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Abzug von Zinsen und Lizenzgebühren nach § 12 Abs 1 Z 10 KStG: ein Vergleich mit Art 4 der Anti-BEPS-Richtlinie der EU / eingereicht von Andreas Steinhofer, BSc

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JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich www.jku.at Eingereicht von Andreas Steinhofer, BSc Matrikelnummer: 01157556 Angefertigt am Institut für betriebswirtschaftliche Steuerlehre Beurteiler Univ.-Prof. Dr. Michael Tumpel Dezember 2017

Abzug von Zinsen und

Lizenzgebühren nach

§ 12 Abs 1 Z 10 KStG

Ein Vergleich mit Art 4 der Anti-BEPS-Richtlinie der EU

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Science

im Masterstudium

(2)

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Masterarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Masterarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

Linz, 13. Dezember 2017

______________________ Unterschrift

(3)

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ... 1

1.1. Problemstellung ... 1

1.2. Zielsetzung und Vorgehensweise ... 3

2. Forschungsmethodik ... 3

3. BEPS-Programm der OECD ... 4

3.1. Grundlegende Intention ... 4

3.2. Analyse der Ist-Situation ... 6

3.3. Schlüsselfelder bei der Eindämmung von BEPS... 8

3.4. Vorgeschlagene Lösungsansätze zur Bekämpfung von BEPS ... 11

3.5. Aktionspunkt 4 - Zinsabzug ... 16

4. Umsetzung in der EU – Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken ... 23

4.1. Zinsschranke - Grundtatbestand ... 23

4.2. Zinsschranke - Ausnahmen und Escape-Klauseln ... 24

4.3. Verfassungsrechtliche Bedenken in Deutschland ... 28

5. Derzeitige Rechtslage in Österreich ... 30

5.1. Tatbestandselemente des § 12 Abs 1 Z 10 KStG ... 31

5.1.1. Begriff der Zinsen und Lizenzgebühren ... 31

5.1.2. Zahlungsempfänger und Nutzungsberechtigter ... 32

5.1.3. Zugehörigkeit zu einem Konzern ... 33

5.1.4. Steuerbefreiung oder Niedrigbesteuerung ... 34

5.1.5. Ausnahme für Risikokapitalbeihilfen ... 36

(4)

5.3. Verfassungsrechtliche und unionsrechtliche Überlegungen ... 37

5.3.1. Das Leistungsfähigkeitsprinzip im Steuerrecht ... 37

5.3.2. § 12 Abs 1 Z 10 KStG im Lichte des Leistungsfähigkeitsprinzips ... 41

5.3.3. Die Grundfreiheiten der EU ... 43

5.3.4. § 12 Abs 1 Z 10 KStG im Lichte des Unionsrechts ... 44

5.4. Zusammenfassung der Ergebnisse und kritische Betrachtung... 49

6. Vergleich der beiden Systeme - Fallstudie ... 51

6.1. Derzeitige Rechtslage - § 12 Abs 1 Z 10 KStG ... 51

6.1.1. Grundfall mit Verdeutlichung des Zinsbegriffs ... 51

6.1.2. Lizenzzahlung und Konzernbildung durch einheitliche Leitung ... 52

6.1.3. Back-to-Back-Finanzierung und Finanzierungsgesellschaft im Niedrigsteuerland ... 54

6.2. Umsetzung in der EU – Anti-BEPS-Richtlinie ... 56

6.2.1. Ausgangssituation ... 56

6.2.2. Variante 1 – unbeschränkter Zinsabzug ... 57

6.2.3. Variante 2 – eingeschränkter Zinsabzug ... 61

6.2.4. Analyse und Zusammenfassung der Erkenntnisse ... 65

7. Kritische Betrachtung ... 66

8. Limitationen ... 68

(5)

Abkürzungsverzeichnis

AbgÄG 2014 Abgabenänderungsgesetz 2014 Abb Abbildung Abs Absatz AktG Aktiengesetz Art Artikel AVAB Alleinverdienerabsetzbetrag BEPS Base Erosion and Profit Shifting

BFH Bundesfinanzhof

bspw beispielsweise

bzw beziehungsweise

CFC-Rules Controlled Foreign Corporation Rules

DBA Doppelbesteuerungsabkommen

dEStG deutsches Einkommensteuergesetz

EB Erläuternde Bemerkungen

EBITDA Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization

EK Eigenkapital

EStG Einkommensteuergesetz

EU Europäische Union

EuGH Europäischer Gerichtshof FDI Foreign Direct Investments

GAAP General Accepted Accounting Principles

GE Geldeinheiten

gem gemäß

GG Grundgesetz (Deutschland)

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung

grds grundsätzlich

G20 Gruppe der Zwanzig

IFRS International Financial Reporting Standards

iHv in Höhe von

iVm in Verbindung mit

iZm in Zusammenhang mit

KSt Körperschaftsteuer

KStR 2013 Körperschaftsteuerrichtlinien von 2013

Lit Literat

Mio Millionen

(6)

oa oben angeführt

OECD Organisation for Economic Co-Operation and Development

Rdnr Randnummer

Rs Rechtssache

Rz Randzahl

SE Societas Europaea

sog so genannt

SPE Special Purpose Entity

TS Teilstrich

ua unter anderen / unter anderem

US United States of America

uU unter Umständen VfGH Verfassungsgerichtshof VwGH Verwaltungsgerichtshof Z Ziffer zB zum Beispiel

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Beispielhafte Darstellung zur Gewinnverlagerung in ein Niedrigsteuerland mittels

Fremdkapital innerhalb eines Konzerns. ... 17

Abb. 2: Grundfall zu § 12 Abs 1 Z 10 KStG ... 51

Abb. 3: Lizenzzahlungen und einheitliche Leitung ... 53

Abb. 4: Back-to-back-Finanzierung ... 55

(7)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zusammenfassung zu § 12 Abs 1 Z 10 KStG ... 49

Tabelle 2: Bilanzen des Musterkonzerns ... 57

Tabelle 3: Gesamtergebnisrechnung des Musterkonzerns... 58

Tabelle 4: Berechnung EBITDA ... 59

Tabelle 5: Anwendung Grundregel ... 59

Tabelle 6: Anwendung Group Ratio Rule ... 60

Tabelle 7: Anwendung Equity Escape Rule ... 60

Tabelle 8: Bilanzen des Musterkonzerns (Variante 2) ... 61

Tabelle 9: Gesamtergebnisrechnung des Musterkonzerns (Variante 2) ... 62

Tabelle 10: Berechnung EBITDA (Variante 2) ... 63

Tabelle 11: Anwendung Grundregel (Variante 2) ... 63

Tabelle 12: Anwendung Group Ratio Rule (Variante 2) ... 63

Tabelle 13: Anwendung Equity Escape Rule und Vortrag (Variante 2) ... 64

Formelverzeichnis

Formel 1: Fixed Ratio Rule ... 18

Formel 2: Group Ratio ... 20

Formel 3: Obergrenze Zinsabzug, wenn Group Ratio größer als Fixed Ratio ... 21

Formel 4: Equity Escape Rule ... 21

Formel 5: Fixed Ratio Rule (EU) ... 24

Formel 6: Group Ratio (EU) ... 25

Formel 7: Obergrenze Zinsabzug, wenn Group Ratio größer als Fixed Ratio (EU) ... 25

(8)

1. Einleitung

1.1. Problemstellung

Im Jahr 2013 veröffentlichte die OECD den Bericht Addressing Base Erosion and Profit

Shifting (BEPS), welcher in Zusammenarbeit mit den G20-Staaten erstellt worden war. Darin

wird ein grundlegendes Problem des internationalen Steuerrechts aufgegriffen. Die Entwicklung der Steuersysteme hält nicht Schritt mit der Entwicklung der Globalisierung.1 Eine einheitliche Besteuerung von Körperschaften existiert nicht.2 Dadurch können internationale Konzerne legal Regelungslücken nützen, um letztlich die Steuerlast zu minimieren. Die Besteuerung findet nicht immer dort statt, wo auch die Geschäftstätigkeit ausgeübt wird, die Wertschöpfung erzielt wird und die Infrastruktur bzw Humanressourcen genutzt werden. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht in der Besteuerung. Der Staat stellt Infrastruktur zur Verfügung, die gegenfinanziert werden muss. Werden Gewinne unabhängig von der Wertschöpfung ins Ausland verschoben, ist die Integrität des Steuersystems gefährdet.

Einige Faktoren begünstigen das Aushöhlen der Steuerbemessungsgrundlage und die Gewinnverlagerung durch Konzerne. Neben den Regelungslücken zwischen Einzelstaaten können noch der Steuerwettbewerb zwischen den Ländern und der mangelnde Informationsaustausch unter den Finanzverwaltungen genannt werden.3 Letztlich entsteht ein Anreiz für die Unternehmen, Steuersubstrat aus Staaten mit überdurchschnittlich hohem Körperschaftsteuersatz zu entziehen und die Überschüsse in so genannte „Steueroasen“ zu verschieben.4

Nach dem ersten Bericht hat die OECD im Jahr 2014 einen Aktionsplan mit 15 Punkten veröffentlicht, der als Vorschlag interpretiert werden kann, um BEPS entgegenzutreten.5 Einer dieser Punkte behandelt den steuerlichen Abzug von Zinsaufwendung bei verbundenen Unternehmen.6 Diesen Punkt griff die österreichische Regierung bereits auf

1 Vgl. Gillamariam/Binding, Base Erosion and Profit Shifting („BEPS”), DStR 2013, 1153. 2

Vgl. Ruppe, Grundzüge des internationalen Steuerrechts, in Doralt/Ruppe (Hrsg), Grundriss des österreichischen Steuerrechts. Band I11 (2013), 554.

