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Die motorische Entwicklung eines Kindes. Entwicklungsschritte, Reflexe und Reaktionen

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Academic year: 2022

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Maria Ablinger

Die motorische Entwicklung eines Kindes.

Entwicklungsschritte, Reflexe und Reaktionen

Akademische Arbeit

Pädagogik

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d- nb.de/ abrufbar.

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Impressum:

Copyright © 2006 GRIN Verlag ISBN: 9783656891864

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Maria Ablinger

Die motorische Entwicklung eines Kindes. Entwicklungs-

schritte, Reflexe und Reaktionen

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Die motorische Entwicklung eines Kindes Entwicklungsschritte, Reflexe und Reaktionen

Maria Ablinger

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Inhalt

Einleitung... 4

1 Gehirnentwicklung - Grundlage der Bewegungsentwicklung... 4

1.1 Aufbau und Funktion des Gehirns ... 4

1.2 Stufen der Gehirnentwicklung ... 6

1.3 Die Bedeutung der Bewegung für die Gehirnentwicklung ... 8

2 Wahrnehmung und sensorische Integration ... 8

2.1 Die Sinne... 8

2.2 Integration der Sinne ... 9

3 Die Prinzipien der motorischen Entwicklung... 10

3.1 Das Prinzip der reziproken Verflechtung ... 10

3.2 Das Prinzip der Reihenfolge der motorischen Entwicklungsschritte... 11

3.3 Das Prinzip der Nichtumkehrbarkeit ... 11

3.4 Das Prinzip der Entwicklungsrichtungen ... 12

3.5 Das Prinzip der funktionalen Asymmetrie... 12

4 Die wichtigsten Entwicklungsschritte ... 12

4.1 Kopfkontrolle ... 14

4.2 Arm- und Beinbewegungen ... 14

4.3 Roll- und Drehbewegungen... 14

4.4 Sitzen ... 15

4.5 Robben... 15

4.6 Krabbeln ... 15

4.7 Stehen... 16

4.8 Gehen ... 16

4.9 Laufen und Hüpfen... 16

4.10 Handmotorik ... 17

5 Frühkindliche Reflexe und Reaktionen ... 17

5.1 Der Moro-Reflex ... 19

5.2 Der Palmar- und Plantar-Reflex ... 20

5.3 Der Asymmetrisch Tonische Nackenreflex... 21

5.4 Der Spinale Galantreflex ... 22

5.5 Der Such- und Saugreflex ... 23

5.6 Der Tonische Labyrinthreflex ... 24

5.7 Der Symmetrisch Tonische Nackenreflex ... 25

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6 Lebenslange Halte- und Stellreaktionen... 27 Abkürzungsverzeichnis... 29 Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)... 30

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EINLEITUNG

Die folgende Arbeit beschreibt, wie die motorische Entwicklung des Kindes der Norm entsprechend verläuft beziehungsweise verlaufen sollte.

Dabei wird vorerst auf Aufbau und Funktion des Gehirns und seine Entwicklung eingegangen, da dies die Grundlage jeglicher Bewegungsentwicklung darstellt. Nur mit einem gut ausgebildeten Gehirn ist es dem Kind möglich, sich motorisch normal zu entwickeln. Danach werden Grundlagen zur Wahrnehmung und zum Prozess der sensorischen Integration erläutert, die Prinzipien der Entwicklung erklärt und die einzelnen wichtigen motorischen Entwicklungsstufen beschrieben. Schließlich wird im letzten Abschnitt noch ein sehr bedeutender Aspekt behandelt: Die frühkindlichen Reflexe, ihr Erscheinungsbild und ihre Funktion sowie Zeitpunkt des Auftretens und der Hemmung werden genau erörtert.

