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Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse über das Schneegleiten

Im Dokument 1955/56 (Seite 71-78)

Eins ch neien n

61 Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse über das Schneegleiten

Die neueren Felduntersuchungen über da Phänomen des chneegleitens und die Gleitschneeme sungen haben zu den folgenden we enllichsten Erkennlni sen geführt

(21, 22] :

1. Al Sclineegleiten wird die auf einer geneigten nterlage verlaufende, in der Fallinie gerichtete, lang ame Tran lalion der Ge amt chneedecke definiert. Der Gleit-weg ist die in der Hangfallinie liegende trecke, um die ich die gleitende Schneedecke ver choben hat. Mit dem Kriechen bezeichnet man die ich innerhalb der chneedecke abspielenden hang enkrechten und han°parallelen Be, egung proze e (Figur 26).

Ur ache beider Bewegungen i t da Gewicht der chneedecke, im Falle de Gleitens die parallel zur Hangebene gerichtete chubkraft.

hangporolleles Kriechen---...________ ~

hangsenkrechtes Kriechen , "'---,..,,.,,.,,. /Setzung

gesamte durch Kriechen u. Gleiten bewirkte

Verschiebung

SLF vo 38 ,/,,'

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Figur 26 Kriech- und Gleitbewegung der chneedecke ( chematisch)

Die Bewegungen erreichen folgende Maximalwerte:

- Gleiten mm ... m/Tag - Kriechen mm ... cm/Tag Lawinen

m/

ec.

285

2_ Im aJlaemeincn isl da Gleit n äußerli h nicht fest teilbar; unter b onderen Bedin"unaen aber erursa ht di er Deformationsproz ß Ri 'e, Brüche und

Verfaltun-aen

i; d:. hn ede ke. Je nach d r am Gl ilproz •f3 beteiligten chneema e, ihrem Gewi ht und den im \~lege tehenden Hinderni n sind die Kraftwirkungen an ober.

flächlichen, bi zu a. 1 Metei· tiefen Ab chürfung n von eg tation decke und Boden.

an der Entwurzeluna on Jungpflanzen, an ihrer berführung mit Erde und chutt an Rinden chürf häden und e ·tremer Pflanzendeformation zu erkennen; oder

es

werden entlang der obernn aldgrenze und in Gleit hneehängen tehende Einzel.

bäume und ganze Baumgruppen wie au h Fel blö ke, tälle, Mauerwerk, Lawinenver-bauun«en, Zäune Pfählunaen, Wege u. a. m. abgepreßt und wegae choben

(3,

23, 24, 25] (Fiaur 27). euere Gleit chneeschäden der Winter 1965/66 und 1966/67 ind in (26] genannt.

A!Jen schweren Gleit-chnee chäden incl drei , ichtige Merkmale gemeinsam:

sie ent tehen nur in chneereicheren Wintern, , enn auch eine am Boden haftende chneedecke verhältnismäßig große Kräfte auf die ihr entgegenge teilten Hinder-ni e überträat;

ie kommen mei tens nur dort vor, wo die Gleitschneebewegung o groß wird, daß von Auae wahrnehmbare Rißbildungen in Zug- und cherzonen der chneedecke entstehen, in deren Gefolge die Ge chwindi0keit der aleitenden chneema en mit einem Faktor 102 . • . 103 an teigt;

und ie treten fast immer nur dort auf, wo eine verhältni mäßig aroße, bereit in tarke Gleiten geratene chneema e auf relati wenige, wider tandhietende Hin-dernisse hohe pezifi ehe Bean pruchungen au übt.

Oft brechen im Gefolge von tarkem chneegleiten Bodenlawinen an, deren Ent·

tehungsursache man noch nicht genau kennt, die aber entsprechend der höheren Ge-chwindigkeit wesentlich größere momentane Maximalkräfte entwickeln können, wäh-rend beim Gleiten vor allem die langandauernde Kraftwirkung verhängni voll werden kann.

3.

Felduntersuchungen und Glei chneeme ungen ergeben folgende Aufschlü se über da chneegleiten:

Die

Bewegung

verläuft entsprechend den Einflü en verschiedener ich überlagern·

der Faktoren unregelmäßig, wobei neben Ruheperioden vor allem kontinuierliche Translationen vorherr chen. Ruckartiges Gleiten bildet die Au nahme.

Die

Gleitgeschwindigkeit

wird in Analogie zu den experimentellen Ver uchen von Ha e f e 1 i [27] mit zunehmendem chneedeckengewicht größer und trebt einem ta·

tionären Wert zu, gleichgültig in welchem pannung zu tand (Zug-, eutral-, Druck·

zone) sich die chneedecke befindet und ob sie auf glattem oder etwa rauherem ntergrund gleitet.

