• Keine Ergebnisse gefunden

der große Erfolg der 60er Jahre

2. Der Wlllen1blldung1prozel5

2.1. Die Gemeinschaftsperspektive: die Einführung der MWSt In der EG

2.1.1. Erste Oberlegungen und Vorentscheidungen: 1958-1960 Institutionelle Weichenstellung bei der Kommission

Am l.Januar 1958 traten die Römischen Verträge zur Gründung einer EWG und einer EAG In Kraft. Von der In Art.95-99 EWGV vorgesehenen Steuer-politik der Gemeinschaft war in den ersten beiden Jahren der EG nur wenig zu spüren. Die Kommission als die Hüterin der Verträge war anfangs noch in erster Linie mit sich selbst beschäftigt. Zunächst galt es, einen schlag-kräftigen Verwaltungsapparat aufzubauen und Ihn zum Arbeiten zu be-wegen.' Schon dabei fiel allerdings eine wichtige Vorentscheidung für den Weg, den die USt-Harmonlslerung der EG später nehmen sollte: die Doml-nlerung der Steuerpolitik durch wettbewerbspolltlsche Oberlegungen. Ein solches Konzept war nicht nur Im EWG-Vertrag angelegt, sondern es wurde In der Organisationsstruktur der Kommission auch fest verankert.

Als es an die Kompetenzverteilung innerhalb der ersten Kommission der EWG ging, war zunächst daran gedacht worden, den gesamten Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik entlang der Linie kurzfristig/langfristig zwischen dem Franzose,; Marjolin und dem Deutschen von der Groeben auf-zuteilen. Eines Tages kam jedoch Marjolin in '1as Büro seines Kollegen und forderte mit der Begründung, dal3 die Wirtschaftspolitik auf der Basis von Frlstlgkeltserwägungen nicht sinnvoll unterteilt werden könne, das gesamte Ressort für sich. Dem war weder inhaltlich noch politisch - die Deutschen stellten mit Hallstein bereits den Kommissionspräsidenten und mul3ten daher den anderen bei der Ressortverteilung den Vortritt lassen - viel entgegen-zusetzen. Von der Groeben sicherte sich seinerseits neben der Wettbe-werbspolitik im engeren Sinne - Kartelle, Monopole, etc. -, die "sowieso niemand wollte"•, auch die Subventions- und Steuerpolitik, was er von dem

"glücklichen Sieger"• Marjolin auch ohne viel Widerstand zugestanden bekam.• Alle wettbewerbspolitisch relevanten Fragestellungen waren damit In der Hand eines Kommissars vereint. Die spätere Steuerabteilung der

Zu den frühen Jahren der EG vgl. Groeben (1982), S.57ff.

Persönliches Interview.

Persönliches Interview.

Vgl. z.B. Groeben (1982), S.81.

Kommission wurde Teil der Generaldirektion IV Wettbewerbspolitik, deren Leitung der Niederländer VerLoren van Themaat übernahm. Diese organisa-torische Struktur als auch die Besetzung ihrer Spitzenpositionen blieb bis 1967 erhalten. Sie prägte nachhaltig die wettbewerbspolltische Ausrichtung der Brüsseler USt-Politik.

Erstes Problem: Entwicklung einer steuerpolitischen Gesamtkonzeption Zwar hatte die Kommission nun eine Steuerabteilung, eine Steuerpolitik aber gab es noch lange nicht. Hier und da tauchte das Schlagwort der Steuerharmonisierung schon einmal in der Offentlichkelt auf, nur wußte niemand so recht, was darunter konkret zu verstehen war. Um die Rat-nicht In Tatenlosigkeit umschlagen zu lassen, ging man bei der Kommission und In den einzelnen Hauptstädten zunächst einmal daran, eine Bestands-aufnahme der verschiedenen Steuersysteme zu erstellen und sie miteinander zu vergleichen. Man kam dabei zu dem nicht unerwarteten Ergebnis, daß gewisse Unterschiede existierten und daß daraus Probleme für den Gemein-samen Markt erwachsen könnten.• Andere erinnerten sich des In der Mon-tan-Union geführten Steuerstreits und kramten aus aktuellem Anlaß - Ab-wertung des Franc - ihre altbekannten Argumente wieder aus der Schub-lade hervor. Da aber die wenigsten mit deren Inhalten etwas anzufangen wußten, vergrößerten sie eher die allgemeine Unsicherheit. Trotzdem war zumindest eines erreicht: Eine Diskussion kam in Gang, die die Offentllch-keit für die Probleme unterschiedlicher Steuersysteme in der EG sensibili-sierte.