3

Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze (abgefragt am 20. 4. 2017), 35.

4

Vgl. Loidl/Moshammer/Rosenberger, Base Erosion and Profit Shifting („BEPS“), SWK 2014, 744;

Desai/Foley/Hines, A Multinational Perspective on Capital Structure

Choice and Internal Capital Markets, The Journal of Finance 2004, No. 6, 2451.

5 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

23. 4. 2017), 1.

6 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 - 2016

(9)

und reformierte im Rahmen des AbgÄG 2014 den § 12 Abs 1 Z 10 KStG.7 Diese Regelung enthält ein Abzugsverbot für Zinsen und Lizenzgebühren bei verbundenen Unternehmen, sofern der Empfänger einer Niedrigbesteuerung unterliegt.

Im Jahr 2016 setzte auch die Europäische Union Teile des BEPS-Berichts um. Am 12. Juli 2016 beschloss der Rat der EU die Richtlinie mit Vorschriften zur Bekämpfung

von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts (kurz: Anti-BEPS-Richtlinie). Diese stellt einen Versuch dar, innerhalb des

EU-Binnenmarktes BEPS entgegenzutreten. Sie ist Bestandteil des sog Anti Tax Avoidance

Package.8 Die Anti-BEPS-Richtlinie adressiert auch den steuerlichen Zinsabzug im Konzern, nämlich mittels einer Zinsschranke. Der Nettozinsaufwand soll bis 30 % des EBITDA abzugsfähig sein.9 Ergänzt wird die Regelung durch diverse Ausnahmebestimmungen. Die Zinsschranke ist grundsätzlich bis 31. Dezember 2018 in allen Mitgliedsstaaten umzusetzen. Bestehen jedoch bereits Regelungen mit ähnlicher Wirkung, verlängert sich diese Frist um 5 Jahre.10

Sowohl die aktuelle Rechtslage in Österreich als auch die Zinsschranke geben Anlass zu einer näheren Betrachtung.11 Speziell die Zinsschranke wird sich nicht unerheblich auf den EU-Binnenmarkt und seine Unternehmen auswirken. Schließlich verwehrt sie den steuerlichen Abzug von Zinsaufwendungen und setzt das objektive Nettoprinzip außer Kraft. In der Literatur werden dazu verfassungsrechtliche Bedenken geäußert.12

7

Vgl. Peyerl, Das neue Abzugsverbot für Zins- und Lizenzzahlungen im Konzern, ÖStZ 2014, 223.

8 Vgl. Kofler, Konzernsteuerrecht im Umbruch?, Von BEPS (OECD) zur Anti-BEPS-RL (EU) in Kirchmayr ua

(Hrsg), Anti-BEPS-Richtlinie: Konzernsteuerrecht im Umbruch?1 (2017), 14.

9 Vgl. Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von

Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts (Anti-BEPS-Richtlinie), Art 4 Abs 1.

10 Vgl. Anti-BEPS-Richtlinie, Art 11 Abs 1.

11 Vgl. Schwarz, Zur Notwendigkeit einer Zinsschranke: Empirische Befunde und Probleme, IStR 2008, 11. 12 Vgl. München/Mückl, Die Vereinbarkeit der Zinsschranke mit dem Grundgesetz, DStR 2014, 1469;

Wimpissinger, Ist die Nichtabzugsfähigkeit von Zinsen und Lizenzgebühren nach § 12

(10)

1.2. Zielsetzung und Vorgehensweise

Die folgenden Forschungsfragen sollen beantwortet werden:

• Wie ist die aktuelle Rechtslage in Österreich bezüglich des steuerlichen Abzugs von Zinsen und Lizenzgebühren bei verbundenen Unternehmen?

• Wie stellen sich im Vergleich dazu die Regelungen der Anti-BEPS-Richtlinie der EU dar?

• Wie wirken sich die jeweiligen Regelungen auf die Unternehmen aus? • Wie ist die Zinsschranke aus rechtpolitischer Sicht zu beurteilen?

Die Struktur dieser Arbeit stellt sich wie folgt dar. Zunächst wird das BEPS-Programm der OECD näher betrachtet – speziell Aktionspunkt 4 zum Zinsabzug. Danach folgt die Beschreibung der Umsetzung dieses Aktionspunkts durch die Anti-BEPS-Richtlinie in der EU. Die Zinsschranke wird analysiert und untersucht, auch im Hinblick auf verfassungsrechtliche Bedenken in Deutschland. Das folgende Kapitel behandelt die aktuelle Rechtslage in Österreich. Der § 12 Abs 1 Z 10 KStG wird in die einzelnen Tatbestandselemente zerlegt und ausgelegt. Anschließend wird auch dieses Zinsabzugsverbot einer verfassungsrechtlichen bzw. unionsrechtlichen Beurteilung unterzogen. Das Kapitel 6 vergleicht schließlich die beiden Systeme mittels einer Fallstudie. Dadurch wird die Steuerwirkung veranschaulicht. Das Ziel ist, Aussagen zu den Konsequenzen der Besteuerung für die Unternehmen und deren Entscheidungen zu treffen. Dies mündet in einer abschließenden, kritischen Betrachtung.

2. Forschungsmethodik

In dieser Arbeit kommen im Wesentlichen zwei Methoden zur Anwendung. Neben der allgemeinen juristischen Auslegungslehre wird eine Fallstudie zur Steuerwirkung erstellt.13 Die betriebswirtschaftliche Steuerwirkungslehre findet dabei Anwendung.14 Eine Fallstudie zeigt grundsätzlich Liquiditäts-, Rentabilitäts- und organisatorische Wirkungen auf. Die steuerlichen Rahmenbedingungen stellen die Ursache dar, die sich auf die Zielerreichung von Unternehmen auswirkt. Die gewählte Forschungsmethode erhebt dahingehend einen

13 Vgl. Djanani/Pummerer, Methodologische Grundlagen, in

Bertl/Djanani/Eberhartinger/Hirschler/Kanduth-Kristen/Kofler/Tumpel/Urnik (Hrsg), Handbuch der österreichischen Steuerlehre, Band I, Teil 14 (2015), 1.

(11)

Erklärungsanspruch, nicht jedoch einen Prognoseanspruch.15 Das bedeutet, dass die Wirkung der steuerlichen Rahmenbedingungen auf das Unternehmen untersucht wird, ohne konkrete Vorschläge zur Problemlösung zu machen.

Die Fallstudie basiert auf vereinfachten Annahmen, um der komplexen Realität zu begegnen und die für dieses Thema wichtigsten Parameter herauszufiltern. Anhand eines Musterkonzerns wird die Zinsschranke dargestellt. Durch die Veränderung einzelner Parameter werden verschiedene Varianten ausgearbeitet, die letztlich einen Einblick in die Funktionsweise der Zinsschranke geben und die zuvor erarbeiteten Aussagen unterstreichen.

3. BEPS-Programm der OECD

3.1. Grundlegende Intention

Die G20-Staaten haben 2012 die OECD mit der Erstellung eines Berichts zur Aushöhlung von Steuerbemessungsgrundlagen und der Verschiebung von Gewinnen zwischen verschiedenen Staaten durch multinationale Konzerne beauftragt.16 Dieser wurde 2014 publiziert. Generell definiert das Papier das Problem und grenzt es ein. Zudem versucht die OECD erste Lösungsansätze aufzuzeigen, die in weiterer Folge mittels themenspezifischer Analysen vertieft werden.

Die Globalisierung beeinflusst und verändert das Wirtschaftsleben in vielerlei Hinsicht. Eine Integration der Volkswirtschaften ist zu beobachten und die Freiheit von Kapital-, Güter-, Dienstleistungs- und Personenverkehr nimmt zu. Dadurch sind viele weltweit agierende Konzerne entstanden und gewachsen, die globale Wertschöpfungsketten bilden. Dies hat zur Folge, dass der Ort der Produktion von Gütern nicht immer ident ist mit dem Ort des Konsums. Die Wertschöpfung findet oftmals fragmentiert statt, da sich Produktionsschritte über den gesamten Globus verteilen.17 Jedoch entwickeln sich die Steuersysteme nicht mit der Globalisierung entsprechend mit. Die Besteuerung von Körperschaften folgt verschiedenen Systemen.18 Auch bei den Doppelbesteuerungsabkommen existiert kein einheitlicher Weg der internationalen Gemeinschaft.19 Dadurch sind Regelungslücken

15 Vgl. Djanani/Pummerer in Bertl ua, 11.

16 Vgl. Steiner, Neuer OECD-Bericht „Addressing Base Erosion and Profit Shifting, SWI 2013, 150. 17 Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze

(aufgerufen am 20. 4. 2017), 31.

