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Schon zu Beginn der Schwangerschaft, ungefähr ab der 6. Woche, beginnt die Entwicklung der kindlichen Bewegungen. Nach und nach lernt das Kind schon im Mutterleib zu saugen, sich festzuhalten, zu strampeln und zu greifen.

Nach der Geburt stellt die größte Änderung für die Bewegungen die nun vorhandene Schwerkraft dar, an die sich das Neugeborene erst gewöhnen muss. Zinke-Wolter (2005, S. 68) spricht von einer „Phase der Re-Organisation“, in der sich der Säugling den Bedingungen seiner neuen Umgebung anpasst. Erst wenn dies entsprechend geschehen ist, kann eine Weiterentwicklung einsetzen.

Voraussetzung für den Aufbau von Bewegungsmustern ist ein intaktes Nervensystem. Nach Holle (2000, S. 11f.) entspricht die Entwicklung der kindlichen Motorik der Entwicklung des zentralen Nervensystems, wobei sich vier Phasen unterscheiden lassen:

1. Reflexbewegungen ohne Beteiligung des Kortex

2. Symmetrische Bewegungen mit bereits leichtem Einfluss des Kortex 3. Bewusst ausgeführte, vom Kortex unterstützte Bewegungen

4. Automatisierte Bewegungen, die durch das ständige Wiederholen irgendwann ohne Kortexmithilfe durchgeführt werden können

Diese festgelegten Schritte bauen aufeinander auf. Entsprechend dem Prinzip der Reihenfolge der motorischen Entwicklungsschritte werden diese vom Kind im Normalfall nacheinander durchlaufen.

Bei Zinke-Wolter (2005, S. 84) findet sich eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten motorischen Entwicklungen in den ersten zwei Lebensjahren des Kindes.

Auf die einzelnen Meilensteine wird in der Folge noch näher eingegangen.

Monate Körperbewegungen Vor der

Geburt

Strampelbewegungen aus gebeugter Haltung in die Streckung, Rotation um die horizontale Körperachse

1. Drehung des Kopfes in Bauchlage, Bewegungen im Muster der Primärreflexe

2. Kopfhaltung in Bauchlage mit Unterarmstütz 3. Kopf in Rückenlage in Mittelstellung

4. Kopf-Rumpf-Haltung in Bauchlage bei sicherem Ellbogenstütz 5. Jet-position in Bauchlage, kurzer Stütz auf gestreckten Armen 6. Rollen, Hochziehen zum Sitz, Kopf im Raum ausgerichtet

7. Beginnt auf den Füßen zu stehen mit zeitweise überstreckten Beinen, steckt seine Zehen in den Mund

8. Robbt in Bauchlage, Vierfüßlerstand, wippt vor und zurück 9. Bleibt kurze Zeit allein sitzen, krabbelt auf Händen und Knien

10. Stellt sich auf an Gegenständen, Arme in Retraktion, kurzer Zehenspitzengang

11. Setzt sich selbst auf, Gleichgewicht im Sitzen

12. Geht an Gegenständen entlang, Außenrotation der Beine 15. Freies Laufen über mehrere Meter, Hüfte noch gebeugt

18. Steht ohne Hilfe auf, kann im Gehen Richtung wechseln und stehen bleiben

24. Hüpft gehalten auf beiden Beinen, kickt einen Ball, kurzer Einbeinstand

Dabei ist zu beachten, dass es sich um Durchschnittswerte handelt. Bei Abweichungen von bis zu drei Monaten muss noch keine Entwicklungsstörung vorliegen.

4.1 KOPFKONTROLLE

In den ersten Wochen nach der Geburt ist es einem Neugeborenen noch nicht möglich, die Kopfbewegungen ohne Unterstützung zu kontrollieren. In Bauchlage hebt es kurzzeitig den Kopf, wobei es sich um eine reflexartige Bewegung handelt.

Dies ist nötig, damit der Kopf auf die Seite gedreht und so die Freihaltung der Atemwege gesichert werden kann. Auch die kontrollierte Kopfhaltung beginnt in Bauchlage. Mit drei Monaten kann das Kind seinen Kopf bis zu einem Winkel von 45 Grad anheben. So kann es sich, auf die Unterarme gestützt, schon in alle Richtungen umschauen. Nach und nach wird dadurch die Rücken- und Nackenmuskulatur gestärkt und im Alter von fünf Monaten ist ein Heben des Kopfes bis 90 Grad möglich (vgl. Kesper & Hottinger, 2002).

In Rückenlage gelingt es dem Baby erst mit fünf Monaten, den Kopf zu heben und ihn stabil zu halten, wenn man es an den Armen zum Sitzen hochzieht (vgl. Holle, 2000).