Die Diskussion wollten auch die Finanzminister der Mitgliedsländer nicht ganz unbeteiligt an sich vorüberziehen lassen. So trafen sie sich, auf Initiative des deutschen Ministers Etzel - er war vorher Vizepräsident der Hohen Behörde gewesen und schon von daher für steuerpolitische Probleme der EG sehr ansprechbar - und des Kommissars von der Groeben im Juli 1959 zu einem informellen Meinungsaustausch unter dem Motto: "Was kön-nen die Finanzminister zum Gemeinsamen Markt beitragen?"• Die Konferenz endete zwar nicht mit einer erschöpfenden Antwort auf die sich selbst gestellte Frage, dafür aber mit einer Gemeinsamkeit demonstrierenden Dampferfahrt auf dem Rhein und dem Versprechen, sich fortan alle drei Monate wieder zu treffen. Die informellen Quartalstreffen der Finanzmi-nister wurden in der Folgezeit ein wichtiges Instrument für die Steuer-politik der EG. Auch wenn konjunktur- und währungspolitische Probleme meist die Diskussionen beherrschten, so kam doch auch regelmäßig die Steuerharmonisierung zur Sprache. Im Gegensatz zu den Zusammenkünften des Rates, bei denen im Regelfall offizielle und bereits vorbereitete

Vgl. z.B. Le Monde 7 .6.59, Industrie Kurier 23. 7 .59 u. Süddeutsche Zeitung 4.8.59.

Titel eines Artikel in der Süddeutschen Zeitung v. 18.7.59.

Stellungnahmen ausgetauscht werden, erlaubte die informelle Atmosphäre der Quartalstreffen der Kommission,

schon im Vorfeld formeller Richtlinienvorschläge an den Rat deren Er-folgschance auf politischer Ebene abzutasten,

festgefahrene Expertengespräche von der Ministerebene her unter Druck zu setzen bzw. zu beschleunigen,

Anregungen für weitere Aktivitäten zu erhalten.

Aber zurück in die Jahre 1958/59. Mit ihrer Unsicherheit befanden sich die nationalen Steuerexperten in guter Gesellschaft, da die für Fragen der Steuerharmonisierung ja in erster Linie zuständige Wirtschaftswissenschaft auch keinen schlüssigen Rat anzubieten hatte. Nach der Einschläferung des Steuerstreits war das Interesse an internationalen Steuerproblemen merklich erlahmt. Als in der europäischen Aufbruchstimmung der späten 50er Jahre die Zahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen langsam anzusteigen begann, muf3te man praktisch wieder beim Punkte Null anfangen. Die frühe-ren Arbeiten wafrühe-ren von nur begfrühe-renztem Wert, da im Vergleich zur Montan-Union die EWG breiter angelegt war (Voll- statt Teilintegration) und höher gesteckte Ziele verfolgte (evtl. Wirtschafts- oder sogar politische Union).

Zusammen mit allen anderen tappte auch die Kommission anfangs im Dun-keln. Zwar war ihr bereits klar, daf3 die Steuern bis zu einem gewissen Grade harmonisiert werden muf3ten. Aber welche Steuern und wie und In welcher Reihenfolge? - das war eine andere und bislang unbeantwortete Frage. Es war an der Kommission, eine Antwort zu finden und damit der einmal initiierten Diskussion eine Richtung zu geben. In Anbetracht der verwirrenden Lage verdichtete sich Anfang 1960 In Brüssel die Auffassung, eine aus Nationalökonomen zusammengesetzte Arbeitsgruppe mit den aufge-worfenen Fragen zu betrauen. Sie sollte Licht In das steuerpolitische Dunkel werfen und eine Gesamtkonzeption erarbeiten, an der sich die Kom-mission später orientieren konnte. Auf Initiative des Kommissars von der Groeben genehmigte die Kommission schlief3lich Im Frühjahr 1960, einen so-genannten Steuer- und Finanzausschuß Ins Leben zu rufen.

zweites Problem: dringender Handlungsbedarf bei der USt

Wenn auch ein Gesamtkonzept noch lange nicht in Sicht war, so war sich die Kommission doch schon sehr frühzeitig über einzelene Aspekte ihrer zukünftigen Steuerpolitik im klaren. Evident war, daf3 bei den direkten Steuern nicht viel zu erreichen war. Die Einkommensteuer war nicht nur ein wichtiger Elnnahmenbeschaffer, sondern stellte auch ein flexibles Instrument für eine Vielzahl unterschiedlich motivierter Eingriffe in das Wirtschaftsleben dar. Jeglicher Harmonisierungsversuch wäre "ans Einge-machte gegangen"', und es lag daher nahe, zunächst die Finger davon zu lassen. Ganz anders bei den indirekten Abgaben: Hier "brannten die

