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2. Fragestellung und Forschungsdesign

2.1 Ziel der Studie 29

Mit der vorliegenden Arbeit sollen Erkenntnisse für die Diskussion um Windkraftanlagen in touristisch ausgerichteten Mittelgebirgsdestinationen gewonnen werden. Hierbei geht es zum einen um grundlegenden Erkenntnisgewinn; zum anderen geht es auch um die Anwendung des neu hinzukommenden Wissens. Unterschiedliche Interessengruppen, Tourismusverbände und andere Gruppierungen sollen durch die hier vorgelegte Arbeit in ihrer Argumentation und Diskussion rund um das Thema Landschaft und Windkraft in Mittelgebirgsdestinationen unterstützt werden. Die vorliegende Dissertation geht von der Prämisse aus, dass eine Akzeptanz von Erneuerbaren Energien – hier insbesondere von Windkraftanlagen – gesellschaftlich prinzipiell gegeben ist. Sie geht zugleich von der Annahme aus, dass durch Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen Erholungswerte von Landschaften sich verändern können, wobei über Art und Maß der von Menschen wahrgenommen

5 „Die Windhöffigkeit beschreibt das durchschnittliche Windaufkommen an einem Standort und damit auch seine Eignung zur Nutzung der Windkraft. Sie dient der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Windenergieanlage an diesem Standort. Mit der über das Jahr gemittelten, in Nabenhöhe herrschenden Windgeschwindigkeit sowie der Häufigkeits- und Richtungsverteilung der Windgeschwindigkeiten können Ertragsprognosen erstellt werden“ (Schwabe 2016).

Fragestellung und Forschungsdesign

Veränderungen weitgehend Unklarheit besteht. Die Heranführung und Diskussion des Begriffes

„Erholungswert“ geschieht (1) auf der Grundlage des BNatSchG sowie (2) unter Berücksichtigung aktueller (zumeist deutschsprachiger) Literatur. Der Begriff Erholungswert wird im Kontext von Landschaft und im Kontext von Windkraftanlagen diskutiert. Weiterhin bietet die Arbeit eine Wissensmehrung durch eine detaillierte Diskussion von Windkraftanlagen und Tourismus in Mittelgebirgsdestinationen mit einem konkreten Raumbezug auf Nordhessen als touristische Mittelgebirgsdestination.

Die Wissenslücke, die mit der vorliegenden Arbeit geschlossen werden soll, wird im nachfolgenden Kapitel 2.2 hergeleitet. Sie bezieht sich auf die Veränderung der Wahrnehmung und die Veränderung der Erholungsfunktion durch Windkraftanlagen in Mittelgebirgslandschaften. Die entsprechende Forschungsfrage wird unter Berücksichtigung unterschiedlicher Ansprüche im Kontext von Erholung an Landschaft bearbeitet; diese Ansprüche sind auf das engste mit einem subjektiven Wahrnehmen, mit Erwartungen und Bedürfnissen des Betrachters und Nutzers einer Landschaft verknüpft (vgl. Fischer-Hüfle 1997). Die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Landschaft sind je nach Landschaft zu differenzieren, der Fokus wurde auf eine Mittelgebirgsregion gelegt. Die Forschungsfrage „Treten durch Windkraftanlagen bei Nutzern von Mittelgebirgslandschaften Veränderungen des individuellen Erholungswertes auf?“ lässt sich entsprechend operationalisieren: Wie wird sich der wahrgenommene Erholungswert verändern: a) durch etwaige Veränderung der Ansprüche von Landschaftsnutzern an die Landschaft und b) durch den Bau von raumbildenden Elementen wie Windkraftanlagen. Folgende Arbeitsaufträge leiten sich ab:

• Analyse von Landschaftsveränderungen durch Windkraftanlagen,

• Wahrnehmung und Veränderung des Erholungswertes durch Windkraftanlagen aus Perspektive von Landschaftsnutzern; hier Wanderern.

Die so formulierten Arbeitsaufträge werden mit folgenden Annahmen in Beziehung gesetzt:

o Die Veränderung der Landschaft durch Windkraftanlagen wird von touristischen und naherholungssuchenden Wanderern wahrgenommen.

o Das individuell wahrgenommene Landschaftsbild wird durch die Existenz von Windkraftanlagen verändert.

o Erholungswert und Erholungserlebnis werden durch die Existenz von Windkraftanlagen beeinflusst.