4.2 ARM- UND BEINBEWEGUNGEN

Zu Beginn seines Lebens liegt der Säugling sowohl am Bauch als auch am Rücken in einer stark gebeugten Haltung, Arme und Beine sind meist angewinkelt. Sobald mit drei Monaten die Kontrolle des Kopfes möglich ist, stützt sich das Baby in Bauchlage auf die Unterarme. Die Hände sind dabei gefäustet. Im Alter von fünf Monaten streckt das Kind dann die Ellenbogen durch, dadurch kann der Oberkörper schon höher gehalten werden. Auch die Finger werden nun zunehmend ausgestreckt.

Mit den Beinen wird anfangs unrhythmisch gestrampelt, bis mit vier Monaten auch hier die Beugungsmuster nachlassen, die Hüftgelenke durchgestreckt und die Fußsohlen auf den Boden gestützt werden können (vgl. Holle, 2000).

Mit ungefähr fünf Monaten nimmt das Kind die so genannte Fliegerstellung oder Jet-Position ein: „Aus der Bauchlage wird der Kopf weit in den Nacken gezogen, die Arme ,flattern’ seitlich, die Beine strampeln in symmetrischer Beuge-Streck-Bewegung in der Luft“ (Zinke-Wolter, 2005, S. 74). Das Kind möchte sich schon gerne fortbewegen, es kann sich aber noch nicht aufrichten. So stellt diese Fliegerhaltung eine Übergangsphase zur ersten aktiven Fortbewegung dar.

4.3 ROLL- UND DREHBEWEGUNGEN

Zwischen fünftem und sechstem Lebensmonat beginnt das Baby, sich von der Bauchlage in die Rückenlage zu drehen und etwas später auch umgekehrt.

neben ihm liegendes Spielzeug ergreifen möchte, dreht es den Kopf und hebt ihn an.

Dann streckt es den Arm der anderen Seite über den Körper und hebt gleichzeitig die Schulter. Das Becken und die Beine folgen nach und das Kind hat sich gedreht (vgl.

Holle, 2000).

Die Drehung über die Seitenlage hat eine wichtige Bedeutung für das selbstständige Sitzen, den nächsten Entwicklungsschritt.

4.4 SITZEN

Im Alter von sechs bis sieben Monaten bleibt das Kind sitzen, wenn man es in diese Position bringt. Dabei sitzt es meist noch mit sehr krummem Rücken. Kinder diesen Alters sollten noch nicht zu lange Zeit sitzen, weil die Rumpfmuskulatur noch nicht gut genug ausgebildet ist und sich daraus Haltungsschäden entwickeln können.

Sobald die Kopfkontrolle und das Gleichgewicht sicher genug und die Abstützreaktionen der Arme voll entwickelt sind, wird das Kind diese Position von selbst einnehmen. Dies geschieht im neunten oder zehnten Lebensmonat. Das Baby beginnt, sich selbstständig zum Sitz aufzurichten.

„Es tut das auf verschiedene Art und Weise. Entweder rollt es sich in die Bauchlage und kommt über den Vierfüßlerstand und Seitsitz in den freien Sitz.

Oder es rollt sich zur Seite und bewegt sich über einen Ellbogen zum Handstütz hoch. Der Kopf zieht den Rumpf mit in die Senkrechte, und das Kind kommt mit gebeugten Beinen in den Sitz“ (Zinke-Wolter, 2005, S. 83)

Bis sie vier Jahre alt sind, richten sich Kinder auf diese Art und Weise zum Sitzen auf (vgl. Holle, 2000).

4.5 ROBBEN

Ungefähr ab dem 7. Lebensmonat beginnt das Kind, sich am Boden durch Kriechen am Bauch von der Stelle zu bewegen. Zuerst zieht es sich dabei nur mit den Armen vorwärts, später nimmt es auch die Beine zu Hilfe. Ein gut entwickeltes Robben wird im gekreuzten Muster koordiniert durchgeführt, es werden also ein Arm und das Bein der anderen Seite gleichzeitig gebeugt und zur Vorwärtsbewegung eingesetzt. Durch Robben wird das Kind gut auf das Krabbeln vorbereitet, weil die Koordination von Armen und Beinen und die Gelenkigkeit der Wirbelsäule trainiert werden (vgl. Kesper

& Hottinger, 2002).

4.6 KRABBELN

Mit circa neun bis elf Monaten kommt das Kind aus der Bauchlage in den Vierfüßlerstand und beginnt nach einer Phase des Vor- und Zurückwippens und dem manchmal beobachtbaren „Häschenhüpfen“ oder Rutschen am Po mit dem

Krabbeln. Diese Form der Bewegung ist dann gut entwickelt, wenn sie kreuzkoordiniert erfolgt. Für die Entwicklung des Kindes hat das Krabbeln bedeutende Funktionen: Es unterstützt die Weiterentwicklung der Kopfbeweglichkeit und trägt zur Entwicklung der Blickfixation bei. Die Augenmuskulatur wird dabei gestärkt. Weiters werden die Armmuskeln trainiert und die Handhaltung auf das Greifen vorbereitet. Das Gleichgewicht verbessert sich und durch die ständige Rotation der Wirbelsäule stellt die Krabbelbwegung eine wichtige Vorbereitung auf einen natürlichen und gelenkigen Gang dar (vgl. Holle, 2000).

