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Neue Wohnkostenregelung:

Hinter der Entwicklung zurück

Was steckt dahinter?

Rekultivierung einer Ruine

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Zeitschrift für Stadterneuerung

18.Jahrgang Juni 2/2012

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www.friedrichshain-magazin.de

Rudolfkiez:

Kleinstadt

zwischen Bahn

und Spree

9-13

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Klimaschutz

FRIEDRICHsHAIN 2/12

Ein Vorzeigeprojekt ist die im Juni 2011 eröffnete Sporthalle in der Gürtel- straße 20. Sie gewinnt ihre Heizener- gie fast komplett aus der Abwärme der städtischen Kanalisation, außer- dem gibt es eine Photovoltaikanlage zur Stromgewinnung auf dem Dach.

Beim Bezirksamt Friedrichshain-Kreuz- berg ist man zwar stolz über das zukunftsweisende Energiekonzept, doch die eigentlich spannende Frage nach dem Einsparpotenzial kann man

Öffentliche Gebäude haben in Sachen ökologischer Sanierung zweifellos eine Vorbildfunktion. Solarkollektoren auf dem Dach der Kita oder Regenwassernutzungsanlagen in der Schule zeigen Bürgern und Privateigentümern, was möglich ist. In Friedrichshain wurde in den vergangenen Jahren einiges auf den Weg gebracht, aber bei weitem nicht so viel, wie man eigentlich möchte. Woran hapert’s?

Kommunale Infrastruktursanierung

Schwacher grüner Daumen

nicht beantworten. Die Anlage sei noch nicht mal ein Jahr in Betrieb, heißt es zur Begründung.

Die Schul- und Vereinssporthalle in der Kreuzberger Baerwaldstraße 34/35 verfügt bereits seit 2006 über eine solche Wärmerückgewinnungsanlage – damals als erstes öffentliches Ge- bäude in Deutschland. Die Erfahrun- gen seien gut, so das Bezirksamt. Ein direkter Vorher-Nachher-Vergleich ist

ohnehin in vielen Fällen gar nicht möglich, weil es sich um Neubauten oder – wie in der Gürtelstraße – um komplett sanierte und umgebaute Gebäude handelt. Fest steht: Beide Sporthallen werden zu einem Großteil über Abwasserwärme beheizt, nur an besonders frostigen Tagen muss der zusätzliche Heizkessel angeworfen werden.

Dass ökologisch vorbildliche Maßnah- men in der Praxis mitunter ihre Tücken haben, zeigt die Regenwassernut- zungsanlage der Pettenkofer-Schule im Samariterviertel. Im Rahmen der Sanierung war bereits 2004 auf dem Schulhof eine Zisterne gebaut worden.

Sie fängt das Regenwasser auf und speichert es, das Brauchwasser wird dann für die Toiletten und die Pflanzen auf dem Hof verwendet. Ein Schaubild mit Lämpchen, das sich im Treppen- aufgang der Schule befindet, gibt an, wie viel Wasser sich aktuell in der Zisterne befindet und wie viel Trink- wasser eingespart wurde. Doch Schul- leitung und Hausmeister zeigen sich wenig begeistert über die Anlage. Die Pumpen seien sehr störanfällig und würden immer wieder ausfallen.

„Manchmal sind die Schüler einen ganzen Tag lang ohne Toilettenspü- lung“, berichtet der Hausmeister.

Es gibt im Bezirk eine ganze Reihe weiterer Beispiele, wie Energie und Wasser gespart und die Umwelt ent- lastet werden. So bekam die„Traveria“, gleichzeitig Mensa und Versamm- lungsraum neben der Grundschule am Traveplatz, ein begrüntes Dach. Das ist ökologisch sinnvoll, weil es das Mikroklima verbessert und Vögel und Insekten einen Lebensraum bietet.

Mit einer intelligenten Gebäudetech- nik kann die Spartacus-Grundschule in der Friedenstraße 45 punkten. Ne- ben der obligatorischen Wärmedäm- mung wurde eine Fernüberwachung für die Heizung installiert. Verschat- tungsanlagen steuern die Sonnenein- strahlung in die Klassenzimmer. Insge- samt erwartet das Bezirksamt Ener- gieeinsparungen von etwa 30 Prozent – und damit eine deutliche Reduzie- rung der Bewirtschaftungskosten.

Andere Schulen im Bezirk haben So- laranlagen beispielsweise die Dathe- Oberschule in der Helsingforser Stra- Kirsten Schipkowski

ist Klimaschutzbeauf- tragte im Bezirk Fried- richshain-Kreuzberg Seit Januar 2012 gibt es in Fried-

richshain-Kreuzberg eine Klima- schutzbeauftragte. Als dritter Be- zirk hat man nach Steglitz-Zehlen- dorf und Lichtenberg eine solche Stelle eingerichtet, angesiedelt ist sie beim Umweltstadtrat. FRIED- RICHsHAIN fragte Kirsten Schip- kowski nach ihren Aufgaben und Arbeitsschwerpunkten.

FRIEDRICHsHAIN:Warum hat der Bezirk eine Klimaschutzbeauftragte eingestellt? Was sind Ihre Aufgaben?

Schipkowski:Wir wollen unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten, so- wohl innerhalb des Bezirksamtes, das heißt was Gebäude, Stadtplanung, Anschaffungen der Verwaltung und so weiter angeht, als auch außerhalb, das heißt in die Öffentlichkeit hinein zu wirken. Ich unterstütze und berate den Bezirk bei allen Klimaschutzpro- jekten, und koordiniere ressortüber- greifend die Aktivitäten zum Klima- schutz. Ziel ist es, dass die Belange des Klimaschutzes in allen Bereichen

berücksichtigt werden: bei der ener- getischen Sanierung von Gebäuden oder bei der Verkehrsplanung ebenso wie innerhalb der Verwaltung – etwa durch die Anschaffung energieeffi- zienter Computer oder schadstoff- armer Fahrzeuge.

FRIEDRICHsHAIN:Mit welchen konkreten Projekten sind Sie zurzeit beschäftigt?

Schipkowski:Wir sind gerade dabei, gemeinsam mit den Schulen ein so genanntes Klimaschutzteilkonzept zu erstellen. Dabei sollen die Schulge- bäude sowie auch einige Kitas und Horte energetisch untersucht werden, um dann aufzuzeigen, wo Energie eingespart werden kann und welche Maßnahmen möglich sind. Außerdem wollen wir einen bezirklichen Klima- schutzrat gründen, wo wir auch die Bevölkerung einbeziehen wollen.

Ebenfalls in Arbeit ist die Erstellung eines Klimaberichts, mit dem die Situation im gesamten Bezirk dar- gestellt werden soll.

Klimaschutz im Mittelpunkt

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Klimaschutz

FRIEDRICHsHAIN 2/12

Vorzeigebeispiele – was angesichts eines grünen Bürgermeisters sowie mehrerer grüner Baustadträte in den vergangenen Jahren erstaunen mag.

Zwar wurden etliche Schulen energe- tisch saniert – also wärmegedämmt und mit einer effizienten Heizungsan- lage ausgestattet – doch diese Stan- dardmaßnahmen sind ohnehin bei einer Sanierung gesetzlich vorgeschrie- ben. Wirklich innovative, gar experi- mentelle Techniken zum Klimaschutz wurden kaum angewandt.„Wir haben viele schwierige Gebäude“, benennt der Bezirksstadtrat für Umwelt, Hans Panhoff (Bündnis 90/Grüne), die Gründe. Von seinem Büro aus blickt er direkt auf Berlins erste Solaranlage, die auf ein Rathausdach gebaut wur- de. Er kennt weitere Probleme.„Viele Schulgebäude sind denkmalgeschützt:

Da kann man nicht einmal eine Fassa- dendämmung vornehmen, geschwei- ge denn eine Photovoltaikanlage aufs Dach setzen.“ Bei Altbauten, aber auch bei Plattenbauten, seien Solar- anlagen oft wegen der Statik nicht möglich, oder man müsste massive Verstärkungen anbringen, was das Ganze teuer und damit unwirtschaft- lich macht.

Eigene Mittel für ökologische Sanie- rungsmaßnahmen stehen dem Bezirk

nicht zur Verfügung.„Wir sind auf Fördermittel angewiesen, aber die entsprechenden Programme verfolgen unterschiedliche Ziele“, erklärt Pan- hoff. Beispielsweise wurden viele Schulen über das„Konjunkturpaket II“

saniert. Mit diesem Programm wur- den jedoch nur Maßnahmen finan- ziert, die maximal dem Standard der Energieeinsparverordnung (EnEV) entsprachen.„Wir hätten gern mehr gemacht, aber alles, was über die EnEV hinausging, wurde nicht bezahlt“, erklärt Panhoff. Am ehesten sind„ex- perimentelle“Maßnahmen über das Umweltentlastungsprogramm (UEP) möglich. Auch die Wärmerückgewin- nung in der Gürtelstraße wurde über das UEP finanziert.

„Man muss auf komplizierte Förder- strukturen zurückgreifen“, sagt auch Andreas Richter, der beim Planungs- büro„Herwarth +Holz“für Projekte im Programm Stadtumbau Ost zu- ständig ist. Das Problem sei aber auch der riesige Sanierungsbedarf:„Viele Schulen sind völlig marode, und so- lange die Keller feucht sind, wäre es unsinnig, innovative Maßnahmen anzugehen“, meint Richter. Durch die Verankerung von Klimaschutzzielen in der Städtebauförderung werden diese Aspekte nach Richters Einschätzung

Öko-Modellprojekte in öffentlichen Gebäuden sind noch rar: Solaranlage an der Dathe-Oberschule, Schaubild der Regen- wassernutzungsanlage in der Pettenkofer- Schule, Gründach der Grundschule am Traveplatz in Zukunft noch weiter an Bedeutung

gewinnen.

