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5. Diskussion

5.4 Zusammenhänge zwischen Hp-, IgG- und IgA-Konzentrationen in Serum und

der reifen Milch besitzen, als die Tiere aus der Lochbodenhaltung. Signifikant sind diese Konzentrationsunterschiede des IgA jedoch nur zum Zeitpunkt 7 Tage p.p.. Ursachen für die unterschiedlichen IgA-Gehalte sind möglicherweise dieselben wie die, die bereits für den Parameter IgG diskutiert wurden.

Einflussfaktor Lebendhefe-Fütterung

Ein Behandlungseffekt der Lebendhefe auf die IgA-Konzentrationen in Kolostrum und reifer Milch war im Rahmen dieser Arbeit nicht feststellbar. Die Erklärungsansätze sind ähnlich denen, die bereits im Abschnitt „Versuchsbedingte Einflussfaktoren auf die IgG-Konzentration im Kolostrum und der reifen Milch, Einflussfaktor Lebendhefe-Fütterung“

diskutiert wurden.

Zusammenhang zwischen IgA-Konzentrationen in Kolostrum sowie reifer Milch und Leistungsparametern

Es konnte kein Zusammenhang zwischen der IgA-Konzentration im Kolostrum und der Anzahl der geborenen Ferkel sowie dem Wurfgewicht festgestellt werden. Bei Betrachtung der Funktion von IgA ist dieses Ergebnis nicht verwunderlich. IgA, das vor allem in der reifen Milch hohe Konzentrationen besitzt, ist vor allem für den langfristigen Schutz der neonatalen Darmmucosa verantwortlich. Mittels spezifischer IgA-Antikörper, vor allem gegenüber enteralen Pathogenen, erzeugt das über die Milch aufgenommene IgA eine optimale passive Immunität v.a. lokal im Darm des Ferkels. Ein Zusammenhang zwischen höheren IgA-Konzentrationen und damit verbundenen besseren Zunahmeleistung von Ferkeln wie sie Wiechern (1993) beobachtete, konnte in den eigenen Untersuchungen nicht festgestellt werden.

5.4 Zusammenhänge zwischen Hp-, IgG- und IgA-Konzentrationen in Serum und

Bei Betrachtung der Funktion beider Parameter ist festzustellen, dass beide, wenn auch auf verschiedenen Wegen, mit spezifischen und unspezifischen Reaktionen des Immunsystems eine wichtige protektive Funktion für den menschlichen und tierischen Organismus besitzen.

IgG sowie Hp sind Komponenten in einem funktionellen System zur Erhaltung der Individualstruktur durch Abwehr körperfremder Substanzen und durch Bewahrung bzw.

Wiederherstellung der Homöostase. Die komplexe systemische Reaktion des Organismus auf bakterielle Infektionen oder Gewebeverletzungen in Form der Akute-Phase-Antwort ist Teil des Immunsystems. Antigene werden von phagozytierenden Zellen (Makrophagen, Monozyten und neutrophile Granulozyten) aufgenommen, an die Moleküle des Haupthistokompatibilitätskomplexes (MHC-Komplex) gebunden und an der Zelloberfläche präsentiert. Nach Präsentation eines Antigens durch die entsprechenden Zellen, interagieren diese v.a. mit T-Lymphozyten. Als Folge des Zell zu Zell-Kontakts zwischen antigenpräsentierenden Makrophagen und den T-Lymphozyten, sezerniert der Makrophage das Polypeptid Il-1. Dieses Zytokin bindet an den Il-1 Rezeptor der TH1-Lymphozyten und stimuliert diese zur Bildung von Il-2 und Interferon-γ. Genauer betrachtet bedeutet dies, dass die Antigenbindung an den T-Zell-Rezeptor (TZR) und ein ko-stimulatorisches Signal (Il-1) bei der T-Zelle sowohl zur Il-2 Ausschüttung, als auch zur Expression des hochaffinen Il-2-Rezeptors (Il-2-R) führt. Die nachfolgende autokrine Interaktion von Il-2 mit seinem Rezeptor bewirkt den Eintritt der Zelle in den Zellzyklus und damit die klonale Expansion der T-Zelle und die Differenzierung zur T-Effektorzelle (Gaffen et al., 1998). Il-2 stimuliert ebenfalls die Proliferation und Differenzierung von Monozyten. Interferon-γ hat eine wichtige Funktion bei der Abwehr von Virusinfektionen. Die aktivierten TH2-Lymphozyten produzieren den B-Zell-Wachstumsfaktor, Il-4 („B-cell growth factor“) und Il-6 (B-Zell-Differenzierungsfaktor).

