenden Schwestern, das Erbe ihres Großvaters zu behalten.

Der Altbau war damals in einem schlimmen Zustand, wie Sven Gram- stadt erzählt. Als er als Mieter 1998 einzog, war im Vorderhaus lediglich eine weitere Wohnung belegt. Die Balkone waren abgerissen und das Hinterhaus war wegen Schwamm- befall gesperrt worden. Doch nach und nach zogen Leute ein, die anfin- gen, die Wohnungen in Eigenregie zu renovieren. Die beiden Eigentümerin- nen fanden dies offenbar sympathisch.

„Sie wollten von Anfang an ein be- stimmtes Klientel im Haus haben, keine gutsituierten Mieter, sondern kreative Leute“, erklärt Torsten Krenn- rich, der seit 2001 im Haus wohnt.

Und so kam es 2004/2005 zu einer in Friedrichshain wohl bespiellosen Sa- nierung gemeinsam mit den Bewoh- nern– ohne Fördermittel und Jahre nachdem das Programm„Wohnungs- politische Selbsthilfe“ausgelaufen

war. „Im Prinzip durfte sich jeder seine Wohnung so ausbauen, wie er wollte“, erzählen die beiden Mieter.

„Natürlich hat man alles abgespro- chen, aber es herrschte eben ein ge- genseitiges Vertrauen.“Beispielsweise hat Sven Gramstadt in seiner Woh- nung die Wand zur Küche herausge- rissen, so dass er jetzt eine große offene Küche hat. Krennrich, der im vierten Stock des Vorderhauses wohnt, hat einen Durchbruch geschaffen zu seinem Nachbarn im Seitenflügel, mit dem er sich gut versteht. Einige woll- ten ihre Duschkabinen in der Küche behalten und vier Mieter im Vorder- haus verfügen sogar bis heute nur über ein Außen-Klo. Allerdings gibt es mittlerweile Pläne der Eigentümerin- nen, die Außentoiletten stillzulegen und Innen-WCs einzubauen.

„Einen Standard-Mietvertrag hat keiner von uns, jeder hat individuelle Vereinbarungen ausgehandelt“, er- zählt Gramstadt. Erst nach langen Diskussionen und gegen vereinzelte Widerstände wurde dem Einbau von Gasetagenheizungen in sämtlichen Wohnungen zugestimmt. Die alten Kachelöfen blieben aber stehen und bleiben – auf ausdrücklichen Wunsch der Eigentümerinnen – auch funk- tionstüchtig. Viele Mieter beheizen sie

gelegentlich, um Heizkosten zu sparen.

Auch die Fassadensanierung haben die Bewohner selber vorgenommen und sind dafür bezahlt worden – selbstverständlich als ordnungsgemäß angemeldete Arbeitskräfte. Sven Gram- stadt und Torsten Krennrich haben damals auf dem Gerüst gestanden, die Balkone wieder angebaut und den Fassadenstuck nach alten Fotos origi- nalgetreu restauriert. Als gelernte Mauer beziehungsweise Tischler brachten sie die handwerklichen Fähigkeiten mit. „Jeder hat das ge- macht, was er konnte“, erzählen die beiden.

Heute ist die Schreinerstraße 10 eine Mischung zwischen normalem Miets- haus und Wohnprojekt.„Ein Plenum haben wir nicht, aber es ist nicht so anonym wie in einem Mietshaus, au- ßerdem haben wir mehr Gestaltungs- möglichkeiten“, erklärt Gramstadt. Es wohnen viele Künstler und Musiker im Haus, bei vergleichsweise günsti- gen Mieten. Es gibt ein „Hauswohn- zimmer“, die „Concierge“ im Erdge- schoss, wo die Bewohner Geburtstage feiern oder DVDs schauen, das aber auch von Vereinen und Initiativen ge- nutzt wird. Im Sommer sitzt man im Hof zusammen und grillt.

Glücklich mit dem„Substandard“

IEher die Ausnahme:

In der Schreinerstraße10 sind zwei aufgeschlos- sene Erbinnen den Bewohnern bei der Sanierung weit ent- gegen gekommen

IBewohner Sven Gramstadt heute, und seinerzeit beim Balkonanbau auf dem Gerüst Die Schreinerstraße 10 ist ein außer-

gewöhnlicher Glücksfall, der nur mög- lich wurde durch das großzügige Ent- gegenkommen der Eigentümerinnen.