Seit Januar 2012 hat Friedrichshain- Kreuzberg auch eine Klimaschutzbe- auftragte. Aufgabe von Kirsten Schip- kowski ist es, die Aktivitäten zum Klimaschutz zu koordinieren und fach- übergreifend neue Projekte anzusto- ßen. Auch innerhalb der Verwaltung will die Diplomingenieurin für Um- weltschutztechnik Einsparmöglich- keiten ausloten.

Wärme aus der Kanalisation

Beim Wäschewaschen, Duschen oder Putzen fließt Tag für Tag warmes Was- ser in den Abfluss. Diese Restwärme würde nach Ansicht von Fachleuten ausreichen, um zwei bis drei Millionen Wohnungen zu beheizen. Das Prinzip macht sich die Methode der Abwas- serwärmerückgewinnung zunutze.

Mithilfe von so genannten Wärme- tauschern sowie Wärmepumpen wird die im Abwasser enthaltene Energie in Heizkörper und Duschen umgelei- tet. Die Technik gilt als innovativ und hat sich bewährt. Mittlerweile gibt es überall in Deutschland Sporthallen, Schwimmbäder und andere Gebäude, die sich aus der Kanalisation bedienen.

ße. Angenehmer Nebeneffekt: Die Anlage dient den Schülern als prakti- sches Beispiell im Physikunterricht.

Dennoch gibt es in Friedrichshain- Kreuzberg nicht allzu viele ökologische

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Öffentlicher Nahverkehr

FRIEDRICHsHAIN 2/12

So möchten die Anwohner ihre Sonntagstraße nicht sehen (Montage)

Wenn der Bahnhof Ostkreuz 2016 fertig ist, soll er auch eine direkte Straßenbahnanbindung bekommen. Die Senatsverwal- tung für Stadtentwicklung bevorzugt, die Linie 21 durch die Sonntagstraße zu führen. Viele Anwohner protestieren dagegen.

Der Bürgerverein Travekiez-Ostkreuz und Anwohner brachten neue Varianten ins Spiel.

Ostkreuz-Anbindung der Straßenbahn

Gleisführung in weiter Ferne

Die Straßenbahnlinie 21 fährt heute auf der Boxhagener Straße am Ost- kreuz vorbei. Beim Umsteigen zwi- schen S-Bahn und Straßenbahn muss ein Fußweg von 450 Metern zurück- gelegt werden. Dass diese Vernet- zung verbessert werden sollte, ist unstrittig – zumal das Ostkreuz künftig nicht nur der größte S-Bahn- Knotenpunkt, sondern auch Regio- nalbahnhof und Zubringer des neuen Flughafens sein wird.

Bei der Planung des Ostkreuz-Um- baus ist direkt nördlich der Ost-West- Gleise ein Durchlass unter der Ring- bahn berücksichtigt worden, der groß genug für zwei Straßenbahn- gleise mit Haltestelle ist. Die Straßen- bahn selbst ist aber nicht Teil der Ostkreuz-Baumaßnahme, sondern muss separat geplant werden.

Auf welchem Wege die Straßenbahn an das Ostkreuz herangeführt wird, ist schon seit langem eine umstrit- tene Frage. Ende April hat der Bür-

gerverein Travekiez-Ostkreuz und die Mieterberatungsgesellschaft ASUM zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen, an der rund 100 Anwoh- ner teilnahmen. Den Stand der Pla- nungen stellte Sören Wustrow von der Senatsverwaltung für Stadtent- wicklung vor. Bevorzugt wird eine Verlegung der Strecke von der Box- hagener Straße über die Holtei- und Sonntagstraße bis zur Marktstraße auf der Lichtenberger Seite des Ost-

kreuzes.„Das ist die kürzeste Füh- rung, um den Bahnhof anzubinden“, sagt Wustrow. Dabei ist vorgesehen, die vorhandene Linie 21 durch eine neue Linie 22 zu ergänzen und somit den Verkehr zwischen Ostkreuz und Bersarinplatz auf einen Zehn-Minu- ten-Takt zu verdichten. Eine Alterna- tive zur Holtei-/Sonntagstraße wäre eine Verlegung der Gleise durch die Neue Bahnhofstraße. Diese Strecke wäre etwas länger und die techni- sche Umsetzung wegen engerer Kurven schwieriger.

Doch die Pläne sind überhaupt nicht nach dem Geschmack der Sonntag- straßen-Bewohner. „Wer kommt auf die aberwitzige Idee, eine Straßen- bahn durch ein Wohngebiet zu bau- en?“, fragte ein Anwohner. Befürchtet werden vor allem der Lärm der Stra- ßenbahnen, der Verlust von Parkplät- zen am Straßenrand und Gefahren für Kinder.

Kritisch äußert sich auch der Bürger- verein Travekiez-Ostkreuz. Er hat sich eine einfache Variante ausgedacht:

Man könnte die Straßenbahn in der Boxhagener Straße lassen und die jetzige Haltestelle in der Marktstraße vorverlegen in Richtung Ostkreuz. Von dort würde der Umsteigeweg zum Ostkreuz noch 170 Meter betragen.

Baustadtrat Hans Panhoff hält jedoch einen Umsteigeweg von 170 Metern für Gehbehinderte nicht für zumutbar.

„Sinnvoll sind kurze Wege, auch mit Blick auf die Alterung der Gesell- schaft“, gibt auch Jürgen Laue vom Kiezbeirat Rummelsburg zu beden- ken. Anders als die unmittelbaren Anwohner können die Fahrgäste aus dem Einzugsbereich der Linie dieser Planung viel abgewinnen. „Die Leute aus Rummelsburg und Karlshorst würden sich freuen, wenn sie eine vernünftige Anbindung an die Regio- nalbahn erhalten“, so Laue.

Ein Anwohner brachte eine weitere Variante ins Spiel: Es könnte direkt am Ostkreuz unter der Ringbahn eine Sackgassen-Haltestelle eingerichtet werden, die von der Marktstraße her angefahren wird. Die aus Friedrichs- hain kommenden Züge müssten dann hinter der ehemaligen FHTW eine scharfe Kurve fahren. Nachteil: Es gäbe auf der Linie 21 keinen durch- gehenden Verkehr mehr.

„Jede der Varianten wird geprüft“, verspricht Horst Wohlfahrt von Alm, Verkehrsplaner bei der Senatsverwal- tung. Das ganze Verfahren wird ein paar Jahre dauern. Vor Mitte 2015 kann ohnehin nicht mit der Gestal- tung der Bahnhofsvorplätze und dem eventuellen Bau einer Straßenbahn- strecke begonnen werden. Mit der Eröffnung des neuen Ostkreuzes im Jahr 2016 soll aber alles fertig sein.

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Lesestoff

Der„Dom des Ostens”stand am Ende der Kadiner Straße

Ende April letzten Jahres wurde das Sanierungsgebiet Warschauer Straße nach 16 Jahren abgeschlossen. Aus diesem Anlass sind zwei Broschüren erschienen, die ein Fazit ziehen, die wichtigsten Umbrüche und Veränderungen skizzieren und viele spannende Geschichten aus Vergangenheit und Gegenwart erzählen.

Die beiden vom Bezirksamt Friedrichs- hain-Kreuzberg herausgegebenen Broschüren ergänzen sich ideal. Auf die Spuren der wandelvollen Geschich- te des Quartiers kann man sich mit der von ASUM produzierten Publika- tion begeben. Dabei können auch alteingesessene Bewohner allerhand Neues erfahren. Oder hätten Sie ge- wusst, dass an der Grünberger/Ecke Kadiner Straße einst die prächtigste Kirche Friedrichshains stand?„Dom des Ostens“ wurde die um 1905 er- baute Lazaruskirche genannt. 53 Meter lang und 25 Meter breit war der Backsteinbau, 1450 Gläubige hatten hier Platz. Mit 35 000 Mitglie- dern war es die größte evangelische Gemeinde Berlins. Im April 1945 wurde die Kirche von einer Bombe getroffen und vier Jahre später schließlich gesprengt.

Die Episode von der verschwundenen Lazaruskirche ist nur eine von vielen interessanten Geschichten aus der ASUM-Broschüre „Rund um die War- schauer Straße – Spuren der Geschichte und Stadtentwicklung“. Eine Art Kiez- spaziergang führt zu 29 Stationen und stellt interessante Orte und ihre Menschen vor. Dabei kommen auch

Sanierungsabschluss Warschauer Straße

Gestern/heute – schwarz auf weiß

Deutschland“. August Kliebenstein war außerdem ein leidenschaftlicher Oldtimersammler. Seine Schmuck- stücke lieh er so manches Mal an das DEFA-Filmstudio aus. Er starb kurz nach dem Mauerfall, die Gaststätte wurde wenig später geschlossen.

In der 50-seitigen Broschüre der

„Beratungsgesellschaft für Stadt- erneuerung und Modernisierung“

(BSM) geht es dagegen vor allem – wie der Titel schon ankündigt – um die „Ergebnisse der Stadterneue- rung“. Und die können sich sehen lassen, wie Bezirksbürgermeister Franz Schulz im Vorwort feststellt:

„Aus einem in vielen Bereichen desolaten, von Verfall und Abwan- derungstendenzen bedrohten Gebiet ist ein vitales und stabiles Quartier geworden.“ Über 100 Millionen Euro an öffentlichen Mitteln wurden in das Sanierungsgebiet investiert, in den Bau von Spielplätzen und Grün- flächen ebenso wie in die Verbesse- rung der Wohnungsausstattung oder in den Umbau von Kitas und Schu- len. Die wichtigsten Projekte werden in der Broschüre mit vielen Fotos vorgestellt, wobei der Vorher-Nach- her-Effekt vielfach beeindruckend ist.