1 GEHIRNENTWICKLUNG –GRUNDLAGE DER BEWEGUNGSENTWICKLUNG Aufgrund der Tatsache, dass unsere Bewegungen vom Gehirn gesteuert werden und die Ursachen vieler motorischer Dysfunktionen in einer unterentwickelten Gehirnreife liegen, scheint ein Blick auf dieses zentrale Organ bedeutsam zu sein. Das Verständnis der normalen motorischen Entwicklung und ihrer Abweichungen setzt ein grundlegendes Wissen über den Aufbau, die Entwicklung und die Funktion des menschlichen Gehirns voraus.

1.1 AUFBAU UND FUNKTION DES GEHIRNS

Das Gehirn ist neben dem Rückenmark der wichtigste Bestandteil des zentralen Nervensystems beim Menschen. Das Nervensystem besteht aus Millionen Nervenzellen, die als Neuronen bezeichnet werden. Sie haben die Aufgabe, Informationen von den Sinnesorganen aufzunehmen, zu verarbeiten und an das Gehirn weiterzuleiten. Hier werden die Informationen nochmals verfeinert und schließlich an motorische oder organische Zentren weitergeleitet, die eine Reaktion planen oder durchführen. Die Weiterleitung von Nervenimpulsen geschieht über die Fortsätze der Neuronen, den so genannten Dendriten und Synapsen (vgl. Ayres, 2002). „Während der Mensch sich bewegt, etwas wahrnimmt, denkt, sich erinnert, körperlich oder geistig aktiv ist, werden ständig neue Dendriten und Synapsen gebildet. Dadurch bilden sich vermehrt zusammenhängend neurale Netzwerke.“

(Beigel, 2004, S. 15) Das bedeutet, dass körperliche und geistige Bewegung zur Entwicklung des Nervensystems und dadurch auch des Gehirns beiträgt. Dies ist auch die Grundlage aller Therapieformen, die durch Bewegung und Wahrnehmungsförderung eine Verbesserung von kognitiven, aber auch sozialen Fähigkeiten und Verhaltensweisen zu erreichen versuchen.

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Das Gehirn als Hauptorgan des zentralen Nervensystems setzt sich aus mehreren Abschnitten zusammen (vgl. Kesper & Hottinger, 2002; Zinke-Wolter, 2005):

Der Hirnstamm

Dieser Teil des Gehirns wird weiter unterteilt in verlängertes Rückenmark, Brücke, Mittelhirn und Formatio reticularis. Der Hirnstamm hat folgende Aufgaben (vgl.

Kesper & Hottinger, 2002):

• Verarbeitung der Informationen aus allen Hirngebieten, die hier zusammen- laufen, und Weiterleitung der Informationen an das Großhirn.

• Sicherung der Kontrolle des Körpers im Raum.

• Regelung lebenswichtiger Funktionen wie Atmung, Kreislauf, Saugen und Schlucken.

• Hemmung oder Verstärkung von sensorischen Reizen in der Formatio reticularis und dadurch Schutz des Gehirns vor Reizüberflutung.

Das Kleinhirn

Dieser Abschnitt ist für die Erhaltung des Gleichgewichts sowie die Bewegungssteuerung und –koordination zuständig. Das Kleinhirn hat die Aufgabe, unsere motorischen Leistungen zu kontrollieren und zu harmonisieren. Weiters ist es an der Bewegungsplanung, Erinnerung an konkrete Bewegungen und Speicherung von Bewegungsabläufen beteiligt. Zeitliche Abläufe von Bewegungen und die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts werden hier geregelt. Zu guter Letzt hilft das Kleinhirn mit, unsere Orientierung im Raum zu sichern (vgl. Zinke-Wolter, 2005).

Das Zwischenhirn

Das Zwischenhirn besteht aus mehreren Kerngebieten, die unterschiedliche Aufgaben haben. Von hier aus werden sowohl das Bewusstsein als auch Empfindungen, Emotionen und Sexualfunktionen gesteuert. Die Basalganglien, die im Zwischenhirn ihren Sitz haben, sind für die Steuerung automatisierter Bewegungen zuständig.