18 Vgl. Gillamariam/Binding, DStR 2013, 1153. 19 Vgl. Ruppe in Doralt ua, 554.

(12)

entstanden, die legale Optionen bieten, um die effektive Steuerlast zu reduzieren.20 Diese Optionen werden auch genutzt. Legt man den Ansatz der Maximierung des Shareholder Value nach Rappaport zugrunde, scheint dies konsistent, da Steuern einen Aufwand bzw eine Ausgabe darstellen und den Unternehmenswert negativ beeinflussen.21 Dies wollen Manager, die der Shareholder-Value-Orientierung folgen, verhindern. Die Optimierung der Cashflows steht im Vordergrund.

Kleinere Unternehmen können von Regelungslücken weniger Gebrauch machen. Gewinnverlagerung erfordert das Vorhandensein einer multinationalen Unternehmensstruktur. Zudem haben nicht alle Zugang zu dem Steuerfachwissen, das benötigt wird, um Regelungslücken zu identifizieren. Dies wirft die Frage auf, ob es hier an Steuergerechtigkeit mangelt und ob Wettbewerbsverzerrung vorliegt.22

Die OECD beschreibt in ihrem Bericht noch weitere Probleme, die durch BEPS entstehen können.23 Nicht nur Unternehmen werden benachteiligt, sondern auch Staaten. Durch BEPS sinken die Staatseinnahmen zur Finanzierung des Haushalts. Das Investitionsvolumen wird dadurch beeinträchtigt, in weiterer Folge auch die gesamte Volkswirtschaft. Der Staat kann seine Aktivitäten nicht adäquat durch Steuereinnahmen gegenfinanzieren.

Zu guter Letzt werden auch die übrigen Steuerpflichtigen, die ihre Überschüsse nicht verkürzen, benachteiligt. Hier sind im Besonderen natürliche Personen gemeint, welche internationale Strukturen nicht nutzen. Diese müssen mehr Steuerlast tragen, wenn angenommen wird, dass der Staat ein gewisses Einnahmenniveau erreichen will, um seine Vorhaben zu realisieren. Somit sind verschiedene Gruppen von den Folgen von BEPS betroffen.

20 Vgl. Loidl/Moshammer/Rosenberger, SWK 2014, 744.

21 Vgl. Rappaport, Shareholder value. Wertsteigerung als Maßstab für die Unternehmensführung (1995), 253. 22 Vgl. Steiner, SWI 2013, 150.

23 Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze

(13)

3.2. Analyse der Ist-Situation

Der Bericht analysiert zunächst die Entwicklung der Körperschaftsteueraufkommen.24 In Relation zum BIP ist die Unternehmenssteuerlast in den vergangenen Jahren gestiegen, obwohl die nominellen Steuersätze im Zeitraum 2000-2011 im Durchschnitt um 7,2 Prozentpunkte gesunken sind.25 Dies ist laut Bericht auf eine Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlage zB durch Anpassung der Abschreibungssätze an die tatsächliche Wertminderung oder durch den Abbau von verschiedenen Steuererleichterungen zurückzuführen. Details und Auswertungen zu den einzelnen OECD-Ländern werden im Anhang A des Berichts dargelegt.26 Diese Daten zur Unternehmenssteuerlast geben keinen Aufschluss zur Existenz von BEPS. Zunächst ist noch nicht evident, dass eine Aushöhlung der Bemessungsgrundlagen stattfindet. Die Daten zum Körperschaftsteueraufkommen geben nur einen ersten Einblick in das Thema.

In einem zweiten Schritt wird eine Auswertung der Foreign Direct Investments vorgenommen. FDI werden definiert als grenzüberschreitende Investitionen mit dem Ziel einer dauerhaften Beteiligung an einem Unternehmen.27 Dies wird näher als Anteil von mindestens 10 % definiert, welcher in einer strategischen, langfristigen Geschäftsbeziehung mündet. Folgende Zahlen und Beispiele werden zur Illustration des Problems verwendet: Der Anteil an den weltweiten FDI im Jahr 2010 in die Länder Barbados, Bermuda und die Britischen Jungferninseln (gemeinsam 5,11 %) übersteigt jenen Teil der Investitionen nach Deutschland (4,77 %) bzw. Japan (3,76 %), obwohl die Wirtschaftsleistung diesen Zahlen diametral entgegensteht.28 Im selben Jahr wurden im Vergleich zu Deutschland von diesen Ländern aus auch mehr FDI ins Ausland getätigt. Diese Zahlen geben einen ersten Anhaltspunkt, wobei die Aussagekraft noch immer relativ gering ist.

Weitere Daten werden aus der OECD Investment Database bezogen. Hier werden FDI analysiert, die mittels Zweckgesellschaft (Special Purpose Entity) getätigt werden. SPE sind Unternehmen, die vorwiegend Finanzierungs- und Holdingfunktionen einnehmen und wenige bis gar keine Mitarbeiter beschäftigen.29 Die Investitionen in SPE in die Niederlande betrugen

24

Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze (aufgerufen am 20. 4. 2017), 19.

25

Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze (aufgerufen am 20. 4. 2017), 20.

26

Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze (aufgerufen am 20. 4. 2017), 69.

27 Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze

(aufgerufen am 20. 4. 2017), 22.

28 Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze

(aufgerufen am 20. 4. 2017), 22.

(14)

2011 ca. 2.600 Mrd. US-$, nach Luxemburg ca. 2.000 Mrd. US-$.30 Verglichen mit Österreich und Ungarn seien diese Zahlen relativ hoch (jeweils ca. 106 Mrd. US-$).31 In diesen Ländern werden vermehrt Zweckgesellschaften gegründet. Aufgrund dieser Daten und diverser, bekannter Regelungslücken, die in den oa Ländern existieren, vermutet die OECD das Vorhandensein von BEPS. Im Steuerwettbewerb der Staaten werden günstige Regelungen für die Unternehmen angeboten, um die Kapitalzufuhr zu begünstigen. Die OECD sieht einen Zusammenhang zwischen diesen Anreizen und der Höhe der FDI.

In der internationalen Literatur existieren weitere Studien zum Thema. Mintz/Weichenrieder stellen fest, dass der Steuersatz im Ursprungsland von FDI einen signifikant positiven Effekt auf den Verschuldungsgrad von Unternehmen in einer Gruppe hat.32 Wenn der Steuersatz steigt, greifen Unternehmen auf gruppeninterne Fremdfinanzierung zurück, um die Bemessungsgrundlage zu verringern. Die Ergebnisse dieser Studie sind konform mit den Ausführungen von Desai/Foley/Hines.33 Zusätzlich bestätigen Huizinga/Laeven/Nicodeme, dass ein Zusammenhang zwischen den lokalen Steuersätzen und der Kapitalstruktur von Unternehmen in einem multinationalen Konzern besteht.34 Auch die Differenz zwischen lokalem Steuersatz und jenen der Konzernunternehmen in anderen Staaten spielt eine Rolle. Diese Unterschiede der Steuersätze bieten einen Anreiz für Unternehmen, Gewinne zu verschieben. Komprimiert ausgedrückt stellen sich die Ergebnisse der oa Arbeiten wie folgt dar: Je höher der Körperschaftsteuersatz, desto höher die Fremdkapitalquote. Diese empirischen Daten lassen darauf schließen, dass unterschiedliche Steuersätze genutzt werden, um die Steuerlast zu beeinflussen.

Hieraus können aber nur Indizien abgeleitet werden, die Studien geben erste Anhaltspunkte. Daher streicht die OECD explizit hervor, dass ein Bedarf an zusätzlicher Evidenz zum Bestehen von BEPS vorhanden ist.35 Die Analysen sind noch nicht tiefgreifend genug, um nachhaltige Erkenntnisse zu haben. Trotzdem nimmt die OECD die Existenz von BEPS an und baut darauf den Bericht auf.

30

Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze (aufgerufen am 20. 4. 2017), 23.

31 Die Daten stammen aus einer gemeinsamen Erhebung von OECD und IWF. Statistiken zu FDI werden

veröffentlicht auf stats.oecd.org.

32

Vgl. Mintz/Weichenrieder, Taxation and the Financial Structure of German Outbound FDI (aufgerufen am 30. 4. 2017), 17.

33 Vgl. Desai/Foley/Hines, The Journal of Finance 2004, 2451.

34 Vgl. Huizinga/Laeven/Nicodeme, Capital structure and international debt shifting, Journal of Financial

Economics 2008, 80.