Die folgende Grafik stellt Beziehungen zwischen Annahmen und der Forschungsfrage dar.

31 Abbildung 3 Strukturierung der Forschungsfrage

2.2 STAND DES WISSENS

Wird (Kultur-)Landschaft einerseits zunehmend durch das Instrument der Inszenierung vermarktet, insbesondere um so den Erlebniswert von touristischen Produkten zu steigern (vgl. Hahne et al. 2013, S.

139-143), verstellen Inszenierungen anderseits zunehmend den Blick auf die „vermarktete“ Landschaft, denn durch Events oder Infrastruktur wird der Blick von der Landschaft weggeleitet, um deren Wert es eigentlich geht. Ähnlich verhält es sich mit Infrastrukturen wie Windkraftanlagen, auch wenn diese nicht als Inszenierungen, sondern zum Zwecke der Stromerzeugung errichtet werden. In keinem Falle, weder bei Inszenierungen noch bei Windkraftanlagen, sind Art und Maß der Ablenkung von Qualitäten der ursprünglich vorhandenen Landschaft bekannt.

Die Erforschung von Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Erholungslandschaften erfordert eine differenzierte Betrachtung von a) den Personen- und Nutzergruppen, b) ihrer Erwartungshaltung an Landschaft und c) der betrachteten Landschaft und der Bilder, die mit ihr assoziiert werden. Betrachtet man zunächst die unterschiedlichen Personengruppen, die Landschaften zur Erholung nutzen, z.B.

Freizeitsportler, Ausflugstouristen, Wanderer, kann man zunächst grob zwei Gruppen unterscheiden: die Gruppe der touristisch motivierten Landschaftsbesucher, die an technischen Attraktionen interessiert sind (z.B. Familien mit Kindern) und die Gruppe der Naturliebhaber, der an Naturschönheiten interessierte Wanderer und der Ruhe suchende Kurgast. Somit können Windkraftanlagen als Attraktion,

Fragestellung und Forschungsdesign

Vorzeigeobjekt oder auch als Anziehungspunkt dienen. Hingegen können Personengruppen, die die unberührte Natur ohne Bauwerke etc. suchen, mitunter empfindlich auf Windkraftanlagen reagieren (vgl. Braun et al. 2006, S. 42).

Es gibt mehrere Studien, die sich mit dem Thema Windkraft befassen. Als „Studie“ werden hier Untersuchungen bezeichnet, in deren Rahmen Befragungen, Umfragen, Online-Befragungen, persönliche oder telefonische Befragungen zum Thema Windkraft (mit unterschiedlichen Schwerpunkten wie Akzeptanz, Tourismus oder Landschaftsbild) durchgeführt wurden. Diese Studien werden hier als „Vergleichsstudie“ bezeichnet, weil die Arbeit eine Einzelfallstudie mit einem konkreten Untersuchungsraum ohne Vergleichsräume ist und zur Darlegung der Forschungsfrage und Forschungslücke es einer Einordnung der Forschungslücken bedurfte. Die Sammlung von Vergleichsstudien erfolgte durch eine Online- und Literaturrecherche. Zur näheren Analyse wurden drei Studien gewählt, die sich mit einem konkreten Raumbezug darstellten. Die Auswahl der Vergleichsstudien erfolgte unter dem Gesichtspunkt der Ähnlichkeit von Forschungsfragen. Gezielt wurde danach gesucht, in welchen auf Windkraft bezogenen Studien Fragen gestellt wurden, die in gleicher oder ähnlicher Weise auch in der vorliegenden Arbeit gestellt worden sind. Ein weiterer Gesichtspunkt der Auswahl war, dass ein konkreter Raumbezug in den durchgeführten Studien vorlag.

Die Auswahl beschränkt sich auf den deutschsprachigen Raum, es gibt eine Vielzahl an Studien im internationalen Kontext, die hier nicht weiter berücksichtig werden, mit der Ausnahme der Studie von Ribe et al. (2016). Dieser hat erstmalig empirisch die hohe Bedeutung der persönlichen Grundeinstellung in Hinblick auf Windkraftanlagen durch Präferenzstudien durchgeführt.

