• Keine Ergebnisse gefunden

Wimperfledermaus (Myotis emarginatus) [1321]

3.3 Lebensstätten von Arten

3.3.4 Wimperfledermaus (Myotis emarginatus) [1321]

Anzahl Erfassungseinheiten 3

Fläche (ha) 510,51

Flächenanteil am Natura 2000-Gebiet 49,47 %

Erhaltungszustand soweit die Art bewertet wird A: -, B: 0,2 %, C: 99,8 % Ökologie

Die Wimperfledermaus (Myotis emarginatus) ist eine wärmeliebende und in Deutschland sehr seltene Fledermausart. Sie pflanzt sich nur in Südbayern und im Südwesten Baden-Württembergs fort. Alle vier in Baden-Württemberg bekannten Wochenstubenkolonien liegen in Südbaden in wärmebegünstigten Lagen des Oberrheintales und seiner Seitentäler. Som-merlebensräume (Jagdhabitate) weisen eine reich strukturierte und extensiv bewirtschaftete Kulturlandschaft auf. Strukturreiche Laubwälder und Viehställe haben als Jagdhabitate die höchste Eignung. Darüber hinaus werden aber auch Offenlandbereiche (Wiesen und Wei-den) und sämtliche Waldtypen bejagt, insbesondere Männchen scheinen in ihrer Habitatwahl flexibel zu sein.

Wintervorkommen der Art befinden sich vor allem im Südlichen und Mittleren Schwarzwald, darüber hinaus gibt es vereinzelte Winterquartiere im Nordschwarzwald und auf der Schwä-bischen Alb. Zur Überwinterung werden vor allem historische Bergwerke aufgesucht, dabei werden die klimatisch stabilen und relativ warmen Bereiche bevorzugt.

Verbreitung im Gebiet

Die Wimperfledermaus (Myotis emarginatus) war bislang nur von vereinzelten Wintervor-kommen und einem Nachweis eines schwärmenden Tieres im Gebiet bekannt. Im Zuge der Artbearbeitung konnten darüber hinaus im Sommer 2008 Nachweise jagender Tiere in der näheren Umgebung des Natura 2000-Gebiets in einem Viehstall erbracht werden. Aufgrund des bisherigen Kenntnisstandes ergeben sich zwei Verbreitungsschwerpunkte:

1) bei Freudenstadt: das Schwärm- und Winterquartier „Stollen hinter dem ehemaligen Kurmittelhaus“ und das außerhalb des Natura 2000-Gebiets gelegene Winterquartier

„Stollen hinter dem ehemaligen Hotel Waldlust“.

2) Bei Glatten: das Winterquartier „Stollen am Birkenbächle“ und der außerhalb des Natura 2000-Gebiets gelegene Viehstall des „Eisenbeis-Hofes“ bei Glatten.

Die Lebensstätte umfasst neben den drei Winterquartieren alle Teilflächen des Natura 2000-Gebiets, die über geeignete Jagdhabitate verfügen und von den Wimperfledermäusen - aus-gehend von den aktuellen Fundpunkten - erreicht werden können. Die Lebensstätte umfasst somit nach fachlicher Abwägung und aufgrund der Habitateignung alle Teilflächen in der westlichen „Hälfte“ des Natura 2000-Gebiets, da sie durchweg Lebensräume umfassen, die von Wimperfledermäusen als Jagdgebiete genutzt werden können.

Erfassungsmethoden und -intensität, Erfassungsmethodik

Die Winterquartiere werden jeden Winter von der AG Fledermausschutz im Landkreis Freu-denstadt in Zusammenarbeit mit der Koordinationsstelle für Fledermausschutz Nordbaden begangen und die überwinternden Fledermäuse erfasst. Daher konnte auf eine sehr gute Datengrundlage zurückgegriffen werden. Hinweise auf mögliche Sommervorkommen aus früheren Jahren lagen nicht vor. Um zu prüfen, ob es überhaupt Sommervorkommen im Ge-biet gibt, wurde eine stichprobenartige Untersuchung von Viehställen durchgeführt, da hier die Antreffwahrscheinlichkeit für die Wimperfledermaus am höchsten ist. Innerhalb des Natu-ra 2000-Gebiets gibt es allerdings keine Viehställe, daher wurde die Erfassung in zwei eng benachbarten Höfen bei Glatten und Lombach, knapp außerhalb des Natura 2000-Gebiets durchgeführt. Hierbei wurden automatische Lautaufzeichnungssysteme (batcorder der Firma ECOOBS) eingesetzt. Dabei konnte an einem dieser Ställe die Art nachgewiesen werden, es liegen aber keine direkten Nachweise von Sommervorkommen der Wimperfledermaus in-nerhalb des Natura 2000-Gebiets vor.

Erhaltungszustand

Das Vorkommen der Wimperfledermaus, insbesondere bei Glatten und damit östlich des Schwarzwaldes, ist etwas Besonderes. Es ist unklar, ob es sich bei den winterschlafenden Wimperfledermäusen um Tiere aus den bekannten Sommervorkommen im Rheintal handelt oder ob es Angehörige einer bislang übersehenen Sommerpopulation östlich des Schwarz-waldes sind.

