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Welche wirtschaftlichen Sorgen und beruflichen Erwartungen verbinden die Deutschen m it ihrer Lebenslage?

Im Dokument P 92 -102 (Seite 25-31)

Einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden, wenn man einen sucht, ist keine leichte Aufgabe. Dies gibt 1989 auch die Mehrheit der westdeutschen Erwerbs­

losen an (Schaubild 9). Nicht einmal jeder vierte glaubt, eine solche Suche

"leicht" zum Erfolg bringen zu können. Auch die Erwerbstätigen in West­

deutschland erwarten mehrheitlich Schwierigkeiten, oder sogar vor einer prak­

tisch unmöglichen Aufgabe zu stehen, wenn sie nach einem denkbaren Arbeits­

platzverlust gezwungen wären, sich eine neue und gleichwertige Arbeitsstelle suchen zu müssen (72%). Umgekehrt sind sich jedoch die meisten Erwerbstäti­

gen im Westen zugleich sicher, nie mit einer solchen Aufgabe konfrontiert zu

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-Schaubild 9: Erwartungen und Sorgen in Ost- und Westdeutschland

Erwartungen/ Sorgen:

- Nichterwerbstätige

"Stelle finden wäre..."

- Erwerbstätige

"Neue Stelle finden wäre..."

"Arbeitsplatzverlust ist..."

- Sorgen um die...

"Allg. wirtschaftliche Entwicklung"

"Eigene wirtschaftliche Situation"

"Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes“

100 75 50 25 0 25 50 75 100

In Prozent

□ I W est-89 K S Ost-SO

■ ■ O st-91

Datenbasis: SOEP-West(1989); SOEP-Ost(1990-1991).

werden: Nur rund sieben Prozent halten den Verlust ihres Arbeitsplatzes für

"wahrscheinlich" oder "sicher"; dies entspricht dem Anteil der Erwerbstätigen, die sich "große Sorgen" um die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes machen. Das Ausmaß an Sorgen über die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung unterliegt - konjunkturabhängig - auch in der "alten" Bundesrepublik erheblichen Schwan­

kungen. 1989 machen sich nur etwa 17 Prozent der Westdeutschen über dieses Problem "große Sorgen". Noch weniger (11%) sehen zu diesem Zeitpunkt ernst­

hafte Schwierigkeiten in bezug auf ihre eigene wirtschaftliche Situation.

Erheb Seite 25 Erheb

-Tabelle 4: Sorgen und Erwartungen einzelner Bevölkerungsgruppen in Ost- und Westdeutschland

Geschlecht Altersgruppen - Die eigene wirtschaftliche

Situation

-1) "Wenn Sie jetzt eine Arbeit suchen würden: ist oder wäre es für Sie leicht, schwierig oder praktisch unmöglich, eine ge­

eignete Stelle zu finden?“.

2) "Wenn Sie ihre jetzige Stelle verlieren würden, wäre es für Sie dann leicht, schwierig oder praktisch unmöglich, wieder eine mindestens gleichwertige Stelle zu finden?“.

3) Zu geringe Fallzahl.

Datenbasis: SOEP-West (1989); SOEP-Ost (1990-1991)

lieh schlechtere subjektive Arbeitsmarktchancen und größere Sorgen bezüglich der Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes äußerten die Befragten in Ostdeutsch­

land bereits im Sommer 1990. Noch bevor "Kurzarbeit" und Arbeitslosigkeit zu einem politischen und sozialen Hauptproblem im wiedervereinten Deutschland wurden, erwarteten 86 Prozent aller Nichterwerbstätigen im Osten Schwierig­

keiten bei einer möglichen Arbeitssuche; 81 Prozent der Erwerbstätigen vermu­

teten erhebliche Probleme, nach einem Arbeitsplatzverlust eine gleichwertige Stelle wiederfinden zu können. Anders als im Westteil Deutschlands schlossen aber bereits über 40 Prozent gleichzeitig einen Verlust ihrer Arbeitsstelle nicht mehr aus. Mehr als ein Drittel der Erwerbstätigen machte sich entsprechend

