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Die Bekenntnissformeln der Almohaden.
Von Ign. Ooldziher.
Muhammed ibn Tümart, der magribinische Mahdi, aus
dessen Propaganda die almohadiscbe Bewegung und Herrschaft
hervorging, hat — wie wir in unserer Abhandlung ZDMG. Bd. XLI
ausführlicher darlegten — für seine Anhänger mehrere 'Aklda-
formeln abgefasst. Unter anderen wird auch eine mit dem Namen
, Al-mursida' verbreitete 'Akida erwähnt, welche von der a. a. 0.
p. 72 mitgetheilten äj^^Jic verschieden sein soll (vgl.
p. 70). Hinsichthch dieser ,Mur^ida', deren Text weder im Pariser
Codex der Schriften des Mahdi , noch aus den historischen Quellen
nachgewiesen werden konnte, haben wir a. a. 0. p. 79 eine Ver¬
muthung gewagt, welche aber jetzt durch den sichern Text der
fraglichen Bekenntnissformel verdrängt wird.
Aus dem unlängst erschienenen II. Bde. von Ahlwardt's „Ver¬
zeichniss der arabischen Handschriften der königl.
Bibliothek zu Berlin' (1889) p. 438 Nr. 2062 konnten wir
erfahren, dass die Landberg'sche Hdschr. Nr. 598 am Bande fol. 18 a
enthält: L^' yi »JUi-Llj io^jtit 8l>-JUJ| .
Die Vermuthung, dass wir es in diesem „Glaubensbekenntniss des
Mohammed ben Tomä' mit der anderweitig unbekannten „Mur¬
sida* des Mahdi Ibn Tümart zu thun haben, erwies sich als
unzweifelhaft, als mir durch die Güte meines Freundes, Herm
Professors Gustav Jahn in Berlin eine genaue Abschrift zugäng¬
hch wurde.
Folgendes ist nun der Text der Mursida des Mahdi der Al¬
mohaden :
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iuLLa ^ S-=^t --^ 0)' o' (*J—• *K
1) Wegen dieses Wortes hat diese 'Akida wohl ihren Namen Mursida
erbalten.
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Goldzihery Die Bekenntnissformeln der Almohaden. 169
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j'Jo^t tÜj ^LS>5^t iüijÄL % JJixJl ^ >_äIX;^ ^. ^_Jt j ^^!>aij ^.
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.jct>Lsu iJJj JJSS\. ,.^=.^'1 j ^ J-J^i «J^L>
Hier scheint (wie auch Ahlwardt die Endworte angiebt) der
Schluss der Mursida zu sein; es schliesst sich aber daran mit der
Aufschrift »jcoUjl o«.jsO' (d. h. in der Vorlage des Abschreibers)
1) Cod. JX!. i) Cod. iUi». 3) Sure 6:59. 4) Cod. yi.
5) = Tnuhid, ZDMG. XLI p. 72 ult. ff. 6) Cod. — -«^ •-' ;
7) Cod. JJU.ÄJ.
170 (roldziker, Die Bekeantnisaformeln der Almohaden.
S- i
noch folgende Fortsetzung: Lü cy.cL.Jlj LiLisI \i>\ LiJ LX,->..«.»Jij
J.cb- L_^_^! yA ') LÜJ, LaäXc! Üc L;_^<J ^ Lo":JL*.j ^^XLc
O> - - w
Aju Üj.iXÄ/«j jAs" ^A 'i.st»- »t iJ-sJ! (jisLj^ j-i-*J'
0-kA"-*j>- »jltViu« *)^^•,L' i3 Lju*L>j jt"*^' ;S ^^äx-w^J «iS^Jö
^^Jl jt iLi ^.jt ySLXj jt iCi>.Av Lw« i^.jL' L« ^t Lotlu/ij ».äa» v_siJ|
^^^JLc ')Üj>.i^j ^•)L*Jj ^.jlJiLftJ' ».J ^^-jt^jj^j iiXxi ii5JJ .Jj' 'sj^s>-
\j-h.S ;A_s-l^5 i^Lj.c'^t j^Ai ^jlc- jfcX^t jjLwJ lL« oUa-wj Jat-iaJ!