Das limbische System

Auch hier spielen sowohl Emotionen als auch Bewegungen eine zentrale Rolle. Die Steuerung der Grobmotorik, das Entstehen von Gefühlen und die Verknüpfung von Lernprozessen mit Emotionen sind Funktionen des Limbischen Systems (vgl. Kesper

& Hottinger, 2002).

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Die Großhirnrinde

Der Kortex, wie die Großhirnrinde noch genannt wird, stellt den größten Abschnitt des Gehirns dar. Er ist unterteilt in zwei Hemisphären. Die linke Hemisphäre ist vor allem für logisches und analytisches Denken und Rationalität zuständig. In der rechten Hemisphäre hingegen dominieren ganzheitliche Denkweisen, Gefühle und Intuitionen. Die Lernforschung hat ergeben, dass eine häufige und intensive Aktivierung beider Hirnhälften zu einer vermehrten neuralen Verknüpfung führt, was sich sehr positiv auf die Lernleistung auswirkt. Die beiden Hemisphären sind nochmals gegliedert in vier Bereiche, die als Lappen bezeichnet werden und unterschiedliche Funktionen haben (vgl. Beigel, 2004):

• Schläfenlappen: Emotionen, Hören, Wortverständnis und Wortgedächtnis

• Hinterhauptslappen: Sehen

• Scheitellappen: Verarbeitung von Berührung, Temperatur und Schmerz

• Stirnlappen: Denken, Planen, kognitive Abläufe, Sprache

Der Balken

Hierbei handelt es sich um das Verbindungsstück zwischen den beiden Hemisphären des Großhirns. Seine Aufgabe ist es, Informationen zwischen rechter und linker Hemisphäre auszutauschen und dadurch komplexe Leistungen zu ermöglichen (vgl.

Kesper & Hottinger, 2002).

1.2 STUFEN DER GEHIRNENTWICKLUNG

Wie die Gehirnentwicklung Schritt für Schritt abläuft, ist genetisch determiniert. Nach einem bei den meisten Menschen gleich verlaufenden Zeitplan werden nach und nach Meilensteine der Gehirnentwicklung erreicht.

Die folgende tabellarische Darstellung der Entwicklungsschritte des menschlichen Gehirns wurde von Beigel (2004, S. 31f.) übernommen und teilweise gekürzt:

Geburt Rückenmark und Hirnstamm sind vollständig ausgebildet. Bis zum 15.

Monat beschränkt sich die Gehirnaktivität weitgehend auf den Hirnstamm, Teile des Kleinhirns und den Thalamus.

2.-3. Monat Die Aktivität mehrerer Kortexgebiete steigt.

8. Monat Die Aktivität der Stirnlappen wird durch das Auftreten von ersten kognitiven Anzeichen wie Erinnern sichtbar.

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1.

Lebensjahr

Das Gehirn wächst fast um das Dreifache und nimmt stark an Gewicht zu. Die Befriedigung der Grundbedürfnisse steht im Mittelpunkt.

Motorische Entwicklung wird durch das Ausleben der frühkindlichen Reflexe und den Erwerb der Halte- und Stellreaktionen unterstützt.

Bis zum 4.-5.

Lebensjahr

Die Gehirnaktivität findet stark im Bereich des Zwischenhirns (Limbisches System) statt. Emotionales Erkundungsverhalten, Umgang mit Sprache und das Gedächtnis entwickeln sich. Soziale Kontakte werden erprobt. Entstehen des Vorstellungsvermögens und der Phantasie, Spiel, limbische Lautäußerungen, Mimik und Gestik prägen diese frühe Entwicklungszeit des Menschen. Emotionen sind noch nicht über den Verstand steuerbar.

4.-7.