B-Lymphozyten proliferieren unter dem Einfluss dieser Faktoren und differenzieren zu Antikörper-produzierenden Plasmazellen. Das Il-6 ist der primäre Initiator der Synthese von APP und v.a. auch von Hp (Marinkovic et al., 1989).

Welche Rolle nimmt nun das Hp in diesen Vorgängen ein?

Dobryszycka (1997) beschreibt Hp als einen natürlichen Antagonisten der Rezeptor-vermittelten Aktivierung des Immunsystems. Hp gilt als ein potenter Immunsuppressor der Lymphozytenfunktion und als modulierendes Element der T-Helferzellen vom Typ TH1 und TH2 (Sadrzadeh und Bozorgmehr, 2004). Bei in vitro Versuchen konnten Arredouani et al.

(2003) feststellen, dass Hp einen stark inhibitorischen Effekt auf die Zytokinfreisetzung der TH2-Zellen („antibody promoting cells“/anti-inflammatorische Zellen) besitzt. Wird die Kaskade der Zytokinfreisetzung unterdrückt, so resultiert dies, aufgrund mangelhafter

Stimulation und Differenzierung der Zellreifung, in einer reduzierten Produktionsmenge von Antikörpern. Hp scheint durch diese Eigenschaft indirekt Einfluss auf die Menge der produzierten Antikörper zu besitzen.

Auf den ersten Blick hat es den Anschein, dass Hp nun eher ein Antagonist als ein Protagonist für die Bildung und die Funktion von Immunglobulinen darstellt. Weiter stellt sich die Frage, ob ein hoher Hp-Gehalt mit der damit verbundenen Unterdrückung der Lymphozyten- Blastogenese (Baseler und Burrell, 1983 sowie Murata und Miyamoto, 1993) sich generell in einem niedrigen Antikörper-Gehalt widerspiegelt. Baseler und Burell (1983) berichteten, dass hohe Hp-Konzentrationen im Serum die B-Zell-Proliferation unterdrücken. Aus diesem Grund vermuten die Autoren, dass Hp-Konzentrationen ab einem bestimmten noch unbekannten Gehalt mit reduzierten Antikörperkonzentrationen einhergehen könnten.

Niedrigere Konzentrationen von Hp hingegen fördern die Proliferation von B-Lymphozyten solange der inflammatorische Stimulus nicht so groß ist, dass er zu einem stark erhöhten Hp-Gehalt führt. Zusammengefasst würde dies bedeuten, dass die Wirkung von Hp auf das Immunsystem stark abhängig von der jeweiligen Hp-Konzentration ist. Die Quantität scheint den Ausschlag zu geben, ob Hp das Immunsystem protegiert oder bremst. Bei sehr hohen Hp-Konzentrationen wäre eher ein negativer Zusammenhang zwischen Hp-Konzentration und Immunglobulingehalt zu erwarten. Ein nicht bzw. nur moderat erhöhter Hp-Gehalt hingegen führt zu physiologischen oder auch zu erhöhten Antikörperkonzentrationen und somit zu einer verbesserten Abwehrlage des Tieres. Wo die Konzentrationsgrenze der veränderten Wirkung des Hp ist, bleibt jedoch noch offen und ist im Rahmen dieser Arbeit nicht zu beantworten.

Gleichwohl werden diese grundsätzlichen Zusammenhänge durch die Beobachtungen im eigenen Versuch unterstützt.

Arredouani et al. (2003) nehmen an, dass Hp und andere APP die Funktion besitzen, das Immunsystem in Balance zu halten. Diese Theorie liefert eine mögliche Erklärung für die abhängig vom Konzentrationsgrad unterschiedlich erscheinende Funktion von Hp.

Auch im Zuge der APR besitzt Hp eine regulative Funktion. Der Konzentrationsanstieg von Hp während einer APR führt zu einem negativen „feed-back“ Effekt, der die Qualität und Quantität der Zytokinproduktion und -wirkung dämpft. Das Ergebnis dieser negativen Rückkopplung ist eine geringere Hp-Synthese. Eine überschiessende, dem Organismus Schaden zufügende Immunantwort wird dadurch vermieden.

