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5. Derzeitige Rechtslage in Österreich

5.1. Tatbestandselemente des § 12 Abs 1 Z 10 KStG

Das nationale Abzugsverbot lässt sich in mehrere Tatbestandselemente zerlegen. Diese werden nun einzeln betrachtet und analysiert. Hier bedarf es zusätzlicher Auslegung, da das Gesetz an sich einige Unklarheiten bereithält.

5.1.1. Begriff der Zinsen und Lizenzgebühren

Zunächst stellt die Regelung auf den sachlichen Anknüpfungspunkt der Besteuerung ab.

Sowohl Zinsen als auch Lizenzgebühren können vom Abzugsverbot erfasst werden. Dabei verweist der Gesetzgeber auf § 99a Abs 1 zweiter und dritter Satz EStG. Auch hier wird ein weiter Zinsbegriff verwendet, der sich an Art 11 OECD-MA orientiert.155 „Einkünfte aus Forderungen jeder Art“ gelten als Zinsen iSd § 99a Abs 1 dritter Satz EStG. Der Gesetzgeber ergänzt, dass auch besicherte Forderungen sowie jene die am Gewinn des Schuldners beteiligen, inkludiert sind. Auch Zinsen aus partiarischen Darlehen und echten stillen Beteiligungen sind erfasst.156 Im weiteren Verlauf werden öffentliche Anleihen und Obligationen inklusive damit in Verbindung stehender Aufgelder explizit genannt. Die Einstufung beim Empfänger als Zinsen ist für die Anwendung nicht von Bedeutung.157 Der weite Zinsbegriff schließt auch Zahlungen iVm hybriden Finanzinstrumenten in die Regelung ein.158 Damit greift der Gesetzgeber die erkannten Probleme aus dem BEPS-Bericht iZm mit solchen Finanzierungsformen auf, die für Gewinnverkürzung und -verlagerung verwendet werden können.

154 Vgl. Zöchling/Plott, AbgÄG 2014: Das neue Abzugsverbot für niedrigbesteuerte Zinsen und Lizenzgebühren, RdW 2014, 243.

155 Vgl. Körperschaftsteuerrichtlinien 2013, Rz 1266 aj.

156 Vgl. KStR 2013, Rz 1266aj.

157 Vgl. KStR 2013, Rz 1266aj.

158 Vgl. Binder, Niedrig-besteuerung und Ausgabenabzug, in Lang/Marchgraber/Rust (Hrsg), Niedrigbesteuerung im Unternehmenssteuerrecht (2016), 66 (70).

§ 99a Abs 1 zweiter Satz EStG definiert zusätzlich die Lizenzgebühren, nämlich als

„Vergütungen jeder Art, die für die Benutzung oder für das Recht auf Benutzung von Urheberrechten“ verschiedenster Ausprägung gewährt werden. Als Beispiele seien literarische und wissenschaftliche Werke, Kunst, Filme und Software genannt. Diese Begriffsbestimmung orientiert sich an Art 12 OECD-MA, ist jedoch weiter gefasst.159 Der Lizenzgebührenbegriff des KStG inkludiert auch Zahlungen für Leasinggeschäfte.160 Dabei handelt es sich um ein Nutzungsrecht an kaufmännischer, gewerblicher oder wissenschaftlicher Ausstattung. Die gesetzliche Einstufung beim Empfänger ist wiederum für die Anwendung der Regelung nicht relevant.161

5.1.2. Zahlungsempfänger und Nutzungsberechtigter

Im nächsten Schritt ist abzuklären, wer tatsächlicher Empfänger der Zinsen oder Lizenzgebühren ist. Das Gesetz verlangt eine Zahlung an Körperschaften. Grundsätzlich ist der Empfänger der inländische oder ausländische Vertragspartner der österreichischen Körperschaft. Dem Grunde nach kommen nur Steuersubjekte iSd österreichischen Steuergesetze in Frage, denen Einkünfte zugerechnet werden können.162 Personengesellschaften sind demnach nicht als Zahlungsempfänger einzustufen, hier ist auf den Gesellschafter abzustellen. Im Zuge dieser persönlichen Anknüpfung als Tatbestandselement verweist die Bestimmung auf § 1 Abs 2 Z 1 KStG. Hier werden juristische Personen des privaten Rechts genannt. Das sind insbesondere Kapitalgesellschaften (AG, SE und GmbH), Stiftungen, Genossenschaften und Vereine.163 Zahlungen an Körperschaften öffentlichen Rechts sind von der Bestimmung nicht betroffen.164 Ist der ausländische Empfänger mit den genannten Gesellschaftsformen vergleichbar, ist dieses Tatbestandselement erfüllt. Hier ist ein Typenvergleich vorzunehmen.165 Dabei werden die wesentlichen Merkmale von Gesellschaftsformen verglichen, das wäre bspw die Ausprägung der Haftung der Gesellschafter.