Lebensjahr

Die Ausbildung der rechten Hemisphäre steht im Mittelpunkt. Das Kind erlebt seine Welt noch vorwiegend ganzheitlich. Erkennen und kognitives Denken entwickeln sich immer mehr. Höchststand des Energieverbrauchs des Gehirns mit 4 bis 8 Jahren.

7.-9.

Lebensjahr

Ausbildung der linken Logik-Hemisphäre steht im Mittelpunkt.

Verarbeitung von Details wird immer besser möglich. Kognitives Denken und die Verfeinerung der Sprache sind zu bemerken. Lesen, Schreiben und mathematisches Arbeiten können gelingen. Die Ausbildung der Stirnlappen zeigt sich. Logisches Denken beginnt.

Feinmotorik und Geschicklichkeit verbessern sich.

9.-12.

Lebensjahr

Verstärkte Ausbildung des Corpus Callosum (erg. Balken) – Verarbeitung mit dem ganzen Gehirn.

12.-16.

Lebensjahr

Östrogen und Testosteron beeinflussen das Denken und das Verhalten.

16.-21.

Lebensjahr

Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten. Bis zum 18. Lebensjahr weist das Kleinhirn ein ausgeprägtes Wachstum auf.

Ab 21 Jahren

Ausbildung und Verfeinerung des Stirnlappens. Logisches, systemisches Denken, Verfeinerung der Emotionen, Verbesserung der Feinmotorik.

Das Wissen über diese Schritte ist notwendig, um einerseits dem Kind keine Leistungen abzuverlangen, die es aufgrund der unvollständigen Gehirnentwicklung noch nicht schaffen kann und um andererseits mögliche Störungen erkennen zu können.

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1.3 DIE BEDEUTUNG DER BEWEGUNG FÜR DIE GEHIRNENTWICKLUNG

Körperliche Bewegung hat einen wichtigen Anteil an der Entwicklung des Nervensystems und des Gehirns. Wenn sich das Kind bewegt, werden Neuronen aktiviert. Je öfter und vielfältiger auf diese Weise Neuronen benutzt werden, umso mehr bildet sich um die Nervenbahnen eine so genannte Myelinschicht. Diese sorgt für schnellere Verarbeitung der Informationen und bessere Weiterleitung zum Gehirn.

Weiters fördert Bewegung die Bildung von Synapsen und führt zu einer immer besseren neuralen Vernetzung im Gehirn (vgl. Beigel, 2004).

Ganz besonders wichtig ist die Bewegung in den ersten Lebensjahren, da in dieser Zeit das Gehirn noch besonders formbar und leicht veränderbar ist. Viele Bewegungserfahrungen, die in dieser Zeit nicht gemacht werden, können kaum oder nur schwer später nachgeholt werden. „Ohne genügend Gelegenheiten, sich zu bewegen und die frühen Entwicklungsstadien zu durchlaufen, ist das Gehirn nicht in der Lage, die für die geistige Entwicklung notwendigen Fähigkeiten zu entwickeln“

(Goddard, 2005, S. 15).

2 WAHRNEHMUNG UND SENSORISCHE INTEGRATION

2.1 DIE SINNE

Um etwas über die Welt erfahren zu können und sich in ihr zu bewegen, muss das Kind große Wahrnehmungsleistungen erbringen. „Wahrnehmungsleistungen nehmen eine Schlüsselfunktion hinsichtlich der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen aus der Umwelt ein. Jede neue Situation muss zunächst mit Hilfe der Sinnesorgane erfasst und an das Zentralnervensystem weitergeleitet werden, bevor sinnvolle motorische Handlungen folgen können“ (Zimmer, 2004, S. 68).

Schon in der neunten Schwangerschaftswoche beginnt beim Fötus die Entwicklung der Wahrnehmung und stellt eine entscheidende Grundlage für die Gehirn- und Bewegungsentwicklung dar. Unter Wahrnehmung ist dabei die Aufnahme und Verarbeitung von Reizen zu verstehen. Dies erfolgt über die verschiedenen Sinnessysteme mit Hilfe der Sinnesorgane.