Den Bewohnern ist das bewusst. Die Lebensqualität sei unbezahlbar, meint Sven Gramstadt: „Es gibt immer we- niger Häuser, wo man zu solchen Bedingungen wohnen kann.“

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Freizeit & Co

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Café Tasso

Wohnzimmer für Bücherwürmer

wird auch über das Internet verkauft, außerdem betreibt „SinneWerk“ein weiteres Antiquariat in Steglitz. Doch in jedem Fall fließt der Erlös direkt in den Erhalt der Arbeitsplätze – wohl- gemerkt: Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt. Als besonderen Service gibt es einen kostenlosen Buchabhol- dienst, außerdem kann man sich on- line eine Spendenquittung ausdrucken lassen.

Obwohl die meisten Geschäfte in der Frankfurter Allee einen schweren Stand haben, läuft es im Café Tasso seit einiger Zeit sehr gut, wie Jens Kapp berichtet. „Wir profitieren vom Zustrom der nahegelegenen Simon- Dach-Straße – wir merken das an den vielen englischsprachigen Besuchern“.

Morgens, wenn die„frische Ware“an- geliefert wird, stehen schon professio- nelle Händler da und nachmittags tra- gen Studenten ganze Stapel aus dem Laden. Kein Wunder bei den niedri- gen Preisen. Anders als in vielen Anti- quariaten oder auf Flohmärkten sind die Bücher hier ausgesprochen gut sortiert und meist in tadellosem Zu- stand. Viele Bücherwürmer kommen daher alle paar Tage vorbei, um nach neuem Lesefutter Ausschau zu hal- ten.„Was sich nicht verkaufen lässt, wird alsbald wieder aussortiert“, er- klärt Kapp.

Abends und am Wochenende verwan- delt sich das Café Tasso in einen Ver- anstaltungsort mit Konzerten, Lesun- gen und anderen Kulturangeboten.

Vor allem mit Jazz hat man sich einen Namen gemacht. Jeden zweiten Samstag im Monat wird Impro-Thea- ter geboten, einmal im Monat lädt die Lesebühne„Die Unerhörten“ein und jeden zweiten Sonntag im Monat ste- hen Erzählstunden oder Puppenthea- ter für Kinder auf dem Programm. Der Eintritt ist fast immer frei, Spenden sind erwünscht. „Obwohl wir den Künstlern nichts zahlen können, ren- nen die uns die Bude ein“, erzählt Jens Kapp. Viele haben gehört, dass es hier Auftrittsmöglichkeiten gibt oder dass man seine Bilder ausstellen kann. Am 1. April feiert das Café Tasso seinen fünften Geburtstag. Ab 30.

März wird es ein dreitägiges Sonder- programm geben, mit Live-Musik, Lesungen und Aktionen für Kinder.

ILesen im Oma- Sessel bei Kaffee und selbstgebackenem Kuchen: Das Café Tasso feiert sein fünfjähriges Bestehen

Auf den ersten Blick wirkt das„Café Tasso“in der Frankfurter Allee wie eine Buchhandlung. Vor dem Laden stehen Kisten voller Bücher zu 1 Euro das Stück. Wer jedoch hineingeht, den erwartet ein gemütliches Café, und abends wird dann die Bühne frei gemacht für Jazzkonzerte oder Lesungen. In diesen Tagen feiert das etwas andere Antiquariat sein fünfjähriges Jubiläum.

Gästen wiederum nicht auf: Hier arbei- ten Menschen mit und ohne Behinde- rung gleichberechtigt zusammen. Das Café Tasso wird nämlich betrieben vom„SinneWerk gGmbH“, einem Integrationsbetrieb. Die Mitarbeiter arbeiten im Service, in der Küche, im Büro oder im Bücherabholdienst. 31 Festangestellte gibt es, darunter 17 mit Behinderungen. Ihre Arbeitsplätze werden über den Verkauf von gespen- deten Büchern finanziert. Jeden Tag kommen 20 bis 25 Kisten voller Bü- cher an, abgegeben von Leuten, die

„Wir sind ein Mittelding zwischen Antiquariat, Gastronomie und Kultur“, erklärt Jens Kapp von der Geschäfts- führung. Viele Kunden kommen wegen der riesigen Auswahl an Büchern – rund 25 000 stehen in den Regalen – andere, um hier zu frühstücken oder bei Kaffee und selbstgebackenem Kuchen zu plauschen. Mit seinen Oma-Sesseln und dem Klavier in der Ecke verbreitet das Café einen gewis- sen Wohnzimmer-Charme, was nicht nur ältere Leute, sondern auch junge Laptop-Nutzer zu schätzen wissen.

