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Die Evolutionsgleichung des Brucheises ist mit Gleichung 3.42 dann auch direkt ablesbar. Es ist

@A3

@t =A4¢s: (3.45)

Das Eis (bzw. Wasser) jeder Klasse wird als viskoses Material aufgefasst, wobei die Materialkoe±zienten Funktionen der Parameter sind.

Der Ansatz, jeder Klasse eine eigene Spannungs-Dehnungsraten-Relation zu-zuweisen, fÄuhrt zu vielen Vorteilen bei dem Entwickeln der Evolutionsglei-chungen der Parameter, der De¯nition der internen Spannung und den Aus-baumÄoglichkeiten, die dieses Modell liefert.

Durch Kombination der Materialmodelle der einzelnen Klassen in einem Rei-henschaltungsmodell wird eine konvergente Eisdrift anschaulich simuliert.

Die Entwicklung der Eisparameter, die sich durch dynamische Prozesse ver-Äandern, kann direkt abgelesen werden. Es ist

@A1

@t = A1( _"1¡"_I)

@A2

@t = A2( _"2¡"_I)

@A3

@t = A3( _"3¡"_I) +A4s

@A4

@t = A4( _"4¡"_I¡s)

(3.46)

fÄur Druck und

@A1

@t = (1¡A1) _"I

@A2

@t = ¡A2"_I

@A3

@t = ¡A3"_I

@A4

@t = ¡A4"_I

(3.47)

fÄur Zug.

Die Entwicklung der Eisdicken ist durch thermodynamische Prozesse geprÄagt (s. Kapitel 5).

Auch die interne Spannung des Eises ist - wie gefordert - direkt mit der Eisstruktur verknÄupft, da sie ebenfalls Äuber die vier Einzelmaterialmodelle de¯niert wird. Eine Linearkombination von Parallel- und Reihenschaltung berÄucksichtigt sowohl den Kontinuumsansatz als auch die diskrete Klassen-darstellung. Das Ergebnis ist ein einfaches viskoses Modell, welches fÄur Druck

die Form

¾I¯ ¢"_I (3.48) besitzt, fÄur Zug durch

¾I1¢"_I (3.49) gegeben ist, und fÄur Scherung die Gleichung

¾II = ´s"_II

1¡´s"_III¡ (3.50) erfÄullt. Dabei bezeichnet ¾¡I den Negativteil der Druckspannung, und die ViskositÄaten sind de¯niert in den Gleichungen 3.25, 3.35 und 3.41.

Die Darstellung des Modells durch verschiedene Eisklassen ermÄoglicht auf eine sehr einfache Art und Weise Erweiterungen und Verfeinerungen des Mo-dells. Weitere Parameter kÄonnen einbezogen werden, wodurch neue Klassen de¯niert werden. Die Entwicklung der Evolutionsgleichungen und der inter-nen Spannung bleibt jedoch in der Grundstruktur erhalten. (s. Kapitel 9) Das vorgestellte Modell erfÄullt alle Zielvorgaben: Es simuliert die Struktur des Eises mit den fÄur die Schi®fahrt wichtigen Parametern. Die Entwick-lungsgleichungen der Parameter und die Formel fÄur die Berechnung der inter-nen Spannung werden direkt aus der Darstellung der physikalischen Prozesse im Eis und der Parameter, die das Eis beschreiben, abgelesen. Die Gleichun-gen sind nichtlinear, aber von einfacher Struktur. Durch die Anschaulichkeit des Modells ist die MÄoglichkeit zu Erweiterungen gegeben.

4 Presseis- und ScherrÄ ucken

Bei Einsetzen des Gefrierprozesses im SpÄatherbst bildet sich zunÄachst eine na-hezu gleichmÄa¼ig dicke Eisdecke aus kleineren und grÄo¼eren Schollen auf dem Wasser. Durch Wind, StrÄomung und Äau¼ere Ein°Äusse (wie z.B. Schi®fahrt) beginnen Schollen zu driften. Sie schieben sich Äubereinander und brechen durch Druck oder Reibung in unterschiedlich gro¼e Teile. Im Laufe der wei-teren Eisbildung setzen sich diese Deformationsprozesse fort.