Taktiles System – Tastsinn

Nach Ayres (2002) entwickelt sich die taktile Wahrnehmung als erstes Sinnessystem im Mutterleib, wenn das Kind Hautreize durch Bewegungen der Mutter erfährt. Das zuständige Sinnesorgan ist die Haut. Sie ermöglicht das Erfühlen und Tasten von Materialien und Gegenständen und die Wahrnehmung von Temperatur. Außerdem wird dem Kind durch Stimulierung der Haut mittels Berühren und Streicheln Wohlbefinden, Sicherheit und Geborgenheit vermittelt.

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Kinästhetisches System – Bewegungssinn

„Die kinästhetische Wahrnehmung umfasst die Empfindung von Bewegungen des eigenen Körpers oder einzelner Körperteile gegeneinander und den dabei auftretenden Kraftleistungen“ (Zimmer, 2004, S. 71). Durch Muskeln, Sehnen und Gelenke wird die Bewegung wahrgenommen und über die so genannten Propriozeptoren erhält das Gehirn Informationen über Muskelspannung und Körperstellung.

Vestibuläres System – Gleichgewichtssinn

Ayres (2002, S. 324) beschreibt das Vestibularsystem als „Sinnessystem, das auf die Kopfhaltung in Bezug zur Schwerkraft der Erde sowie auf verlangsamte oder beschleunigte Bewegung reagiert.“ Das Gleichgewichtsorgan hat seinen Sitz im Innenohr und steuert den sehr komplexen Prozess der Gleichgewichtsregulation.

Dabei sind immer auch andere Sinne beteiligt und im Gegenzug beeinflusst die vestibuläre Wahrnehmung auch das Funktionieren der anderen Sinne.

Visuelles System – Sehsinn

Über das Auge nimmt der Mensch die meisten Informationen aus seiner Umwelt auf.

Neben einer intakten Sehfähigkeit des Sinnesorgans muss aber auch die Verarbeitung der aufgenommenen Reize problemlos voll funktionstüchtig sein, um die Informationen im Gehirn richtig aufnehmen zu können.

Auditives System – Hörsinn

Eine intakte auditive Wahrnehmung ist eine grundlegende Voraussetzung für die Sprach- und Kommunkationsentwicklung. Wiederum müssen sowohl das Sinnesorgan Ohr als auch die Weiterleitung der Informationen funktionieren.

Weiters gibt es noch das gustatorische System, den Geschmackssinn, und das olfaktorische System, den Geruchssinn (vgl. Zimmer, 2004).

2.2 INTEGRATION DER SINNE

Damit jede Art von Lernen funktionieren kann, müssen die Sinnesreize nicht nur aufgenommen, sondern auch erkannt, interpretiert, zugeordnet, miteinander verknüpft und schließlich abgespeichert werden. Ayres (2002, S. 322) nennt diesen Vorgang „Sensorische Integration“ und definiert ihn folgendermaßen:

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„Die sinnvolle Ordnung und Aufgliederung von Sinneserregung, um diese nutzen zu können. (…) Durch die sensorische Integration wird erreicht, daß alle Abschnitte des Zentralnervensystems, die erforderlich sind, damit ein Mensch sich sinnvoll mit seiner Umgebung auseinandersetzen kann und eine angemessene Befriedigung dabei erfährt, miteinander zusammenarbeiten.“

Kesper (2002) spricht auch von einer Assoziation zwischen den Sinnen und betont die große Bedeutung einer guten sensorischen Integration als Voraussetzung für eine ungestörte kindliche Entwicklung und intakte Lernfähigkeiten.

