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2. Nephrotoxizität

2.3. Arzneimittel

2.3.5. Zytostatika

Die Nephrotoxizität ist eine häufige Nebenwirkung von Ciclosporin A. Bei Anwendung nach einer Nierentransplantation sind die Nebenwirkungen kaum von Abstoßungsreaktionen zu unterscheiden.

Entscheidend ist die Änderung der Hämodynamik, wahrscheinlich ausgelöst durch Aktivierung des Renin-Angiotensin-Systems und damit verbundene Vasokonstriktion der afferenten Arteriolen. Diese Veränderungen können auch irreversibel werden.

2.3.5. Zytostatika

Das Wachstum bösartiger Tumore ist dadurch problematisch, dass es invasiv und zerstörend in gesundes Gewebe eindringt. Tumorzellen sind entartete Zellen, die keinem Kontrollmechanismus mehr folgen und sich daher schnell und ohne räumliche Begrenzung vermehren. Die kurzen Proliferationsphasen werden bei der Therapie mit Zytostatika genutzt.

Diese greifen an unterschiedlichen Stellen der Zellteilung an und verzögern bzw. unterbinden diese. Daher sind Zellen mit hohen Teilungsraten, wie die Tumorzellen, aber zum Beispiel auch die für das Haarwachstum verantwortlichen Zellen, stärker betroffen als langsam teilende.

Cisplatin

Es handelt sich hierbei um eine Verbindung mit einem zentralen Platinatom, an das 2 Chloratome und 2 NH3-Gruppen gebunden sind.

Wirkmechanismus:

Die reaktive Form des Cisplatin wird intrazellulär gebildet und reagiert dann bevorzugt mit Guanin und Adenin. Dadurch kommt es zu Quervernetzungen innerhalb eines DNA –

Stranges oder zwischen zwei benachbarten DNA-Strängen, wodurch die Zellteilung besonders in der S-Phase gehemmt wird.

Indikation:

Cisplatin wird überwiegend verwendet bei Tumoren des Urogenitaltraktes, sowie im Lungen- und Kopf-Hals-Bereich.

Kinetik:

Cisplatin wird intravenös gegeben. Es ist gut gewebegängig und wird zu 90% an Serumprotein gebunden. Die Elimination erfolgt über die Niere (glomerulär filtriert und durch Tubuluszellen sezerniert) mit einer Halbwertszeit für Gesamtplatin zwischen 30,5 und 107 Stunden.

Cisplatin kumuliert neben der Niere auch in weiteren Organen wie Leber, Gebärmutter, Haut und Knochen. So finden sich auch noch 2 – 4 Wochen nach der Behandlung hohe Cisplatin-Konzentrationen in der Niere.

Nebenwirkung Nephrotoxizität:

Durch den Wirkmechanismus und die mit Schwerpunkt in der Niere liegende Verteilung ist Cisplatin dosisabhängig stark nephrotoxisch. Diese Nebenwirkung ist bei der Behandlung dosislimitierend. Es kommt zu einer Azotämie (= Proteine im Blut), Polyurie und akutem Nierenversagen. Die zahlreichen physiologischen Veränderungen finden sich in der Tabelle im Anhang.

Betroffen sind sowohl glomeruläre (z.B. Verdickung der Basalmembran) als auch tubuläre Strukturen (Verlust des Bürstensaums, Zellschwellung, kugelförmige Mitochondrien, Zunahme von Anzahl und Größe von Lysosomen). Es werden Tubulusfunktionsstörungen bis hin zu irreversiblen Tubulusnekrosen bei bis zu 30% der Behandelten beschrieben.

Der genaue Mechanismus ist noch nicht geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass neben oben genannten Veränderungen die Kumulation von Cisplatin in den Mitochondrien der Tubuluszellen eine bedeutende Rolle spielt. Man findet einen Aktivitätsverlust der für die Atmungskette verantwortlichen Enzyme, wodurch aktive tubuläre Transportprozesse nur noch eingeschränkt möglich sind. Ein Zusammenhang mit dem „Platelet Activating Factor“

(PAF) scheint aufgrund der ähnlichen Wirkungen gegeben zu sein. Weiterhin könnte eine einsetzende Lipidperoxidation an den nephrotoxischen Nebenwirkungen beteiligt sein.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten (zum Beispiel durch gleichzeitige Gabe von Mannitol, Furosemid oder PAF-Antagonisten) die Nephrotoxizität herabzusetzen, was in der Klinik häufig genutzt wird.