Pro-7 Persönliches Interview.

bleme auf den Nägeln"8 • Wie schon die Väter des Vertrages so richtete auch die erste Kommission es handelte sich oft um die gleichen Personen -ihr besonderes Augenmerk auf die Gewährleistung eines freien Warenver-kehrs.• Die relativ wenigen, die Ende der 50er Jahre die Geschichte des Aufstiegs des umsatzsteuerllchen Grenzausgleichs noch kannten, erinnerten sich daran, daß er als ein Instrument protektionistischer Handelspolitik und als Vergeltungswaffe im Handelskrieg seinen Anfang genommen hatte.•0 Sie fragten sich daher, ob nicht die Ausbreitung des Grenzausglelchsmechanls-musses eine historische Fehlentwicklung gewesen sei, für die es In einem Gemeinsamen Markt keinen Platz mehr geben könne. Die so begründete Ab-neigung gegen den Grenzausgleich mochte manchem als ein wenig abstrakt-philosophisch erscheinen. Aber die Realität lieferte schon bald schlag-kräftige Beweise für ihre Existenzberechtigung.

Erstes Anschauungsmaterial bot die für den l.Januar 1959 vorgesehene erste Zollsenkung. In Anbetracht der prekären Lage In Frankreich - nach einer Innenpolitisch äußerst labilen Phase hatte General de Gaulle gerade die Macht übernommen - und angesichts des EG-Skeptizismus bei Bundes-wirtschaftsminister Erhard war die Kommission heilfroh, daß der erste Schritt zur Zollunion überhaupt gut über die Bühne gegangen war.11 Es waren nun ausgerechnet die Europa-treuen Niederländer und Belgier, die just Im Januar 1959 Ihren umsatzsteuerlichen Grenzausgleich heraufsetzten.

Auch heftige Dementis seitens der betreffenden Finanzministerien konnten die Vermutung nicht aus der Welt schaffen, daß zwischen der Zollsenkung auf der einen und der Grenzausgleichserhöhung auf der anderen Seite ein gewisser Innerer Zusammenhang bestand. Die Kommission sah sich um Ihren ersten großen Erfolg betrogen: Solange die Zölle nicht gesenkt, sondern lediglich durch Steuern ersetzt wurden, konnte die Wirtschaft kaum von den Vorteilen der EG überzeugt werden. Es galt zu handeln, bevor das Benelux-Beispiel Schule machte.

Die Kommission setzte sich daher Im Frühjahr 1959 Intensiv mit der USt auseinander. Die wichtigsten Probleme wurden herausgearbeitet: Art. 95-97 sind nicht in der Lage, für Neutralität im grenzüberschreitenden Handel zu sorgen; die Aufrechterhaltung der Steuergrenzen Ist unerwünscht. Auch wurde klar, dall ein Verzicht auf den Grenzausgleich unter Beibehaltung der BruttoUSt unweigerlich Bkonomische Verzerrungen nach sich ziehen würde.

So schälte sich schon sehr früh eine Präferenz der Kommission für eine Angleichung der USt-Systeme heraus. Und mit der MWSt wurde In der deut-schen und französideut-schen Presse auch hier und da bereits der Steuertyp ge-nannt, der sich die gröl!ten Aussichten auf eine EG-weite Einführung

Persönliches Interview.

Vgl. z.B. Jansen (1961), S.107ff.

10 Vgl. z.B. Jahrmarkt (1969).

11 Vgl. Groeben (1982). S.38f. u. S.66f.

machen konnte. überraschen kann das nicht: Die Finanzministerien in Bonn und Paris stellten 1959 ernsthafte Oberlegungen darüber an, ob und wie man zu einer MWSt übergehen könne. Auch der Chef der Brüsseler USt-Ab-teilung Jansen - das niederländische Finanzministerium hatte mit Ihm

"seinen besten Mann"12 zur Kommission geschickt - hatte sich schon auf die MWSt festgelegt: Er versprach sich von der Einführung einer so ge-wichtigen Steuer, abgesehen von sachlichen Erwägungen, einen großen politischen wie auch persönlichen Erfolg.