Außerdem weisen die KStR 2013 darauf hin, dass der Zahlungsempfänger die Möglichkeit haben muss, Leistungen zu erbringen bzw zu verweigern. Hierfür ist Substanz wie zB gewisse Betriebsgebäude und Betriebsmittel erforderlich. Gesellschaften ohne wesentliche Substanz kommen daher nicht in Frage. Hier sind bspw Zweckgesellschaften denkbar, die

159 Vgl. Amberger/Petutschnig, Abgabenänderungsgesetz 2014 - Änderungen im EStG und KStG für Unternehmen, ÖStZ 2014, 70.

160 Vgl. Lachmayer, § 12 KStG, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock (Hrsg), Die Körperschaftsteuer25 (2014), 51.

161 Vgl. KStR 2013, Rz 1266ak.

162 Vgl. KStR 2013, Rz 1266am.

163 Vgl. Lachmayer in Quantschnigg ua, KStG, 51.

164 Vgl. ErlRV 24 BlgNR 25. GP 2014, 13.

165 Vgl. Binder in Lang ua, 74.

mit wenigen Mitarbeitern operieren und gegründet wurden, um bestimmte steuerliche Vorteile zu erlangen. Solche SPE kommen laut KStR 2013 als Zahlungsempfänger iSd Regelung nicht in Frage.

Das Abzugsverbot zielt auf den Nutzungsberechtigten der Zinszahlungen ab. Stimmen Zahlungsempfänger und Nutzungsberechtigter nicht überein, ist auf Letzteren abzustellen.

Damit will der Gesetzgeber auf ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem Empfänger und wirtschaftlich Nutzungsberechtigtem reagieren und sog „back-to-back-Finanzierungen“

erfassen.166 Das ist eine Bereitstellung von Kapital, wo ein Dritter dazwischengeschaltet wird.

Solche „back-to-back-Finanzierungen“ könnten ansonsten zur Umgehung des Abzugsverbots verwendet werden. Zur Definition des Nutzungsberechtigten ist

§ 99a Abs 3 EStG als Ergänzungsnorm heranzuziehen, da in § 12 Abs 1 Z 10 KStG selbst keine Begriffsbestimmung erfolgt.167 Der Nutzungsberechtigte erhält die Zins- und Lizenzgebühren zu seinen eigenen Gunsten und die Grundlage der Zahlung – also die Forderung, die Nutzung oder das Recht auf Nutzung – steht mit dem empfangenden Unternehmen in konkretem Zusammenhang. Die Zurechnung erfolgt nach wirtschaftlichen Kriterien, der Nutzungsberechtigte ist nicht nur Zwischenträger. Er hat das Unternehmerrisiko, also Chancen und Risiken, gleichermaßen zu tragen.168 Daher sind Treuhänder, Vertreter oder Bevollmächtigte einer anderen Person idR keine Nutzungsberechtigten. Diese verfügen nur über eine eingeschränkte Dispositionsmöglichkeit.

Die KStR 2013 geben hierzu weitere Hinweise. Als Indizien für eine fehlende Nutzungsberechtigung gelten die vertragliche Verpflichtung zur Weiterleitung der Zahlungen, das Fehlen von eigenem Personal und Betriebsräumlichkeiten (keine Substanz) sowie die Refinanzierung von vergebenen Krediten durch ein konzerninternes Darlehen. Solche Gestaltungen geben Hinweise auf eine fehlende Nutzungsberechtigung. Durch dieses Konzept soll die Umgehung des Abzugsverbots durch Zwischenschaltung einer weiteren Gesellschaft vermieden werden. Bei der Beurteilung sind die Verhältnisse jeweils gesamthaft zu betrachten.169

5.1.3. Zugehörigkeit zu einem Konzern

Ein weiteres Tatbestandselement ist die Konzernzugehörigkeit der empfangenden Körperschaft. Dies bestimmt § 12 Abs 1 Z 10 Lit b KStG, jedoch ohne näher zu definieren.