Man erfährt, wieso der umstrittene Abriss von Hinterhäusern manchmal doch die beste Lösung war und wie das Bauträgermodell funktionierte.

Deutlich wird, dass man immer wie- der auf neue Trends reagieren muss- te, um die Sanierungsziele nicht zu gefährden. So wurden ab 2003 plötzlich verstärkt Fabriketagen zu hochwertigen Wohnlofts umgebaut.

Das führte dazu, dass das Gewerbe vor dem Wohnen geschützt werden musste, während es früher umge- kehrt war. Ein weiterer Trend ist seit einigen Jahren der Hostel-Boom.

Auch hier beschloss der Bezirk ein- schränkende Genehmigungskriterien.

Der formale Sanierungsabschluss bedeutet übrigens nicht das Ende aller Baumaßnahmen. Es stehen noch so wichtige Vorhaben wie der Umbau der Warschauer Straße, der March- lewskistraße und des Helsingforser Platzes an. Sie werden über so ge- nannte Ausgleichsbeträge der Grund- stückseigentümer noch bis Ende 2014 umgesetzt.

ältere Bewohner zu Wort, die von einer Zeit erzählen, als es in den Erd- geschossen vieler Häuser noch so ge- nannte Pantoffel- oder Flohkinos gab.

Jeden Sonntag wurden für 25 Pfennig Kinderfilme gezeigt.

Eine der Stationen ist die Grünberger Straße 6, wo sich ab den 1930er Jahren die Gaststätte„Zum Kühlen Grund“ befand. In der ärmlichen Nachkriegszeit konnte man sich hier aufwärmen und eine einfache Suppe bekommen – eine Art Volksküche sozusagen. 1953 übernahm ein Nach- komme, August Kliebenstein, die Gaststätte und benannte sie neun Jahre später in „Hühner-Gust’l“um.

Die Brathähnchen hatten sich nämlich als Renner erwiesen und wurden schon bald auch außer Haus verkauft.

Es soll die erste Hähnchenbraterei in Ost-Berlin gewesen sein. „Was die Sachertorte ist in Wien, ist Hühner- Gust’l in Berlin“stand über dem Tre- sen. Zu den Weltjugendfestspielen 1973 vergrößerte Kliebenstein auf Bitten des Stadtbezirks seine Kapa- zitäten, indem er auch draußen Tische aufstellte. In den 1980er Jahren siegte

„Hühner-Gust’l“ gleich zweimal beim Gaststättenwettbewerb des „Neuen

Beide Broschüren sind kostenlos erhältlich im Bezirksamt Friedrichs- hain-Kreuzberg, Yorckstraße 4-11, 4. Etage. Die Broschüre von ASUM liegt außer- dem bei ASUM aus.

Zum feierlichen Abschluss der Sanierung findet am 15. Juni 2012 zusammen mit Vertretern von Bezirk und Senat ein Kiez- spaziergang statt.

Anschließend werden langjährige Mitglieder der Betroffenen- vertretung geehrt.

Anmeldung bei ASUM (Adresse siehe

„Service”, Seite 15).

Der Rundgang wird am 14. September wiederholt.

FRIEDRICHsHAIN 2/12

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Wohnungen

FRIEDRICHsHAIN 2/12

Für 5 200 Friedrichshainer Wohnungen gilt seit dem 1. Mai wieder eine Belegungsbindung. Sie können nur noch mit Wohn- berechtigungsschein (WBS) angemietet werden und bleiben damit Geringverdienern vorbehalten. Ob diese sich die Mieten leisten können, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Der Bezirk arbeitet an einer praktikablen Lösung.

Belegungsbindungen

Kein Hoffnungs-

berechtigungsschein

Im März hat der Senat beschlossen, die Besetzungsrechte für berlinweit 65 000 Sozialwohnungen und die 85 000 Ost-Wohnungen, die dem Be- legungsbindungsgesetz unterliegen, wieder in Kraft zu setzen. „Damit wird dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der Belegungsbindung auf Grund des aktuellen Wohnungs- marktes Rechnung getragen“, sagt Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD).

Für die 65 000 Sozialwohnungen be- nötigt man einen WBS mit anerkann- tem„besonderen Wohnbedarf“. Das entspricht dem bisherigen WBS mit Dringlichkeitsvermerk. Allerdings ist der Kreis der Berechtigten um Hartz- IV-Haushalte mit einer konkreten Um- zugsaufforderung erweitert worden.

Die Sozialwohnungen liegen über- wiegend im Westteil Berlins.

Die 85 000 sogenannten Belegungs- bindungswohnungen liegen hingegen

ausschließlich im Ostteil der Stadt. Es sind Wohnungen, die nach der Wende mit staatlicher Hilfe von Altschulden befreit worden sind. Anders als bei den Sozialwohnungen reicht hier ab 1. Mai für die Anmietung ein einfacher WBS ohne besonderen Wohnbedarf aus. Die 5200 Friedrichshainer Altbau- und Neubauwohnungen mit Belegungs- bindung gehören zum Bestand der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WBM (vormals: Wohnungsbaugesell- schaft Friedrichshain). Diese Wohnun- gen sind nicht zu verwechseln mit den 4500 Friedrichshainer Wohnungen, die aufgrund der Sanierungsförderung einer Mietpreis- und Belegungsbin- dung unterliegen. Für diese Wohnun- gen bleibt alles beim Alten.

Seit Bekanntgabe der Neuregelung sind beim Wohnungsamt Friedrichs- hain-Kreuzberg viele Anträge auf einen WBS gestellt worden. Die Hoff- nung der Wohnungssuchenden, damit schnell eine bezahlbare Bleibe zu fin- Der Bezirk

verhandelt – damit das Wohnungsamt auch Wohnungen hat, die es vermitteln kann

den, hat aber einen Haken: „Die Woh- nungen sind alle vermietet, und es gibt keine Mietpreisbindung“, so Eckhard Sagitza vom Wohnungsamt.

Er hat überschlagen, dass bei einer Fluktuation von acht Prozent höchs- tens 400 Wohnungen im Jahr frei werden. Und weil die Miethöhe nicht gebunden ist, sind viele der Wohnun- gen für Geringverdiener schlicht zu teuer.

Dazu kommt, dass darunter Wohnun- gen sind, deren Fläche und Zimmer- zahl in einem ungeeigneten Verhältnis stehen. So ist zum Beispiel eine Zwei- zimmerwohnung mit 90 Quadratme- tern aufgrund der großen Wohnfläche für einen Zweipersonenhaushalt ein- fach zu teuer. Unter diesen Umstän- den wird die WBM bei den wenigen neu zu vermietenden Wohnungen vermutlich nicht viele WBS-Inhaber als Mieter finden. „Wir werden dann die Wohnung von der Belegungsbin- dung freistellen müssen“, bedauert Wohnungsamtsmitarbeiter Sagitza.

Damit die berechtigten Mieter den- noch wie beabsichtigt eine Chance auf eine bezahlbare Wohnung be- kommen, will der Bezirk mit der WBM einen Vertrag schließen. Denkbar wäre, dass ein bestimmter Anteil aller frei- werdenden WBM-Wohnungen – egal ob sie zu den konkret benannten Be- legungsbindungswohnungen gehören oder nicht – zu reduzierten Mieten an WBS-Inhaber vergeben wird. Somit stünden nicht nur mehr passende Wohnungen zur Verfügung, der büro- kratische Aufwand wäre auch besser zu bewältigen. Noch ist eine solche Vereinbarung mit der Wohnungsbau- gesellschaft aber nicht abgeschlossen.

Wohnberechtigungsscheine werden vom Wohnungsamt des Bezirks auf Antrag ausgestellt. Einen WBS kann jeder Bürger erhalten, dessen Ein- künfte eine bestimmte Grenze nicht überschreitet. Für einen Einpersonen- haushalt liegt die Einkommensgrenze bei 16 800 Euro im Jahr, nach Richt- wert entspricht das 24 900 Euro brutto. Zwei Personen dürfen bis zu 25 200 Euro (37 800 Euro brutto) verdienen, bei jedem weiteren Haus- haltsmitglied erhöht sich das Limit um 5 740 Euro (9 000 Euro brutto).

Ein WBS kann beim Bürgeramt des Bezirks beantragt werden.

Download des Antragsformulars unter:

www.stadtentwick lung.berlin.de/service/

formulare/de/wohnen.

shtml

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Milieuschutz

FRIEDRICHsHAIN 2/12

Der Milieuschutz will vor Verdrängung schützen – vor Veränderungen kann er nicht schützen

Im Milieuschutzgebiet Boxhagener Platz sind die Mieten in den letzten Jahren stark angestiegen und die Bewohnerschaft hat sich sehr gewandelt. Das ist das nicht unerwartete Ergebnis der jüngsten Sozialstudie, die von der Mieterberatungsgesellschaft ASUM durchgeführt wurde. Ob der Milieuschutz für das Gebiet um den„Boxi“weiterhin das richtige Instrument ist und wie er zu einem schlagkräftigeren Mittel gegen Mieterverdrängung ge- macht werden kann, darüber wird im Bezirksamt intensiv diskutiert.

Boxhagener Platz

Ene, mene, muh …

ben das Mietniveau nach oben. Die durchschnittliche Nettokaltmiete liegt bei 6,07 Euro pro Quadratmeter. Die in den letzten beiden Jahren Zuge- zogenen zahlen hingegen im Durch- schnitt schon rund 6,90 Euro. Wer als Geringverdiener eine neue Wohnung braucht, muss sich da in billigeren Wohngegenden umsehen.