„Wir haben wirklich eine bunte Mischung, viele Leute aus der Nach- barschaft, aber auch viel internatio- nales Publikum“, erzählt Kapp. Es hat sich offenbar herumgesprochen, dass es hier ein täglich wechselndes Mit- tagsmenü in Bioqualität für 6,50 Euro gibt. Die Betreiber sind stolz darauf, dass sämtliche Speisen und Getränke im Café biozertifiziert sind, vom Salat- blatt über das Bier bis hin zum Fleisch.

Eine weitere Besonderheit fällt vielen

keinen Platz mehr dafür haben und gleichzeitig etwas Gutes tun wollen.

Vor allem die, die umziehen oder eine Wohnung auflösen müssen, sind froh, dass ihre Bücher auf diese Art und Weise neue Leser finden.

Willkommen sind alle Bücher, ganz gleich ob Fachliteratur, Roman, Kinder- buch oder Reiseführer. Auch Schall- platten, Spiele und CDs werden gern genommen. Ein kleiner Teil der Bücher Café Tasso

Frankfurter Allee 11

48 62 47 08 www.cafe-tasso.de Kostenloser Buchabholdienst:

27 49 67 88 oder 680 796 89 99 www.buchspende.org Bücherspendebox am Bezirksamt Friedrichshain, Frankfurter Allee 35-37

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Am Rande

Service

Sanierungsverwaltungsstelle des Bezirksamts Friedrichshain- Kreuzberg

www.sanierung-friedrichshain.de Yorckstr. 4 -11, 4. Etage,

Zimmer 414-425, 10965 Berlin Herr Scheider

902 98-25 26 (Samariterviertel),

Herr Eccarius

902 98-35 20 (Traveplatz/Ostkreuz), Frau Kipker

902 98-37 82 (Warschauer Straße) Sprechzeiten:

Dienstag und Donnerstag 9 bis12 Uhr

ASUM Angewandte Sozial- forschung und urbanes Management

www.asum-berlin.de;

E-Mail:

helenenhof@asum-berlin.de

• Helenenhof/Sonntagstr. 21, 10245 Berlin

293 43 10

Mittwoch 15 bis 18 Uhr, Rechtsberatung: Montag16 bis 18 Uhr und Dienstag 9 bis11Uhr

• FRIEDA-Frauenzentrum/

Proskauer Straße 7, 10247 Berlin

293 43 10

Rechtsberatung: Mittwoch 15 bis18 Uhr und Freitag 9.30 bis 12.30 Uhr

(Terminvereinbarung erforderlich)

BSM Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung

www.bsm-berlin.de; E-Mail:

sanierung@bsm-berlin.de Katharinenstr. 19-20, 10711Berlin

896 003-0

Sprechzeiten: nach Vereinbarung STATTBAU Stadtentwicklungs- gesellschaft

www.stattbau.de E-Mail: berlin@stattbau.de Pufendorfstr. 11,10249 Berlin

690 81-0

Sprechzeiten: nach Vereinbarung

Bürgerplattform Samariterviertel – Samariterkiez e.V.

Kontakt: Sven Gramstadt

0176 10 35 00 68 E-Mail: kontakt@sven- gramstadt.net Bürgerverein

Travekiez-Ostkreuz e.V.

Informationen dazu bei Rolf Tramp,

503 05 40

Kontakt Travekiez-Ostkreuz e.V.