Der jetzige Stand des Wissens im Kontext von a) Auswirkungen von Windkraftanlagen auf den Tourismus, b) Windkraftanlagen auf das Landschaftsbild, c) von Windkraftanlagen auf den wahrgenommenen Erholungswert oder d) Akzeptanz von Windkraftanlagen, werden in der nachfolgenden Tabelle 1 aufgeführt. Die Verknüpfung der Faktoren Windkraft – Erholungswert – (Mittelgebirgs-)Landschaft ist in bisher vorliegenden Studien nicht behandelt worden. In bereits durchgeführten Studien z.B. „Tourismus und Energiewandel in Deutschland am Beispiel Schwarzwald“

(Hochschule Furtwangen University 2014) oder „Windkraft - und Tourismus Studien 2003 bis 2009“

(SOKO-Institut 2009) sind verschiedene Belange von Windkraftanlagen im Kontext von Landschaft behandelt worden; u.a. wurde danach gefragt, inwieweit von einer Störung des Landschaftsbildes durch Windkraft ausgegangen werden kann oder wie eine Entscheidungsbeeinflussung der Urlaubsortwahl durch Windkraftanlagen erfolgt.

Fragestellung und Forschungsdesign 33 Titel der Studie Verfasser und Erscheinungsjahr Akzeptanz von Windkraftanlagen bei Urlaubern (Ostseeküste)(vgl. Institut für Wirtschafts-, Regional- und Energieberatung 1992) Hohe Akzeptanz von Windparks in der Nordseeküstenregion(vgl. Vogel 2005) Akzeptanz Erneuerbarer Energien und sozialwissenschaftliche Fragen(vgl. Schweizer-Ries 2008) Energiebewusstsein 2010(vgl. Wolling et al. 2011) Akzeptanz Erneuerbarer Energien in der deutschen Bevölkerung(vgl. Wunderlich et al. 2012) Planungsprozesse von Windkraftanlagen Einflussfaktoren und Akzeptanz(vgl. Kohl 2012) Akzeptanz Erneuerbarer Energien in EE-Regionen(vgl. Kress et al. 2012) Akzeptanz Erneuerbarer Energietechnologien und Beteiligung an Planungsprozessen(vgl. Schweizer-Ries 2012) Akzeptanz Erneuerbarer Energien in der deutschen Bevölkerung(vgl. TNS Intratest 2012) Akzeptanz von Windenergieanlagen in deutschen Mittelgebirgen(vgl. Kolleck 2012) Akzeptanz von Windkraftanlagen in Baden-Württemberg(vgl. Schmid et al. 2012, S. 62) Besucherbefragung zur Akzeptanz von Windkraftanlagen in der Eifel (vgl. Institut für Regionalmanagement 2012) Akzeptanz Erneuerbare Energien in Hamburg Bergedorf(vgl. Beba 2013) Die Akzeptanz von Offshore-Windkraftanlagen bei den Touristen Spiekeroogs(vgl. El-Khaled 2013) Studie über Akzeptanz zu Windkraftanlagen im Pfälzer Wald(vgl. Universität Koblenz-Landau 2013) Umfrageergebnisse: Akzeptanz Erneuerbarer Energien (vgl. Falk et al. 2013) Befragung der Anwohner von möglichen Windparks in der Ostschweiz(vgl. Wüstenhagen et al. 2015) Inwieweit sind Sie für oder gegen den Gebrauch von Windenergie in Deutschland?(vgl. European Commission 2017)

Fragestellung und Forschungsdesign 34 Titel der Studie Verfasser und Erscheinungsjahr Studie zur Auswirkung von Windkraftanlagen auf Touristen (vgl. Mangold 1994) Studie Windkraft und Tourismus 2003 bis 2009(vgl. Puhe 2009) Tourismus und Energiewandel in Deutschland am Beispiel Schwarzwald(vgl. Hecker et al. 2014) Einflussanalyse Erneuerbare Energien und Tourismus in Schleswig-Holstein(vgl. Ziesemer et al. 2014) Windkraft und Tourismus(vgl. Fliegenschnee-Jaksch et al. 2014) Wandern und Windkraftanlagen – Onlineumfrage zur Akzeptanz von Anlagen erneuerbarer Energien in der Landschaft

