• Keine Ergebnisse gefunden

Zufriedenheit mit der Haupttätigkeit als Indikator eines gelungenen

2. Theoretischer Hintergrund

2.3. Zufriedenheit mit der Haupttätigkeit als Indikator eines gelungenen

Wie oben bereits dargelegt, wird der Berufswahlprozess durch verschiedene Faktoren beeinflusst und hat im Idealfall eine befriedigende berufliche Situation zur Folge. Wie Holland (1997) postulierte, führt vor allem eine gelingende Passung zwischen der berufsbezogenen Persönlichkeit und dem gewählten Berufsfeld (bzw. der „Haupttätigkeit“, falls sich die Personen noch in Ausbildung oder im Studium befinden, s. dazu Jörin et al., 2003) zu einer hohen Zufriedenheit mit dem Tätigkeitsfeld. Diese kann daher als ein Indikator einer gelungenen Ausbildungs-/Studien- oder Berufswahl angesehen werden.

In der vorliegenden Arbeit wird die Zufriedenheit in beruflichen Belangen als „a positive [...] evaluative judgment one makes about one’s job or job situation“ (Weiss, 2002, p. 175) beschrieben und als Teil des „personal well-being“ (Keller & Semmer, 2013, p. 88) verstanden. Wenn man Zufriedenheit mit der Tätigkeit betrachtet, sollte aber auch der Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit Erwähnung finden: So besteht eine hohe Korrelation zwischen der spezifischen Arbeitszufriedenheit und der globalen Lebenszufriedenheit (Bowling, Eschleman, & Wang, 2010). Die Begründung für diesen „Bottom-Up“-Ansatz ist, dass eine zufriedenstellende Arbeit auch das allgemeine Wohlbefinden erhöhe. Der „Top-Down“-Ansatz geht, im Gegensatz dazu, davon aus, dass die dem Menschen eigene Persönlichkeit eine Prädisposition für die Ausgestaltung der Zufriedenheit in unterschiedlichen Lebensdomänen darstellt und daher auch für die Arbeitszufriedenheit bzw. der Zufriedenheit mit der Haupttätigkeit (Heller, Judge, & Watson, 2002). Um diesen beiden Ansätzen gerecht zu werden, gilt es somit sowohl situative als auch personale Determinanten als Erklärung für die Variabilität in der Zufriedenheit heranzuziehen.

In einer Studie von Heinzlmaier und Ikrath (2012) konnte in Bezug auf die Zufriedenheit von 14- bis 29-jährigen Österreichern ermittelt werden, dass eine vergleichsweise hohe Lebenszufriedenheit vorherrscht: So fühlten sich 88% sehr bzw. tendenziell zufrieden mit ihrem Leben – die restlichen 12% waren eher unzufrieden. Auch hinsichtlich der Zufriedenheit mit dem Beruf konnte nur eine kleine Minderheit gefunden werden, die mit der Wahl der Tätigkeit unzufrieden war. Hier haben sich Studenten am zufriedensten beschrieben, gefolgt von Berufstätigen/Auszubildenden und Schülern. Genauer zeigte sich einerseits, dass Personen mit höherem sozioökonomischen Status stärkerem Leistungsdruck ausgesetzt sind und andererseits, dass Studierende im Vergleich zu Lehrlingen weniger optimistisch in ihre berufliche Zukunft blicken (vgl. Heinzlmaier &

Ikrath, 2012). Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Befund, dass bei jungen Österreichern ohne Maturaabschluss hinsichtlich der Entscheidung Beruf oder Studium am häufigsten finanzielle Gründe genannt werden, da ihnen oftmals

„keine andere Wahl [gelassen wird], als zu arbeiten und eigenes Geld zu verdienen“ (ebd., S. 91).

In Hinblick auf die Beziehung zwischen der Identitätsentwicklung und der Zufriedenheit konnte gezeigt werden, dass eine gut ausgebildete (berufliche) Identität die Zufriedenheit mit der Wahl der Tätigkeit erhöht (Smitina, 2010), wobei dies auch allgemein mit einem höheren Wohlbefinden einhergeht (Hirschi, 2012). Darüber hinaus unterscheiden die unterschiedlichen Ausprägungen der Zufriedenheit zwischen den Identitätsstatusgruppen nach Marcia (Waterman, 2007): So zeigten sich Personen mit erarbeiteter und übernommener Identität am zufriedensten. Personen im Stadium des Moratoriums sind demgegenüber am unzufriedensten (Hirschi, 2012), was dafür spricht, dass diese Phase eine für die Identitätsentwicklung kritische ist (Meeus, 1996). Dementsprechend spricht auch Marcia (1980) davon, dass das Stadium des Moratoriums mit hohen Werten in der Ängstlichkeit einhergeht, wohingegen Personen mit übernommener Identität hierbei die geringsten hatten. Ähnliches bestätigten Porfeli et al. (2011): Erneut wiesen Menschen mit erarbeiteter und übernommener Identität die höchsten Zufriedenheitswerte auf, jene mit diffuser zeigten die niedrigsten. Letzteres wird damit erklärt, dass eine diffuse Identität mit einem Gefühl von Hoffnungslosigkeit

und mangelndem Enthusiasmus einhergeht (Archer, 1993). Jedoch zeigten hier Personen im Moratorium keinerlei Auffälligkeiten – sie waren im Bezug auf die Zufriedenheit neutral eingestellt. Dies deutet darauf hin, dass das Stadium des Moratoriums für eine Person sowohl „favorable and unfavorable aspects“ (Porfeli et al., 2011, p. 867) aufweist.