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(JÖaj! Li3j.>- [jöjyA^ ^^ic tX^-tjj j-^aJt *)^»JIJ' lA=*t»j Q*»Jt
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OL>-^0 iVÄÄS» Lj^j Jw«»^*Jl yA *)^^^Jb>tj gJiJt ^-jX L>.jtj ^-J*Jt
' ^X<Jtj |._^t ^ LyJiV, jlXj x^j *) Lij_/ij J^t jLXi ^^Jlc
' ^A**i»t XA.S=Uflj «Jlj lX.».^ ÜiAaAV ^JLc jJJt (^^JLO, Mit dieser Mursida wären nun sämmtliche Bekenntnissformeln,
welche der almohadiscbe Mahdi seinen Anhängem vorlegte, zu
unserer Kenntniss gelangt. An der Identität der 'Aklda mit der
von den Historikern angedeuteten Rekenntnissformel ist nicht zu
zweifeln. Stil und dogmatische Haltung passen genau zu allem
Uebrigen, was uns von Mubammed ibn Tümart authentisch über¬
liefert ist. Die Mursida macht den Eindruck einer populären
Umschreibung der Taubid-'akida, deren abstracten Termini hier ver¬
mieden , und aus welcber hier mebrere Sätze — wie eine Ver¬
gleichung leicht einsehen lässt •— unverändert übernommen wor¬
den sind.
Wir benützen diese Gelegenbeit, um die in unserer früheren
Abhandlung geheferten Materialien durch einige Nachweise zu ver¬
vollständigen.
p. 60, Anm. 2. Was Al-Zurkäni von Al-Tirmidl anführt,
findet sich in des Letzteren Sahih fed. Büläk 1292) I p. in, vgl. II
p. If, Ivö.
p. 62, Anm, 2. ünter .Hanbaliten" versteht man in
späterer Zeit rigoros a s k'e t i s c h e Menschen. In eineni Epi¬
gramm gegen Hypokriten heisst es, .latimat al-dahr III p. ffv;
11 Cod. LÄii» . ü) Cod. iiiikliires Zoiclien. 'i) Cod. Üj-0»\.j, . 4) Cod. ,>.%JU3 . .")) Cod. <-J^i-'j . '■') Cod. Ui.^,.
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Goldziher, Die Bekenntrdsgformeln der Almohaden. 171
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Die Hanbaliten selbst nennen sich auch Jo^ÄXSl ^\ (wohl wegen
ihres Buchstabenglaubens): Houtsma, Catalogue Brül (1889)
nr. 911.
p. 72, 27. 28. Hier scheint eine Reminiscenz an Lebid
vorzuliegen, Mu'allaka v. 47 l^cLi ;j»~o^! viiou.*^. .
p. 126, 13, p. 127, 7: die Anwendung des Ausdrucks jüiis»
ist aus der Hadith-Literatur , zunächst Al-Buchäri, Fi tan nr. 13:
(j«LÜ! yA »Jlis» ^ lyjj Ül, Abu Däwüd (Kako 1280) II p. Ifl:
£ j:
jjwUJ! yA xJiis- 1^5*^-' '^^-^ 'S^ (j*LJt Joyb ^'W; qI ti5Lijj
^^Uj (*^'J_>-^ >^i^y J^. AI-Där imi (Cawnpore 1293) p. no:
j,.Aju.wJ! xiLl^y iüc>:=>- ^^yifjj li^l ^.j_j.^UaJl w^.S'Äj.
p. 126, Anm. 2. Das Hadith über ist sehr häufig zu
finden , am ausführlichsten Al-Tirmidl II p. Ivv ; dem hier an¬
geführten Wortlaut verwandter bei A b ü Däwüd II p. If I ; vgl.