E-Mail: info@traveplatz-berlin.de Stadtteilbüro Friedrichshain stb-fhain@gmx.de

Warschauer Str. 23, 10243 Berlin

29 77 23 91

Jeden Mittwoch 15 bis 18 Uhr Sprechstunde des Veranstaltungs- pools Friedrichshain/Anfragen für Raumnutzung in der Warschauer Straße 23

Allgemeine Sprechstunde:

Montag und Donnerstag 17 bis 19 Uhr

Berliner Mieterverein e.V.

www.berliner-mieterverein.de E-Mail:

bmv@berliner-mieterverein.de Jessnerstr. 4,10247 Berlin (gegenüber Ring-Center) U-/S-Bhf. Frankfurter Allee

226 26-0

Mieterberatung: Montag 10 bis 12, 17 bis 19 Uhr, Dienstag 17 bis 19 Uhr, Mittwoch 10 bis 12, 17 bis 19 Uhr, Donnerstag 17 bis 19 Uhr, Freitag 15 bis17 Uhr sowie nach Terminvereinbarung

Unabhängige Bürgerinitiative KLiZ e.V./Mieterladen Kreutzigerstr. 23, 10247 Berlin

74 07 88 31

Mieterberatung: Montag 18 bis 20 Uhr, Donnerstag 19 bis 20 Uhr ALG I + II und Rentenberatung mit Rechtsanwalt

jeden 3. Mittwoch 19 bis 20 Uhr, bitte telefonisch voranmelden

Was steckt dahinter?

Wo der Hund begraben liegt

Das Eckhaus Warschauer Straße 25/Kopernikusstraße 6 muss einst ein prächtiger Altbau gewesen sein. Heute bröckelt die Fassade mit ihren Jugendstilsäulen vor sich hin und die offenbar absturzgefährdeten Balkone müssen durch riesige Holzbalken gestützt werden. Doch im Hof verbirgt sich eine echte Kuriosität:

ein über 100 Jahre altes„Hundedenkmal“.

Wenn man das heruntergekommene Treppenhaus durchquert, gelangt man in einen dunklen Hof. Auch die Fassade des Hinterhauses ist äußerst marode, aber die feinen Verzierungen und die Gravur„1899“lassen die einstige Schönheit des Hauses erah- nen. Auffällig ist die alte Mauer, die gleichzeitig die Abgrenzung zum Nachbargrundstück bildet. Mit ihren kleinen Türmchen erinnert sie auf den ersten Blick an eine Friedhofsmauer.

Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch eine in die Mauer eingelassene halbrunde Nische, die von zwei Säu- len flankiert wird. Eine solche in der Kirchenarchitektur„Conche“genann- te Ausbuchtung ist typisch für Fried- hofsdenkmale. Wenn man den Kind- heitserinnerungen von Manfred Ganady Glauben schenken darf, han- delt es sich um ein Hundedenkmal.

Die Ersteigentümer des 1899 errichte- ten Hauses, die Familie Hagelmoser, haben es zum Gedenken an ihre ge- liebten Hunde bauen lassen.

Ganady, der in den 1940er Jahren mit seiner Mutter in dem Eckhaus ge- wohnt hat, erzählt auf seiner Website (www.musenhoehle.de), dass sich

damals vor dem Denkmal ein gepfleg- tes Vorgärtchen mit Rasen und einer kleinen Buchsbaumhecke befand.

Hier waren die Hunde begraben. Als Manfred Ganady in der Warschauer Straße 25 lebte, war Familie Hagel- moser bereits aus Nazi-Deutschland emigriert. Die Erbin, Käthe Belling, wohnte im ersten Stock des Vorder- hauses. In der ersten und zweiten Etage des Vorderhauses befanden sich pompöse Wohnungen mit gro- ßen, hohen Räumen. Im Erdgeschoss, wo heute ein Döner-Imbiss ist, war damals eine Eckkneipe.

Heute ist der einstige Hundefriedhof mit einer Betonplatte versiegelt, auf der Mülltonnen und Fahrräder abge- stellt sind. Das Denkmal selber ist völlig verwittert und mit Farbe be- schmiert. Die Bewohner schenken ihm offenbar keine Beachtung.„Ist mir noch nie aufgefallen“, meint eine Frau, die gerade ihr Fahrrad abstellt.

Ob die Geschichte mit dem Hunde- denkmal wirklich stimmt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. In den Grundstücksakten findet sich kein Hinweis auf die Bedeutung des merk- würdigen Grabmals.

FRIEDRICHsHAIN 1/12

IWas verbirgt sich unter diesem Grabmal im Hinterhof?

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