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144 IP November/Dezember 2010 Schlusspunkt

Wir sind Europa

Doch warum wird das in Deutschland nicht erkannt?

In einer der vielen Diskussionen über die Jahrhundertfrage „deutsches Eu- ropa“ versus „europäisches Deutsch- land“ mit einem ungarischen Freund bekam ich unlängst um die Ohren ge- hauen, Deutschland sei doch längst Europa – mit den anderen Mitgliedern als Anhang. Das ist zwar krass formu- liert, aber aus der Perspektive des euro- päischen Auslands nicht ganz falsch.

Der europäische Osten hat sich zum ökonomischen Hinterhof Deutschlands entwickelt, während wir selbst im Bereich der Arbeitneh- merfreizügigkeit lange Übergangsfris- ten ausgehandelt haben. Der Süden, das Armenhaus Europas, ist von deut- scher Warte aus gesehen nur noch lästig; erstens kostet er zu viel und zweitens liegt die deutsche Handels- dynamik bei den BRIC- und nicht mehr bei den PIGS-Staaten. Gleichzei- tig ist Deutschland der größte Nutz- nießer von Binnenmarkt und Euro.

Für die kleinen Mitgliedsländer, vor allem Benelux, war es stets die beste Wahl, im Windschatten von Deutsch- land zu fahren.

Somit überrascht es, dass in Deutschland niemand wahrnimmt, weder die Presse noch die Politik, dass wir längst Europa sind. Warum füh- ren wir in Deutschland eigentlich genau die umgekehrte Debatte, fühlen uns von Europa als Zahlmeister per- manent ausgenommen, von den Grie- chen betrogen, von Brüssel allgemein über den Tisch gezogen? Meinem ma- gyarischen Freund ist schwer zu er- klären, dass Deutschland sich in eine

europäische Opferrolle begibt. Denn für den gesamten Rest Europas ist Deutschland gerade dabei, als Export- weltmeister auf dem Rücken der ande- ren Europäer einen riesigen Reibach zu machen und sich gleichzeitig poli- tisch aus der europäischen Verantwor- tung zu stehlen. Die Schieflage und Asymmetrie der Diskussion sind un- erträglich.

Deutschland ist autistisch gewor- den. Es hat seine Diskursfähigkeit im europäischen Raum aufgegeben, eben weil man die eigene Position nicht angemessen wahrnimmt. Berlin hat seine Sensibilität gegenüber der Aus- landspresse verloren. Das heißt nun nicht, dass man jeder Idee folgen muss, die aus Paris, Warschau, Den Haag, Budapest oder London kommt.

Aber dennoch sollte man diese Ideen in Deutschland hören und lesen kön- nen, man sollte wissen, wie und was dort gedacht wird. Und die Deutschen sollten wenigstens mitstreiten in die- ser internationalen Diskussion über die deutsche Rolle in Europa, die der- zeit in der Financial Times, dem Eco- nomist, der Gazeta Wyborska, Le Monde, El País und der New York Times stattfindet – aber eben nicht in der FAZ oder im Spiegel. Die anderen europäischen Partner haben eine klare Ansage verdient, was das neue Deutschland jetzt von und mit Europa will – welche Führung in Europa es zu übernehmen, welchen Preis für Europa es zu bezahlen bereit ist.

Dr. Ulrike Guérot leitet das Berliner Büro des European Council on Foreign Relations.

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