Hier wird bloß eine unmittelbare oder mittelbare Konzernzugehörigkeit gefordert, alternativ

166 Vgl. Lachmayer in Quantschnigg ua, KStG, 52.

167 Vgl. Hirschler, Ausgewählter Überblick über ertragsteuerliche Änderungen durch das 2. AbgÄG 2014, ÖStZ 2014, 557.

168 Vgl. Polivanova-Rosenauer, AbgÄG 2014: Abzugsverbot für Zinsen und Lizenzgebühren, taxlex 2014, 105.

169 Vgl. KStR 2013 2013, Rz 1266ar.

der beherrschende Einfluss desselben Gesellschafters. Im Ertragssteuerrecht existiert kein eigener Konzernbegriff.170 Wenn die gängige Verwaltungspraxis herangezogen wird, ist der gesellschaftsrechtliche Konzernbegriff maßgeblich.171 Als Ergänzungsnorm wird § 15 AktG bzw der gleichlautende § 115 GmbHG herangezogen. Dieser definiert die Beherrschung und die einheitliche Leitung als Tatbestände. Als Mittel der Konzernbildung durch einheitliche Leitung kommen Beteiligungen in Frage, aber auch personelle Verflechtungen, vertragliche Beziehungen oder wesentliche Finanzierungen.172 Besonders den finanziellen Verflechtungen kommt eine hohe Bedeutung zu.173 Somit sind nicht nur die rechtlichen, sondern auch die faktischen Verhältnisse zu beurteilen und der Begriff der einheitlichen Leitung ist weit zu interpretieren.

Zusätzlich ist die Beherrschung als Tatbestand der Konzernbildung zu nennen.174 Grundsätzlich können alle Gesellschafter Beherrschung ausüben, die an einer Körperschaft konzernartig beteiligt sind.175 Daher kommen auch natürliche Personen, Personengesellschaften oder Körperschaften öffentlichen Rechts in Frage. Bei der Frage, ob eine Beherrschung vorliegt, muss wiederum der Einzelfall beurteilt werden. Hier kann keine Grenze (zB von 50 %) festgelegt werden. Bereits eine Beteiligung von unter 50 % führt zur Beherrschung, wenn die restlichen Aktien im Streubesitz sind.176 Die Beherrschung erfordert ein höheres Maß an Integration der beteiligten Unternehmen als die einheitliche Leitung.177 Sie ist als Ergänzung zur einheitlichen Leitung zu sehen, welche idR bereits früher zu einer Konzernbildung iSd § 15 AktG führt, da sie weiter auszulegen ist.

5.1.4. Steuerbefreiung oder Niedrigbesteuerung

Grundsätzlich erfasst dieses Tatbestandselement Sachverhalte, wo die Besteuerung der Zins- und Lizenzeinkünfte beim Empfänger unter 10 % liegt. Dies ist das wesentliche Element der Bestimmung. Diese Passage untergliedert der Gesetzgeber in vier Teilstriche, um zu präzisieren und verschiedenen Fälle zu erfassen.

Zunächst legt die Norm eine persönliche oder sachliche Befreiung der Zinszahlungen beim Empfänger als Tatbestandselement fest. Ist die empfangende Körperschaft als Person steuerbefreit, greift das Abzugsverbot. Jedoch ist eine vollständige persönliche Befreiung nicht notwendig. Sie muss lediglich den Effekt haben, dass die jeweiligen Zinsen und

170 Vgl. Binder in Lang ua, 75.

171 Vgl. Polivanova-Rosenauer, taxlex 2014, 105.

172 Vgl. KStR 2013, Rz 1125 f.

173 Vgl. Lachmayer in Quantschnigg ua, KStG, 45.

174 Vgl. Lachmayer in Quantschnigg ua, KStG, 46.

175 Vgl. KStR 2013, Rz 1126.

176 Vgl. Peyerl, ÖStZ 2014, 223.

177 Vgl. Lachmayer in Quantschnigg ua, KStG, 47.

Lizenzgebühren nicht besteuert werden.178 Im innerstaatlichen Bereich können Zahlungen an gemeinnützige, kirchliche und mildtätige Organisationen iSd § 5 Z 6 KStG vom Abzugsverbot betroffen sein.179 Eine sachliche Befreiung liegt ferner vor, wenn bestimmte Einkünfte keiner Besteuerung unterliegen. Sind die Zinsen oder Lizenzgebühren einer steuerbefreiten Einkunftsart zuzuordnen, greift die Bestimmung.180 Ein Beispiel dafür wären Lizenzzahlungen, die im Empfängerstaat als steuerbefreite Dividenden angesehen werden.181 Dieser Teilstrich kommt jedoch nicht zur Anwendung, wenn zB wegen einer Gruppenbesteuerungsregelung die Einkünfte nicht bei der empfangenden, sondern bei einer anderen Körperschaft besteuert werden.182