35 Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze

(15)

3.3. Schlüsselfelder bei der Eindämmung von BEPS

Der Bericht identifiziert verschiedene Schlüsselfelder, die für die Bekämpfung von BEPS entscheidend seien.36 Das sind (a) die Anknüpfungspunkte der Besteuerung der einzelnen Staaten, (b) die Fremdfinanzierung, (c) die Verrechnungspreise sowie (d) die Vorschriften gegen Missbrauch.37

Anknüpfungspunkte der Besteuerung sind die einzelnen Steuersubjekte in den jeweiligen Ländern, nicht jedoch ein gesamter Konzern. Zudem finden bei der Besteuerung sowohl das Welteinkommens- als auch das Territorialitätsprinzip Anwendung, und zwar nebeneinander.38 Die Verflechtungen zwischen diversen Steuersystemen haben zur Folge, dass sowohl Doppelbesteuerung von Unternehmensgewinnen als auch doppelte Nicht-Besteuerung entstehen können. Die Doppelbesteuerung soll durch diverse DBA und auch nationale Regelungen vermieden werden.39 Bezüglich der doppelten Nicht-Besteuerung besteht vergleichsweise mehr Handlungsbedarf.40 In den meisten Systemen ist der persönliche Anknüpfungspunkt der Besteuerung von Körperschaften die Gebietsansässigkeit (Ansässigkeitsprinzip), wobei sich dies auf den Hauptsitz oder auch den Gründungsort bezieht.41 Zudem ist hier ein zweiter Anknüpfungspunkt relevant. Die sachliche Anknüpfung

erfordert ein Naheverhältnis zum Inland und wird als Ursprungsprinzip bezeichnet. Aufbauend auf der Anknüpfung bezieht sich die Besteuerung entweder auf Fälle im Inland (Territorialitätsprinzip) oder auf alle erzielten Einkünfte (Universalitätsprinzip). In Österreich kombiniert der Gesetzgeber im Regelfall das Universalitätsprinzip mit dem Ansässigkeitsprinzip und das Territorialitätsprinzip mit dem Ursprungsprinzip.42 Bei grenzüberschreitenden, steuerlichen Sachverhalten treffen nationale Gesetze und völkerrechtliche Verträge aufeinander.43 Dabei ist auch eine Nicht-Besteuerung möglich. In diesem Feld sieht die OECD einen ersten erhöhten Analyse- und Harmonisierungsbedarf.

Die Fremdfinanzierung bietet Unternehmen weitere Möglichkeiten zur Verschiebung von Gewinnen. Im Gegensatz zu Kosten des Eigenkapitals sind Zinsen für Fremdkapital meist steuerlich abzugsfähig. Fremdkapital wird als externe Quelle betrachtet, Eigenkapital nicht. Dies gibt einen Anreiz, die Finanzierung von außen zu forcieren, um die

36

Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze (aufgerufen am 20. 4. 2017), 60.

37

Vgl. Gillamariam/Binding, DStR 2013, 1153.

38 Vgl. Ruppe in Doralt ua, 555. 39

Vgl. Ruppe in Doralt ua, 559.

40 Vgl. Gillamariam/Binding, DStR 2013, 1153.

41 Vgl. Djanani/Pummerer/Wittmann Alexandra, Das Außensteuerrecht Österreichs, in

Djanani/Pummerer/Bertl/Eberhartinger/Kofler/Tumpel (Hrsg), Handbuch der österreichischen Steuerlehre2

(2011), 1.

42 Vgl. Ruppe in Doralt ua, 555.

(16)

Steuerbemessungsgrundlage zu schmälern.44 Wenn der Zinsaufwand in einem Hochsteuerland geltend gemacht wird und der Zinsertrag in einem Land mit niedrigeren Steuersätzen versteuert wird, entsteht aus Konzernsicht eine Steuerersparnis.45 Durch Vergabe von Krediten an verbundene oder assoziierte Unternehmen kann steuerlich abzugsfähiger Zinsaufwand generiert werden. Ein Beispiel dafür ist eine Finanzierungsgesellschaft in einem Niedrigsteuerland, die den anderen Konzerngesellschaften Fremdkapital zur Verfügung stellt und damit Zinsen vereinnahmt. Durch den Abzug von Zinsaufwendungen in Ländern mit einem höheren Steuersatz wird aus Konzernsicht die Bemessungsgrundlage verringert.46

Auch die Leistungsverrechnung innerhalb von Konzernen birgt Potenzial zur Verschiebung von Überschüssen. Durch sie werden Gewinne unter den Konzerngesellschaften aufgeteilt und daraufhin in den jeweiligen Staaten versteuert. Dadurch können Steuerersparnisse erzielt werden.47 Zum einen können Steuerpflichtige die Gewinne in Staaten mit niedrigerem Steuersatz verschieben oder auch die Überschüsse an Gesellschaften überrechnen, die Verlustvorträge aufweisen. Hier gilt der Fremdvergleichsgrundsatz, der eine objektive Leistungsverrechnung sicherstellen soll.48 Diesen Grundsatz in die Praxis umzusetzen und durchzusetzen, bringt Probleme mit sich. Dabei stellt sich auch die Frage nach Kriterien für die Zuordnung von Gewinnen zu einzelnen Konzerngesellschaften.49 Allgemein sollen die

Gewinne an dem Ort besteuert werden, wo sie entstanden sind. Laut dem Fremdvergleichsgrundsatz, der international anerkannt ist, müssen Leistungen so abgerechnet werden, als hätten sie zwischen fremden Dritten stattgefunden und wären durch Marktkräfte beeinflusst. Hier sieht die OECD Verbesserungspotenzial bei der Verrechnungspreisgestaltung und bei der Verrechnungspreisdokumentation, der Fremdvergleichsgrundsatz soll gestärkt werden.50 Zunächst soll die Zurechnung von

Gewinnen innerhalb eines multinationalen Konzerns neu aufgestellt werden. In einem weiteren Schritt soll diese auch entsprechend dokumentiert werden. Der wirtschaftliche Gehalt von Transaktionen soll besser nachvollziehbar gemacht werden. In einzelnen Ländern existieren bereits spezielle Regelungen zur Verrechnungspreisgestaltung und Dokumentation und auch die OECD ist in diesem Bereich mit ihren

44 Vgl. Desai/Foley/Hines, The Journal of Finance 2004, 2451. 45 Siehe dazu auch Kapitel 3.5.

46 Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze

(aufgerufen am 20. 4. 2017), 31.

47 Vgl. Musil/Schulz, Grenzüberschreitende Einkünfteverlagerungen in verbundenen Unternehmen und

europarechtliche Handlungsspielräume der Mitgliedstaaten, DStR 2013, 2205 (2208).

48 Vgl. Eberhartinger/Bauer, Konzernvertragsgestaltung, in Djanani/Pummerer/Bertl/Eberhartinger/Kofler/Tumpel

(Hrsg), Handbuch der österreichischen Steuerlehre2 (2011), 239.

49 Vgl. Greinecker/Loidl, Verrechnungspreise im Einklang mit der Wertschöpfung, in Hofmann/Jann/Jerabek

(Hrsg), BEPS1 (2017), 237.

50 Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze

(17)

Verrechnungspreisleitlinien tätig.51 Trotzdem sieht die OECD weiteres Verbesserungspotenzial. Eine einheitliche Lösung soll zu mehr Transparenz führen und das Fremdvergleichsprinzip durchsetzbar machen.

Schließlich streicht der Bericht die bereits vorhandenen Missbrauchsvorschriften als Problem hervor. Diese müssen harmonisiert werden, um eine effektive Bekämpfung von BEPS zu gewährleisten. Hier sind generell Gesetze gemeint, die das Verhalten der Steuerpflichtigen beeinflussen und die Steuervorteile versagen oder verringern, sofern der Gesetzgeber Missbrauch identifiziert. Dabei finden verschiedenste Regelungen Anwendung, um Steuergerechtigkeit und Effektivität im System herzustellen. Dies sind zB Allgemeine Missbrauchsvorschriften, Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung, Unterkapitalisierungsvorschriften und Vorschriften zu Qualifikationskonflikten zwischen Eigen- und Fremdkapital (hybride Gestaltungen).52

Die Hinzurechnungsbesteuerung zielt auf die Besteuerung von Einkommen ausländischer Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten.53 Die Hinzurechnungsbesteuerung soll verhindern, dass ausländische Töchter oder Betriebsstätten genutzt werden, um Gewinnverlagerung missbräuchlich zu nutzen. Dabei müssen zwei Voraussetzungen vorliegen, nämlich eine finanzielle Verbindung zwischen Mutter und Tochtergesellschaft sowie eine Niedrigbesteuerung der ausländischen Tochter bzw Betriebsstätte. Niedrigbesteuerung wird angenommen, wenn die tatsächliche Steuer um mehr als 50 % geringer ist als die fiktive Steuer, die nach dem Recht im Sitzstaat der Muttergesellschaft zu entrichten wäre. Durch eine Ausschüttungsfiktion werden die Einkünfte der beherrschenden Gesellschaft zugerechnet und in ihrem Ansässigkeitsstaat der Besteuerung unterzogen, wobei tatsächlich bezahlte Steuern der beherrschten Gesellschaft angerechnet werden.54

Hybride Gestaltungen ermöglichen die Ausnutzung von Qualifikations- und Zurechnungsunterschieden bei der steuerlichen Behandlung von Eigen- und Fremdkapital.55 Hybride Finanzinstrumente haben sowohl Eigenschaften von Eigenkapital als auch von Fremdkapital. Dadurch kann in einem Staat ein steuerlicher Abzug entstehen, wo in einem anderen Land keine Besteuerung gegenübersteht.56 Wenn ein Finanzinstrument in einem Land als Fremdkapital gilt, sind die damit zusammenhängenden Zahlungen als Zinsen steuerlich abzugsfähig. Aus Sicht des Steuerregimes der Gegenpartei wird das

51 Vgl. Eberhartinger/Bauer in Djanani ua, 242. 52

Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze (aufgerufen am 20. 4. 2017), 47.