Aber bis dahin sollten noch einige Jahre vergehen. Zunächst lud die Kom-mission im Juni 1959 die leitenden Steuerbeamten der Mitgliedstaaten zu einer erstmaligen Fühlungnahme nach Brüssel ein. Sie konnten sich auf Vorschlag der Kommission darauf einigen, die im Bereich der Indirekten Abgaben sich stellenden Probleme In drei aus Experten der nationalen Finanzministerien zusammengesetzten Arbeitsgruppen näher zu untersuchen:

- AG I: Harmonisierung der USt-Systeme.

- AG II:

- AG III:

Gemeinsame Berechnungsmethode zur Bestimmung des Grenz-ausglelches bei einer BruttoUSt.

Probleme bei den speziellen Verbrauchsteuern.13

Bis Ende 1959 konnte die AG I als erstes Ergebnis ihrer Beratungen fest-halten, daß bei einem Weiterbestehen der BruttoUSt weder eine neutrale Besteuerung sichergestellt noch auf eine Abschaffung der Steuergrenzen gehofft werden könne.1• Dieses Resultat wurde unterstrichen durch den Verlauf der Diskussionen in der AG II, wo die Suche nach einem Berech-nungsmodus für den Grenzausgleich auf vielfältige Schwierigkeiten gestoßen war. Beides bestätigte die ursprüngliche Vermutung der Kommission, daß allein von der Harmonisierung der USt-Systeme eine Lösung erwartet werden könne.

Während sich die Finanzexperten zur Klausur zurückgezogen hatten, spitzte sich das Problem an der politischen Front immer mehr zu. Gerüchte sicker-ten nach Brüssel durch, daß sich nach den Benelux-Staasicker-ten nun auch die Deutschen und Italiener mit dem Gedanken trügen, die Grenzausgleichssätze In gröl!erem Stil anzuheben. Die Franzosen waren aufgeschreckt und setzten die Kommission unter Druck, dem Einhalt zu gebieten. Angesichts des her-aufziehenden politischen Unwetters sah sich Brüssel gezwungen, die Steuerdiskussion von der Experten- auf die politische Ebene hochzuhiefen und auf baldige Entscheidungen zu drängen. In einem Schreiben vom

12 Persönliches Interview.

13 Auch für die Gründung der AG III gab es einen aktuellen Anlall: So hatten beispielsweise die Deutschen die Senkung der Zölle auf Kaffee und Tee mit der Erhöhung der entsprechenden Verbrauchsteuern be-antwortet. Vgl. z.B. Industrie Kurier 30.6.59.

14 Dok. IV /5285/59 v. 17 .12.59. Engültlge Verabschiedung des Berichts am 20.2.60, Dok. IV/1359/60.

5.November 1959 wandte sich Kommissar von der Groeben direkt an die Fi-nanzminister mit der dringenden Bitte, als Sofortmaßnahme ein Stlllhalte-abkommen für den Grenzausgleich abzuschließen.•• Darüberhinaus forderte er sie auf, sich schon jetzt auf die Ziele Wettbewerbsneutralität und Ab-schaffung der Steuergrenzen zu verpfllchten, um so von politischer Seite her den Experten eine Richtung für Ihre weitere Arbeit zu weisen.

Der Stand der Dinge 1960

Verschiedene aktuelle Anlässe hatten also bis 1960 den umsatzsteuerllchen Grenzausgleich in den Mittelpunkt der Diskussion um die Steuerharmonisie-rung rücken lassen. Mit den Konzepten Wettbewerbsneutralität und Ab-schaffung der Steuergrenzen hatten sich die Harmonislerungszlele der Kom-mission konkretisiert. Und es wurden, neben den schon im EWG-Vertrag vorgesehenen Institutionen, Foren geschaffen, innerhalb derer künftig nach Problemlösungen gesucht werden sollte:

die Quartalskonferenzen der Finanzminister auf der politischen Ebene;

die AGs und der Steuer- und Finanzausschuß auf der technischen Ebene;

die Zusammenkünfte der Leiter der nationalen Steuerverwaltungen als Bindeglied zwischen beiden Ebenen.

