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Zusammenfassung wesentlicher Inhalte dieses Kapitels

In diesem zweiten Kapitel wurden die beiden Forschungsstränge zu Resilienz und Quartiers-entwicklung miteinander verknüpft. Von den drei prinzipiellen Sichtweisen auf Resilienz (equilibrium, multi-equilibrium, evolutionär) eignet sich das evolutionäre Verständnis von Resilienz, vor allem das Modell des adaptiven Zyklus, für eine Anwendung auf das Quartier.

Trotz einiger nötiger Ergänzungen des Modells und dessen Erweiterung eignet es sich, um den systemischen sowie zyklischen Charakter des Quartiers mit verschiedenen Entwicklungs-phasen zu analysieren. Auch die Verschachtelung der adaptiven Zyklen entspricht der Ver-schachtelung verschiedener räumlicher Systeme. Da bisher aus räumlicher Perspektive ledig-lich das System Stadt umfangreicher untersucht wurde, konnte zudem der Mehrwert einer

Verkleinerung der räumlichen Bezugsebene auf das Quartier für die Resilienzforschung auf-gezeigt werden. Dieser ergibt sich aus der Verschachtelung von Systemen, da beispielsweise die Darstellung städtischer Resilienz bei Nichtbeachtung des Quartiers als Teilsystem ledig-lich bruchstückhaft bliebe und kleinräumige Entwicklungsprozesse außer Acht ließe.

Des Weiteren wurde gezeigt, dass auch die Quartiersforschung enorm von einer Integration des Resilienzkonzeptes profitieren würde. Die Analyse und Steuerung der Entwicklungspha-sen des Quartiers als ein sich wandelndes System kann über das Modell des adaptiven Zyklus und dessen beiden Dimensionen (strukturelles Potential sowie Konnektivität) erfolgen. Zwar sind einige Aspekte für die Resilienz von Quartieren besonders förderlich (u. a. heterogene Sozialstruktur, lokales Sozialkapital), jedoch kann es keinen festgelegten Weg für resiliente Quartiersentwicklung geben. Insgesamt muss der Aufbau quartiersinterner Strukturen geför-dert werden, um verschiedene Herausforderungen zu bewältigen. Da jedoch jedes Quartier über spezifische Strukturen (sozial und physisch) verfügt und sich neben großräumigen Ver-änderungen mit spezifischen lokalen Herausforderungen konfrontiert sieht, müssen für jedes Quartier individuelle Lösungen entwickelt werden, um unter höchstmöglicher Resilienz best-möglich auf diese reagieren zu können.

Neben der generellen Verknüpfung von Quartiers- und Resilienzforschung ergibt sich wissen-schaftlicher Handlungsbedarf in beiden Bereichen aus der Integration einer vertieften Ak-teursperspektive: fehlen in der Resilienzforschung noch generell Arbeiten, welche die Rolle von verschiedenen Systemkomponenten in Systemen thematisieren, gilt dies für die Quar-tiersforschung mit Hinblick auf die Wohnungseigentümer. Insbesondere das Engagement der Eigentümer außerhalb ihres eigenen Bestands in einem größeren Quartierskontext stellt eine erhebliche Forschungslücke dar, da sich bisherige Erkenntnisse zum Handeln der Eigentümer größtenteils aus der (Nicht)Teilnahme an physischen Maßnahmen im Rahmen von Stadtent-wicklungsprogrammen ergeben. Somit muss zukünftige Quartiersforschung diesen Aspekt stärker in den Fokus wissenschaftlicher Arbeiten rücken, um zu einer stärkeren Systematisie-rung von Formen sowie Gründen für das (Nicht)Engagement der Wohnungseigentümer jen-seits physischer Aspekte der Quartiere beizutragen.

Somit stellt sich hinsichtlich der Einbettung der Wohnungseigentümer in eine resilienzorien-tierte Quartiersentwicklung - definiert als Aufbau quartiersinterner Strukturen, um gegenwär-tige und zukünfgegenwär-tige Herausforderungen zu bewälgegenwär-tigen - nicht nur die Frage, inwieweit

Woh-nungseigentümer über den Umgang mit ihrem Bestand zum Aufbau quartiersinterner Struktu-ren beitragen, sondern insbesondere auch, wie sie dies über das Engagement im weiteStruktu-ren Quartierskontext realisieren und somit als „enhancer“ oder „suppressor“ zur Resilienz von Quartieren beitragen können. Vor dem Hintergrund des zunehmenden staatlichen Rückzugs, auch aus der Stadtentwicklung, ist das Engagement anderer Akteure von zentraler Bedeutung, um zukünftige Entwicklungsprozesse im Quartier aktiv zu gestalten. Den Wohnungseigentü-mern kommt aufgrund ihrer zentralen Rolle im Quartier eine besondere Bedeutung zu.

Darüber hinaus ist in zukünftigen Arbeiten die bisher oft fehlende Differenzierung einzelner Eigentümertypen stärker zu berücksichtigen, da noch zu oft eine zu grobe Generalisierung verschiedener Wohnungseigentümertypen stattfindet. Das folgende Kapitel soll dieser man-gelnden Abgrenzung Rechnung tragen und die zwei für diese Arbeit relevanten Typen von Wohnungseigentümern (private Finanzinvestoren sowie kommunale Wohnungsunternehmen) sowie aktuelle Prozesse hinsichtlich der Verschiebung der Anteile dieser Eigentümer auf dem deutschen Wohnungsmarkt und somit auch in einzelnen Bestandsquartieren diskutieren.