Ein Erfolg des Milieuschutzes ist es, dass die Wohnungen weniger auf- wändig modernisiert wurden als in den benachbarten Sanierungsgebie- ten. Daher gibt es weniger wohnwert- erhöhende Merkmale, die künftige Mieterhöhungen erleichtern. Gleich- zeitig entstehen aber erhöhte Auf- wertungsmöglichkeiten, wenn der Milieuschutz aufgehoben werden sollte. Besonders bei der fortschrei- tenden Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist zu beob- achten, dass durch erneute Moderni- sierungsmaßnahmen teurerer Wohn- komfort geschaffen wird. Auch ener- getische Sanierungen, wie sie zur Bekämpfung des Klimawandels gefor- dert sind, dürften viele Mieter vor Probleme stellen. Wie der Milieu- schutz auf diese noch relativ neue Anforderung reagieren kann, ist noch ungeklärt.

Für ein Drittel aller Haushalte, vor allem beruflich gering qualifizierte und ältere Mieter sowie Familien mit Kindern, erkennt die ASUM-Studie eine mittlere bis höhere Gefahr, ver- drängt zu werden. Für das einkom- mensärmste Zehntel ist die Gefahr am größten. ASUM empfiehlt daher, den Milieuschutz beizubehalten: „Die Fort- schreibung der Erhaltungssatzung ist nach bisherigem Erkenntnisstand die einzige Möglichkeit, die dem Bezirk

zur Verfügung steht, um Segrega- tionsprozesse einkommensärmerer Bevölkerungsschichten mit negativen städtebaulichen Folgen zumindest in Ansätzen verhindern zu können.“

Wo eine Milieuschutzverordnung gilt, kann der Bezirk Baumaßnahmen, mit denen die vorhandene Bevölkerungs- struktur gefährdet wird, untersagen.

Allerdings müssen alle Modernisie- rungen zugelassen werden, mit denen

„der zeitgemäße Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung“

hergestellt wird. Faktisch kann der Bezirk nur Luxusmodernisierungen verhindern. Doch schon die üblichen Sanierungen steigern die Miete so Seit 1999 gibt es das Milieuschutz-

gebiet Boxhagener Platz – das einzige im Ortsteil Friedrichshain. Es umfasst 23 Straßenblöcke zwischen Libauer Straße und Weichselstraße. Das Ziel ist, auch Haushalten mit geringem Einkommen das Wohnen in diesem Gebiet zu ermöglichen. Wie weit die- ses Ziel erreicht wird, muss regelmä- ßig sozialwissenschaftlich untersucht werden.

Die Bewohnerschaft hat sich schon zahlenmäßig enorm verändert. Die Einwohnerzahl stieg von 9 000 im Jahr 1999 auf 12 000 im Jahr 2008. Vor allem der Anteil der Kinder unter sechs Jahren ist stark gewachsen. Fast die Hälfte der Erwachsenen hat einen Hochschulabschluss. Abgenommen hat hingegen der Anteil der Rentner und Arbeitslosen.

Das mittlere Haushaltsnettoeinkom- men ist in den letzten vier Jahren um 27 Prozent in die Höhe geschnellt und hat mit 1650 Euro den Gesamt-Ber- liner Durchschnitt überholt. Allerdings haben nicht alle Bewohner gleich- mäßig etwas davon. Ein Sechstel der Haushalte muss mit weniger als 900 Euro im Monat auskommen, während ein knappes Viertel über mehr als 2600 Euro verfügen kann.

Insgesamt ist die Sesshaftigkeit ver- hältnismäßig hoch: Jeder Vierte wohnt länger als zehn Jahre in seiner Woh- nung. Allerdings gelingt es offenbar immer weniger, den geringverdienen- den Haushalten das Bleiben zu ermög- lichen. Auf die normalen Mieterhöhun- gen hat der Milieuschutz keinen Ein- fluss. Besonders die Mieten, die bei Neuvermietungen in unbegrenzter Höhe verlangt werden können, trei-

stark, dass viele Mieter die Segel strei- chen müssen. Der Milieuschutz ist dagegen machtlos.

Die Möglichkeit, in Milieuschutzge- bieten die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu untersagen, lässt der Senat hingegen ungenutzt.

Das Land Berlin müsste dazu lediglich eine Umwandlungsverordnung erlas- sen. Der neue SPD-CDU-Senat will ein Umwandlungsverbot prüfen. Werner Oehlert von ASUM:„Es ist dringend anzuraten, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.“

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Hartz IV

FRIEDRICHsHAIN 2/12

Seit 1. Mai gelten für Bezieher von Arbeitslosengeld (ALG) II höhere Mietrichtwerte. Doch die längst überfällige Anhebung ist völlig unzureichend, wie Sozialverbände und Mieterorganisa- tionen kritisieren. Auch in Friedrichshain werden es Betroffene künftig kaum einfacher haben, eine Wohnung zu finden bezie- hungsweise die alte zu behalten.

Maximal 378 Euro für die Warmmiete wurden bisher für einen Single-Haus- halt übernommen. Dieser Wert war zuletzt 2009 angepasst worden. Grö- ßere Bedarfsgemeinschaften mussten sogar sieben Jahre lang darauf warten, dass man höhere Mietspiegelwerte und gestiegene Nebenkosten durch eine Anhebung der Übernahmekosten berücksichtigte. Eine vierköpfige Fa- milie musste bislang das Kunststück fertigbringen, eine Wohnung für 619 Euro warm zu finden.

Neue Wohnkostenregelung

Hinter der

Entwicklung zurück

Für einen Single-Haushalt werden seit 1. Mai 380 bis 408 Euro warm über- nommen, je nachdem ob mit Heizöl, Erdgas oder Fernwärme geheizt wird.

Beim Kriterium Gebäudefläche – maß- geblich ist die auf der Betriebskosten- abrechnung angegebene Quadrat- meterzahl – macht der Unterschied nur wenige Euro aus. Für einen Zwei- personenhaushalt gilt eine durch- schnittliche Obergrenze von 472,50 Euro – das sind 28,50 Euro mehr als bislang. Bei drei Personen dürfen im Schnitt 578 Euro nicht überstiegen werden, bei vier Personen 619 Euro.

Diese Werte seien völlig unrealistisch, heißt es beim Berliner Arbeitslosen- verband, der Anfang Mai zu einer Pro- testkundgebung vor dem Jobcenter Mitte aufgerufen hatte. Unterstützt wird man unter anderem vom Berliner Mieterverein (BMV).„Die Sparpolitik des Berliner Senats wird auf dem Rücken der wirtschaftlich Schwächs- ten ausgetragen“kritisiert BMV- Geschäftsführer Reiner Wild. Laut Mietspiegel sind die Bestandmieten seit 2005 um 17 Prozent gestiegen, mit der nun beschlossenen Anhebung um 5 bis 7 Prozent werde kein Aus- gleich dafür geschaffen. Wenn man die Richtwerte, wie im Bundesrecht vorgeschrieben, an einem einfachen Standard ausrichte, seien Mieten von 450 Euro für einen Single-Haushalt beziehungsweise 490 Euro für einen Zweipersonenhaushalt angemessen.

Auch die Wohnungswirtschaft hält die Neuregelung für unzureichend. Die An- hebung bleibe hinter der Entwicklung am Mietwohnungsmarkt zurück, heißt es beim Verband Berlin-Brandenburgi- scher Wohnungsunternehmen (BBU).

Positiv sei jedoch, dass die Richtwerte künftig regelmäßig überprüft und an den Mietspiegel gekoppelt werden.

Was die geförderten sanierten Altbau- wohnungen in Friedrichshain betrifft, wird sich die Situation nur unwesent- lich verbessern, wie eine Analyse der Mieterberatungsgesellschaft ASUM ergab. Waren bisher 61 Prozent dieser Wohnungen zu teuer für ALG-II-Haus- halte, sind es nun 58 (bei Gasheizung) beziehungsweise 51Prozent (bei Fern- wärme). Das heißt: Zwischen 2300 und 2600 Wohnungen (von insgesamt 4 452) liegen auch nach der neuen Ver- ordnung außerhalb der übernahme- fähigen Wohnkosten.

Am dramatischsten sieht es bei den großen Wohnungen aus. Nur 15 bis 20 Prozent der familiengeeigneten Drei- und Mehrzimmerwohnungen sind Hartz-IV-kompatibel. Wohlgemerkt:

Eigentlich sind das Wohnungen, die für Einkommensschwache vorgesehen sind. Bei Single-Wohnungen ist nicht die Miethöhe das Problem – hier liegen rund 90 Prozent innerhalb des Limits – sondern, dass es praktisch keine verfügbaren Wohnungen mehr gibt.

Insgesamt hat die neue Verordnung nur wenig an dem Missverhältnis von tatsächlicher Miethöhe und den Richt- sätzen geändert. Rund 99 000 von insgesamt 320 000 Bedarfsgemein- schaften lagen mit ihren Mieten bis- lang über dem zulässigen Oberwert.

Nach einer Studie des Forschungsin- stituts TOPOS, die der Berliner Mieter- verein in Auftrag gegeben hat, sind es nun etwa 70 000. Die Folge: Diese Haushalte leben mit der Gefahr, sich eine neue Wohnung suchen zu müs- sen oder sind gezwungen, einen Teil der Miete vom Essen abzusparen.

Trauriges Fazit: Die lange erwartete Neuregelung wird die soziale Spaltung der Stadt weiter in Arm und Reich vorantrieben. Geförderte Wohnungs- bestände in der Innenstadt werden diesen Trend nicht aufhalten, solange deren Mieten nicht vom Amt übernom- men werden. Das Ziel, mehr Rechts- sicherheit zu schaffen und die Klage- flut einzudämmen, erscheint ange- sichts der komplizierten Kriterien mehr als fraglich.