bei Al-Sujüti, Itkän (Kairo 1278) II p. ff".. Als Gegensatz von
imän: Al-Nasä'i (Sahdra 1282) II p. fi ; ^wiJl j->JLjp>j ^
tJj! Juj: 3, c)^^b •
p. 139, Anm. 6. Vgl. Al-Buchäri, Fadä'il al-ashäb nr. 6
AI-Tirmidi II p. fi unten.
p. 140, 1 xilyÄj yiO<i\ v_)./to; vgl. Agäni XXI p. fof, 24
v-JjLiij yä_A.cj. Ibid. XX p. l.f, 11 muss demgemäss
»_>!_S^J der Ausgabe verbessert werden: ,.,LL>_iJ| o^ii i\s.
. ^ . . " f-TT.. L ) " • ^
xit^.^. Vgl. Sakt al-zand II p. tf) v. 4 und Schol. dazu.
Budapest.
S *
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Zu E. Glaser's „Skizze".
Von J. WeUhausen.
Zu den vorläufigen Mittheilungen E. Glaser's über den Inbalt
seiner lang erwarteten Skizze (Beilage zur Allg. Zeitung 1890
No. 30. 31) bemerke ich:
1) Nach Ibip al-Kalbl gehörten die Priester von Ruhät bei
.lanbu' den Banü Lihjän an. Daraus darf nicbt gescblossen werden,
dass noch in der Zeit kurz vor dem Islam, worauf Ibn al-Kalbl
sich bezieht, diese Gegend von den Banü Lihjän bewohnt wurde
— denn das widerspricht Allem, was wir sonst wissen. Die Er¬
scheinung ist in Arabien nicht selten, dass die Priesterfamilie eines
Heihgthums nicht zu dem Stamme gehört, in dessen Gebiet
gegenwärtig das Heiligthum liegt, sondern zu einem anderen, der
längst von dort verschwunden ist. Wie die Heiligthümer selber
nicht wandern, sondern an ihrer Stätte bleibend den Wechsel der
Bewohnerschaft überdauern, so konserviren sie auch ihre Inhaber,
die Priester, die auf diese Weise inmitten einer ihnen stammfremden neueu ümgebung als Rest irgend einer früheren Bevölkemngsschicht
erscheinen. Also würden die lihjänitischen Priester und Besitzer
des Götzen von Ruhät bei Janbu' lehren, dass ein altes Volk
Lihjän einst in der Harragegend gewohnt hat, von dem sie als
einzige Spur zurückgeblieben sind, und dass dies Volk nicbt jüdisch,
sondern heidnisch gewesen ist — wenngleich eine theilweise, zeit-
weihge Judaisirung nicht ausgeschlossen zu werden braucht.
2) Der südarabische Pürst, der Medina belagert haben soll,
wird von Glaser um 300 A. D. gesetzt. Ich glaube gezeigt zu
haben (Skizzen IV p. 7 sqq.) , dass der Zug des Tubba' etwa in
der Mitte des sechsten Jahrhunderts der christhchen Aera statt¬
gefunden hat. Abgesehen von den übrigen a. a. 0. aufgeführten
Gründen erwäge man den Vers des al-Härith b. Tzälim : „ich traute
euch zu, ihr Banü 'üdas, als ich bei euch einkehrte, ihr wäret
ebenso wie die Leute von Jathrib , die dem Tubba', als er mit
seinen Truppen zu ihnen kam, die beiden Männer von Jahdub nioht
auslieferten". Der Dicbter lebte gegen Ende des sechsten Jahr¬
hunderts ; ist es möglich, dass er hier an ein Jahrhunderte zurück¬
liegendes Ereigniss erinnert? Wer einigermassen mit dem arabischen
Alterthum Fühlung hat, wird die Frage verneinen.
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