53 Vgl. Kirchmayr, Hinzurechnungsbesteuerung, in Hofmann ua, 120. 54

Vgl. ebenda.

55 Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze

(aufgerufen am 20. 4. 2017), 48.

(18)

Finanzinstrument als Eigenkapital eingestuft, wodurch die entsprechenden Zahlungen als steuerbefreite Dividenden behandelt werden.57 Hier strebt die OECD auch eine Harmonisierung an, um derartige Qualifikationsunterschiede zu vermeiden.

In weiterer Folge entwickelt die OECD auch konkrete Lösungsvorschläge. Im folgenden Kapitel wird der Aktionsplan in seinen 15 Punkten überblicksmäßig dargestellt. Zu jedem Aktionspunkt veröffentlicht die OECD einen detaillierten Bericht, worin konkrete Ausführungen zu finden sind.

3.4. Vorgeschlagene Lösungsansätze zur Bekämpfung von BEPS

Die Besteuerungssysteme zeigen sich zu wenig angepasst an die Anforderungen, welche die Wirtschaft an sie stellt. Freier Kapitalverkehr, Internationale Lieferketten, der zunehmende Stellenwert von immateriellem Vermögen in der Wertschöpfung und die stetige Weiterentwicklung der Kommunikations- und Informationssysteme seien hier als Beispiele genannt. Letztere ermöglichen Unternehmen die Teilnahme am Wirtschaftsleben eines Landes, ohne physisch präsent zu sein. Die OECD sieht die Notwendigkeit der Schaffung von international einheitlichen steuerlichen Rahmenbedingungen und fordert ein multilaterales Vorgehen.58 Basierend auf den identifizierten Problemfeldern soll die internationale Zusammenarbeit gefördert werden, um Staatseinnahmen zu sichern und gleiche Bedingungen für alle Unternehmen zu schaffen.59 Würde dies nicht geschehen, entstünden ein Schaden für die Allgemeinheit, erhöhter Steuerwettbewerb zwischen den Staaten und größere Unsicherheit für Unternehmen.60

Dazu veröffentlichte die OECD den Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und

Gewinnverlagerung.61 Darin werden 15 Aktionspunkte vorgeschlagen, um BEPS zu bekämpfen.62 Diese werden wie folgt betitelt:

1. Lösung der mit der digitalen Wirtschaft verbundenen Besteuerungsprobleme 2. Neutralisierung der Effekte von Hybrid Mismatch Arrangements

3. Stärkung der Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung (CFC-Rules)

57 Vgl. ebenda.

58 Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze

(aufgerufen am 20. 4. 2017), 55.

59 Vgl. Musil/Schulz, DStR 2013, 2205. 60 Vgl. ebenda.

61 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

23. 4. 2017), 15.

62 Vgl. Kofler, Konzernsteuerrecht im Umbruch?, Von BEPS (OECD) zur Anti-BEPS-RL (EU) in Kirchmayr ua

(19)

4. Begrenzung der Gewinnverkürzung durch Abzug von Zinsen oder sonstigen Aufwendungen

5. Wirksamere Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken unter Berücksichtigung von Transparenz und Substanz

6. Verhinderung von Abkommensmissbrauch

7. Verhinderung der künstlichen Umgehung des Status als Betriebsstätte

8. Gewährleistung der Übereinstimmung zwischen Verrechnungspreisen und Wertschöpfung – Immaterielle Werte

9. Gewährleistung der Übereinstimmung zwischen Verrechnungspreisen und Wertschöpfung – Risiken und Kapital

10. Gewährleistung der Übereinstimmung zwischen Verrechnungspreisen und Wertschöpfung – sonstige risikoreiche Transaktionen

11. Entwicklung von Methoden zur Erfassung und Analyse von BEPS-Daten und Gegenmaßnahmen

12. Verpflichtung von Steuerpflichtigen zur Offenlegung ihrer aggressiven Steuerplanungsmodelle

13. Überprüfung der Verrechnungspreisdokumentation

14. Verbesserung der Effizienz von Streitbeilegungsmechanismen 15. Entwicklung eines multilateralen Instruments

Im Folgenden werden diese Punkte kurz beschrieben. Der Aktionspunkt 4 wird in einem separaten Kapitel erläutert, da dieser danach in den Mittelpunkt der Betrachtungen rückt.

Aktionspunkt 1 beschäftigt sich mit den Besteuerungsproblemen im Zusammenhang mit der digitalen Wirtschaft. Dabei gibt die OECD das Ziel aus, einen einheitlichen Anknüpfungspunkt für die Besteuerung zu schaffen. Strittig ist bspw, ob ein Server eine Betriebsstätte begründet und damit einen sachlichen Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung darstellt.63 Zusätzlich soll die Wertschöpfung am Ort des Entstehens besteuert werden. Dazu müssen zunächst Einkünfte aus digitalen Geschäftsmodellen analysiert und kategorisiert werden, um einen Überblick zu erhalten. Darauf aufbauend entwickelt die OECD ein Konzept zur Besteuerung von solchen Geschäftsmodellen iZm der digitalen Wirtschaft.64

63 Vgl. Ruppe in Doralt ua, 568.

64 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

(20)

Im nächsten Punkt wird die Ausnutzung von unterschiedlichen, steuerlichen Einstufungen hybrider Finanzinstrumente adressiert.65 Diese verfügen sowohl über Eigenschaften von Eigen- als auch von Fremdkapital. Hier kann doppelte Nicht-Besteuerung entstehen. Um dem entgegenzutreten, sollen Musterbestimmungen für Steuerabkommen sowie Empfehlungen für nationale Vorschriften erarbeitet werden. Hier wird weiter hervorgehoben, dass eine Koordination mit den Maßnahmen zur Zinsabzugsbeschränkung und zur Hinzurechnungsbesteuerung notwendig ist.66 Schließlich führt nur ein abgestimmtes Vorgehen zum Erfolg.

Aktionspunkt 3 behandelt die Hinzurechnungsbesteuerung (CFC-Rules). Dabei wird in bestimmten Fällen der Gewinn einer Tochtergesellschaft ihrer Mutter zugerechnet. Die Voraussetzungen dafür sind eine finanzielle Verbindung zwischen zwei Gesellschaften und eine Niedrigbesteuerung der Tochtergesellschaft. Treffen diese Bedingungen zu, wird der Gewinn der Tochter der Muttergesellschaft zugerechnet und in ihrem Sitzstaat der Besteuerung unterzogen. Dies soll verhindern, dass Einkünfte über ein verbundenes Unternehmen in einen anderen Staat umgeleitet werden und dadurch Gewinne verkürzt werden können.67

Der Punkt Nummer 5 enthält Vorschläge zur wirksameren Bekämpfung von schädlichen Steuerpraktiken. Dies geht einher mit der Schaffung von mehr Transparenz und Zusammenarbeit in internationalen Steuersachen. Dazu existieren bereits einige Arbeiten der OECD, jedoch versucht man eine Neuausrichtung, um das Problem nochmals intensiver zu adressieren. Als Beispiele für schädliche Steuerpraktiken werden geographisch mobile Tätigkeiten wie Finanz- und andere Dienstleistungen sowie die Bereitstellung immaterieller Vermögenswerte genannt. Diese sind verlagerbar und können für BEPS genützt werden, indem innerhalb eines Konzerns dafür Gebühren verrechnet werden. Eine künstliche Gewinnverlagerung kann vollzogen werden. Zur Bekämpfung dieser muss zunächst die wirtschaftliche Substanz von Geschäftstätigkeiten identifiziert und definiert werden, um diese Substanz mit der Besteuerung zu verknüpfen.68 Letztlich sollen schädliche Steuerpraktiken transparenter gemacht werden.

Der nachfolgende Aktionspunkt behandelt die Verhinderung von Abkommensmissbrauch. Dies ist laut OECD eine der bedeutendsten Ausprägungen des BEPS-Problems. Hier soll

65

Vgl. Steiner, Aktionsplan der OECD zum BEPS-Report – Konzernbesteuerung, quo vadis?, SWI 2013, 385.

66 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

23. 4. 2017), 17.

67 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

23. 4. 2017), 19.

68 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

(21)

verhindert werden, dass DBA genutzt werden, um eine doppelte Nicht-Besteuerung bzw. steuerlich vorteilhaftere Bedingungen zu erreichen (sog Treaty Shopping).69 Durch die Wechselwirkungen zwischen den Gesetzen zweier Staaten bzw. den Einbezug von Drittstaaten soll BEPS nicht entstehen können. Das Ziel ist, die Einkünfte der wirtschaftlichen Tätigkeit möglichst exakt zuzuordnen und globale Wertschöpfungsketten ganzheitlich zu erfassen.70 Die nationalen Bestimmungen gegen Missbrauch – in Österreich zB § 22 BAO –

und die DBA sollen überarbeitet und optimiert werden.71

Die OECD beschäftigt sich auch mit Betriebsstätten. Grundsätzlich darf im internationalen Steuerrecht der Quellenstaat nur besteuern, wenn sich im Inland eine Betriebsstätte befindet und der Gewinn dieser Betriebsstätte zuzurechnen ist.72 Bezüglich der Definition existieren aber Unstimmigkeiten zwischen den Staaten. Der Begriff der Betriebsstätte ist in den einzelnen DBA unterschiedlich spezifiziert. Das OECD-Musterabkommen geht allgemein von einer festen Geschäftseinrichtung aus. Die Abweichungen in den Definitionen zwischen den einzelnen DBA sind mit Unsicherheit behaftet. In diesem Themengebiet strebt die OECD eine neue, effektivere Definition der Betriebsstätte an.73 Zudem ist die Zurechnung von Gewinnen zu Betriebsstätten ein heikler Punkt.74 Allgemein gilt der Fremdvergleichsgrundsatz. Die Zurechnung von Gewinnen zu Betriebsstätten ist in Zusammenhang mit der angestrebten Reform der Verrechnungspreisgrundsätze und

–dokumentation in Aktionspunkt 13 zu sehen.