"große Sorgen" um die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes. Dies sind Hinweise einer frühzeitig skeptischen Einschätzung der Entwicklung auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt. Bis 1991 hat sich dieses pessimistische Stimmungsbild weiter ver­

schlechtert: Nur noch sieben Prozent der Nichterwerbstätigen erwartet eine leichte Stellensuche und nur noch 10 Prozent der Erwerbstätigen schätzen ihre weiteren Arbeitsmarktchancen, im Falle der eigenen Erwerbslosigkeit, als günstig ein. Dieses Ergebnis erhält durch den Umstand zusätzliches Gewicht, daß nunmehr fast die Hälfte der Erwerbstätigen fürchtet, "sicher" oder "wahr­

scheinlich" mit der schweren Aufgabe einer Stellensuche konfrontiert zu wer­

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-den. Das Ausmaß an Sorgen über die allgemeine Wirtschaftsentwicklung, aber auch über die persönliche Zukunft ist ebenfalls erheblich angewachsen. Un­

gewißheit, Ängste und Sorgen über den Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes und die eigenen wirtschaftlichen Existenzgrundlagen sind damit zu einem übergrei­

fenden Massenphänomen in den neuen Bundesländern geworden.

Die Wahrnehmung der eigenen Arbeitsmarktchancen und das Ausmaß an wirt­

schaftlichen Sorgen variiert zwar erheblich zwischen einzelnen Bevölkerungs­

gruppen (Tabelle 4), der Eindruck eines - im gesamtdeutschen Vergleich - gene­

rell schlechteren Stimmungsbildes im Osten bleibt jedoch für die einzelnen Gruppen erhalten. Männliche Nichterwerbstätige beurteilen ihre Chancen, eine geeignete Stelle finden zu können, deutlich günstiger als Frauen. Dies gilt für Ost- und Westdeutsche gleichermaßen. Wenig Unterschiede sehen erwerbstä­

tige Männer und Frauen im Westen hinsichtlich ihrer subjektiven Arbeitsmarkt­

chancen, in Ostdeutschland fürchten weibliche Erwerbstätige hingegen deutlich öfter als Männer, im Falle eines Arbeitsplatzverlustes keine gleichwertige Stelle mehr finden zu können. Angesichts des überproportionalen Anteils an Frauen unter den ostdeutschen Arbeitslosen dürfte sich in diesen Angaben eine recht realistische Einschätzung der besonders prekären Arbeitsmarktlage arbeitssu­

chender Frauen bis 1991 widerspiegeln.

Die tatsächlichen Arbeitsmarktchancen werden bekanntermaßen nicht unerheb­

lich von den beruflichen Qualifikationen der Arbeitssuchenden bestimmt. Jün­

gere Personen sind dabei oft besser qualifiziert als ältere, dies gilt - alles in allem - auch für die ehemalige DDR. Ein altersspezifisches Qualifikationsgefälle ist si­

cher einer der Gründe dafür, daß jüngere Personen in Ost und West ihre Ar­

beitsmarktchancen günstiger bewerten als ältere und sich auch bezüglich ihrer eigenen wirtschaftlichen Existenz und der Sicherheit ihres Arbeitsplatzes ver­

gleichsweise weniger Sorgen machen.

Die bereits im Zusammenhang mit der Einkommenszufriedenheit erkennbaren relativ günstigen Bewertungen älterer Personen hinsichtlich ihrer materiellen Lebensbedingungen werden durch die Angaben zu wirtschaftlichen Sorgen be­

stätigt: Der Anteil an Personen, die sich "große Sorgen" um die eigene wirt­

schaftliche Situation machen, ist bei älteren Befragten über 60 Jahren im Beobachtungszeitraum am geringsten ausgeprägt.

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-Schaubild 10: Erwartungen und Sorgen im Rahmen einzelner Statuspassagen in Ostdeutschland

Zwischen 1990 und 1991 zeichnet sich im Osten allerdings ein Stimmungstrend ab, der für Erwerbstätige und Nichterwerbstätige, für Männer und Frauen so­

wie für Jüngere und Ältere gleichermaßen gilt: Die Wahrnehmung der eigenen Arbeitsmarktchancen aller angeführten Gruppen hat sich erheblich verschlech­

tert, das Ausmaß an wirtschaftlichen Sorgen oder um die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes haben, meist in einem erheblichen Umfang, zugenommen.