Bei grÄo¼erer Eisdicke fÄuhrt das Abbrechen und AnhÄaufen von EisbruchstÄ u-cken zur Bildung von PresseisrÄucken, die in der Ostsee eine LÄange von meh-reren Kilometern und nicht selten eine Gesamtdicke (oberhalb und unterhalb der Wasserober°Äache) von bis zu 15 m erreichen kÄonnen, in AusnahmefÄallen bis zu 30 m (s. Palosuo [Pal75]).

Das erste Auftreten von deformiertem Eis und PresseisrÄucken ist schon im November im Nordosten des Bottnischen Meerbusens zu beobachten. ÄUber gro¼e FlÄachen stellt die durchschnittliche Menge des aufgepressten Eises 10 bis 30 % der gesamten Eismasse dar (s. LeppÄaranta et. al. [Lep94]).

Presseis- und ScherrÄucken sind ein bedeutendes Hindernis fÄur die Seeschi®-fahrt und ihre Drift ist eine besondere Gefahr fÄur O®shore-Anlagen. Die Er-forschung der Presseisbildung durch Feldversuche und Modelle ist notwendig, um eine sichere und Äokonomische Winternavigation zu ermÄoglichen und O®-shore-Anlagen zu schÄutzen.

Das VerstÄandnis der EisrÄuckenbildung ist jedoch nicht nur hilfreich fÄur die AbschÄatzung der Eisdickenverteilung, sie gibt auch Aufschluss Äuber das me-chanische Verhalten des Eises im gro¼skaligen Bereich; teilweise ist die Kom-pressibilitÄat des Eises abhÄangig von der FÄahigkeit, Strukturen wie Press- und ScherrÄucken bilden zu kÄonnen (s. Parmeter und Coon [Par72]).

Die Rauigkeit der Eisschollen beein°usst den Impulseintrag der AtmosphÄare in die ozeanische Deckschicht. Selbst glatte Eisschollen haben im Vergleich zur eisfreien Ober°Äache einen e®ektiveren Impulseintrag. Deformiertes Eis und insbesondere EisrÄuckenvorkommen verstÄarken diesen Ein°uss zusÄatzlich.

Dadurch kÄonnen sich bei inhomogener Eisbedeckung und homogenem atmo-sphÄarischem Antrieb Strukturen in der ober°Äachennahen StrÄomung und der Meereisverteilung, z.B. Eiswirbel, bilden (s. Wefelmeier [Wef92]).

4.1 Entstehung und Vorkommen

Beim Zusammentre®en sehr dÄunner junger Eisschollen schieben sich diese Ä

ubereinander, ohne zu brechen. Das deformierte Eis hat dann die doppelte Eisdicke des (undeformierten) ebenen Eises. Dieser Eistyp wird "Ä ubereinan-der geschobenes Eis" oubereinan-der "rafted ice" genannt (vgl. Abbildung 9).

Die kritische Grenze fÄur die Bildung von Presseis- oder ScherrÄucken liegt bei ca. 10-15 cm in der Ostsee (vgl. KankaanpÄaÄa [Kan97], Palosuo [Pal75]), bei mindestens 17-20 cm in den polaren GewÄassern (s. Parmeter [Par75], Parme-ter und Coon [Par72]). Ein PresseisrÄucken entsteht, wenn Eisschollen oder Eis°Äachen mit einer Dicke Äuber dieser kritischen Grenze zusammengescho-ben werden. Einzelne EisblÄocke brechen ab und werden oberhalb und unter-halb der Wasserober°Äache aufgehÄauft. Es entsteht ein "RÄucken" entlang der Sto¼kante, der zwischen einigen Metern und mehreren Kilometern lang sein kann. ScherrÄucken bilden sich hauptsÄachlich an der Festeiskante. Durch die Drift einer Scholle parallel zur Festeiskante brechen durch Reibung einzelne hervorstehende Eissegmente ab und stellen sich vertikal. Die so entstehenden ScherrÄucken haben eine im Vergleich zum PresseisrÄucken geringere PorositÄat und sind daher stabiler, hÄau¯g auch grÄo¼er und steiler (s. Palosuo [Pal75]).