Die Aktionspunkte 8 bis 10 können zusammengefasst betrachtet werden und behandeln die Verrechnungspreisthematik iZm der Wertschöpfung als Grundlage der Zurechnung von Gewinnen. Die OECD strebt hier eine effektivere Durchsetzung des Fremdvergleichsgrundsatzes an. Die Einkünfte sollen der wirtschaftlichen Tätigkeit möglichst exakt zugeordnet werden. Dafür müssen sich die Verrechnungspreise an der Wertschöpfung orientieren. Zwar existieren bereits diverse Regelungen in diesem Bereich, trotzdem möchte die OECD die bestehenden Mängel beheben.75 Im Speziellen werden hier immaterielle Vermögenswerte, Risiken und Kapital sowie sonstige risikoreiche Transaktionen behandelt. Mittels der Übertragung von immateriellem Vermögen können bspw Lizenzgebühren verrechnet und damit auch Gewinne verlagert werden.76

69

Vgl. Musil/Schulz, DStR 2013, 2207.

70 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

23. 4. 2017), 22.

71 Vgl. Steiner, SWI 2013, 389. 72

Vgl. Ruppe in Doralt ua, 554.

73 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

23. 4. 2017), 23.

74 Vgl. Ruppe in Doralt ua, 567.

75 Vgl. Eberhartinger/Bauer in Djanani ua, 242.

76 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

(22)

Punkt 11 behandelt die Entwicklung von Methoden zur Erfassung und Analyse von BEPS-Daten. Dabei sollen Praktiken und Instrumente entwickelt werden, um die Existenz von BEPS nachweisen zu können. Hier ist sowohl die Analyse von Mikro- als auch von Makrodaten eingeschlossen. In einem zweiten Schritt will die OECD die Umsetzung des Aktionsplans in seinen diversen Punkten besser überwachen und auswerten. Diese Maßnahmen sollen einen positiven Beitrag zur Bekämpfung und Analyse von BEPS beitragen.77

Die beiden folgenden Punkte 12 und 13 werden zusammengefasst betrachtet und beschäftigen sich mit Transparenz und Offenlegung. Zunächst sollen die Steuerpflichtigen mehr Informationen an die Behörden weitergeben, damit diese die Prüfungsrisiken besser identifizieren können. Punkt 12 adressiert dabei im Besonderen die Offenlegung von Steuerplanungsmodellen, Strukturen und Transaktionen von Unternehmen. Punkt 13 geht auf die Verrechnungspreisdokumentation ein. Dabei soll den Steuerbehörden die Analyse von globalen Wertschöpfungsketten und Verrechnungspreismodellen erleichtert werden. Die OECD empfiehlt eine mehrstufige Verrechnungspreisdokumentation, bestehend aus einem Master File, einem Local File und dem sog Country-by-Country-Reporting. Ersteres gibt Einblick in die Geschäftstätigkeit und die Verrechnungspreispolitik eines Konzerns. Das Local File ergänzt das Master File um weitere Informationen zu länderspezifischen Aspekten der Verrechnungspreisdokumentation. Das Country-by-Country-Reporting kann als Herzstück der Dokumentation bezeichnet werden. Darin schlüsselt ein Konzern seine Einkünfte sowie die Steuerlast nach Ländern auf.78 Dieser Aktionspunkt wurde von der EU bereits aufgegriffen und in der Amtshilfe-Richtlinie umgesetzt.79 Hierbei will der Gesetzgeber auch den Informationsaustausch auf europäischer Ebene intensivieren, der Austausch der Berichte einzelner Konzerngesellschaften unter den Steuerbehörden wird gefördert. In Österreich finden sich die Vorschläge aus diesem Aktionspunkt im neuen Verrechnungspreisdokumentationsgesetz wieder. Diese Bereiche sind auch in engem Zusammenhang mit den Aktionspunkten 8 bis 10 zu sehen. Schließlich soll eine erhöhte Transparenz zu einem internationalen Informationsaustausch führen, der den Steuerbehörden ihre Prüfungstätigkeiten erleichtert.80

77 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

23. 4. 2017), 26.

78 Vgl. Kerschner, Die Verrechnungspreisdokumentation „post BEPS“ in Hofmann/Jann/Jerabek (Hrsg), BEPS1

(2017), 288.

79 Vgl. Hofmann/Wenzl/Zehetmayr, Die internationale Entwicklung und ihre Bedeutung für Österreich, in Hofmann

ua, 2 (13).

80 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

(23)

Der vorletzte Aktionspunkt 14 beschäftigt sich mit einer Ergänzung der BEPS-Maßnahmen, genauer mit den Streitbeilegungsmechanismen. Bei der Auslegung von Regelungen kann es zu Differenzen zwischen verschiedenen Parteien kommen. Die existierenden Streitbeilegungsmechanismen werden verbessert und ergänzt, die Verständigungsverfahren werden neu gestaltet. Letztlich brauchen die international tätigen Unternehmen Rechtssicherheit, um effektiv arbeiten zu können.81

Der Aktionsplan der OECD mündet in diversen Vorschlägen, die in nationales und internationales Recht bzw in OECD-Musterabkommen umgesetzt werden. Hier ist zu betonen, dass diese Vorschläge keinerlei Bindung für die Mitgliedsstaaten der OECD haben. Sie dienen lediglich als Handlungsempfehlungen. Außerdem ist anzufügen, dass Änderungen des OECD-Musterabkommens (Stichwort: DBA) erst wirksam werden, wenn die einzelnen, bilateralen Steuerabkommen abgeändert und in nationales Recht umgesetzt werden. Dies kann aufgrund der großen Anzahl lange dauern, wenn jedes DBA einzeln verhandelt wird. In Aktionspunkt 15 verfolgt die OECD das Ziel, ein multilaterales Instrument zum Ersatz bilateraler Abkommen zu entwickeln. Letztlich ist die Idee, die Anpassung von Abkommen zu erleichtern und zu beschleunigen, um schneller auf erkannte Regelungslücken reagieren zu können.82

3.5. Aktionspunkt 4 - Zinsabzug

Das zentrale Thema dieser Arbeit ist der steuerliche Zinsabzug im Konzern. Internationale Unternehmensgruppen können unterschiedliche Steuersätze durch Gewinnverlagerung nutzen, um die Bemessungsgrundlage zu vermindern. Dabei wird die Fremdfinanzierung beim Gruppenmitglied im Hochsteuerland erhöht und der damit verbundene Zinsaufwand steuerlich als Betriebsausgabe geltend gemacht. Dies kann jedoch zu einer Entkoppelung der Finanzierung von der Wertschöpfung führen, was die OECD in ihrer Arbeit zu BEPS kritisiert.83 Der Artikel 4 der EU-Anti-BEPS-Richtlinie behandelt diese Thematik und baut auf den Empfehlungen der OECD zu einer Zinsschranke auf.84 Daher werden zunächst die Vorschläge aus dem finalen Bericht der OECD zu Aktionspunkt 4 genauer betrachtet. Im weiteren Verlauf werden dann die Regelungen auf EU-Ebene zusätzlich analysiert.

81 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

23. 4. 2017), 28.

82 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (aufgerufen am

23. 4. 2017), 29.

83 Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze

(aufgerufen am 20. 4. 2017), 31.

84 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 - 2016

(24)

Der steuerliche Abzug von Zin en Extremfall zu doppelter Nicht

Fremdkapital bei verbundenen Unternehmen ermögli ht. Dabei werden die Zinsaufwendungen des Kreditnehmer im Ho h teuerland geltend gema ht

Sitzstaat des Kreditgebers

Möglichkeiten zur Gewinnverlagerung

gilt für den Einzelfall au h u hinterfragen, ob hinter der jeweiligen Tran a tion wirtschaftlicher Gehalt ste t oder ni ht (Sti hwort:

Beantwortung der Frage, ob

werden und hängt von er hiedenen Fa toren ab. Die na hfolgende Abbildung veranschaulicht die obigen Au führungen.

Abb. 1: Beispielhafte Darstellung ur

Des Weiteren ist die Aushöhlung der Steuerbeme ung grundlage au h bei Dritten, die nicht zu einer Unternehmen gruppe gehören, mögli h. Unternehmen in einem Ho h

Zinsaufwand steuerlich geltend.

Konzerngesellschaften verschoben werden, um dort für In e titionen genut t Kapitalbeschaffung wird dadur h on der Wert höpfung ent oppelt.