Wiederum sind die Ursachen für diesen allgemeinen Stimmungstrend vor allem im Zusammenhang mit den Veränderungen des Erwerbsstatus zu sehen (Schaubild 10). So schätzen zwar auch die Ostdeutschen, die sich bis 1991 in ei­

nem regulären Beschäftigungsverhältnis halten konnten, ihre eigenen Arbeits­

marktchancen im Falle eines möglichen Arbeitsplatzverlustes alles andere als gut ein (78% gaben 1990 an, eine gleichwertige Stelle wäre für sie nicht leicht zu finden, 1991 stieg dieser Anteil sogar auf fast 90%) aber die Hoffnung dieser Personen, ihren jetzigen Arbeitsplatz zu behalten, hat sich, wenn auch auf ei­

nem niedrigen Niveau, im Laufe des Jahres stabilisiert. Für Kurzarbeiter und Arbeitslose zeichnet sich ein hiervon deutlich abweichendes Muster ab. Auffäl­

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-lig ist zunächst, daß sich die Angaben dieser Personen, sowohl zu den subjekti­

ven Arbeitsmarktchancen als auch zur Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes be­

reits 1990, also noch bevor sie von den entsprechenden Veränderungen betrof­

fen waren, in negativer Weise von den kontinuierlich erwerbstätigen Personen unterscheiden. Offensichtlich gingen viele von ihnen bereits zu diesem Zeit­

punkt davon aus, daß ihr Arbeitsplatz unter den kommenden, neuen Wirt­

schaftsstrukturen kaum zu halten sein würde und daß auch sie persönlich im Falle eines Arbeitsplatzverlustes unter den veränderten Rahmenbedingungen und mit ihrer beruflichen Qualifikation keine guten Startmöglichkeiten finden würden. Ein Jahr später hat sich die Einschätzung der nunmehr konkret von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit betroffenen Personen hinsichtlich ihrer berufli­

chen Zukunft noch weiter verschlechtert. Nahezu jeder Kurzarbeiter in Ost­

deutschland hält es 1991 für "schwierig" oder sogar für "praktisch unmöglich", nach dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes, eine neue, gleichwertige Stelle finden zu können, und ebenso vollständig haben Arbeitslose die Hoffnung auf­

gegeben, "leicht" eine neue Stelle finden zu können. Hinzu kommt, daß mehr als drei Viertel aller Kurzarbeiter es für "sicher" bzw. für "wahrscheinlich" halten, demnächst auch noch diese Beschäftigung zu verlieren.

Die genannten Erwerbsübergänge wirken sich weiterhin auf das Ausmaß an wirtschaftlichen Sorgen aus. Auch kontinuierlich erwerbstätige Personen, Personen im Vorruhestand und Rentner die bereits vor 1990 aus dem Erwerbs­

leben ausschieden, machen sich in Folge der fortdauernden und instabilen Um­

bruchsituation Ostdeutschlands erwartungsgemäß mehr Sorgen über die allge­

meine wirtschaftliche Entwicklung und z.T. auch über die eigene Situation, doch sowohl Arbeitslose als auch Kurzarbeiter sind von diesen Sorgen überpro­

portional häufig betroffen. Jeweils rund 60 Prozent machen sich 1991 "Große Sorgen" um die eigenen wirtschaftlichen Existenzgrundlagen. Positiv ist anzu­

merken, daß das Ausmaß dieser Besorgnisse bei ostdeutschen Rentnern auf nie­

drigem Niveau nahezu stabil geblieben ist.

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-Tabelle 5: Sorgen, Erwartungen und Zufriedenheiten einzelner Berufstätigengruppen in Ost- und Westdeutschland

Stelle finden der Arbeit dem Haushalts­

wäre "leicht" einkommen

1) 1989 in Westdeutschland und 1991 in Ostdeutschland einschließlich der Beamtenkategorien.

2) Mittelwerte einer Skala von 0 bis 10 (0 "ganz und gar unzufrieden"; 10 “ganz und gar zufrieden").

3) Indikator wurde nicht erhoben.

4) Trifft nicht zu.

Datenbasis: SOEP-West (1989); SOEP-Ost (1990-1991)

6. Wie bewerten einzelne Berufstätigengruppen ihre Chancen und

Im Dokument P 92 -102 (Seite 25-31)