(vgl. Quack 2015) Titel der Studie Verfasser und Erscheinungsjahr Belästigung durch periodischen Schattenwurf von Windenergieanlagen (vgl. Pohl et al. 1999) Windenergieanlagen im Landschaftsbild(vgl. Weise et al. 2002) Küste, Meer und Offshore-Wind - Wie Westküstenbewohner ihren Lebensraum sehen (vgl. Gee 2006) Präferenzen für die Gestaltung der Windkraft in der Landschaft(vgl. Meyerhoff et al. 2008) Windenergieanlagen und Landschaftsbild(vgl. Ratzbor 2011) Tabelle 1 Durchgeführte Studien zum Thema Windenergie

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Zusammenfassend benennen die in der obenstehende Tabelle 1 aufgeführten Studien folgende Wissenslücken bzw. weiteren Forschungsbedarf:

x Akzeptanz von Windenergie: Es muss eine Steigerung der Akzeptanz von Windkraftanlagen durch Anlieger und Anwohner auf lokaler Ebene erfolgen (vgl. Schmid et al. 2012, S. 62), durch eine möglichst frühe und professionell begleitete Beteiligung (vgl. Schweizer-Ries 2012, S. 18) und einem anschließenden Monitoring.

x Tourismus und Windenergie: In Studien wie "Windenergie und Tourismus" sind die Einstellungen von Touristen gegenüber Windkraftanlagen und deren Wahrnehmung und die Auswirkung auf Reiseentscheidungen untersucht worden. Die Grundeinstellung der Touristen gegenüber Windkraft ist danach als neutral bis positiv einzuschätzen; Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Erholung oder den Erholungswert sind nicht betrachtet worden (vgl.

Quack 2015, S. 2). Hier bestehen noch erhebliche Wissenslücken, zumal die Zahl einschlägiger Studien gering ist.

x Landschaftsbild und Windkraftanlagen: Die Attraktivität des Landschaftsbildes ist eine Qualität, die bei den Befragten meist hoch eingeschätzt wird (vgl. Gee 2006, S. 16). Aus den wenigen bisher vorliegenden thematisch einschlägigen Studien erschließt sich, dass Teilnehmer von Befragungen sich kaum durch Windkraftanlagen gestört fühlen und angeben, keine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch Windkraftanlagen wahrzunehmen (vgl. Ratzbor 2011, S. 16). Möglichkeiten der Übertragbarkeit auf andere Landschaften sind jedoch begrenzt.

Die hier vorgestellten Studien betrachten u.a. die Einstellung gegenüber Windkraftanlagen (vgl. Beba 2013) (vgl. Schmid et al. 2012, S. 62) oder das Themenfeld Windkraftanlagen und Landschaftsbild (vgl.

Gee 2006, S. 16) (vgl. Pohl et al. 1999). Hingegen werden in den oben aufgeführten Studien die Aspekte:

Veränderung der Erholungsauswirkungen durch Windkraftanlagen oder Auswirkungen und Veränderungen speziell auf die Erholung oder den in der Forschungsfrage erwähnten Erholungswert nicht betrachtet.

Wenige der oben genannten Studien haben einen konkreten Raumbezug. Diesen können unter anderem die Studie des Institut für Regionalmanagment (2012), El-Khaled (2013) oder Beba (2013) vorweisen.

Hier handelt es sich jedoch zum Teil um die Schwerpunkte Offshore Anlagen oder Befragung zum Thema Umweltbewusstsein unter dem Begriff der Erneuerbaren Energien. Erkennbar wird die Notwendigkeit, Studien mit einem konkreten Raumbezug durchzuführen, um entsprechend spezifische Aussagen machen zu können (auch wenn dies zulasten der Verallgemeinerbarkeit einzelner Erkenntnisse führen kann). Mit der vorliegenden Arbeit (siehe Kapitel 2.1) soll zum einen ein konkreter Raumbezug zu einer Mittelgebirgsregion bzw. touristisch genutzten Mittelgebirgsdestination und die Wissenslücke der

Fragestellung und Forschungsdesign

Auswirkung von Windkraftanlagen auf die Erholung, Erholungsfunktion und den wahrgenommenen Erholungswert einer Landschaft geschlossen werden.