85 Vgl. OECD, Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinn er ür ung und Gewinn erlagerung

23. 4. 2017), 20.

86

Quelle: eigene Darstellung.

87 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion In ol ing Intere t Dedu tion and Other Finan ial Pa ment , A

Update (aufgerufen am 26.

88 Vgl. Zöchling/Brugger, Zinsschran e

teuerli he Ab ug von Zinsen und ähnlichen Aufwendungen Nicht-Besteuerung führen. Dies wird durch d

md apital bei verbundenen Unternehmen ermöglicht. Dabei werden die Zin aufwendungen des Kreditnehmers im Hochsteuerland geltend gema ht

de Kreditgebers die Zinserträge niedriger oder nicht besteuert verlagerung und Aushöhlung der Bemessungsgrundlage.

gilt für den Ein elfall auch zu hinterfragen, ob hinter der jeweiligen Tran a tion wirt haftli her Gehalt steckt oder nicht (Stichwort: Fremdverglei h grund at

Beantwortung der Frage, ob solche Praktiken gerechtfertigt sind, mu

werden und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die nachfolgende Abbildung die obigen Ausführungen.

Bei pielhafte Dar tellung zur Gewinnverlagerung in ein Niedrigsteuerland mittels Fremd apital innerhalb eines Konzerns.86

De Weiteren i t die Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage au h die ni ht zu einer Unternehmensgruppe gehören, möglich.

Unternehmen in einem Hochsteuerland Fremdkapital beim Dritten auf und ma ht den Zin aufwand teuerli h geltend. Das Kapital kann mittels Gewinnverlagerung in andere Kon ernge ell haften verschoben werden, um dort für Investitionen genut t

Kapitalbe haffung wird dadurch von der Wertschöpfung entkoppelt.

, A tion plan ur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung

, Limiting Ba e Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Pa ment , A am 26. 4. 2017), 23.

, Zinsschranke – aufgeschoben ist nicht aufgehoben, SWK 2016, 1052.

im Konzern kann im Die wird durch die Bereitstellung von md apital bei erbundenen Unternehmen ermögli ht. Dabei werden die Zin aufwendungen de Kreditnehmer im Ho h teuerland geltend gemacht. Wenn der niedriger oder ni ht besteuert, bieten sich Beme sungsgrundlage.85 Hierbei

gilt für den Ein elfall au h u hinterfragen, ob hinter der jeweiligen Transaktion Fremd ergleichsgrundsatz). Die ol he Pra ti en gere htfertigt ind, muss einzeln beurteilt werden und hängt on er hiedenen Fa toren ab. Die nachfolgende Abbildung

Gewinn erlagerung in ein Niedrig teuerland mittels Fremdkapital innerhalb

De Weiteren i t die Au höhlung der Steuerbeme ung grundlage auch mittels Schulden die ni ht u einer Unternehmen gruppe gehören, möglich.87 Dabei nimmt ein m Dritten auf und macht den Da Kapital ann mittel Gewinnverlagerung in andere Kon ernge ell haften er hoben werden, um dort für In e titionen genutzt zu werden. Die Kapitalbe haffung wird dadur h on der Wert höpfung entkoppelt.88 Wenn die

, A tion plan ur Be ämpfung der Gewinn er ür ung und Gewinn erlagerung (aufgerufen am

, Limiting Ba e Ero ion In ol ing Intere t Dedu tion and Other Financial Payments, Action 4 - 2016 aufge hoben i t ni ht aufgehoben, SWK 2016, 1052.

(25)

Fremdkapitalquote dieses Gruppenmitglieds über der durchschnittlichen Fremdkapitalquote der gesamten Gruppe liegt, kann BEPS vermutet werden.89

Diese beiden Handlungsoptionen und die zugehörigen Gegenmaßnahmen werden im finalen Bericht zu Aktionspunkt 4 behandelt. In ihrem Vorschlag kombiniert die OECD die Grundregel der Zinsschranke (sog Fixed Ratio Rule) mit diversen Ausnahmebestimmungen. Das Ziel ist eine einfache Anwendbarkeit für Unternehmen und Behörden. Die Grundregel der Fixed Ratio Rule als Obergrenze für den Zinsabzug stellt sich wie folgt dar:90

Abzugsfähiger Nettozinsaufwand ≤ EBITDA * festgelegter Prozentsatz Formel 1: Fixed Ratio Rule91

Der Nettozinsaufwand ergibt sich aus dem Saldo von Zinserträgen und Zinsaufwendungen, wobei auch Zinszahlungen zwischen verbundenen und assoziierten Unternehmen enthalten sind.92 Das EBITDA ist das Jahresergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, wobei hier steuerliche Werte aus der Mehr-Weniger-Rechnung heranzuziehen sind. Die Wahl dieser Erfolgskennzahl stellt einen Bezug zur Wertschöpfung her.93 Je mehr Wert am jeweiligen Standort geschaffen wird, desto mehr Zinsaufwand ist abzugsfähig. Zudem ist das EBITDA schwer manipulierbar, da es Aufwendungen und Erträge aus der operativen Geschäftstätigkeit enthält. Hier ist zu erwähnen, dass auch andere Ergebnisgrößen, wie zB das EBIT, angewandt werden können.94 Die OECD bevorzugt aber das EBITDA als Maßgröße.

Laut Vorschlag der OECD kann der Prozentsatz der abzugsfähigen Zinsen zwischen 10 und 30 % der gewählten Ergebnisgröße festgelegt werden. Die Obergrenze wird hier nicht genau festgelegt, weil die Wirksamkeit in der Umsetzung von der genauen, nationalen Ausgestaltung abhängt (zB ergänzt der jeweilige Staat um Escape-Klauseln; werden Vortragsmöglichkeiten geschaffen). Dadurch haben die Anwender die Möglichkeit, auf nationale Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen. Auf der anderen Seite wird keine

89 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 - 2016

Update (aufgerufen am 26. 4. 2017), 47.

90 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 - 2016

Update (aufgerufen am 26. 4. 2017), 51.

91 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 - 2016

Update (aufgerufen am 26. 4. 2017), 52.

92 Vgl. Matkovits/Polster, Empfehlungen der OECD zur Zinsabzugsbeschränkung – Auswirkungen auf Österreich,

SWI 2016, 2.

93 Vgl. Gruber/Jann, Zinsschranke, in Hofmann ua, 66 (77). 94 Vgl. Zöchling/Brugger, SWK 2016, 1052.

(26)

international einheitliche Lösung geschaffen, was wiederum Steuerwettbewerb zwischen einzelnen Staaten auslösen kann.95

Um die Regelung anwendbar zu machen, ist eine einheitliche Definition verschiedener Begriffe notwendig. Zunächst stellt sich die Frage, wie Zinsaufwand und Zinserträge abzugrenzen sind. Zinsaufwand sind alle Zahlungen eines Unternehmens, die iZm Fremdfinanzierung stehen und folglich das Kapital erhöhen.96 Dies beinhaltet auch Zahlungen, die wirtschaftlich mit Zinsen gleichzusetzen sind. Beispiele dafür sind (a) Zahlungen für Kredite, die auch am Gewinn beteiligen, (b) Zinsen für Wandelschuldverschreibungen und (c) der Zinsanteil bei Finanzierungsleasingverträgen. Alles in allem ist die Definition im Bericht weit gefasst und lässt Spielraum für die Mitgliedstaaten der OECD in der Umsetzung.97 Auch diese unpräzise Definition ist zu hinterfragen. Eine international einheitliche Lösung, die von der OECD als Ziel ausgegeben wird, würde das Entstehen von Regelungslücken verhindern.98

Des Weiteren ist eine Unternehmensgruppe zu definieren. Diese bildet sich aus einer Muttergesellschaft mitsamt allen vollkonsolidierten Tochtergesellschaften laut den geltenden Rechnungslegungsvorschriften.99 Das können die IFRS, US-GAAP oder ein Local-GAAP wie das UGB sein. Die Muttergesellschaft ist eine juristische Person. Daher kann eine natürliche Person nicht an der Spitze eines Konzerns iSd OECD-Zinsschranke stehen. Von der Unternehmensgruppe zu unterscheiden sind „Related Parties“ bzw. assoziierte Unternehmen. Wenn der Eigentümer einer Beteiligung die Möglichkeit zur effektiven Kontrolle der Geschäftstätigkeit hat, jedoch keine Beherrschung ausübt, liegt ein assoziiertes Unternehmen bzw. eine „Related Party“ vor. Das wird allgemein bei einer Beteiligung von mehr als 25 % vermutet. Diese Unterschiede in der Definition sind im weiteren Verlauf der Arbeit noch von Bedeutung. Die exakte Bestimmung jener Unternehmensgruppen, auf die das Abzugsverbot anzuwenden ist, stellt einen bedeutenden Punkt für die Tragweite der Zinsschranke dar. In der Anti-BEPS-Richtlinie der EU wird eine andere Definition gewählt.

Aufbauend auf der Grundregel und den notwendigen Definitionen folgen nun Ergänzungen. Der Vorschlag zur Zinsschranke beinhaltet zusätzlich eine Freigrenze (sog De Minimis Threshold) iHv einer Million Euro. Diese Freigrenze bezieht sich auf die

95

Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 - 2016 Update (aufgerufen am 26. 4. 2017), 52.