Insgesamt wird die Anwendung von Cisplatin aber nicht nur durch seine Nephrotoxizität eingeschränkt, sondern auch durch die sich im Laufe der Therapie entwickelnde

Wirkstoffresistenz des Tumorgewebes. So gibt es inzwischen Analoga, die bei gleicher Wirksamkeit über ein deutlich geringeres Nebenwirkungspotential verfügen.

Merke:

Die Nephrotoxizität von Cisplatin betrifft nahezu alle Bereiche der Niere. Die Schädigungen zeigen sich in Form von Tubulusnekrosen bis hin zum akuten Nierenversagen. Für die Nebenwirkung wird besonders die Kumulation von Cisplatin in der Niere, und dort besonders in den Mitochondrien der Tubuluszellen, verantwortlich gemacht. Dadurch kommt es durch Hemmung von Enzymen zu einer Störung der mitochondriellen Atmung, und dadurch zur Einschränkung aktiver Transportvorgänge.

Es gibt verschiedene Stoffe, die bei gleichzeitiger Gabe protektiv wirken können, doch wird auch aufgrund einer zu befürchtenden Wirkstoffresistenz oftmals auf ein Analogon ausgewichen.

Ifosfamid

Ifosfamid ist ein Oxazaphosphorin und gehört zur Gruppe der Alkylantien. Es ist ein Analogon von Cyclophosphamid, das bereits 1958 als Tumortherapeutikum eingeführt wurde.

Wirkmechanismus:

Es wird in der Leber durch Hydroxylierung aktiviert und dabei in Acrolein und Ifosfamidmustard umgewandelt. Acrolein reagiert durch seine alkylierende Wirkung mit zwei Guaninbasen und führt so zu Vernetzungen der beiden Stränge der DNA-Doppelhelix. So wird auch hier wie beim Cisplatin der Zellzyklus gestört.

Indikation:

Auch Ifosfamid ist ein Tumortherapeutikum, das besonders zur Therapie von Hodentumoren, Sarkomen, Lymphomen und Eierstockkrebs verwendet wird.

Kinetik:

Ifosfamid wird nur intravenös verabreicht und hat so Nachteile gegenüber den oral applizierbaren Strukturverwandten.

Nebenwirkung Nephrotoxizität:

Beide genannten Metaboliten haben toxische Wirkung. Das Acrolein ist dabei verantwortlich für die starke Urotoxizität des Wirkstoffs, wobei besonders die Harnblasenschleimhaut

betroffen ist. Dies kann durch gleichzeitige Gabe von Mesna (2-Mercaptoethansulfonat-Na), das mit Acrolein in der Harnblase reagiert, vermieden werden.

Das Ifosfamid-induzierte Nierenversagen wird ausgelöst bei etwa 10-20% der Behandelten und ist begleitet von Tubulusnekrosen und funktionellen Schäden, z.B. gemischte proximale und distale tubuläre Azidose. In Kombinationstherapie mit Cisplatin sind deutlich häufiger nephrotoxische Nebenwirkungen zu erwarten.

Methotrexat

Methotrexat gehört zur Gruppe der Folsäure-Antagonisten, und gilt als eines der ersten erfolgreich eingesetzten Tumortherapeutika.

Abb. 13 Methotrexat Fertigspritze

Wirkmechanismus:

Durch seine Strukturähnlichkeit zur Folsäure bindet Methotrexat an die Dihydrofolat-Reduktase mit deutlich höherer Affinität als die Dihydrofolsäure selbst. Dadurch wird die Umwandlung zu 5-Formyl-Tetrahydrofolsäure gehemmt, das für die Synthese von Nukleinsäuren essentiell ist. Die DNA-Synthese wird gestört.

Indikation:

Es findet seinen Einsatz bei verschiedenen Tumorarten, besonders bei Chorion-, Osteo- oder Mammakarzinom.