Bei Durchsicht der oben aufgeführten Untersuchungen sind drei Studien identifiziert und für die nähere Beschreibung bestehender Wissenslücken ausgewählt worden, die in Teilaspekten ähnliche Fragestellungen betrachten wie die hier präsentierte Untersuchung. Die Auswahl der drei Studien erfolgte, indem zum einen Studien mit einem konkreten Raumbezug gesucht wurden, die einzelnen Fragenkataloge der Studien betrachtet und mit der vorliegenden Studie abgeglichen worden sind, um hier Vergleichbarkeiten zu identifizieren.

Es geht in der vorliegenden Arbeit zwar in erster Linie nicht um die Akzeptanz von Windkraftanlagen, doch die folgend vorgestellten Studien betrachten den Akzeptanz-Schwerpunkt ungeachtet einzelner inhaltlich zur vorliegenden Arbeit besonders relevanter Aspekte:

1. Wandern und Windkraftanlagen – Onlineumfrage zur Akzeptanz von Anlagen erneuerbarer Energien in der Landschaft (Hochschule Ostfalia), 2015

2. Akzeptanz von Windkraftanlagen in deutschen Mittelgebirgsdestinationen (Centrum für marktorientierte Tourismusforschung 2012)

3. Besucherbefragung zur Akzeptanz von Windkraftanlagen in der Eifel (Institut für Regionalmanagement), 2012.

In der Studie der Hochschule Ostfalia Wandern und Windkraftanlagen – Akzeptanz von Anlagen Erneuerbarer Energien in der Landschaft aus dem Jahr 2015 wurden im Zeitraum Januar 2013 bis Januar 2015 insgesamt 643 Personen befragt, mit einem durchschnittlichen Alter von 46 Jahren. Ziel der Befragung war es, die Akzeptanz von Formen der alternativen Energiegewinnung an Wanderwegen unter besonderer Berücksichtigung von Windkraftanlagen zu untersuchen. Die Studie erfasst unter anderem die Präferenzen der tatsächlichen und gewünschten Wanderorte; hier ist das Mittelgebirge mit 78% bzw. 59% stark vertreten. Mittelgebirge sind für Wanderer ein wichtiger Ort, was die Auswahl von Nordhessen als Mittelgebirgsdestination für eine Fallstudie bestätigt. Jedoch sind konkrete Verortung sowie Raumbezüge in dieser Studie nicht gegeben, da es sich um eine Online-Langzeitstudie handelt.

Weiterhin hat die Studie die Wahrnehmung der Umgebung sowie Störungsfaktoren beim Wandern nicht erfasst. Sie erfasst unter anderem, welche Bauwerke den Wanderer gestört bzw. welche Elemente wahrgenommen wurden. Erholungshemmnisse oder Wirkweisen von Windkraftanlagen auf die Erholung als solche sind nicht gezielt betrachtet worden. Nachfolgend enthält Tabelle 2 eine Zusammenfassung der Studie, in der auch Aussagen zu Windkraftanlagen zutage gefördert wurden. Hiermit wurde ein Wissensstand erreicht, auf dem die vorliegende Arbeit aufbauen kann. Es zeigt sich, dass Mittelgebirge ein präferiertes oder angestrebtes Wandergebiet sind sowie dass bei Wanderungen Windkraftanlagen wahrgenommen aber nicht primär als störend empfunden werden. Als Resultat aus der hier

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vorgestellten Studie lässt sich die Relevanz eines Fallbeispiels in einer Mittelgebirgsdestination sowie die Ausrichtung der Befragung in der vorliegenden Arbeit hinsichtlich der Wahrnehmung bestätigen.

Befragungsinhalte Ergebnisse

Ich würde gerne wandern in…

59 % Mittelgebirge 19 % Alpenvorland/Allgäu 13 % Hochgebirge

8 % Flachland/Küstenregionen

Beim Wandern habe ich wahrgenommen…

76 % Fahrradfahrer/Mountainbiker

17 % Atom- und Kohlekraftwerke (Auswahl)

Beim Wandern gestört hat/haben mich…

87 % Abfälle in der Landschaft 79 % Atom- und Kohlekraftwerke 47 % Hochspannungsleitung 45 % Windkraftanlagen 44 % Maisfelder 40 % Biogasanlagen 26 % Solaranlagen

14 % steile Wegpassagen (Auswahl)

Was stört bei Windkraft?