Der Druck der Tagesereignisse im allgemeinen und der Frankreichs im be-sonderen waren in der Lage, die Suche nach einer Stlllhalteverelnbarung für den Grenzausgleich im Frühjahr 1960 auf die Agenda der politischen Instanzen zu setzen. Der Verlauf der entsprechenden Diskussionen bis zu ihrem endgültigen Scheitern 1963 wird uns später noch beschäftigen.••

Demgegenüber war die Frage der Harmonisierung der nationalen USt-Syste-me noch mit zu vielen Unwägbarkeiten verbunden, als daß sich die politi-schen Entscheidungsträger nach ihren anfänglichen Diskussionen 1959 zu einer Beschlußfassung - selbst wenn diese nach Vorstellung der Kommission nur auf die Ziele der Harmonisierung begrenzt sein sollte - hätten durch-ringen können. Hinzu kam, daß in den beiden einzigen EG-Ländern, in denen die Einführung einer allgemeinen MWSt erwogen worden war, die noch im Jahr 1959 erfolgversprechend erscheinenden Reformbestrebungen schon 1960 auf hartnäckigen Widerstand gestossen waren: Die französische Natio-nalversammlung wies den von der Regierung vorgelegten Gesetzesentwurf zurück17, und das deutsche Kabinett legte den vom Finanzministerium aus-gearbeiteten MWSt-Entwurf bis auf weiteres auf Eis1•. Alles zusammen be-wirkte, daß die USt-Harmonlslerung 1960 von der Tagesordnung der politi-schen Gremien der Gemeinschaft verschwand und für einige Zelt In die Welt

,.

16 17

,.

Vgl. z.B. FT 10.11.59.

Vgl. Kap.C.2.1.3.

Vgl. ausführlicher In Kap.C.2.2.1.

Vgl. ausführlicher in Kap.C.2.2.2.

der Ausschüsse hinabtauchte. Dort nahmen sich, wie Im folgenden einge-hender dargestellt werden soll, der Steuer- und Finanzausschuß sowie die AG I Ihrer an.

2.1.2. Die erfolgreiche Erarbeitung eines Harmonislerungsprogrammes auf der technischen Ebene: 1960-1962

2.1.2.1. Der Steuer- und Finanzausschuß Ziele des Steuer- und Finanzausschusses

Angesichts der In den ersten EG-Jahren bei Steuerfragen zu beobachtenden allgemeinen Konfusion hielten es die Steuerpolitiker der Kommission für geboten, einen wlssenschaftllchen Ausschuß mit der Erstellung eines konsi-stenten Gesamtkonzeptes für Ihr zukünftiges Vorgehen zu betrauen. Anfang 1960 nahm daher Kommissar von der Groeben, auf Empfehlung seines wett-bewerbspolltlschen Beraters, Prof. Möller, Kontakt mit dem deutschen Finanzwissenschaftler Prof. Neumark auf und bat Ihn, ein Mandat für einen Steuer- und Finanzausschuß ausarbeiten zu helfen. Das Papier wurde den Kommissaren bei Ihrer Sitzung am 7 .April 1960 vorgelegt und stieß dort auf grundsätzllche Zustimmung. Verlangt wurde ledlgllch, daß eine Abstimmung mit der bisher nicht konsultierten und für Finanzfragen ja eigentlich zu-ständigen Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen des Kommissars Marjolln herbeigeführt werden müsse. Auch wenn einzelne Mitarbeiter dieser Gene-raldirektion an späteren Ausschußsltzungen teilnahmen, so gelang es doch den Wettbewerbspolltlkern In der Kommission, das steuerpolltlsche Heft auch weiterhin fest In Ihrer Hand zu behalten.

Neben der Klärung offenstehender Sachfragen waren es noch zwei weitere Ziele, die die Kommission bei der Gründung des nach Ihrem Vorsitzenden benannten Neumark-Ausschusses Im Auge hatte. Zum einen ging es Ihr da-rum, die Offentllchkelt, aber Insbesondere die für Harmonlslerungsfragen bis dato nur wenig empfänglichen Flnanzpolltlker und -beamte der Mltglled-staaten für die durch die EG neu aufgeworfenen Fragen zu sensibilisieren:

"Die Leute mußten erst einmal damit vertraut gemacht werden"19 - so Kom-missar von der Groeben. Solange bei den nationalen Entscheidungsträgern kein Problembewußtseln vorhanden war, konnte die Kommission nicht hoffen, etwas In Ihrem Sinne verändern zu können.