Der folgende Teilstrich bestimmt einen nominalen Steuersatz von unter 10 % als Tatbestandselement. Hier ist der Steuersatz jener Einkunftsart von Bedeutung, der die Zinsen und Lizenzgebühren zuzurechnen sind. Andere Einkunftsarten und ihre Besteuerung sind nicht relevant.183 Zu erwähnen ist, dass nicht nur vergleichbare nationale Körperschaftsteuern zu berücksichtigen sind, sondern auch Steuern nachgelagerter Gebietskörperschaften sowie sonstige Ergänzungsabgaben, die sich auf dieselbe Bemessungsgrundlage beziehen.184 In diesem Fall sind die Steuersätze zu addieren und darauf die 10-%-Grenze anzuwenden. Unerheblich für den nominellen Steuersatz ist die Behandlung etwaiger Gewinnausschüttungen an die Anteilseigner. Hier sind die Bemessungsgrundlagen unterschiedlich und daher ist die Ausschüttung nicht von Relevanz.

Außerdem greift das Abzugsverbot bei einer effektiven Steuerlast von unter 10 % aufgrund von Steuerermäßigungen. Dies ist ergänzend zum vorigen Abstellen auf den nominellen Steuersatz zu sehen.185 Hier ist eine Schmälerung der Bemessungsgrundlage gemeint, nicht wie vorher ein niedriger Steuersatz an sich. Als Steuerermäßigung kommt eine teilweise Steuerbefreiung oder ein fiktiver Betriebsausgabenabzug in Frage.186 Sie müssen sich direkt auf die Zinsen und Lizenzgebühren beziehen.187 Verlustvorträge gelten nicht als Steuerermäßigung, sofern sie nicht direkt mit einer Steuerermäßigung iVm Zinsen und Lizenzgebühren in Verbindung stehen. Auch eine Begünstigung iZm anderen Einkunftsarten ist nicht schädlich. Wenn die Zahlungen an eine Betriebsstätte geleistet werden, ist die steuerliche Behandlung der Betriebsstätte von Relevanz. Ist in einem DBA mit dem

178 Vgl. KStR 2013, Rz 1266ba.

179 Vgl. Lachmayer in Quantschnigg ua, KStG, 54.

180 Vgl. KStR 2013, Rz 1266ba.

181 Vgl. Dziurdz/Marchgraber, Überlegungen zum konzerninternen Abzugsverbot für „niedrig besteuerte“ Zinsen und Lizenzgebühren, ÖStZ 2014, 378.

182 Vgl. ErlRV 24 BlgNR 25. GP, 13.

183 Vgl. KStR 2013, Rz 1266be.

184 Vgl. Lachmayer in Quantschnigg ua, KStG, 55.

185 Vgl. ErlRV 24 BlgNR 25. GP, 13.

186 Vgl. KStR 2013, Rz 1266bi.

187 Vgl. Lachmayer in Quantschnigg ua, KStG, 56.

Betriebsstättenstaat die Befreiungsmethode festgelegt, kommt das Abzugsverbot zur Anwendung.

Im vierten Teilstrich werden Steuerrückerstattungen als Tatbestandselement festgelegt, die zu einer Besteuerung von unter 10 % führen. Dabei wird auf Steuerregime abgestellt, wo der nominelle Steuersatz zwar über 10 % liegt, in weiterer Folge aber ein Teil der Abgaben wieder rückerstattet wird (zB in Malta).188 Dies führt zu einer effektiven Niedrigbesteuerung.

Für die Bestimmung sind sowohl Zahlungen an Gesellschafter als auch an die Gesellschaft relevant.

Steuerermäßigungen und –rückerstattungen finden auch Berücksichtigung, wenn sie in einem späteren Wirtschaftsjahr erfolgen. Insbesondere Rückerstattungen werden idR in späteren Wirtschaftsjahren gewährt. Der Gesetzgeber legt aber den Zeitrahmen auf 5 Jahre fest, andernfalls tritt ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO. In diesem Fall kann ein Antrag bei der zuständigen Abgabenbehörde auf Abänderung des Bestands bzw Umfangs der Steuerzahlung gestellt werden.

5.1.5. Ausnahme für Risikokapitalbeihilfen

Zuletzt legt die Bestimmung noch eine Ausnahme fest, nämlich für Risikokapitalbeihilfen.

Zahlungen an Körperschaften, die im Bereich Venture Capital oder Private Equity tätig sind, werden vom Abzugsverbot nicht berührt. Die KStR 2013 verweisen auf die Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen in kleine und mittlere Unternehmen sowie die Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen. Darin wird Risikokapital als die Beteiligung oder Finanzierung von Unternehmen in frühen Phasen des Wachstums definiert. Körperschaften, die mit der Bereitstellung von Kapital für solche Unternehmen beschäftigt sind, werden vom Abzugsverbot exkludiert.189