Der Erhaltungszustand muss für die einzelnen Teilbereiche differenziert betrachtet werden und wird entsprechend der vier Erfassungseinheiten (drei Winterquartiere und die Jagdhabi-tate) getrennt behandelt.

Das Winterquartier „Stollen am Birkenbächle“ erhält die Bewertung gut (Wertstufe B).

Parameter Bewertung Begründung Habitatqualität mittel bis schlecht

(Wertstufe C)

Das Winterquartier weist offensichtlich ausreichen-de strukturelle Eigenschaften auf, die Erreichbarkeit von den Wochenstubenquartieren im Rheintal aus ist jedoch an zahlreichen Punkten durch Barrieren erheblich eingeschränkt.

Zustand der Population

mittel

(Wertstufe B)

Belegung mit mindestens drei Individuen, Bestand aber rückläufig.

Beeinträchtigung gering (A) Keine, da das Quartier gesichert ist.

Das außerhalb des Natura 2000-Gebiets gelegene Winterquartier „Stollen hinter dem ehe-maligen Hotel Waldlust“ erhält die Bewertung mittel bis schlecht (Wertstufe C).

Parameter Bewertung Begründung

Habitatqualität mittel bis schlecht (Wertstufe C)

Das Winterquartier weist offensichtlich ausreichen-de strukturelle Eigenschaften auf, die Erreichbarkeit des Winterquartieres ist von den Wochenstuben-quartieren im Rheintal an zahlreichen Punkten durch Barrieren erheblich eingeschränkt.

Beeinträchtigungen durch Störungen sind aktuell nicht gegeben, allerdings besteht die Gefahr eines Versturzes der Eingangsbereiche, zumindest mittel-fristig sind Sanierungsarbeiten zum Erhalt des Stol-lensystems unabdingbar.

Das Winterquartier und „Stollen hinter dem ehemaligen Kurmittelhaus“ erhält die Bewertung mittel bis schlecht (Wertstufe C).

Parameter Bewertung Begründung

Habitatqualität mittel bis schlecht (Wertstufe C)

Das Winterquartier weist mit Ausnahme der unten aufgeführten Einschränkung offensichtlich ausrei-chende strukturelle Eigenschaften auf. Die Erreich-barkeit des Winterquartieres von den Wochenstu-benquartieren im Rheintal ist an zahlreichen Punk-ten durch Barrieren erheblich eingeschränkt

Zustand der Population

mittel bis schlecht (Wertstufe C)

Nur unregelmäßige Belegung mit Einzeltieren, frü-herer Bestand mit bis zu drei Tieren aktuell erlo-schen.

Parameter Bewertung Begründung Beeinträchtigung stark

(Wertstufe C)

Durch das mit dem Winterquartier verbundene Besucher-Bergwerk („Friedrichs-Frundgrube“) kommt es z.B. durch Besucherführungen zu massi-ven Störungen der Fledermäuse, bis hin zu deren fast vollständigem Verschwinden.

Die Jagdhabitate erhalten die Bewertung mittel bis schlecht (Wertstufe C).

Parameter Bewertung Begründung

Habitatqualität mittel bis schlecht (Wertstufe C)

Im Gebiet sind optimal geeignete Jagdhabitate mit hohem Laubwaldbestand kaum und Viehställe nicht vorhanden

Offenlandhabitate im Bereich des Jagdgebiets werden z.T. intensiv bewirtschaftet, Waldhabitate weisen einen geringen Flächenanteil auf. Beim Wechsel zwischen ihren Lebensräumen in den verschiedenen FFH-Teilgebieten werden die Tiere durch den Straßenverkehr gefährdet.

Die Erreichbarkeit der Winterquartiere von den bei der Wimperfledermaus weit entfernten Wochenstubenquartieren (vermutlich im Rheintal) aus ist an zahlreichen Punkten durch Bar-rieren (v.a. Straßen) erheblich eingeschränkt. Beim Queren der Straßen sind die Tiere einem erhöhten Anprallrisiko ausgesetzt, das aufgrund der geringen Populationsdichte und der lan-gen Generationsfolge zu einer additiven Mortalität führen dürfte. Allgemeine Beeinträchti-gungen umfassen eine starke Zersplitterung von Teillebensräumen bei mangelnder Vernet-zung, eine Fragmentierung durch Siedlungen und Verkehrstrassen und den Mangel an ge-eigneten Jagdhabitaten (Rückgang der Viehwirtschaft, hoher Nadelwaldanteil) und Sommer-quartieren (zugängliche Dachräume).

Der Bestand der Wimperfledermaus im „Stollen am Birkenbächle“ ist rückläufig. Da jedoch keine Störungen in dem fledermausgerecht verschlossenen Winterquartier vorliegen, ist da-von auszugehen, dass die Ursachen entweder in den Sommerlebensräumen (z.B. Bestands-rückgang in einer bislang unbekannten Wochenstube) oder aber in einer veränderten Nut-zung von Winterquartieren zu sehen ist.

Da in der Summe ein Großteil des Natura 2000-Gebiets als mittel bis schlecht (Wertstufe C) bewertet wurde, wird auch für den gesamten Erhaltungszustand der Art im Gebiet die Ge-samtbewertung C (durchschnittlicher oder beschränkter Erhaltungszustand) vergeben.