98 % Dominanz im Landschaftsbild 77 % Beeinträchtigung der Aussicht 53 % Lärm

42 % Schattenwurf

28 % Sonstiges (Zerstörung d. Landschaftsbildes, Gefährdung der Tiere, blinkende Rotoren, Unruhe)

Störfaktor Windkraft in Abhängigkeit vom Alter

bis 29 Jahre

18 % einzelnstehende Windkraftanlagen in der Ferne/am Horizont 18 % einzelnstehende Windkraftanlagen am Wegesrand

25 % gehäuft stehende Windkraftanlagen in der Ferne/am Horizont 43 % gehäuft stehende Windkraftanlagen am Wegesrand

Störfaktor Windkraft in Abhängigkeit vom Alter

30 bis 49 Jahre

32 % einzelnstehende Windkraftanlagen in der Ferne/am Horizont

34 % einzelnstehende Windkraftanlagen am Wegesrand

42 % gehäuft stehende Windkraftanlagen in der Ferne/am Horizont 47 % gehäuft stehende Windkraftanlagen am Wegesrand

Störfaktor Windkraft in Abhängigkeit vom Alter

50 Jahre und älter

34 % einzelnstehende Windkraftanlagen am Wegesrand 37 % einzelnstehende Windkraftanlagen

in der Ferne/am Horizont

46 % gehäuft stehende Windkraftanlagen am Wegesrand 49 % gehäuft stehende Windkraftanlagen in der Ferne/am Horizont

Tabelle 2 Auswertung Befragung: Wandern und Windkraftanlagen. Quelle: Hochschule Ostfalia 2015

Fragestellung und Forschungsdesign

Eine weitere Studie ist die von CenTouris, (Centrum für marktorientierte Tourismusforschung 2012) der Universität Passau mit dem Titel: Akzeptanz von Windkraftanlagen in deutschen Mittelgebirgen, durchgeführt in 2012 im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Mittelgebirge e.V. Hier wurden im Zeitraum vom 30.10. bis 05.11.2012 insgesamt 977 Personen im Rahmen einer Online-Befragung, mit einem durchschnittlichen Alter von 48 Jahren befragt. Ziel der Studie war, die Akzeptanz der Befragten gegenüber Windkraftanlagen u.a. im Kontext der persönlichen Urlaubspräferenzen zu ermitteln.

CenTouris hat die grundlegende Einstellung der Probanden zu Windkraftanlagen erfasst. Die generelle Befürwortung oder Ablehnung von Windkraftanlagen ist ein wichtiger Faktor. Er wurde hier jedoch ohne räumlichen Kontext ermittelt. Die Urlaubsmotive von Mittelgebirgstouristen sind in der Studie ebenso wie die Assoziation mit Mittelgebirgen ermittelt worden. Wirkweisen von Windkraftanlagen auf die Erholung sind nicht erfasst. Hier ist die Auswertung der Frage, inwieweit Windkraftanlagen in Urlaubsregionen unterstützt werden, ein wichtiger Aspekt, der für die vorliegende Arbeit eine Rolle spielt. Die Auswertung wird nachfolgend in Tabelle 3 dargestellt. Für die vorliegende Arbeit ist vor allem der Aspekt der Unterstützung von Windkraftanlagen in Mittelgebirgen relevant und wird weiterverfolgt und überprüft.

Tabelle 3 Auswertung Befragung „Akzeptanz von Windkraftanlagen". Quelle CenTouris 2012

Befürworter von WKA generell 72%

Gegner von WKA generell 12%

21% Das finde ich gut.

46% Das würde ich akzeptieren

27% Das würde mir nicht gefallen oder das lehne ich ab

17% Das finde ich gut.