Bei den eigenen Ergebnissen der Hp- und IgG-Konzentrationen im Serum waren zu keinem Beprobungszeitpunkt Zusammenhänge zu beobachten. Vor dem Hintergrund der vorstehend

diskutierten Arbeiten ist dies verständlich, da im eigenen Versuch nur Sauen beprobt wurden, die als klinisch gesund galten. Extrem hohe bzw. erhöhte Hp-Konzentrationen waren nicht vorhanden. IgG-Konzentrationen waren im unteren Normbereich der in der Literatur angegeben Daten zu finden. Möglicherweise liegen die Konzentrationen der beiden Parameter in einem „neutralen“ Bereich, der beide unbeeinflusst lässt.

Mit Blick auf die Zusammenhänge der Hp-Konzentrationen zwischen Milch und Serum konnte lediglich am 21. und 28. Tag p.p. eine positive Korrelation gefunden werden. Dies steht im Gegensatz zu den Erkenntnissen beim Rind (Eckersall et al., 2001). Dass zwischen Hp-Konzentrationen in Milch und Serum kein fortwährender Zusammenhang gefunden wurde, mag möglicherweise an unterschiedlichen Syntheseorten liegen.

In Kolostrum und reifer Milch war im eigenen Versuch zu allen Probezeitpunkten ein positiver Zusammenhang zwischen den Parametern Hp und IgA vorhanden. Zwischen Hp und IgG in der Milch war dagegen lediglich zu den Zeitpunkten 14, 21 und 28 Tage p.p. eine positive Korrelation nachzuweisen. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse und mit Blick auf die vorwiegend im Euter statt findende Synthese des IgA und IgG in reifer Milch liegt die Vermutung nahe, dass Hp in der Milch ebenfalls aus lokalständiger Produktion stammen könnte. Beim Rind wurde das Vorkommen von Hp-exprimierenden Zellen in der Milchdrüse bereits beschrieben (Hiss et al., 2004). Beim Schwein liegen hierzu noch keine Publikationen vor.

Weitere Zusammenhänge zwischen immunologischen Faktoren und Hp sind denkbar. Das Immunsystem der Milchdrüse besitzt zwei Schlüsselfunktionen. Zum einen den Schutz des Euters vor lokaler Infektion und zum andern die Bereitstellung von Immunkomponenten für den Neonaten (Magnusson, 1999). Die beim Schwein in der Milch gefundenen, biologisch aktiven Formen von immunologisch bedeutsamen Wachstumsfaktoren sind vor allem der

„Epidermal Growth Factor“ (EGF), der „Insulin-like Growth Factor“ 1 und 2 (IGF-1 und IGF-2) (Jäger et al., 1987) und der „Transforming Growth Factor“ (TGF) (Xu et al., 1999).

Es wird angenommen, dass diese Faktoren wichtige regulative Funktionen bei der Reifung und Entwicklung des neonatalen Darms besitzen (Odle et al., 1996). Welche Rolle Zytokine im Darm des porcinen Neonaten spielen ist noch nicht abschließend geklärt. In humanem Kolostrum wurden neben den Wachstumsfaktoren die Zytokine Il-1,-6,-8, IFN-γ und TNF-α nachgewiesen (Bocci et al., 1993; Munoz et al., 1990; Palkowetz et al., 1994). Die Autoren Kelleher und Lonnerdal (2001) vermuteten, dass Zytokine das noch immature Immunsystem des Neugeborenen „boostern“. Zur gleichen Zeit helfen anti-inflammatorische Faktoren in der

Milch die Zytokinwirkungen zu modulieren und ein Schädlichwerden dieser Faktoren z.B. bei Infektionen zu vermeiden (Kelleher und Lonnerdal, 2001). Vorstellbar wäre, dass Hp Teile der oben beschriebenen Funktionen im Kolostrum und der Milch einnimmt. Es könnte lokal in der Milchdrüse eine protektive Funktion erfüllen und diese vor Erkrankung schützen. Ob der unreife Neonat bei der Bekämpfung von inflammatorischen Reizen und Infektionen im Gastrointestinaltrakt von Hp unterstützt wird und ob Hp die Funktionsfähigkeit und immunologische Reifung über den Darm mitbewirkt, bleibt zu diesem Zeitpunkt nur Spekulation.

5.5 Zusammenhänge von Hp- und IgG-Konzentrationen bei Ferkeln