Weiterhin wird es angewendet bei rheumatoider Arthritis und schweren Formen der Psoriasis. Doch sind bei diesen Anwendungsgebieten die Dosierungen deutlich niedriger und die Therapie damit nebenwirkungsärmer.

Kinetik:

Methotrexat wird oral gut resorbiert, bei höheren Dosierungen ist aber eine i.v.-Gabe notwendig. Es bindet zu 70% an Plasmaproteine und wird innerhalb von 12 Stunden hauptsächlich unverändert über die Niere ausgeschieden. Beim Hauptmetaboliten 7-OH-Methotrexat handelt es sich um eine aktive Wirkform. Da es im sauren (Nieren-)Milieu deutlich schlechter löslich ist, kann es in der Niere zu Ausfällungen kommen.

Nebenwirkung Nephrotoxizität:

Es wird angenommen, dass Methotrexat und sein Hauptmetabolit direkt toxisch auf die Glomerulus- und Tubuluszellen wirkt. Die Abnahme der GFR und die Nekrosen der renalen Tubuli, die unter Methotrexatgabe zu beobachten sind, entstehen unabhängig von oben genannten Ausfällungen.

Bei der Hochdosistherapie wird zusätzlich der Antimetabolit Formyltetrahydrofolsäure verabreicht („Leucovorin-Rescue“ oder „Citrovorum-Faktor-Rescue“). Dieser gelangt über einen aktiven Transporter in die gesunden Zellen und unterdrückt dort die Methotrexatwirkung, während die Diffusion in die Tumorzellen bei defektem Transporter nur für Methotrexat möglich ist. So erreicht man eine Reduzierung der Nebenwirkungen.

Weiterhin ist es möglich durch gleichzeitige Gabe vom gentechnologisch hergestellten Enzym Carboxypeptidase-G2 Methotrexat schnell und zu unschädlichen Metaboliten zu metabolisieren. Beide Möglichkeiten werden in der Kombinationstherapie genutzt.

Doxorubicin

Das Anthracyclin Doxorubicin gehört zu den Antibiotika mit cytostatischer Wirkung.

Ursprünglich wurde es aus den Kulturen von Streptomyces peucetius gewonnen. Es handelt sich um einen Tetracyclinring, der gykosidisch an einen Aminozucker gebunden ist.

Wirkmechanismus:

Doxorubicin lagert sich zwischen die Basenpaare der DNA-Doppelhelix und verhindert damit die DNA- und RNA-Synthese während des gesamten Zellzyklus. Durch Stoffwechselprozesse bilden sich weiterhin Semichinonradikale, die zu Strangbrüchen führen.

Indikation:

Der Wirkstoff findet Anwendung bei vielen soliden Tumoren, so bei Mamma-, Bronchialkazinomen, bei Lymphomen und diversen Weichteilsarkomen.

Kinetik:

Doxorubicin wird intravenös appliziert. Es reichert sich in verschiedenen Geweben an. In der Leber und anderen Organen wird es zu zahlreichen Metaboliten verstoffwechselt, nur ein geringer Anteil wird unverändert renal ausgeschieden. Die Elimination erfolgt weitgehend biliär, die Halbwertszeit beträgt 30 – 50 Stunden.

Nebenwirkung Nephrotoxizität:

Doxorubicin lagert sich bei chronischer Behandlung vermehrt in die Epithelzellen des Glomerulus ein. Dort sind dann auch überwiegend die Schädigungen in Form von glomerulären Sklerosen festzustellen, wobei besonders die juxtamedullären Nephrone betroffen sind. Es wird vermutet, dass die daraufhin fortschreitende Abnahme der GFR durch diese Sklerosen, und damit der Verminderung der Filtrationsfläche bedingt wird.

Der Mechanismus der Doxorubicin-induzierten Nephrotoxizität ist noch nicht geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass durch mikrosomale Enzyme (Cytochrom P450-Reduktase und Xathinoxidase) Doxorubicin zu Semichinonradikalen reduziert wird. Diese reagieren dann unter Entstehung von reaktiven Sauerstoffspezies, welche wiederum Lipidoxidationen und DNA-Strangbrüchen auslösen.

Es gibt verschiedene Stoffe, wie Enalapril, 5-Lipidoxygenase-Inhibitoren oder PAF-Antagonisten, die protektiv wirken können.