3 Die Transformation des deutschen Mietwohnungsmarktes

Nachdem im vorherigen Kapitel die für diese Arbeit relevanten Aspekte hinsichtlich resilien-ter Quartiersentwicklung dargelegt wurden sowie der allgemeine Kenntnisstand zur Diskus-sion um Wohnungseigentümer in der Quartiersentwicklung aufgegriffen wurde, soll im Fol-genden der Kritik der unzureichenden Differenzierung der Wohnungseigentümer begegnet werden. Hierzu sollen im folgenden Kapitel zwei wesentliche Wohnungseigentümer (öffent-liche - insbesondere kommunale - Wohnungsunternehmen sowie private Finanzinvestoren) und deren Bedeutungsverschiebung auf dem deutschen Wohnungsmarkt vorgestellt werden.

Gerade das Mietwohnungssegment in Deutschland, insbesondere auch in Berlin, unterlag seit Ende der 1990er Jahre hinsichtlich der Eigentümerstruktur einer massiven Transformation (vgl. u. a. HALLENBERG 2008a). Im Zentrum dieses Transformationsprozesses standen hierbei die Privatisierung öffentlicher Wohneinheiten und die damit einhergehende Ausbreitung an-glo-amerikanischer Finanzinvestoren als Wohnungsvermieter. Wie im Folgenden gezeigt wird, konzentrierten sich die öffentlichen Debatten sowie die wissenschaftliche Forschung, welche diesen Transformationsprozess und dessen Folgen bisher untersuchte, vor allem auf die Konsequenzen für Mieterschaft und Gebäudesubstanz. Die Konsequenzen für die Quar-tiersentwicklung wurden dagegen kaum beachtet. Dies ist jedoch deshalb relevant, da insbe-sondere kommunale Wohnungsunternehmen, welche als wichtige Partner der Städte und Kommunen hinsichtlich Stadt- und Quartiersentwicklung gelten (vgl. GRANIKI 2016,S. 76), im Rahmen der Privatisierung zunehmend aus den Quartieren verschwanden. Der Verkauf kommunaler Wohnungsbestände sowie ganzer Wohnungsunternehmen wirft die Gefahr eines Verantwortungsvakuums in den Quartieren auf, da den neuen privaten Investoren stadt- und quartiersentwicklungspolitische Verantwortung abgesprochen wird (vgl. HOLM 2008,S.107).

Somit muss sich Quartiersforschung, welche sich mit Wohnungseigentümern auseinandersetzt auch mit diesem Transformationsprozess sowie den beteiligten Eigentümern befassen, um die aktuelle Diskussion um Aspekte der Quartiersentwicklung zu bereichern.

Die nachfolgenden Ausführungen widmen sich der Darstellung der Transformation der An-bieterlandschaft auf dem deutschen, insbesondere auch dem Berliner Mietermarkt. Hierbei wird insbesondere der Zeitraum ab 1990 im Fokus der Betrachtung stehen, da dieser Zeitraum durch verschiedene Entscheidungen auf nationaler sowie lokaler Ebene den

Transformations-prozess entscheidend beeinflusste. Daran anschließend soll die Diskussion dieses Umwand-lungsprozesses, insbesondere mit Bezug auf die Privatisierungsfolgen und darauf aufbauend die im späteren Verlauf dieser Arbeit aufgegriffenen Forschungslücken, aufgezeigt werden.

Die Ausführungen in diesem Kapitel thematisieren zwar hauptsächlich die Entwicklungen in Berlin, müssen sich jedoch auch mit Entwicklungen auf gesamtdeutscher Ebene befassen, da Prozesse in Berlin zum Teil Resultat nationaler Entscheidungen und Vorgaben waren. Den Schilderungen des Transformationsprozesses sollen jedoch im Folgenden Ausführungen zur historischen Entwicklung des Mietwohnungsbestands, insbesondere hinsichtlich der Entste-hung der öffentlichen Wohneinheiten, vorausgehen. Dies ist aus mehreren Gründen notwen-dig: zum einen ist die Entstehungsgeschichte des öffentlichen Wohnungsbestands ein ent-scheidender Grund für die aktuelle Verteilung der heutigen öffentlichen Wohnungen sowie der privatisierten Wohneinheiten und somit auch ein entscheidender Faktor für die heutige Prägung vieler Berliner Quartiere. Zum anderen ist in der Entstehung des öffentlichen Woh-nungsbestands und der dieser zugrundeliegenden Wohnungspolitik ein entscheidender Grund für das heutige (Selbst)Verständnis der öffentlichen Wohnungsversorgung zu sehen, welches bis heute das Handeln öffentlicher Wohnungsunternehmen prägt (vgl. KRAEMER 2011,S.16).

Somit ist das Wissen um die Entstehung des öffentlichen Wohnungsbestands auch hinsicht-lich des Verständnisses sowie der Einordnung der vorliegenden Studie relevant.