46% Das würde ich akzeptieren

31% Das würde mir nicht gefallen oder das lehne Windenergieanlagen: PRO Unterstützung von weiterem Ausbau von

Windkraftanlagen in Mittelgebirgen

Unterstützung von Windkraftanlagen in Urlaubsgebieten im Mittelgebirge

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Die Zahl solcher Studien, die sich bei konkretem Raumbezug mit Fragen landschaftlicher Wirkung von Windkraftanlagen beschäftigen (in Mittelgebirgen), ist gering. Eine Studie, die einschlägige Fragen in einem Mittelgebirge mit Raumbezug behandelt, ist die Besucherbefragung zur Akzeptanz von Windkraftanlagen in der Eifel. Diese Studie wurde vom Verein Naturpark Nordeifel e.V. beauftragt und von Juni bis August 2012 vom Institut für Regionalmanagement (IfR) durchgeführt. Insgesamt sind 1.326 Besucher des Naturparks Eifel persönlich (Altersdurchschnitt von 47 Jahren) befragt worden. Ziel der Befragung war es, ein Meinungsprofil der Befragten hinsichtlich ihrer Einstellung zur Windkraftnutzung und ihrer Akzeptanz von Windkraftanlagen in der Eifel zu erheben. Durch diese Untersuchung stehen laut Aussage der Verantwortlichen erstmals seit der Energiewende für eine deutsche Mittelgebirgsregion und eine touristische Destination repräsentative Aussagen von Gästen zur Akzeptanz von Windkraftanlagen in der Urlaubsregion zur Verfügung. Aus der Studie des IfR geht hervor, dass Windkraftanlagen kein Grund sind, auf zukünftige Besuche in der Eifel zu verzichten. Dieser Aspekt wurde in der vorliegenden Studie nicht abgefragt, bietet für Nordhessen jedoch eine gute Übertragbarkeit. Die Wirkweise von Windkraftanlagen wird ebenfalls in der vorliegenden Arbeit erfasst.

Befragungsinhalte Ergebnisse

Wie empfinden Sie Windkraftanlagen in der Eifel?

59% nicht störend

28% störend aber akzeptabel 8% störend

Finden Sie Windkraftanlagen so störend, dass Sie bei zusätzlichen Anlagen auf einen Besuch in der Eifel verzichten würden?

4% sehr störend

91% würden auch bei Zunahme kommen 6% würden auf Besuch verzichten Wie wichtig ist Windkraft Ihrer Meinung nach

für die künftige Energieversorgung Deutschlands?

63% sehr wichtig

32% durchschnittlich wichtig 4% unwichtig

Tabelle 4 Auswertung Befragung „Besucherbefragung zur Akzeptanz von Windkraftanlagen in der Eifel“. Quelle: IfR, 2012

2.3 AUFBAU DER ARBEIT,VORGEHENSWEISE

Die vorliegende Arbeit wird in das Wissensgebiet der Landschaftsplanung und insgesamt in die Planungswissenschaften eingeordnet. Die Arbeit gliedert sich in sechs Abschnitte. In (1) Fragestellung und Forschungsdesign werden das Ziel der Studie mit Bezug auf Wissenslücken sowie der Stand des Wissens dargestellt. In (2) Methodik und Merkmale der Region Nordhessen werden die methodischen Schritte der Datenerhebung und Fakten zur Region Nordhessen im Einzelnen erörtert. Sodann werden (3) im Kapitel Theoretische Grundlagen verschiedene Konzeptualisierungen erörtert, die der hier durchgeführten Studie zugrunde liegen. Anschließend werden (4) im Kapitel Auswirkungen von

Fragestellung und Forschungsdesign

Windkraftanlagen auf Menschen verschiedene Aspekte wie Emissionen sowie technische Hintergründe dargestellt. Der empirische Teil der Arbeit ist (5) ab Kapitel Datenerhebung dargestellt. Abschließend werden (6) Ergebnisse diskutiert und bewertet, Empfehlungen ausgesprochen und Handlungsansätze vorgestellt.