Komplizierte neue Vorschriften werden die Warteschlangen vor den Job-Centern nicht kürzer machen

Mit der neuen Rechtsverordnung des Senats – Wohnaufwendungsverord- nung heißt sie im Amtsdeutsch – gibt es zwar etwas mehr Geld, es wird aber auch wesentlich komplizierter.

Statt pauschaler Richtwerte je Haus- haltsgröße wird nun zusätzlich diffe- renziert nach Gebäudegröße und Energieträger der Heizung.

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Wer Friedrichshain hört, denkt an den Rudolfkiez sicher nicht zuerst. Das auch Stralauer Viertel genannte Wohngebiet ist durch Bahntrassen vom Rest des Stadtteils stark isoliert und schiebt sich auch sonst nicht in den Vordergrund. Die Bewohnerschaft ist deutlich älter als in den Kiezen um den Boxhagener Platz, hier gibt es keine Kneipenszene und kaum Subkultur. Touristen ver- irren sich nur selten hierher. Der Rudolfkiez ist ein ruhiges, intaktes Wohngebiet, an dem die aufgeregte Betriebsamkeit der Multimedia- und Modebranche in der Umgebung einfach abprallt.

Rudolfkiez

Kleinstadt zwischen Bahn und Spree

„Musterbuch für Mietshäuser”am Rudolfplatz, Wohnhaus des Architekten Koch in der Rotherstraße 3

„Berlins erster Wolkenkratzer”

„Berlins erster Wolkenkratzer“steht im Rudolfkiez nahe der Warschauer Brücke. Bei seiner Fertigstellung im Jahr 1909 war das elfstöckige Turm- gebäude der Auergesellschaft – noch ohne den aufgesetzten Glaswürfel – eine Sensation. Das Hochhaus war das weit sichtbare Wahrzeichen der Deutschen Gasglühlicht AG (Auer- gesellschaft), die hier 1906 mit dem Bau des ersten Werksgebäudes be- gonnen hatte. Die Glühlampenpro- duktion unter den späteren Firmen- namen Osram und Narva sollte den Rudolfkiez über acht Jahrzehnte lang prägen.

Der Wolkenkratzer war hier nicht das erste Bauwerk des Fortschritts. An gleicher Stelle vor dem Stralauer Tor befand sich 50 Jahre zuvor die Wiege der Berliner Trinkwasserversorgung.

Die Stadt hatte eine englische Gesell- schaft, die„Berlin Waterworks Com-

pany“, mit dem Aufbau der Wasser- versorgung beauftragt. Direkt vor der damaligen Akzisemauer, am heutigen Warschauer Platz, entstand zwischen 1852 und 1856 das erste Berliner Wasserwerk. Zwischen der Stralauer Allee und der Frankfurter Bahn er- streckten sich große offene Vorrats- und Filterbecken. Der dazugehörige

Hochbehälter mit Steigrohrturm wurde auf dem Prenzlauer Berg gebaut.

1873 übernahm die Stadt die Wasser- versorgung in eigene Regie. Nach der Eröffnung des Wasserwerks Fried- richshagen wurde 1893 das Wasser- werk vor dem Stralauer Tor außer Betrieb genommen – auch wegen der immer schlimmeren Verschmutzung des Spreewassers. Nach dem Abriss der Anlagen richtete die Stadt hier versuchsweise eine Müllverbrennungs- anlage ein, die den Berliner Magistrat jedoch nicht überzeugte.

Das Gelände des heutigen Rudolf- kiezes war zu jener Zeit immer noch unbebaut, obwohl das gesamte Vier- tel schon durch den Hobrecht-Plan von 1862 in Baufelder aufgeteilt war.

Erst in den späten 1890er Jahren wur- den die ersten Straßen gepflastert. Im Jahr 1894 kaufte der Ziegeleibesitzer Maximilian Koch, der an der Stralauer Allee direkt neben der Oberbaum- brücke einen Baustoffhandel betrieb, das gesamte Bauland rund um den späteren Rudolfplatz. Ab 1898 baute er hier an die 70 Mietshäuser, darun- ter auch die Häuser im Block um die Zwinglikirche. Alle Wohngebäude in diesem Karree sind zwischen 1903 FRIEDRICHsHAIN 2/12

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und 1905 nach den Entwürfen des Architekten Sigismund Koch entstan- den, einem Bruder des Bauherrn. Sie stehen heute unter Denkmalschutz, denn der Architekt hat hier in den Augen der Denkmalpfleger „eine Art gebautes stilistisches Musterbuch für Mietshäuser“ in die Tat umgesetzt.

Das repräsentativ gestaltete Gebäude Rotherstraße 3, in das Maximilian Koch mit seiner Familie selbst einzog, beeindruckt mit einer reichen Neo- barock- und Jugendstil-Stuckfassade sowie marmorvertäfelten Treppen-

Nach dem Zweiten Weltkrieg war fast die Hälfte aller Häuser zerstört. Be- sonders an der Stralauer Allee und in der Nähe des Ostkreuzes sind viele Gebäude Opfer von Bombentreffern, Granatenbeschuss und Bränden ge- worden. Beim Wiederaufbau setzte man zunächst auf freistehende Zeilen- bauten wie etwa zwischen der Moder- sohn- und der Rochowstraße. Später wurden mit Plattenbauten die alten Blockränder wieder geschlossen – vor allem im östlichen Teil des Wohnge- biets. Größere Bereiche blieben aber auch unbebaut. Die nach Reichskanz- lern und preußischen Ministern be- nannten Straßen sind 1951 nach Künstlern umbenannt worden: Aus Beyme-, Caprivi-, Hohenlohe- und Goßlerstraße wurden Lehmbruck-, Dannecker-, Modersohn- und Corinth- straße.

Die Glühlampenproduktion prägte den Rudolfkiez bis 1993, als der Her- steller Narva von der Treuhand„ab- gewickelt“wurde und 5 000 Arbeits- plätze verloren gingen. Viele der Narva-Mitarbeiter wohnten nebenan im Kiez, oftmals arbeiteten ganze Familien über mehrere Generationen in dem Werk. Die Arbeiterwohnungs- baugenossenschaft der Narva hatte ab den 50er Jahren Wohnungen im Rudolfkiez für die Belegschaft der Glühlampenfabrik gebaut. Die Ver- kaufsstelle des Werks und die Narva- Poliklinik an der Ecke Rudolfstraße/

Lehmbruckstraße waren auch für die Anwohner offen, die nicht bei Narva hauswänden und Malereien im Haus-

flur. Die Fassade des Eckhauses Rotherstraße 1/Danneckerstraße 6 erinnert hingegen an den seinerzeit sehr fortschrittlichen Reformwoh- nungsbau von Alfred Messel – was die Denkmalpflege heute als„Gauke- lei“bewertet, weil die Wohnungen die herkömmlichen Mietskasernengrund- risse haben. Die übrigen Häuser in diesem Karree gestaltete der Archi- tekt in verschiedenen Stilen, die heute zum Teil nach Neuverputzungen nicht mehr erhalten sind. Die Formenvielfalt

Der Rudolfkiez war Anfang der 90er Jahre als Sanierungsgebiet im Ge- spräch. Nach den vorbereitenden Untersuchungen kam es aber nicht zu einer solchen Festlegung, weil drei andere Friedrichshainer Stadtteile noch größeren Sanierungsbedarf hatten. Stattdessen wurde der Rudolf- kiez von 2000 bis 2008 mit rund 22 Millionen Euro im Programm„Urban II“gefördert und ist seit 2002 Teil des Stadtumbaugebiets Ostkreuz. Vor allem die Infrastruktureinrichtungen haben davon profitiert.

So wurde die Kita „Am Rudolfplatz“

mit rund 300 000 Euro aus dem Pro- gramm „Stadtumbau Ost“moderni- siert. Sie erhielt eine Wärmedämm- fassade, neue Fenster und eine neue Kücheneinrichtung. Den größten Sanierungsbedarf hatte aber der Kom- plex der Emanuel-Lasker-Oberschule mit den beiden Inspektorenhäusern.

Die denkmalgeschützten Gebäude befanden sich zum Teil in einem katastrophalen Zustand. Insgesamt 2,3 Millionen Euro an Stadtumbau- Mitteln flossen bis jetzt in dieses Ensemble. Nach und nach wurde mit dem Geld die Aula restauriert, die von

Schwamm befallenen Dachbalken saniert, das Dach neu gedeckt, die Doppelkastenfenster erneuert und der Keller trockengelegt. In diesem Jahr soll die Sanierung der Sporthalle be- endet werden. Die größte Einzelbau- stelle war das nördliche Inspektoren- haus. Nach zehn Jahren Leerstand wurde das Gebäude 2008 bis 2009 von Grund auf instandgesetzt. Die Geschossdecken mussten vom Schwamm befreit, das Dach neu gedeckt, die Fassade neu verputzt, alle Fenster ausgetauscht und die ge- samte Haustechnik erneuert werden.

In dem Haus sind jetzt die Schulmensa, die Lehrküche und ein Zeichensaal untergebracht. Das südliche Inspek- torenhaus wurde 2004 für das Nach- barschaftszentrum RuDi umgebaut.

Denkmalrettung

Das Nachbarschafts- zentrum hat seine Heimstadt in einem der sanierten Inspektorenhäuser des Lasker- Schulkomplexes gefunden

gehörte zur Verkaufsstrategie seines Bruders. Wer beim Bauunternehmer Koch einen Neubau in Auftrag geben wollte, konnte sich vor Ort den Baustil aussuchen, der ihm am meisten zusagte.

