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Die neue EBM-Welt hat begonnen

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Academic year: 2022

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Leitartikel

Zu dem Zeitpunkt, da Sie diese Zeilen lesen, ist eine der größten Umwälzungen in der ver- tragsärztlichen Versorgung in Deutschland be- reits geschehen: Die neue Abrechnungsbasis für die Honorierung der ärztlichen Leistungen, der EBM 2000 plus, ist am 1. April in Kraft getreten. Wer dabei war, erinnert sich mit Schrecken an den Start des EBM im Jahr 1996: Die erstmals eingeführten Budgets ohne Mengenbegrenzungen sorgten für ein wahres Chaos, riefen wütende Ärzte-Proteste hervor und führten zu einer Verunsicherung in der Bevölkerung, ob die ärztliche Versorgung überhaupt noch aufrechtzuerhalten sei. Auch dieses Schreckensszenario war ein Grund da- für, dass aus dem EBM 2000 durch das Wört- chen „plus“ jetzt also ein EBM 2005 geworden ist. Was lange währt, wird endlich gut, sagt man. Doch dann gibt es da auch noch eine an- dere Weisheit des Alltags: Viele Köche verder- ben den Brei.

Ich gebe es offen zu: Ich war nicht ganz unbe- teiligt am Zustandekommen der neuen Hono- rargrundlage der niedergelassenen Ärzte.

Schließlich hatte ich jahrelang dafür geworben, dass auch in Deutschland in der ambulanten Medizin eine betriebswirtschaftliche Kalkula- tion der Leistungen Einzug halten müsse. Mit dem aus der Schweiz importierten Standard- bewertungssystem habe ich die Wurzel dessen gelegt, was heute als EBM 2000 plus firmiert.

Die Leistung bemisst sich dabei nach einem festen Kostensatz pro Minute. Und bereits hier beginnen die Probleme. Denn die Verhandlun- gen zwischen Kassenärztlicher Bundesvereini- gung (KBV) und den Spitzenverbänden der Krankenkassen gestalteten sich ausgesprochen schwierig. Böse Stimmen sprachen gar von ei- nem Geschacher im Stil eines arabischen Ba- sars. Der endgültige Wert pro Minute wurde schließlich mit 77,9 Cent vom Bewertungs-

ausschuss festgelegt. Je länger der Ausschuss tagte und sich immer wieder vertagte, umso weiter rückte man ab von der eigentlichen Zielsetzung einer soliden betriebswirtschaft- lichen Kalkulation, die im Idealfall den großen Wunsch von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, erfüllen sollte: keine Punktewährung mehr, sondern echte Euros für die geleistete Arbeit.

Erschwert wurden die Verhandlungen auf Bundesebene auch noch dadurch, dass naturge- mäß praktisch jede Arztgruppe sich in irgend- einer Form durch den neuen EBM benachtei- ligt fühlte und jeweils bei der KBV-Spitze mit Änderungswünschen vorstellig wurde. Die Wünsche wurden – so gut es geht – erfüllt. Wie nicht anders zu erwarten, führte in einem so hoch komplexem System jede kleine Änderung zu einer Kettenreaktion. Unzählige Versionen des EBM waren die Folge, was auch nicht ge- rade zu einer positiven Stimmung an der ärztlichen Basis beitrug. Auch wir Bayern waren nicht ganz unbeteiligt an so mancher Verzögerung in Sachen EBM: Mit wissen- schaftlichen Gutachten haben wir im vergan- genen Jahr nachgewiesen, dass die Kalkula- tionsgrundlage und insbesondere die eminent wichtigen Betriebskosten, die ein reales Abbild der Kostenstruktur in den Praxen der einzel- nen Fachgruppen liefern müssen, nicht ausrei- chend evaluiert waren. Der Erfolg unserer Bemühungen war, dass die KBV inzwischen den Auftrag für eine externe Validierung der Grundlagen des EBM vergeben hat und dass sichergestellt ist, dass eine laufende Aktualisie- rung erfolgt. Angesichts dessen kann man die Verzögerung von einigen Monaten gegenüber dem eigentlich geplanten Starttermin sicher hinnehmen.

Unsere zweite, immer wieder geäußerte Be- fürchtung – ich war mir an diesem Punkt mit meinem damaligen Vize übrigens absolut einig – galt den von der KBV favorisierten Lösun- gen zur Mengensteuerung der Leistungen via

Regelleistungsvolumina (RLV). Mit einem unausgegorenen, in der Praxis ungetesteten Mengenbegrenzungskonstrukt und gleichzeiti- ger Einführung eines EBM, dessen verschiede- ne „Nebenwirkungen“ sich auch erst heraus- stellen müssen, wäre man pfeilgerade in die Katastrophe gesteuert. Deshalb haben wir in Bayern im Einvernehmen mit den Kranken- kassen einen neuen Honorarverteilungsver- trag geschlossen, der dafür sorgt, dass wesentli- che Verwerfungen insbesondere zwischen den Fachgruppen ausbleiben werden. Unser Motto war: keine Experimente! Wenn der EBM läuft und seine Wirkung evaluiert ist, dann erst ist der richtige Zeitpunkt, neue Steue- rungselemente scharf zu schalten.

Das soll aber nicht heißen, dass wir in Bayern nicht auch den Mut hätten, innovative Ansät- ze auszuprobieren. So haben wir auf Wunsch von und in Abstimmung mit dem Berufsver- band der MRT-Radiologen einen anderen Weg der Mengenbegrenzung gewählt: Die rund 160 Praxen erhalten insgesamt ein fixes Budget, das der Größenordnung des vergange- nen Jahres entspricht. Sie werden so viele Leistungen erbringen, wie für einen Punkt- wert von 5,11 Cent möglich sind und wissen ganz genau, wo sie mit ihrer kalkulierten Menge jeweils stehen. Wenn die betreffenden Radiologen verantwortungsvoll und vernünf- tig mit diesem Instrument umgehen, dann könnte dieses durchaus ein Modell sein, das sich auch auf andere Gruppen übertragen lässt.

Bei allem Unmut über zusätzliche Bürokratie, unter anderem durch fünf- statt vierstellige Abrechnungsziffern, möchte ich Ihnen die Bot- schaft mit auf den Weg geben, dass der neue EBM auch eine Chance für Sie ist. Wenn alle niedergelassenen Ärzte auf das Anwerfen des berüchtigten Hamsterrads verzichten und sich auf eine wirtschaftliche, den Ansprüchen der Patienten gemäße Versorgung konzentrieren, dann wird es uns gelingen, den echten Leis- tungsbedarf transparent zu machen und eine Grundlage zu schaffen für eine morbiditäts- orientierte Vergütung ohne Budgets.

Die neue EBM-Welt hat begonnen

Dr. Axel Munte, Vorsitzender des Vorstands der KVB

Bayerisches Ärzteblatt 4/2005 235

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