Manche Kinder überspringen diese Phase oder krabbeln erst, wenn sie das Gehen schon beherrschen. Das kann, muss sich aber nicht unbedingt negativ auf die weitere Entwicklung auswirken.

4.7 STEHEN

Im zehnten Monat entwickelt das Kind den starken Willen, in die Senkrechte zu gelangen und zieht sich aus der Hocke mit den Armen an Gegenständen nach oben.

Dabei steht es vorerst mit stark gebeugten Beinen auf den Zehenspitzen. Aus dem Vierfüßlerstand kommt das Kind über den Bärengang auf Händen und Füßen in den Stand (vgl. Zinke-Wolter, 2005): „Vom Stehen kann dann gesprochen werden, wenn das Kind sich selbständig aufrichten, es eine aufrechte Position mit guter Kopfkontrolle einnehmen und Kopf, Rumpf, Arme und Beine frei bewegen kann, ohne das Gleichgewicht zu verlieren“ (Kesper & Hottinger, 2002, S. 25).

4.8 GEHEN

Indem es sich an Gegenständen festhält, beginnt das Kind seitlich zu gehen. Für das anschließende freie Gehen braucht das Kind viel Übung, um das Gleichgewicht zu halten und nach und nach Richtungswechsel und bewusstes Anhalten zu erlernen.

Die Arme werden zuerst noch zur Balance benötigt, können aber mit der Zeit seitlich vom Körper gehalten und rhythmisch mitgeschwungen werden. Mit ungefähr eineinhalb Jahren kann das Kind im Normalfall recht sicher gehen (vgl. Kesper &

Hottinger, 2002).

4.9 LAUFEN UND HÜPFEN

Durch zunehmend verbessertes Gleichgewicht und trainierte Hüftmuskulatur wird es möglich, das Bein voll durchzustrecken. So wird es dem Kind schließlich möglich, auf einem Bein zu stehen, zu laufen und zu hüpfen. Dafür ist auch eine ausreichende Fußbeweglichkeit und eine gekräftigte Oberschenkel- und Wadenmuskulatur notwendig, die durch viel Bewegung immer mehr aufgebaut wird (vgl. Kesper &

Hottinger, 2002).

4.10 HANDMOTORIK

Der neugeborene Säugling zeigt einen Greifreflex ohne Beteiligung des Daumens, die Hände werden unkontrolliert geöffnet und geschlossen. Bereits im dritten Lebensmonat kommt es zu einer ersten Auge-Hand-Koordination und das Kind führt Gegenstände zum Mund. Wenn das Kind ein halbes Jahr alt ist, kann es bereits vor der Körpermitte mit Beteiligung des Daumens greifen. Erstes Abstützen auf geöffneten Händen ist zu beobachten.

„Jetzt können zum erstenmal beide Hände einen Gegenstand ertasten und die Augen ihn gleichzeitig ansehen. Der radiale Handgriff, der vor der Geburt schon möglich war, wird wieder entdeckt. (…) Beim radialen Handgriff stellt sich der Daumen in Opposition zu den Fingern ein, die Hand kann umfassen und Formen begreifen. Der Greifreflex ist nun völlig erloschen, das Kind kann willentlich beidhändig greifen und loslassen“ (Zinke-Wolter, 2005, S. 87f.).

In den folgenden Lebensmonaten lernt das Kind, Gegenstände gezielt zu nehmen und wieder loszulassen sowie sie von einer Hand in die andere zu befördern. Mit ungefähr zehn Monaten entwickelt sich die Handmotorik weiter zum Pinzettengriff mit gestrecktem Daumen und Zeigefinger. Etwa im 15. bis 18. Lebensmonat wird der Pinzettengriff durch den Spitz- oder Zangengriff verdrängt, wobei alle Finger in gebeugter Stellung beteiligt sind. Nach und nach erwirbt die Hand immer mehr Geschicklichkeit und die Feinmotorik wird verbessert. Nur so ist schließlich der Umgang mit dem Stift, Malen und Schreiben möglich.

Die Präferenz für eine Hand beginnt sich zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr auszubilden, wobei häufig bei Schulbeginn und bis ins Alter von zehn Jahren noch keine eindeutige Händigkeit vorliegt. Schlussendlich bevorzugen über 90% der Menschen die rechte Hand (vgl. Zinke-Wolter 2005, S. 87-100).