Multimedia statt Glühbirnen: Ende der 90er Jahre entstand die Oberbaum-City

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arbeiteten. Das Ende der Produktion war daher ein schwerer Schlag für den Kiez.

Nachdem bei Narva endgültig die Lichter ausgegangen waren, baute die HVB-Projekt, ein Tochterunternehmen der Hypo-Vereinsbank, den großen Industriekomplex für rund 600 Millio- nen Euro zu einem Dienstleistungs- standort um. Unter dem Namen Oberbaum-City sind die vier denkmal- geschützten Fabrikblöcke zwischen 1997 und 2000 erneuert worden. Bei der Vermietung setzte die HVB auf Multimedia und kreatives Gewerbe, doch statt des erwartenden Interes- sentenansturms wehte zunächst nur ein schwacher Wind. Kurz nachdem 2001 mit der Firma Pixelpark endlich ein Ankermieter gefunden war, platzte an der Börse die Internet-Blase. Wie viele andere Unternehmen der New Economy musste auch der damalige Star des „Neuen Marktes“nach dem Crash Mitarbeiter entlassen und Büroräume aufgeben. Heute sind 84 Unternehmen in der Oberbaum-City ansässig, darunter viele Medien- unternehmen, Werbeagenturen und Software-Firmen.

Quirlig wie in einer wirklichen City geht es in der Oberbaum-City auch heute nicht zu. In der Mittagspause gehen die Beschäftigten in die Cafés und Bistros, doch nach Büroschluss und am Wochenende ist hier „tote Hose“. „Ab fünf Uhr ist hier nichts mehr los“, sagt ein Beschäftigter auf dem Weg zur U-Bahn. Die Oberbaum- City wirkt immer noch wie ein Fremd- körper am Rande des Rudolfkiezes, der sich seinen Charakter als ruhiges Wohngebiet bewahrt hat. Eine Durch- mischung findet – anders als bei Narva – kaum statt.

Auch der Touristenstrom bleibt auf seiner Protokollstrecke zwischen Wrangelkiez und Simon-Dach-Straße noch weitgehend auf der Westseite der Hochbahn. Der Rudolfkiez hat für die Szene relativ wenig zu bieten.

„Wo sollen die auch hingehen?“, fragt ein Anwohner. „Es gibt hier nur drei, vier Kneipen.“ Daran haben auch die beiden neuen Hotels, das „nhow“

am Osthafen und ein weiteres am Warschauer Platz nichts geändert.

Die Hotelgäste gehen in Mitte, in der Simon-Dach-Straße oder in Kreuzberg aus und lassen die Umgebung ihrer Unterkunft links liegen.

In die ehemalige „Höhere Webeschule”

am Warschauer Platz, die zuletzt einige Fakultäten der Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW) beher- bergte, ist im Frühling 2010 das Hostel „Plus Berlin“ eingezogen. Es möchte nach eigenem Anspruch „zu den besten Hostels Europas“ gehören und ist verhältnismäßig üppig ausge- stattet: Es hat einen Pool und eine Sauna, die alte Schulaula dient als Konferenzsaal. Die Betreiber sind

Für den ersten Bauabschnitt mit vier Gebäuden und 74 Wohnungen wird bereits die Tiefgarage gebaut. Der Bauherr verspricht, „höchste Klima- und Umweltschutzansprüche mit kompromisslosem Wohnkomfort“ zu kombinieren. Geworben wird mit nachhaltigen Baumaterialien, einer optimalen Dämmung, einer dreifachen Isolierverglasung, eine Solar- und Geothermieanlage, begrünten Innen- höfen und gehobenen Wohnungsaus- stattungen. Gehoben ist auch der Kaufpreis: Zwischen 2700 und 3000 Euro muss man für einen Quadrat- meter Wohnfläche aufbringen. Das sind zwar noch keine Luxuswohnun-

ganz auf internationales Publikum ausgerichtet – so sehr, dass sie auf der Internetseite einen verständlichen deutschen Text für entbehrlich halten.

Mit Stirnrunzeln liest man dort offen- sichtlich maschinell aus dem Engli- schen übertragene Sätze wie:„Am Abend vor der besten deutschen und italienischen Küche wie unsere restuarant Köche einen Sturm zu wählen.“

Zwei Blöcke weiter, zwischen Ehren- berg- und Lehmbruckstraße, wird nun eine große Freifläche bebaut, die zum Teil als Parkplatz diente. Es ist seit der Wende das erste Wohnungsbaupro- jekt im Viertel – und obendrein um- fangreich: Unter dem blumigen Fanta- sienamen„Lautizia“sollen hier in den nächsten Jahren insgesamt rund 260 Eigentumswohnungen errichtet wer- den. 14 einzelne siebengeschossige Häuser sollen das Karree einfassen.

gen, aber das Preisniveau hebt sich doch deutlich vom Rest des Rudolf- kiezes ab. Dem Bauherrn ist aber durchaus an einer Kommunikation mit den Nachbarn gelegen. So stellte er das Bauvorhaben auf einer Ver- sammlung im RuDi-Nachbarschafts-

„nhow”-Hotel, Lautizia-Baustelle: Die neuen Nachbarn des bodenständigen Rudolfkiezes wirken etwas abgehoben

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zentrum vor und sagte dort auf An- regung der Anwohner zu, entlang der Baustelle provisorische Straßenlater- nen aufzustellen – damit niemand stolpert.

Praktischerweise werden die künfti- gen„Lautizia“-Wohnungen durch ein Ende 2011 eröffnetes Selfstorage- Lagerhaus vom Lärm der Stralauer Allee abgeschirmt. Warum an dieser zwar lauten, aber doch sehr günstigen Lage mit Südausrichtung und Spree-

lauer Allee, die zuvor nur nach Stralau und Rummelsburg führte, wurde mit dem Bau dieser Brücke zur wichtigs- ten Straßenverbindung nach Süden.

Der Mauerfall änderte daran nichts, der stark zunehmende Autoverkehr machte das Wohnen an der Stralauer Allee noch unattraktiver.

Besserung ist nicht in Sicht: Wenn die Stadtautobahn A 100 bis zum Trepto- wer Park verlängert wird, gehört der Rudolfkiez zu den großen Verlierern.

Der Autostrom auf der Elsenbrücke wird noch einmal kräftig anwachsen und sich anschließend über die Stra- lauer Allee und den Markgrafendamm ergießen. Auch für die Modersohn- straße wird ein stärkerer Autoverkehr vorhergesagt. Die später vorgesehene Fortführung der A 100 zur Frankfurter Allee würde die Mehrbelastung zwar wieder reduzieren, doch ob dieser komplizierte Bauabschnitt mit Ost- kreuz-Untertunnelung jemals gebaut wird, steht in den Sternen.

Nach wie vor fast beschaulich ist es dagegen im Zentrum des Viertels. Wie in einem Dorf sind alle wichtigen Ein- richtungen um einen Anger versam- melt. Direkt am Rudolfplatz befinden sich die Schule, das Nachbarschafts- zentrum, die Kirche, die Kita und eine Kinderfreizeitstätte.

Die heutige Emanuel-Lasker-Ober- schule wurde von 1909 bis 1913 nach Entwürfen des Stadtbaurats Ludwig

Hoffmann gebaut. Die Dreiflügelan- lage ist auf dem trapezförmigen Grundstück wie ein barockes Schloss symmetrisch auf den Rudolfplatz ausgerichtet. Das viergeschossige Schulgebäude strahlt Würde aus, obwohl Sparsamkeit den Bauherren leitete: Der Magistrat versuchte, mög- lichst viele kommunale Einrichtungen auf dem städtischen Grundstück unterzubringen. Das nördliche der beiden Inspektorenhäuser war das Rektorenwohnhaus, im südlichen Gegenstück residierte der Revier- Inspektor der städtischen Gaswerke und die Steuerannahmestelle. Nach dem Krieg hatte dieses Gebäude als Ausgabestelle für Lebensmittelkarten und als Standesamt wichtige öffent- liche Funktionen. Später beherbergte es den Schulhort und den Hausmeis- ter, zeitweilig wurden die Räume auch für den Unterricht genutzt. Ab 1998 stand das Gebäude leer, bis 2004 das RuDi-Nachbarschaftszentrum einzog.

Das RuDi ist eine feste Größe im Kiez.

Es wurde 1994 in einem ehemaligen Gemüseladen Am Rudolfplatz 5 ge- gründet und wurde schnell zur Zentrale für Initiativen aller Art. Nach dem Um- zug ins Inspektorenhaus wuchs auch das Angebot deutlich. Es gibt Gitarren- kurse, Tanz- und Sportgruppen, Com- puterlehrgänge für Senioren, Rechts- beratungen zum Arbeitslosengeld II und zu Rentenfragen, Lesungen, Kaba- rettveranstaltungen und Kunstaus- stellungen. Seit 2002 wird hier jähr- lich der Ostkreuz-Literaturwettbe- werb ausgetragen. Außerdem hat die Redaktion des Stralauer Webmaga- zins„Kultstral“im RuDi ihren Sitz.

Die Zwinglikirche markiert mit ihrem hohen Turm die Mitte des Rudolf- kiezes. Das 1905 bis 1908 gebaute blick eine kahle, fast fensterlose

Blechkiste zum Lagern überschüssi- gen Hausrats gebaut wurde, bleibt wohl das Geheimnis des Investors.