96

Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 - 2016 Update (aufgerufen am 26. 4. 2017), 33.

97 Vgl. Matkovits/Polster, SWI 2016, 2.

98 Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze

(aufgerufen am 20. 4. 2017), 64.

99 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 - 2016

(27)

Nettozinsaufwendungen. Dadurch werden kleine und mittlere Unternehmen exkludiert, wo die OECD ein geringeres Risiko für BEPS vermutet.100 In dem Bericht wird angenommen, dass kleinere Unternehmen und Unternehmensgruppen nicht die Mittel und Strukturen zur Verfügung haben, um BEPS im wesentlichen Umfang zu betreiben. Schließlich sind umfangreiche internationale Unternehmensstrukturen und vertieftes Steuerfachwissen von Nöten. Die Freigrenze betrifft auch Unternehmen mit vergleichsweise geringer Fremdfinanzierung. Die Durchsetzung der Zinsschranke soll schließlich gezielt erfolgen und die administrativen Kosten minimieren.101 Der Verwaltungsaufwand im Hinblick auf

Compliance soll nicht übermäßig ansteigen und nur jene Unternehmen treffen, wo aufgrund der Größe und der Strukturen ein Risiko für Gewinnverkürzung und –verlagerung identifiziert wird.102

Die OECD erweitert die Zinsschranke außerdem um die sog Group Ratio Rule. Dabei berechnet der Konzern auf Gruppenebene die Relation aus Nettozinsaufwand und EBITDA. Für die Anwendung der Zinsschranke gilt die höhere Quote aus Group Ratio und Fixed Ratio.103 Dadurch wird gewährleistet, dass eine Gleichverteilung des Finanzierungsaufwandes im Konzern nicht zu einer Abzugsbeschränkung führt. Schließlich zielt die Zinsschranke auf Gruppenmitglieder, die übermäßig viele Zinsaufwendungen ausweisen, ohne einen Bezug zur Wertschöpfung nachweisen zu können.104

Group Ratio = Nettozinsaufwand Gruppe / EBITDA Gruppe Formel 2: Group Ratio105

Die Daten für die Berechnung stammen aus dem Konzernabschluss, was praktikabel erscheint. Somit sind nur Zinszahlungen inkludiert, die sich auf Dritte beziehen. Interne Transaktionen werden im Rahmen der Konsolidierung eliminiert. In einem nächsten Schritt multipliziert der Anwender die Group Ratio mit dem EBITDA des jeweiligen Gruppenmitglieds. Dies ergibt die Obergrenze für den abzugsfähigen Zinsaufwand. Falls die Gruppe in Summe ein negatives EBITDA ausweist, ist der Nettozinsaufwand der Gruppe die Obergrenze für den Zinsabzug der Einzelgesellschaften.

100

Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 - 2016 Update (aufgerufen am 26. 4. 2017), 38.

101 Dieser Gedanke wird auch in der Anti-BEPS-Richlinie übernommen – siehe einleitende Begründung, Rz (8). 102 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 -

2016 Update (aufgerufen am 26. 4. 2017), 37.

103 Vgl. Matkovits/Polster, SWI 2016, 2. 104 Vgl. Gruber/Jann in Hofmann ua, 80.

105 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 -

(28)

Obergrenze Zinsabzug = Group Ratio * EBITDA

Formel 3: Obergrenze Zinsabzug, wenn Group Ratio größer als Fixed Ratio106

Eine weitere ergänzende Regel ist die sog Equity Escape Rule.107 Diese ist an entsprechende Gesetze in Deutschland und Finnland angelehnt.108 Dabei vergleicht der Anwender die Eigenkapitalquote des Gruppenmitglieds mit jener der Gruppe. Wenn die Eigenkapitalquote der Gesellschaft höher ist, dann wird die Fixed Ratio Rule als Grundregel und somit die gesamte Zinsschranke außer Kraft gesetzt. Damit werden Unternehmen exkludiert, die eine höhere oder gleich hohe Eigenfinanzierung als die gesamte Gruppe aufweisen. Hier ist das Risiko von BEPS geringer, weil die Eigenkapitalausstattung ohnehin überdurchschnittlich hoch ist. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass dieses Unternehmen relativ betrachtet weniger Fremdkapital bilanziert und somit auch weniger Zinsaufwand steuerlich zum Abzug bringt. Das Risiko ist also geringer, dass hier übermäßige Fremdfinanzierung zur Gewinnverkürzung bzw Aushöhlung der Bemessungsgrundlage verwendet wird. Die konkrete Formel stellt sich wie folgt dar:

wenn: (EK / GK) ≥ (EK / GK) Gruppe , dann: unbeschränkter Zinsabzug Formel 4: Equity Escape Rule109

Neben der Grundregel und den Ergänzungsregeln adressiert die OECD noch die Volatilität des EBITDA und des Zinsniveaus. Hier stellt sich die Frage, wie der abzugsfähige Zinsaufwand im Zeitverlauf geglättet werden kann. Ein niedriges operatives Ergebnis bedeutet weniger abzugsfähige Zinsaufwendungen und somit eine höhere Steuerbemessungsgrundlage. Letztendlich trägt ein Unternehmen in diesem Fall mehr Steuerlast. Ferner bedeutet ein steigendes Zinsniveau uU mehr Zinsaufwendungen bei gleichbleibendem EBITDA, wodurch wiederum die Abzugsfähigkeit beschränkt wird. Zusätzlich wird ein Problem bei zeitlichen Verzögerungen von Erträgen infolge einer fremdfinanzierten Investition gesehen. Wenn ein Unternehmen eine Investition tätigt, werden sofort Zinsaufwendungen für Fremdkapital fällig. Der entsprechende Ertrag aus der Investition kann uU mit zeitlicher Verzögerung (sog Time Mismatch) wirksam werden. Eine Möglichkeit zur Lösung dieser Problemfelder ist die Heranziehung eines

106

Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 - 2016 Update (aufgerufen am 26. 4. 2017), 67.

107 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 -

2016 Update (aufgerufen am 26. 4. 2017), 75.

108 Vgl. Zöchling/Brugger, SWK 2016, 1052.

109 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 -

(29)

EBITDA der letzten 3 bis 5 Jahre. Denkbar ist auch ein Vor- bzw. Rücktrag von ungenutztem Zinsaufwand. Die OECD präferiert das Modell des Vortrags ungenützter Zinsaufwendungen. Dies kann durch eine zeitliche und betragliche Begrenzung ergänzt werden.110 Diese Erweiterung zur Glättung von Schwankungen im Zeitverlauf scheint jedenfalls sinnvoll zu sein. Volatilitäten treten im Geschäftsverlauf auf und führen durch die Vortragsmöglichkeit nicht zu steuerlichen Nachteilen für einzelne Unternehmen.

Abschließend bleibt zu erwähnen, dass generell strengere Regelungen möglich sind, die OECD-Vorschläge stellen eine Empfehlung dar.111 Die Implementierung der Maßnahmen liegt im Ermessen der einzelnen Staaten bzw Staatenbünde.112 Hierbei stellt sich die Frage,

warum die empfohlene Zinsschranke nicht genauer spezifiziert wird, um ein einheitliches Regelwerk zu schaffen.113 Laut dem ersten OECD-Bericht zu BEPS ist ein multilaterales Vorgehen notwendig, um BEPS effektiv entgegenzutreten.114 Die vorhandenen Spielräume können zu Steuerwettbewerb zwischen den einzelnen Staaten führen und letztlich ihr Ziel verfehlen. Auf der anderen Seite bleibt Raum, um auf nationale Besonderheiten Rücksicht zu nehmen und die Zinsschranke in das nationale Gesetzeswerk einzubetten. Dies ist auch die Begründung im Bericht für die gewählte Vorgehensweise.

Ferner gibt die OECD das Ziel der einfachen Anwendbarkeit aus. Wenn jedoch die Regelungen um Klauseln ergänzt werden, steigt die Komplexität an. Diese Escape-Klauseln schließen „unverdächtige“ Unternehmen aus und nehmen auf branchenspezifische Gegebenheiten Rücksicht. Letztlich muss der Gesetzgeber abwägen, ob eine einfache Anwendung oder die Rücksichtnahme auf Sonderfälle im Vordergrund steht.115 Je weiter die Zinsschranke gefasst ist, desto komplizierter wird die praktische Anwendung. Allgemein zeigt erst die Umsetzung Probleme und Optimierungspotenzial auf.

110 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 -

2016 Update (aufgerufen am 26. 4. 2017), 71.

111 Vgl. OECD, Limiting Base Erosion Involving Interest Deductions and Other Financial Payments, Action 4 -

2016 Update (aufgerufen am 26. 4. 2017), 83.

112 Vgl. Kofler, Konzernsteuerrecht im Umbruch?, Von BEPS (OECD) zur Anti-BEPS-RL (EU) in Kirchmayr ua

(Hrsg), Anti-BEPS-Richtlinie: Konzernsteuerrecht im Umbruch?1 (2017), 2.

113 Vgl. Zöchling/Brugger, SWK 2016, 1052.

114 Vgl. OECD, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung – Situationsbeschreibung und Lösungsansätze

(aufgerufen am 20. 4. 2017), 60.

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