Sensorische Integration vollzieht sich nach Kesper (2002) auf vier Ebenen. Auf der neuralen Ebene werden Empfindungen und Reize im zentralen Nervensystem aufgenommen, auf der sensorischen Ebene werden Informationen registriert, gehemmt, verstärkt und verknüpft. Schließlich folgt die kognitive Ebene, hier kommt es zum Bewerten, Verstehen und Planen von Handlungen und zum Erarbeiten von Problemlösungen. Die vierte Ebene stellt die motorische Ebene dar. Sie vermittelt zwischen den drei anderen Ebenen und der Umwelt. Wenn ein Prozess auf nur einer Ebene nicht funktioniert, kann dies Störungen im gesamten System zur Folge haben.

3 DIE PRINZIPIEN DER MOTORISCHEN ENTWICKLUNG

Die Entwicklung der Motorik beim Kind erfolgt nach genauen Regeln, die vor allem hinsichtlich Diagnostik und Therapie große Bedeutung haben. Kesper und Hottinger (2002) nennen fünf Prinzipien, nach denen die motorische Entwicklung abläuft.

3.1 DAS PRINZIP DER REZIPROKEN VERFLECHTUNG

Hinsichtlich der Bewegungsfunktionen kann der menschliche Körper in zwei gleiche Körperseiten geteilt werden. Alle Gliedmaßen und Bewegungsorgane existieren paarweise. Damit es zu einer symmetrischen Bewegung kommen kann und die beiden Körperhälften harmonieren, muss eine geordnete Beziehung zwischen den zwei Seiten bewirkt werden. Dafür ist es nötig, dass die wechselnde Dominanz der Muskelpaare Beuger und Strecker geübt wird und so die Beuge- und Streckmechanismen in Einklang miteinander funktionieren.

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3.2 DAS PRINZIP DER REIHENFOLGE DER MOTORISCHEN ENTWICKLUNGS-

SCHRITTE

Die Ausbildung der Bewegungen beim Kind geschieht immer in einer festgelegten Reihenfolge.

„Die ersten Bewegungen des Säuglings sind unkoordinierte, ziellose Reflexbewegungen, die überwiegend der subkortikalen Steuerung unterliegen.

Mit zunehmendem Einfluss des Kortex werden die ersten zielgerichteten, überwiegend symmetrischen Bewegungen möglich. So werden beide Arme gleichzeitig zum Ergreifen eines Gegenstandes nach dem Greifmuster nach vorne geführt. Die nächste Stufe der motorischen Entwicklung ist, daß Bewegungen sinnvoll geplant und situationsgerecht ausgeführt werden können.

Dies macht eine exakte Steuerung und Planung durch den Kortex erforderlich.

Im Laufe der weiteren Entwicklung können viele Bewegungen so automatisiert werden (…), daß das Kind nicht mehr über die Bewegung nachdenken muß“

(Kesper & Hottinger, 2002, S. 27).

Natürlich entwickelt sich nicht jedes Kind genau gleich. Manche Kinder erreichen die einzelnen Stufen schneller, andere brauchen dafür länger. Auch in der Qualität können sich die Bewegungen unterscheiden. Diese Verschiedenheiten hängen davon ab, wie weit Nervenzellen, Knochen und Muskeln ausgebildet sind und welche Möglichkeiten zur Bewegungsübung das Kind hat. Gegen dieses Prinzip verstoßen beispielsweise Kinder, die zuerst stehen und gehen und erst später krabbeln. Die Reihenfolge der motorischen Entwicklungsschritte wird aber im Normalfall eingehalten.

3.3 DAS PRINZIP DER NICHTUMKEHRBARKEIT

Die Stufen der kindlichen Entwicklung können nicht vollständig ausgelassen werden, ohne dass es zu Problemen kommt. Einem Kind ist es zwar möglich, die ausgelassene Bewegung bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren. So gibt es immer wieder Kinder, die anstatt zu krabbeln auf dem Gesäß rutschen und so auch eine Möglichkeit zur Fortbewegung finden. Aber bei den folgenden Entwicklungsschritten können sich aufgrund einer fehlenden Grundlage Probleme ergeben. Spätere Teilleistungsstörungen sind mögliche Folgen (vgl. Kesper &

Hottinger, 2002).