Zur Hauptverkehrsstraße ist die Stra- lauer Allee erst nach dem Mauerbau geworden. Die Elsenbrücke wurde erst in den 60er Jahren gebaut, weil mit der Abriegelung der Oberbaum- brücke Treptow vom Rest Ost-Berlins ziemlich abgeschnitten war. Die Stra-

Was bedeuten eigentlich die drei großen Buchstaben„AUS“? Das fragt sich manch einer, der an der Einmün- dung der Persius- in die Corinthstraße vorbeikommt. Die Antwort findet man auf der anderen Seite der Straße. Dort liegen die Buchstaben„LAND“. Zu- sammen bilden sie das Kunstwerk

„AUS LAND“von Karin Rosenberg, die 2004 den Wettbewerb zur Umge- staltung des Persiusplatzes gewann.

Die größere Teilfläche des von der Straße durchschnittenen Platzes ist mit einem Textband eingefasst, auf dem typische Berliner Straßenbäume aufgelistet sind, die ursprünglich nicht hier wuchsen, sondern vor Jahrhun- Buchtipp:

Martin Wiebel, East Side Story – Biographie eines Berliner Stadtteils, Antje Lange Verlag, Berlin 2004, 128 Seiten, 9,90 Euro

Botanische Paralelle

derten nach Deutschland eingeführt worden sind. Mit den„botanischen Ausländern“, die in Berlin längst heimisch sind, zieht die Künstlerin eine Parallele zur Debatte um Ein- wanderung und Integration.

Wichtigste Verkehrsachse Richtung Süden:

die Stralauer Allee

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Gotteshaus wird jedoch schon lange nicht mehr kirchlich genutzt. Zwischen 1978 und 1993 war das Kirchenge- bäude an die Staatsbibliothek als Archiv verpachtet. Nach einer Reno- vierung wurde die Kirche ab 1995 für zwei Jahre wieder für Gottesdienste genutzt, anschließend stand sie leer.

Im Jahr 2007 haben einige idealisti- sche Anwohner den Verein„Kultur Raum Zwinglikirche“gegründet, um den imposanten Bau aus dem Dorn- röschenschlaf zu wecken. Seither finden in dem beeindruckenden Innenraum der Kirche unregelmäßig Ausstellungen, Lesungen, Filmvor- führungen und Konzerte statt. Auch als Drehort für einen Kinofilm dienten die heiligen Hallen schon.

Seit 20 Jahren gibt es für die jungen Bewohner des Rudolfkiezes „Die Nische“. Die Freizeiteinrichtung will den Stadtkindern von 6 bis 14 Jahren vor allem die Natur nahebringen. Auf dem großen Gelände gibt es einen

waren die Attraktionen der Nische, doch nach einer Krankheit des Zie- genbocks wurden die Tiere abgege- ben. Die finanzielle und personelle Situation der Nische ist „sehr fragil“, so Matthias Barthmann.

In den zwei Jahrzehnten seiner Tätig- keit konnte Barthmann beobachten, wie sich die Bewohnerschaft des Rudolfkiezes verändert hat.„Eine ge- wisse Gentrifizierung hat es hier schon gegeben“, so Barthmann. Hartz-IV- Familien sind in den letzten Jahren oft in Plattenbauten am Stadtrand gezogen. Auch der Einzugsbereich der Nische ist größer geworden. Es kommen nun mehr Kinder aus Stralau und dem Boxhagener Kiez, neuerdings auch welche aus Kreuzberg, die auf die Emanuel-Lasker-Oberschule gehen und nach Unterrichtsschluss in der Nische vorbeischauen.

Auch Erwachsene suchen die Nähe zur Natur. Seit 2007 gibt es auf dem Grundstück Lasker-/Bödiker-/Persius- straße den Bürgergarten Laskerwiese.

Auf dem bezirkseigenen Gelände sind 36 kleine Parzellen angelegt, auf denen Anwohner nach Belieben Kopfsalat oder Erdbeeren anpflanzen können. Drei Jahre lang hatten sich die engagierten Kiezgärtner um die Brache bemüht. Schließlich haben sie einen Verein gegründet und mit dem Bezirk einen Vertrag über die kosten- lose Nutzung der Fläche geschlossen.

Erstaunlich wenig Einfluss auf den Rudolfkiez hat die Entwicklung des Osthafens. Die begann 2002, als der Musikkonzern Universal seine Deutschland-Zentrale im ehemaligen Eierkühlhaus unterbrachte. Zwei Jahre später bezog Fernsehsender MTV ein altes Speichergebäude. Seit 2006 legen in dem 1913 eröffneten Hafen keine Schiffe mehr an. Das 1,4 Kilo- meter lange Gelände zwischen Ober- baum- und Elsenbrücke ist seitdem als Teil der„Mediaspree“zur Bebau- ung freigegeben. Die Initiative „Media- spree versenken“hat zwar 2008 mit einem Bürgerentscheid durchgesetzt, dass das Spreeufer öffentlich zugäng- lich bleibt, Neubauten mindestens 50 Meter Abstand vom Ufer halten müssen und maximal 22 Meter hoch sein dürfen, doch der entsprechende

Bebauungsplan ist immer noch nicht festgesetzt und es wird munter ge- baut – zum großen Teil in Wider- spruch zum Bürgerentscheid.

Den krassesten Verstoß markiert das 2010 eröffnete„nhow“-Hotel. Das Vier-Sterne-Hotel des spanischen NH- Konzerns mit seinem überragenden Mittelteil steht mit zehn Metern Ab- stand viel zu nah am Ufer, und der massive Baukörper überschreitet auch die per Bürgerentscheid beschlossene Maximalhöhe von 22 Metern. Auch das benachbarte Projekt des Bau- konzerns Hochtief, in das die Berlin- Vertretung von Coca-Cola einziehen

www.rudizentrum.de www.kulturraum- zwinglikirche.de www.die-nische- berlin.de

www.laskerwiese.blog spot.de

Garten mit Blumenbeeten, einer Kräuterspirale und einem Teich-Bio- top, außerdem ein Baumhaus, eine Lagerfeuerstelle und vieles mehr. Die Tierhaltung musste im letzten Jahr leider aufgegeben werden. Die Ziegen, Kaninchen und Meerschweinchen

soll, sowie der geplante Bau eines Luxuswohnhauses mit 59 Wohnungen werden bis auf zehn Meter an die Spree heranrücken. Am Ostende des Hafens stockt der Bauboom hingegen.

Die „Mediaspree“ hat noch weniger Berührungspunkte mit dem Rudolf- kiez als die Oberbaum-City. „Ich sehe hier nie Mitarbeiter der Osthafen- Firmen“, sagt Frank Zielske, Leiter des RuDi-Nachbarschaftszentrums. Augen- fällig ist nur die tagsüber veränderte Parkplatzsituation. Weil die Firmen an der Spree keine Parkplätze haben, stellen die Angestellten ihre Autos in den Seitenstraßen ab. Nach Feierabend und am Wochenende ist für die Kiez- bewohner die Parkplatzsuche hinge- gen so einfach wie vor der Firmen- ansiedlung auf dem Hafengelände.

Allen Veränderungen zum Trotz hat der Rudolfkiez immer noch viel von einer Kleinstadt, meint auch Matthias Barthmann. „Man kennt sich hier, man weiß, wo der andere wohnt. Das ist eine Kiezatmosphäre, die man in anderen Vierteln nicht mehr kennt.“

Bauwerk mit Würde:

die 1913 fertiggestellte Emanuel-Lasker- Oberschule

Heute eine Halle der Kultur: die Zwinglikirche Die „Laskerwiese”

wird von engagierten Anwohner beackert FRIEDRICHsHAIN 2/12

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Kultur

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Zebrano-Theater

Kleinkunstperlenkette

durch das Abendprogramm subven- tioniert werden. Aber auch das Abend- programm ist – ohne jegliche öffent- liche Zuschüsse – kaum rentabel zu betreiben. 70 Prozent der Einnahmen gehen an die Künstler, nur 30 Prozent bekommt das Theater. „Da bleibt nicht viel übrig“, erklärt Aebli.

Doch das war nicht der Grund dafür, dass im Frühjahr 2011 die Schließung drohte. Der neue Hauseigentümer, eine schwedische Immobilienfirma, hatte die Miete fast verdoppelt. Trotz Protesten sowie Unterstützung aus dem Bezirksamt wurde die Mieterhö- hung nicht zurückgenommen.„Die Schließung wäre bitter gewesen, wir haben in den vergangenen Jahren so viel investiert an Aufbauarbeit und Geld“, sagt Hans-Kaspar Aebli. Buch- stäblich in allerletzter Minute – einige Requisiten waren bereits verkauft – kam die Rettung: Bei einer Abschieds- vorstellung bot ein Stammbesucher an, zwei Jahre lang die Differenz zur bisherigen Miete zu übernehmen. In dieser Zeit soll ein Verein aufgebaut und über die Mitgliedsbeiträge der Betrieb auf sichere Füße gestellt wer- den. 61Mitglieder gibt es bereits, mindestens 100 braucht man aller- dings, um den Betrieb mittel- und langfristig zu sichern. Der Verein ist als gemeinnützig anerkannt, somit sind die Mitgliedsbeiträge – schon ab 30 Euro jährlich ist man dabei – steu- erlich absetzbar. Wer das Kieztheater unterstützen möchte, kann aber auch freiwillig mitarbeiten, etwa an der Abendkasse, bei der Beleuchtung oder beim Verteilen von Flyern.

Die benachbarte „Zebrano Bar”, nach der sich das Theater benannt hat, ist übrigens völlig eigenständig. Dennoch pflegt man eine gute Zusammen- arbeit. So wurde vor einigen Jahren ein Durchgang geschaffen und seit- dem benutzen die Theaterbesucher die dortigen Toiletten. Auch der Ein- lass ins Theater erfolgt über die Bar.

