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Diese Drücke treffen die Schülerinnen und Schüler gleichermaßen wie die Lehrpersonen

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Academic year: 2022

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Hans Walser, Frauenfeld

Stoffdruck Der Anlass

Anlass zu den folgenden Überlegungen waren Klagen, welche von Kolleginnen und Kollegen wiederholt angesichts bevorstehender Änderungen der schulischen Rahmen- bedingungen geäußert wurden: Verkürzung der Schuldauer, Abbau der Lektionenzahl im eigenen Fach, um neuen Unterrichtsformen oder frei wählbaren Schwerpunktsfä- chern Platz zu machen, Forderungen von außen, dies und jenes als dringend wünschbar zusätzlich in den Unterricht aufzunehmen und wohl auch der Wunsch, persönlich be- vorzugte Themen den Schülerinnen und Schülern nahezubringen. Diese Klagen kristal- lisieren gelegentlich in Resolutionen, offenen Briefen an zuständige Behörden und so- gar Klagen in Leserbriefen in Tageszeitungen. Die Klagen sind schulstufenübergrei- fend, indem jede Stufe der abgebenden Stufe vorwirft, sie „leiste nichts mehr“ und um- gekehrt der übernehmenden Stufe überrissene Ansprüche unterstellt.

Ich konnte diese oft in larmoyantem Ton vorgetragenen Klagen nie ganz ernst nehmen.

Es ist ja so, dass ein voller Terminkalender und der daraus resultierende Zeitmangel in vielen Kreisen als Statussymbol gilt und daher eifrig gepflegt wird. Mit solchen eher zynischen Bemerkungen ist allerdings denjenigen Kollegen und Kollegen nicht gehol- fen, welche den Stoff- und Zeitdruck ernsthaft und bedrohlich empfinden.

Es geht auch anders

Eine gute Lehre für den Umgang mit dem „Stoffdruck“ war für mich der Unterricht an einem Erwachsenengymnasium, wo für denselben Ausbildungsauftrag wie im Gymna- sium nur etwa ein Drittel der Lektionszahlen zur Verfügung stand.

Stoffdruck ist hausgemacht

Zunächst ist man der Meinung, „Druck“ komme von außen. Die Liste der „Drücke“ ist lang: Termindruck, Lektionendruck, Klausurendruck, Methodendruck, Instrumenten- druck, Innovationsdruck, Elterndruck, Erfolgsdruck, Lohndruck - sogar ein Stoffvaku- um kann als Druck empfunden werden. Diese Drücke treffen die Schülerinnen und Schüler gleichermaßen wie die Lehrpersonen. Stoffdruck ist aber hausgemacht.

Stoffdruck oder Souveränität?

Die naheliegende Lösung für den Umgang mit dem Stoffdruck liegt im Schlagwort:

„Beherrsche den Stoff oder der Stoff beherrscht Dich“. Dieses Schlagwort hat aber ei- nen allzu militärischen Beigeschmack.

Wichtiger und richtiger muss sein, dass wir unser Thema - in unserem Falle die Ma- thematik - mit Freude vertreten und uns damit identifizieren können. Unsere Schülerin- nen und Schüler sollten auch in diejenigen mathematischen Fragen und Problemstel-

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lungen miteinbezogen werden, welche uns persönlich beschäftigen.

Abstand nehmen

Gleichzeitig ist es wichtig, vom Stoff Abstand zu nehmen, um eine Übersicht zu ge- winnen. Dies kann zu einer Gratwanderung werden, mit Absturzmöglichkeiten auf bei- de Seiten: Die Übersicht kann durch eine zu schlechte, aber auch durch eine zu gute - vielleicht auch zu sehr akademisch angehauchte - Vorbereitung verstellt werden. Die

„Professionalisierung“ ist der Profession nicht immer förderlich. Aus einem gewissen Abstand heraus läßt sich auch besser unterscheiden, welche Teile des Stoffes wirklich ausbildungsrelevant sind und welche Teile sich als Übungsroutine automatisch ergeben.

Eine Stunde dauert sechzig Minuten

An vielen Schulen werden die Pausen nicht ernst genommen - sie werden minutenweise verkürzt, um möglichst viele Lektionen unterzubringen. Dies ist zunächst nur eine Äu- ßerlichkeit, aber doch auch ein Hinweis, wes Geistes Kind die Schule ist:

Die Qualität einer Schule wird an ihren Freiräumen gemessen Von Peter Hilton stammt die folgende Gegenüberstellung:

Mathematicians like to work

• without time constraints

• pursue an idea wherever it leads them

• consult other mathematicians, texts and papers

• choose their own problems

Test conditions for students: none of these freedoms.

Das Wort „Freiraum“ nimmt in der aktuellen Lehrplandiskussion - und daher auch in den aktuellen Lehrplanentwürfen - einen breiten Raum ein. Darin besteht aber auch eine Gefahr für die Freiräume: Sie werden verregelementiert oder wenigstens mit gutge- meinten Umsetzungshilfen versehen, so dass sie zu einem goldenen Käfig für Schüle- rinnen und Schüler wie auch Lehrpersonen werden können.

Mut zur Lücke

Weglassen ist eine Kunst. Umgekehrt besteht aber Kunst im Weglassen. Dies gilt auch für die Kunst des Unterrichtens. Falsche Vorbilder verleiten zu einem „Vollständig- keitswahn“. Solche falsche Vorbilder - teilweise längst verinnerlicht - sind vielleicht der akademische Lehrbetrieb an Universitäten, aber auch Lehrbücher, Kollegen und allenfalls Lehrpläne.

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Kein Wissenskonto

Schülerinnen und Schüler werden mit einem additiven Wissenskonto verwechselt - es wird befürchtet, dass eine Ausbildungslücke lebenslänglich als Fehlbetrag ausgewiesen wird. Ich hatte während einiger Jahre Gelegenheit, die Schülerinnen und Schüler unse- rer Schule zu betreuen, welche ein Jahr im fremdsprachigen Ausland an einer dortigen Schule - mit einem sehr unterschiedlichen Lehrplan - verbrachten. Viele dieser Schüle- rinnen und Schüler schafften nach ihrer Rückkehr problemlos den Anschluss an ihre Stammklasse.

„Der Geist ist kein Gefäß, das es zu füllen, sondern ein Feuer, das es anzufachen gilt“

(Plutarch).

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