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3.4 DAS PRINZIP DER ENTWICKLUNGSRICHTUNGEN

Die Entwicklung der Motorik beim Kind erfolgt in zwei fixen Richtungen. Unter cephalo-caudaler Entwicklungsrichtung versteht man, dass die Ausbildung der Motorik am Kopf beginnt, dann den Rumpf betrifft und erst zum Schluss die Extremitäten erreicht. So kann das Kind seine Arme schon ab dem zweiten Lebensmonat zielgerichtet bewegen, die Beine und Füße aber erst ab dem vierten Monat. Die proximo-distale Entwicklungsrichtung beschreiben Kesper und Hottinger (2002, 28) folgendermaßen: „Die Kontrolle der rumpfnahen Muskeln gelingt eher als die Kontrolle der vom Rumpf entfernteren Muskeln. Die Koordination der Finger und Füße gelingt erst viel später, da sie die letzten Glieder der Entwicklungskette darstellen.“

3.5 DAS PRINZIP DER FUNKTIONALEN ASYMMETRIE

Obwohl die Bewegungsorgane symmetrisch angelegt sind, wird bei deren Verwendung häufig eine Seite bevorzugt. So gibt es Rechts- und Linkshänder und bevorzugte Beine beim Springen oder Fußballspielen, obwohl die Gliedmaßen grundsätzlich genau gleich funktionieren. Dieses Bevorzugen einer Seite hängt wiederum mit einer Asymmetrie in den beiden Großhirnhemisphären zusammen, die unterschiedliche Funktionen haben.

Wichtig bei der kindlichen motorischen Entwicklung ist, dass zuerst symmetrische Bewegungen bestehen müssen und das Überkreuzen der Körpermitte möglich sein muss, bevor sich die Lateralisation und eine dominante Hand entwickeln können.

4 DIE WICHTIGSTEN ENTWICKLUNGSSCHRITTE

Schon zu Beginn der Schwangerschaft, ungefähr ab der 6. Woche, beginnt die Entwicklung der kindlichen Bewegungen. Nach und nach lernt das Kind schon im Mutterleib zu saugen, sich festzuhalten, zu strampeln und zu greifen.

Nach der Geburt stellt die größte Änderung für die Bewegungen die nun vorhandene Schwerkraft dar, an die sich das Neugeborene erst gewöhnen muss. Zinke-Wolter (2005, S. 68) spricht von einer „Phase der Re-Organisation“, in der sich der Säugling den Bedingungen seiner neuen Umgebung anpasst. Erst wenn dies entsprechend geschehen ist, kann eine Weiterentwicklung einsetzen.

Voraussetzung für den Aufbau von Bewegungsmustern ist ein intaktes Nervensystem. Nach Holle (2000, S. 11f.) entspricht die Entwicklung der kindlichen Motorik der Entwicklung des zentralen Nervensystems, wobei sich vier Phasen unterscheiden lassen:

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1. Reflexbewegungen ohne Beteiligung des Kortex

2. Symmetrische Bewegungen mit bereits leichtem Einfluss des Kortex 3. Bewusst ausgeführte, vom Kortex unterstützte Bewegungen

4. Automatisierte Bewegungen, die durch das ständige Wiederholen irgendwann ohne Kortexmithilfe durchgeführt werden können

Diese festgelegten Schritte bauen aufeinander auf. Entsprechend dem Prinzip der Reihenfolge der motorischen Entwicklungsschritte werden diese vom Kind im Normalfall nacheinander durchlaufen.

Bei Zinke-Wolter (2005, S. 84) findet sich eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten motorischen Entwicklungen in den ersten zwei Lebensjahren des Kindes.

Auf die einzelnen Meilensteine wird in der Folge noch näher eingegangen.