Hirschi (2012) schlussfolgerte außerdem, dass Zufriedenheit nicht so sehr durch das Voranschreiten der Identitätsentwicklung, sondern vielmehr durch das Erreichen eines Commitments erklärt werden kann. Dies konnte auch dahingehend bestätigt werden, als dass eine getroffene Entscheidung für ein bestimmtes Berufsfeld die berufliche Zufriedenheit – selbst bei nicht zufriedenstellenden Tätigkeiten – gut vorhersagt (Earl & Bright, 2007;

Uthayakumar, Schimmack, Hartung, & Rogers, 2010). Entgegen dieser Annahme steht jedoch der Befund, dass Personen mit übernommener Identität auch negative Korrelationen mit dem Wohlbefinden aufwiesen. Das heißt, dass sehr wohl der Weg zum Commitment über die Exploration von Alternativen von Bedeutung ist (vgl. Waterman, 2007).

Weiters können auch Persönlichkeitseigenschaften der Personen Unterschiede in der berufs- bzw. ausbildungsbezogenen Zufriedenheit erklären.

Generell zeigten sich in einer Meta-Analyse (Judge, Heller, & Mount, 2002) die stärksten Beziehungen zwischen der Zufriedenheit mit den Dimensionen Neurotizismus, Extraversion und Gewissenhaftigkeit. Ersterer Zusammenhang ist negativ, da Personen mit hohen Werten auf der Neurotizismus-Skala öfters negativen Situationen ausgesetzt sind und dies zu einem verminderten Wohlbefinden führt (Hirschi, 2012). Im Vergleich dazu neigen extravertierte Personen eher zu optimistischen Gefühlen, wodurch auch die Zufriedenheit ansteigt (Steel, Schmidt, & Shultz, 2008). Bei der Dimension Gewissenhaftigkeit ist dies nicht mehr so eindeutig: Der Großteil der Studien fand zwar einen positiven Zusammenhang (Judge et al., 2002), jedoch bestehen auch negative Zusammenhänge (Hirschi, 2012). Ein ähnliches Bild entsteht, wenn die Dimensionen Offenheit für Erfahrung und Verträglichkeit betrachtet werden.

Hierbei bestehen nur sehr schwache Korrelationen, welche bei einigen Studien positiv, bei anderen negativ ausfielen (Judge et al., 2002).

Es haben aber nicht nur die Big-Five Einfluss auf die Zufriedenheit im Allgemeinen bzw. die Zufriedenheit mit der Haupttätigkeit, auch andere Temperamentsdimensionen müssen an dieser Stelle ins Treffen geführt werden:

So konnte z. B. eine hohe positive Korrelation zwischen der Arbeits- und Lebenszufriedenheit und dem Konstrukt der „positiven Affektivität“ festgestellt werden – mit der „negativen Affektivität“ verhält es sich dementsprechend genau umgekehrt (Heller et al., 2002). Außerdem sollten mögliche Interaktionseffekte zwischen den einzelnen Dimensionen bedacht werden (Steel et al., 2008).

Weiters bestehen Einflüsse der Eltern und des Freundeskreises, da diese Beziehungen – wie bereits oben beschrieben – von den Heranwachsenden als bedeutend im Prozess der Identitätsentwicklung und der Berufsorientierung angesehen werden. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass die Wahrnehmung von unterstützendem Verhalten durch andere Personen beim Autonomieprozess mit einem höheren Wohlbefinden einhergeht (Demir, Özdemir, & Marum, 2011). Die frühe Etablierung einer sicheren Bindung an die Eltern gibt eine positive Eltern-Kind-Beziehung im beginnenden Erwachsenenalter – und darüber hinaus – vor. Das Vorhandensein dieser Bindung erhöht einerseits die Selbstwirksamkeitserwartungen der jungen Erwachsenen und andererseits dadurch auch deren globale Lebenszufriedenheit (Wright & Perrone, 2010).

Abschließend kann ganz im Sinne von John Holland konstatiert werden, dass eine hohe Übereinstimmung zwischen dem Interesse und dem ausgeübten Beruf mit einer hohen Zufriedenheit und auch Stabilität dieser einhergeht (Schwanzer, 2008, p. 26). Denn „Interessen fördern über den Wissenserwerb die Leistung“ (Asendorpf, 2007, p. 354).

Hinsichtlich des Geschlechts und der Haupttätigkeit zeigte sich, dass diese beiden Variablen keinen Unterschied in der Ausprägung der Zufriedenheit hervorbrachten und auch allgemein wenig Varianzaufklärung beisteuerten (Elmore & Huebner, 2010; Uthayakumar et al., 2010).