Abbildung 17: Ebenes Eis mit EisrÄucken Quelle: www.noaa.gov

Ein hÄau¯g beobachtetes PhÄanomen ist das Aufbrechen von Eis und die Bil-dung von Rissen und Spalten ("leads") und von FlÄachen o®enen Wassers durch divergente StrÄomung. In diesen Gebieten bildet sich Neueis, welches dÄunner ist als das es umgebende ebene Eis und was daher bei einer spÄateren konvergenten Eisdrift leichter bricht und zu kleinen PresseisrÄucken zusam-mengeschoben wird. ÄUbereinandergeschobene Eisplatten sind in diesem Sta-dium der Entwicklung nur noch selten zu beobachten.

Abbildung 18: PresseisrÄucken (Quelle: www.bsh.de)

Palosuo de¯niert drei Eiszonen (KÄustenregion, ÄUbergangszone und zentrales Becken) in AbhÄangigkeit von der Entfernung zur KÄuste, in denen die Bedin-gungen der Eisentwicklung stark variieren (s. Palosuo [Pal75]).

Die "KÄustenregion" folgt mehr oder minder der 10-15 m Tiefenkontur. Hier bildet sich meist im November das erste Eis. Fest verankert an der KÄuste, vor allem aber an den Inseln oder SchÄaren, wird es weder verdriftet noch zusammengeschoben, so dass sich hÄau¯g eine gleichmÄa¼ige und feste (im Laufe des Winters sehr dicke) Eisdecke bilden kann. Diese KÄustenregion ist

im Bottnischen und ¯nnischen Meerbusen klar ausgeprÄagt, wegen zu gro¼er Wassertiefe oder fehlender kÄustennaher Inseln ist sie in der sÄudlichen Ostsee jedoch sehr schmal oder gar nicht vorhanden. In Deutschland bildet sich wÄahrend eines durchschnittlichen Winters etwa Ende Januar ausgehend von der Pommerschen Bucht rund um RÄugen bis hin zur Mecklenburger Bucht ein schmaler Streifen Festeis (s. Climatological Ice Atlas [Cli82]).

In den O®shore-Gebieten oder der " ÄUbergangszone" entstehen PresseisrÄ u-cken entweder durch das Schlie¼en von Spalten und dem AnhÄaufen der dort schwimmenden Eisbrocken, oder indem eine gleichmÄa¼ige Eisdecke vom Wind gegen das Festeis gepresst wird. ScherrÄucken entstehen durch Drift parallel zur Festeiskante. Da das KÄusteneis fest verankert und "stabil" ist, bietet es dem O®shore-Eis einen starken Widerstand, so dass die hier entstehen-den Presseis- und ScherrÄucken hÄau¯g sehr gro¼ sind. Lewis et al. unter-teilt den nÄordlichen Bottnischen Meerbusen in fÄunf Gebiete, die er getrennt untersucht (s. Lewis [Lew93]), die Gebietseinteilung ist in Abbildung 19 dargestellt. Danach treten nur in den Gebieten I und IV, d.h. in dem nordÄostlichen Teil der See, gro¼e PresseisrÄucken auf. Auch die von Palosuo und KankaanpÄaÄa beobachteten sehr gro¼en EisrÄucken sind hier (nahe Kemi Leuchtturm) beobachtet worden (s.Palosuo [Pal75], KankaanpÄaÄa [Kan97]).

Die Westseite der Bottenviek, vor allem das sÄudliche Gebiet III, wird laut Lewis hauptsÄachlich durch Scherdeformation geprÄagt. Hier ist die EisrÄ u-ckendichte besonders hoch, die EisrÄucken besitzen eine mittlere GrÄo¼e und diese variiert nicht sehr stark. Graphische Darstellungen dieser Ergebnisse

¯nden sich in Kapitel 8.7.

Das zentrale Becken beinhaltet das Packeis, welches aus einzelnen Eisschol-len verschiedener Dicke und mit einem Durchmesser zwischen einigen Metern und einigen Kilometern (dies vor allem im Bottnischen Meerbusen) besteht.

Es entsteht Druck dadurch, dass verschiedene Eisfelder sich mit unterschied-licher Geschwindigkeit oder Richtung bewegen. Sowohl die Dichte als auch die EisrÄuckengrÄo¼e sind im Vergleich zur ÄUbergangsregion gering bis mit-telmÄa¼ig.

Ubereinander geschobenes Eis und PresseisrÄÄ ucken entstehen somit nahezu Ä

uberall, wo eine mehr oder minder geschlossene Packeisdecke existiert.

Abbildung 19: Gebietseinteilung des nÄordl. Bottnischen Meerbusens nach Lewis