Mit dem Standort am Ostkreuz sind die Theatermacher auch sonst sehr zufrieden. Die Anbindung an die S- Bahn ist hervorragend, längst hat man Publikum aus ganz Berlin. „Wir möchten hier noch viele Jahre lang ein gutes Programm machen“, so Aebli.

Das kleine Zebrano- Theater hat ein besonderes Programm und eine besondere Atmosphäre

Seit sieben Jahren gibt es an der Sonntag-, Ecke Lenbachstraße ein kleines, feines Kieztheater. Mit seinem hochkarätigen Pro- gramm, einer Mischung aus Kabarett, Chanson und Lesebühne, hat es sich längst über die Bezirksgrenzen hinaus einen Namen gemacht. Nachdem man vor genau einem Jahr wegen einer Mieterhöhung vor dem Aus stand, sieht es nun wieder besser aus für das Zebrano-Theater.

lisch-literarisches Entertainment. Es schlägt einen Spagat von Slam Poetry über Lesebühnenstars bis hin zu jun- ger deutscher und internationaler Literatur. Wenn an jedem ersten Sonn- tag im Monat Sebastian Krämer den Club „Genie und Wahnsinn“mode- riert, wird es fast immer voll. Stolz ist man auch auf Berlins erste „Unplug- ged-Lesebühne“.

Das zweite, ebenso wichtige Stand- bein ist das Kinderprogramm. Unter der Woche kommen Kita- und Schul- gruppen zu „Kaspertheater Wunder- Gerade einmal 60 Plätze fasst der Zu-

schauerraum. Die intime Atmosphäre ist für Besucher und Künstler etwas ganz Besonderes. Daher halten auch deutschlandweit bekannte Künstler, die längst größere Säle füllen, dem Zebrano-Theater die Treue. Dazu ge- hören beispielsweise Sebastian Krä- mer, der das Theater mitgegründet hat, der Kabarettist Horst Evers oder die Berliner Band „Dota, die Klein- geldprinzessin“.

„Unsere Idee war, ein musikalisch- literarisch ausgerichtetes Programm

auf die Beine zu stellen“, erklärt Hans-Kaspar Aebli, der das ehemalige

„Puppentheater am Ostkreuz“ im Jahre 2005 übernommen hat. Der gebürtige Schweizer will keine Anfän- ger auf seiner Bühne sehen, sondern die „Perlen der Kleinkunst“, wie er sagt: „Wir bekommen viele Anfragen von Leuten, die auftreten wollen, aber die meisten müssen wir ablehnen, weil wir großen Wert auf Qualität legen“. Das Zebrano-Theater bietet Hörspiele zum Hingucken, Lesungen mit bewegten Bildern und musika-

horn“oder dem Kindertheater-Ensem- ble„Silflay“. An den Wochenenden sind die Vorstellungen für alle offen.

„Das Kindertheater läuft gut, aber die Einnahmen sind viel zu niedrig“, be- richtet Aebli. Nach wie vor wohnen viele einkommensschwache Familien im Quartier rund ums Ostkreuz – für sie sind Eintrittspreise von 3 bis 4,50 Euro pro Kind kein Pappenstiel. Zudem, so Aebli, würden die Preise durch die staatlich geförderte Konkurrenz, vor allem die Alte Feuerwache, gedrückt.

Das Kinderprogramm muss daher Zebrano-Theater

Sonntagstraße 8

29 04 94 11 www.zebrano- theater.de

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Am Rande

Service

Sanierungsverwaltungsstelle des Bezirksamts Friedrichshain- Kreuzberg

www.sanierung-friedrichshain.de Yorckstr. 4 -11, 4. Etage,

Zimmer 414-425, 10965 Berlin Herr Eccarius

902 98-35 20 (Traveplatz/Ostkreuz), Frau Kipker

902 98-37 82 (Warschauer Straße) Sprechzeiten:

Dienstag und Donnerstag 9 bis12 Uhr

ASUM

Angewandte Sozialforschung und urbanes Management www.asum-berlin.de;

E-Mail:

helenenhof@asum-berlin.de

• Helenenhof/Sonntagstr. 21, 10245 Berlin

293 43 10

Mittwoch 15 bis 18 Uhr, Rechtsberatung: Montag16 bis 18 Uhr und Dienstag 9 bis11Uhr

• FRIEDA-Frauenzentrum/

Proskauer Straße 7, 10247 Berlin

293 43 10

Rechtsberatung: Mittwoch 15 bis18 Uhr und Freitag 9.30 bis 12.30 Uhr

(Terminvereinbarung erforderlich)

BSM Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung

www.bsm-berlin.de; E-Mail:

sanierung@bsm-berlin.de Katharinenstraße 19-20, 10711Berlin

896 003-0

Sprechzeiten: nach Vereinbarung Bürgerverein

Travekiez-Ostkreuz e.V.

Informationen dazu bei Rolf

Tramp,

503 05 40

Kontakt Travekiez-Ostkreuz e.V.

E-Mail: info@traveplatz-berlin.de Stadtteilbüro Friedrichshain stb-fhain@gmx.de

Warschauer Straße 23, 10243 Berlin

29 77 23 91

Jeden Mittwoch 15 bis 18 Uhr Sprechstunde des Veranstaltungs- pools Friedrichshain/Anfragen für Raumnutzung in der Warschauer Straße 23

Allgemeine Sprechstunde:

Montag und Donnerstag 17 bis 19 Uhr

Berliner Mieterverein e.V.

www.berliner-mieterverein.de E-Mail:

bmv@berliner-mieterverein.de Jessnerstr. 4,10247 Berlin (gegenüber Ring-Center) U-/S-Bhf. Frankfurter Allee

226 26-0

Mieterberatung: Montag 10 bis 12, 17 bis 19 Uhr, Dienstag 17 bis 19 Uhr, Mittwoch 10 bis 12, 17 bis 19 Uhr, Donnerstag 17 bis 19 Uhr, Freitag 15 bis17 Uhr sowie nach Terminvereinbarung

Unabhängige Bürgerinitiative KLiZ e.V./Mieterladen Kreutzigerstraße 23, 10247 Berlin

74 07 88 31

Mieterberatung: Montag 18 bis 20 Uhr, Donnerstag 19 bis 20 Uhr ALG I + II und Rentenberatung mit Rechtsanwalt

jeden 3. Mittwoch 19 bis 20 Uhr, bitte telefonisch voranmelden Samariterkiez e.V.

Treffen: jeden ersten Mittwoch im Monat, 19.30 Uhr beim TuBe e.V. in der Schreinerstraße 9, 10247 Berlin

Was steckt dahinter?

Rekultivierung einer Ruine

Zwischen Autohäusern, Industriebaracken und Bahngebäuden hat in der Laskerstraße 5 vor einigen Monaten ein Kino eröffnet.

Hinter dem schlichten einstöckigen Gebäude verbergen sich aber neben zwei Vorführungssälen und einem Open-Air-Kino auch ein Biergarten, ein Kellerclub, eine Brauerei und eine Galerie – und damit sind die vielen Möglichkeiten dieses spannenden Ortes noch lange nicht erschöpft.

Von außen macht die Baracke in der Nähe des Ostkreuzes nicht viel her.

Vor dem Flachbau aus DDR-Zeiten stehen ein paar Tische und Bier- bänke, das Grundstück wirkt unauf- geräumt und alles ein bisschen im- provisiert. Wer hineingeht, betritt eine Kneipe, in der man vor oder nach dem Film noch ein Bier trinken kann – auch das nichts Ungewöhn- liches. Doch das weitläufige Gelände, das sich dahinter versteckt, gehört zweifellos zu den„letzten interessan- ten Orten der Stadt“, wie die Betrei- ber stolz vermelden.

Es ist eine Art Ruinenlandschaft mit Mauerresten und dazwischen meh- rere Freiflächen, darunter auch ein verwilderter Garten mit Bäumen. Hier soll demnächst ein Biergarten ent- stehen. Spätestens zur EM kann man dann Fußballspiele mit Live-Kommen- tar sehen, es wird gegrillt und abends gibt es ein Lagerfeuer. In einer ande- ren Ecke wurde Berlins einziges Rui- nenkino, das„Pompeji“, eingerichtet, das bereits seit Anfang Mai bespielt wird. In Planung ist außerdem ein Freilufttheater.

DasProjekt gehört zu den Tilsiter Lichtspielen.„Wir waren schon lange auf der Suche nach einem weiteren Standort, denn die Richard-Sorge- Straße ist schon ein bisschen abgele- gen“, erzählt Werner Gladow vom Tilsiter-Kollektiv. Eher zufällig ist man dann auf das heruntergekommene Grundstück in der Lasker Straße ge- stoßen. Zu DDR-Zeiten befand sich hier das Zentrallager des Filmverleihs

„Progress“, im Jahre 2003 bezog der Techno-Club „Ministerium für Ent- spannung“ die Räumlichkeiten. Nach einem Brand im Jahre 2009, bei dem große Teile des Gebäudes zerstört wur- den, stand es leer. Im Frühjahr 2011 schließlich mieteten die Kinobetreiber die Räume von dem Privateigentümer.

Mit dem Ausbau kamen nach und nach jede Menge weiterer Ideen.

Demnächst soll hier Bier gebraut werden, die Kessel und andere Gerät- schaften stehen schon bereit. Im Keller wurde der Club „Tiefgrund“

sowie einige Probenräume für Bands eingerichtet und im so genannten Bildersaal werden wechselnde Aus- stellungen gezeigt.

FRIEDRICHsHAIN 2/12

„Einer der letzten interessanten Orte der Stadt“

Kino Zukunft Laskerstraße 5

0176-657 86 10 79 www.kino-zukunft.de

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