Für die vorliegende Arbeit zentral ist der Erholungswert von Landschaft an sich und von einzelnen Landschaften (hier Mittelgebirgslandschaften Nordhessens) im Besonderen. Fragen nach dem landschaftlichen Erholgungswert werden im Kontext der Errichtung und des Betriebs von Windkraftanlagen gestellt. Das Forschungsdesign umfasst daher zum einen Arbeitsschritte, um den Stand des Wissens über die landschaftliche Erholungseignung und deren Beeinflussung durch Windkraftanlagen im Allgemeinen zusammenzutragen; hierfür wurden einschlägige Quellen und Fachliteratur ausgewertet (siehe Kapitel 5. und 6.). Zum anderen sind Schritte erforderlich, um die landschaftliche Erholungseignung und deren Beeinflussung durch Windkraftanlagen im besonderen Fall ausgewählter Gebiete Nordhessens (siehe Kapitel: 2.3.1 und 2.3.1) zu untersuchen. Erholung ist auf das Engste mit einem subjektiven Wahrnehmen, mit Erwartungen und Bedürfnissen des Betrachters einer Landschaft verknüpft (vgl. Fischer-Hüfle 1997). Weitere Schritte sind erforderlich, um die Wahrnehmung der Erholungseignung eines spezifischen Raums und deren Beeinflussung durch Windkraftanlagen zu ermitteln; hierfür kommen Methoden wie die fragebogengestützte Befragung insbesondere zum Einsatz (siehe Kapitel 3.1) in Ergänzung zur Analyse von Presseartikeln (siehe Kapitel 3.4). Die Erfassung des subjektiv empfundenen Erholungswertes erfolgt mittels einer fragebogengestützten persönlichen Umfrage. Die Zielgruppe der Befragten sind touristische und naherholende Wanderer. Die Differenzierung der Gruppe der Wanderer durch die Attribute Naherholung und Tourismus erfolgte explizit zur Berücksichtigung des Tourismussektors.

So umfasst die vorliegende Arbeit (a) eine Analyse und Betrachtung des landschaftlichen Erholungswertes (hier der Verweis auf die Kapitel: 4.3), und setzt diesen (b) in Bezug zu einer konkreten Personengruppe und eines konkreten Raums. Bewertung und Diskussion finden im Kontext des Mittelgebirgstourismus statt. Der konkrete Raumbezug erlaubt zunächst Aussagen zu einer Region;

diese ist nicht als besonders einmalig als touristischer Standort wie etwa Nord- oder Ostsee oder die Hochalpen anzusehen. Mit Nordhessen grundsätzlich vergleichbare Standorte sind mehrfach in Deutschland wiederzufinden; daher wird eine Übertragbarkeit der Ergebnisse in bestimmten Grenzen möglich sein.

41 2.3.1 WAHL DER FALLSTUDIE

Für die Beantwortung der Fragestellung, die einen konkreten Raumbezug hat, wird die Methodik der Fallstudie gewählt. „They are ideally suited to the investigation of complex phenomena such as designed landscapes, which are the focus of our discipline“ (Swaffield 2017, S. 1). Swaffield (2017) stellt weiterhin dar, dass „Case studies are used in a range of disciplines, but are particularly associated with place based disciplines such as geography, planning, architecture, landscape architecture, and social and political sciences including anthropology.“ Nach Swaffield (2017, S. 1) bietet die Fallstudie eine weitere Vielzahl an Vorteilen: „teaching, research, practice, theory building, criticism, and communication and outreach.“

Die Art der Fallstudie muss der jeweiligen Fragestellung angepasst sein. Swaffield (2017) unterscheidet zwischen Fallstudien, die vergleichen und somit mehrere Fallstudien beinhalten und einer

Einzelfallstudie (hier Paradigmatic cases). Diese muss nach Swaffield so aufgebaut sein, dass sich systematisch Fälle miteinander vergleichen lassen und Ähnlichkeiten und Unterschiede in verschiedenen Kontexten darstellbar sind (vgl. Swaffield 2017, S. 108). Die Eingrenzung auf Nordhessen als

Einzelfallstudie erfolgte bewusst auf Basis der Erhebungen im Forschungsverbund KLIMZUG6.

Nordhessen bietet als Mittelgebirgsdestination hohe Eigenart, Vielfalt, Schönheit sowie Erholungswert.

Ein weiterer Grund für die Auswahl eines Mittelgebirges, in diesem Fall Nordhessen als Fallstudie ist die

Ein weiterer Grund für die Auswahl eines Mittelgebirges, in diesem Fall Nordhessen als Fallstudie ist die