Zum anderen war Brüssel daran gelegen, anerkannte und einflußreiche Wis-senschaftler für die Mitarbeit Im Ausschuß zu gewinnen. Ober die Erarbei-tung einer fachllchen Autorität sah die Kommission die Mögllchkelt, sich

19 Persönllches Interview.

auch gleichzeitig eine politische Legitimität für die Suche nach und die Durchsetzung von steuerlichen Reformvorschlägen aufzubauen. Denn die formaljuristische Legitimation der Art.99 und 100 reichte noch lange nicht aus, um auf die als ureigenste Domäne nationalstaatlichen Handelns be-trachtete Steuerpolitik auch tatsächlich Einfluß nehmen zu können. Bereits die erste vorsichtige Kontaktaufnahme der Kommission mit den nationalen Steuerbeamten hatte Anlaß zu der Frage gegeben: "Wie souverän darf Brüs-sel sein?"•• Da die Mitgliedstaaten die Absichten der Kommission durchaus erkannt hatten, versuchten einzelne Finanzministerien, gezielt auf die Zusammensetzung des Neumark-Ausschusses Einfluß zu nehmen. Und die Rechnung der Kommission sollte teilweise auch aufgehen: So wurde bei-spielsweise die positive Haltung der Italienischen Regierung zum späteren MWSt-Vorschlag der Kommission nicht unwesentlich von einem der italieni-schen Vertreter Im Steuer- und Finanzausschuß, Prof. Cosciani, geprägt.

Ergebnisse des Steuer- und Finanzausschusses

Für die Erarbeitung eines steuerpolitischen Rahmenkonzeptes hatte die Kommission dem Neumark-Ausschuß die "Errichtung eines Gemeinsamen Marktes unter Herbeiführung und Sicherung binnenmarktähnllcher Bedingun-gen"21 als Leitbild vorgegeben. Dabei sollte die grundsätzliche

" .. Erwünschtheit einer Nichteinmischung in die auf eine Aufrechterhaltung natürlich bedingter und/oder historisch gewachsener nationaler Besonder-heiten gerichteten Politik der Mitglledstaaten .. "22 respektiert werden. Ziel konnte daher keine Vereinheitlichung, sondern nur eine Harmonisierung der nationalen Steuersysteme sein, die den steuerpolitischen Notwendigkeiten eines Gemeinsamen Marktes Rechnung trägt, ohne den einzelstaatlichen Be-wegungsspielraum über Gebühr einzuschränken.

Wichtigstes Ergebnis des Neumark-Berichts•• war die Kennzeichnung der Steuerharmonisierung als ein dynamischer Prozeß, der in Abhängigkeit von der Entwicklung der einzelnen Volkswirtschaften und parallel zu der wei-teren Integration der Märkte voranschreiten sollte. Ober Geschwindigkeit und Richtung der Harmonisierung ließen sich damit keine eindeutigen Aus-sagen machen.24 Trotzdem schlugen die Professoren auf Basis der gegebenen Informationen einen Stufenplan vor, der die verschiedenen Harmonisle-rungsmaßnahmen entsprechend Ihrer Dringlichkeit und politischen Durch-setzbarkeit ordnete. Die uns interessierende USt stand ganz oben auf der Liste.••

20 Titel eines Artikels Im Industrie Kurier v. 30.6.59.

21 Neumark-Bericht (1962), S.3.

22 Neumark-Bericht (1962), S.4.

23 Vgl. hierzu a. Mersmann (1964a).

24 Vgl. Neumark-Bericht (1962), S.88ff .

••

Vgl. Neumark-Bericht (1962), S.9 u.S.9lff.

Da die Kommission bereits vor Gründung des Neumark-Ausschusses ent-schieden hatte, die Harmonisierung der USt mit Priorität voranzutreiben und in der AG· I en detall zu diskutieren, beschäftigte sich der Steuer-und Flnanzausschuf3 mit den dabei aufgeworfenen Einzelfragen nur ganz am Rande. Nahezu einig waren sich die Wissenschaftler In der Verurteilung der BruttoUSt. Die Meinungen gingen Jedoch auseinander, als es um die Frage nach der besten Alternativlösung ging. Während Insbesondere die italienischen Vertreter sich nur auf ein neutrales UStSystem festlegen wollten

Da die Kommission bereits vor Gründung des Neumark-Ausschusses ent-schieden hatte, die Harmonisierung der USt mit Priorität voranzutreiben und in der AG· I en detall zu diskutieren, beschäftigte sich der Steuer-und Flnanzausschuf3 mit den dabei aufgeworfenen Einzelfragen nur ganz am Rande. Nahezu einig waren sich die Wissenschaftler In der Verurteilung der BruttoUSt. Die Meinungen gingen Jedoch auseinander, als es um die Frage nach der besten Alternativlösung ging. Während Insbesondere die italienischen Vertreter sich nur auf ein neutrales UStSystem festlegen wollten