Damit die chneedecke überhaupt gleitet, darf die

Bodenober/ liichenrauhigkeit

einen bestimmten Maximalwert nicht über chreiten. 1eben der Reibung zwi eben der

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a

C

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Figur27 a Gleitschneeriß auf Grasnarbe in Zugzone, Lawinenverbaugebiet t. Antönien, 3. Februar 1950 b Bruchbildung in der Druckzone einer gleitenden chneedccke mit abgeschürfter Ober•

bodenschicht, Par ennmähder, 9. Februar 1960 (Hämmerle LF)

c durch Schncegleiten verschobener und eingedrückter Heu tall, Par ennmähder, 9. Februar 1960 (Hämmerle SLF)

d durch Schneegleiten abge chürfter Oberboden, Verbaugebiet t. Antönien, 16. Oktober 1946 c Gleitschneeschäden de Winters 1965/66 in der oberen Waldgrenzenzone der Mayens de

Conthey (Wallis), 14. Juli 1966

durch chneegleiten im Winter 1966/67 abgepreßter natürlicher Lärchcnaufwuch . eewer•

berg/Davos, 7. Juni 1967 (Thöny LF)

b

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Schneebasis und der Bodenoberfläche i t in gewissen Fällen auch die Verzahnung der Schneedecke mit dem Boden der ausschlaggebende Faktor (z.B. in langstieligen Krautschichten und Hochstauden vor ihrem Niederlegen beim Einschneien, innerhalb von Strauchbeständen oder in Aufforstungen). Auf grobem Blockschutt ist höchstens lokales, unbedeutendes oder kein Gleiten festzustellen, während der langhalmige, hang-abwärts glattgestrichene Grasteppich oder glatte chieferige· Felsplatten dem Zustande-kommen maximaler Gleitgeschwindigkeiten Vorschub leisten. Entsprechend der star-ken Abhängigkeit des Schneegleiten von der Rauhigkeit der nterlage und von der Verzahnung der Schneedecke weist der natürliche Bewegungsprozeß auf größerer Fläche eine große Differenzierung auf.

Prinzipiell nimmt die Gleitge chwindigkeit mit zunehmender Hangneigung zu.

Auf unebenem Gelände beeinflussen sich die verschieden stark geneigten Teilflächen aber nach einiger Zeit. Dabei erweitern sich Zugzonen hangabwärts und Druckzonen dehnen sich hangaufwärts aus, so daß die neutrale Hangzone (Zone ohne Akkn:nula-tion von Zug- und Druckspannungen) kürzer wird. Der steilste, das starke Gleiten auf-weisende Hangabschnitt steuert den ganzen Vorgang.

In

den Zugzonen erfährt die

chneedecke dadurch eine Dehnung, in den Druckzonen eine entsprechende Kompres-sion. Am

36 °

geneigten Ver uchshang Soppenmahd (Seewerberg/Davo ) betrng die

pezifische Dehnung der Schneedecke in einer unterhalb eines Schneerechens durch starkes Schneegleiten auf Grasnarbe im Winter

1962/ 63

ent tandenen

13

m langen Zugzone, bevor es zur Bildung eines Gleit.ris e kam, im Durch chnitt pro Meter

2,24

mm/Tag während 87 Tagen. Dies entspricht einer ge amten Dehnung von

19,5

cm pro Meter (mittleres pez. Gewicht der chneedecke im Zeitpunkt des Bruches

290

kp/

m3, Schneehöhe 70 cm [max.

155

cm], totales Schneegewicht [ enkrecht zum Hang]

r · d= 191

kp/m2).

Unterhalb einer eigung von

15 °

i tauf Grasnarbe kein Gleilen mehr festzustellen.

Die zweite Bedingung, die unbedingt erfüllt sein muß, besteht im Vorhanden ein einer wenngleich nur Millimeter dicken bodennahen Naßschneeschicht. Während 9 Wintern haben wir mit unseren registrierenden Gleit chneemes ungen auch auf glatter Grasnarbe in keinem einzigen Falle bei trockener Grenz chicht (Temperatur< 0 °C) eine Tran lalion der Schneedecke fo:;t teilen können.

Ha e f e 1 i [ 27] hat in seinen Versuchen nachgewie en, daß der Reibungskoeffizient von Schnee auf Glas beim Übergang von trockener zu na ser Gleitreibung auf einen um den Faktor

10

2 kleineren Wert ab inkl. Die Entstehung von aß

chnee-Grenz-chichten i t hauptsächlich auf Schmelzproze e an der Basis der chneedecke zurück-zuführen. Bei zeitlich normalem Einschneien inkt die Bodenoberflächentemperatur in unserem Klimagebiet an onnenhängen bis gegen

2400

m nicht unter den Gefrierpunkt.

Die dadurch im Verlaufe des Winter an der Ba i der chneedecke abo-e chmolzencn

16. März 1965 73

mm H20

(81

cm

aßschneeschicht an der Basi der chneedecke.

Unter der oraus etzung daß Bodenoberflächenrauhigkeit, Feuchte der chnee-deckengrenzschicht und Hananeicrung ein hneealeiten zula en, wird der Bewegungs-ablauf für kon tante Geländeverhältni e durch da

Gewicht der chneedecke

und ge-wisse

Schnee-Eigen chaften

maßgeblich beeinflußt. Jede Gewichtszunahme und omit auch jeder chneedeckenzuwachs führt über die Erhöhung der chub pannung zur

Zu-nahme der Gleitge chwindigkeit auf einen neuen Maximalwert. icht immer kommt diese Wirkung auch in den Meßergebnis en eindeutig zum u druck· denn oft über-lagern ich ihr Eigen chaftsänderungen der chneeschichten. Die von den

cltneetem-peraturen

stark abhängige erformbarkeit der chichten wi.J:kt ich dabei in der über einen Geländeab chnitt zusammenhängenden chneedecke auf den Gleitprozeß unmit-telbar au . Ein starker Abfall der chneetemperaturen um mehrere Grade wirkt d . halb bewegungshemmend ein eben o tarker Temperaturan lieg bewegung fördernd.

Entsprechend der zwi chen Luft- und chneetemperaturverlauf auftretenden Pha en-verschiehung erscheinen auch die damit zu ammenhängenden Gleitge chwindigkeit -änderungen um 1 bis mehrere Tage verzögert. Har eh- und Ei chichten brem en oder toppen die Bewegung vor allem dann, wenn ie an der Ba i der chneedecke und im Fundament entstehen.

Als

Gleitschneeriß

(Figur 28) bezeichnen wir halbmond- bi ichelförmige palten, die ich in der Schneedecke duTch Überwindung der Zugfe tiakeit bei tarkem Gleiten vor allem an Gefäll brüchen {Zugzonen) bi auf den Boden öffnen. Je nach den

Ge-lände- und chneeverhältni sen erreichen ie eine Breite von wenigen Metern bi zu mehreren Dekametern.

Gleitschneerutsche

(Figur 28) ind Bodenlawinen, die bei tarkem Gleiten auftre-ten, die entweder als ganze chneetafel anbrechen oder ich von bereit be tehenden Gleit chneeri sen au erweitern. Wie un ere neueren sy temati eben Beobachtungen über die Entwicklungen von Gleitschnee ituationen zeigten, kommt die e

Erweiterung der Gleitschneerisse zu Bodenlawinen

unter son t günstigen Geländeverhältni en je nach den Witterungsbedingungen (Wärme, Regen chneefall)

wesentlich häufiger

vor, als auf Grund flüchtiger Beobachtungen oft angenommen wird (26]. Auch die Behauptung, daß olche mei, t na en, bei entsprechendem turzbahnge)ände ich tark verbreiternden und

alle Schneeschichten bis auf den Boden erfassenden Lawinen harm·

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Figur 28 Lawinenverbaugebiet St. Antönien, l. November 1945 mit Gleitschneerissen und Gleitschneerutschen, in unbeweidetcn Mähdern; im Hintergrund rechts beweidetes Gebiet ohne Gleitschneerutsche

Fi~~ Du~h Gleit, hnttrubeh ,om 8 9. Februar 1966 zer..1örter aldbe-tand in den ::'llaiens de Conthey ( allk). 14. Juli 1966

loser sein sollen als am gleichen Ort entstandene trockene Oberlawinen [26], können wir au/ Grund unserer Beobachtungs- und Versuchsergebnisse nicht bestätigen (Figur 29, Abschnitte 65 und 7) •

Entsprechend unseren eingehenden l0jährigen Beobachtungen, vor allem in der Land chaft Davos und im PräLtigau, treten Risse und Rutsche in den gleichen Gelände-kammern auf zind häufen sich auf glatter Grasnarbe mit einer Hangneigung von 34 o

1111d mehr, entstehen auf rauherem Boden erst ab einer Hangneigung von 40 o und

mehr

und treten unterhalb 30

°

auch auf glatter Bodenoberfläche nicht mehr auf. Die Anbruchstellen liegen bei Rissen und Rut chen direkt am Ge/ällsbruch. Ihr hauptsäch-lichstes Verbreitungsgebiet sinq die prädestinierten Gleitschneezonen, d. h. SW -

S-'-E-exponierte Hänge in Höhenlagen unterhalb etwa 2000 m.

Auch ihr zeitliches Auftreten verteilt ich für die Beobachtungsperiode 1955/56 bi 1964/65 auf die Monate Oktober bis April er taunlicherweise ziemlich gleich-mäßig. Ebenso sind die Witterungsbedingungen mit Temperaturen und iederschlag an

Riß-

und Rutschbildungen im gleichen Au maß beteiligt. Zwischen den Gleitschnee-proze sen der Schneedecke und dem Auftreten der Gleit chneerutsche be tehen omit deutliche Parallelen, ob chon beim chneegleiten ent prechend unseren Meßergebnis-sen ein Umschlag von den lang amen zu dynamischen Bewegungsvorgängen nicht

tattfindet.

62 Folgerungen für die Versuchsdurchführung

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