Monate Körperbewegungen Vor der

Geburt

Strampelbewegungen aus gebeugter Haltung in die Streckung, Rotation um die horizontale Körperachse

1. Drehung des Kopfes in Bauchlage, Bewegungen im Muster der Primärreflexe

2. Kopfhaltung in Bauchlage mit Unterarmstütz 3. Kopf in Rückenlage in Mittelstellung

4. Kopf-Rumpf-Haltung in Bauchlage bei sicherem Ellbogenstütz 5. Jet-position in Bauchlage, kurzer Stütz auf gestreckten Armen 6. Rollen, Hochziehen zum Sitz, Kopf im Raum ausgerichtet

7. Beginnt auf den Füßen zu stehen mit zeitweise überstreckten Beinen, steckt seine Zehen in den Mund

8. Robbt in Bauchlage, Vierfüßlerstand, wippt vor und zurück 9. Bleibt kurze Zeit allein sitzen, krabbelt auf Händen und Knien

10. Stellt sich auf an Gegenständen, Arme in Retraktion, kurzer Zehenspitzengang

11. Setzt sich selbst auf, Gleichgewicht im Sitzen

12. Geht an Gegenständen entlang, Außenrotation der Beine 15. Freies Laufen über mehrere Meter, Hüfte noch gebeugt

18. Steht ohne Hilfe auf, kann im Gehen Richtung wechseln und stehen bleiben

24. Hüpft gehalten auf beiden Beinen, kickt einen Ball, kurzer Einbeinstand

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Dabei ist zu beachten, dass es sich um Durchschnittswerte handelt. Bei Abweichungen von bis zu drei Monaten muss noch keine Entwicklungsstörung vorliegen.

4.1 KOPFKONTROLLE

In den ersten Wochen nach der Geburt ist es einem Neugeborenen noch nicht möglich, die Kopfbewegungen ohne Unterstützung zu kontrollieren. In Bauchlage hebt es kurzzeitig den Kopf, wobei es sich um eine reflexartige Bewegung handelt.

Dies ist nötig, damit der Kopf auf die Seite gedreht und so die Freihaltung der Atemwege gesichert werden kann. Auch die kontrollierte Kopfhaltung beginnt in Bauchlage. Mit drei Monaten kann das Kind seinen Kopf bis zu einem Winkel von 45 Grad anheben. So kann es sich, auf die Unterarme gestützt, schon in alle Richtungen umschauen. Nach und nach wird dadurch die Rücken- und Nackenmuskulatur gestärkt und im Alter von fünf Monaten ist ein Heben des Kopfes bis 90 Grad möglich (vgl. Kesper & Hottinger, 2002).

In Rückenlage gelingt es dem Baby erst mit fünf Monaten, den Kopf zu heben und ihn stabil zu halten, wenn man es an den Armen zum Sitzen hochzieht (vgl. Holle, 2000).

4.2 ARM- UND BEINBEWEGUNGEN

Zu Beginn seines Lebens liegt der Säugling sowohl am Bauch als auch am Rücken in einer stark gebeugten Haltung, Arme und Beine sind meist angewinkelt. Sobald mit drei Monaten die Kontrolle des Kopfes möglich ist, stützt sich das Baby in Bauchlage auf die Unterarme. Die Hände sind dabei gefäustet. Im Alter von fünf Monaten streckt das Kind dann die Ellenbogen durch, dadurch kann der Oberkörper schon höher gehalten werden. Auch die Finger werden nun zunehmend ausgestreckt.

Mit den Beinen wird anfangs unrhythmisch gestrampelt, bis mit vier Monaten auch hier die Beugungsmuster nachlassen, die Hüftgelenke durchgestreckt und die Fußsohlen auf den Boden gestützt werden können (vgl. Holle, 2000).

Mit ungefähr fünf Monaten nimmt das Kind die so genannte Fliegerstellung oder Jet- Position ein: „Aus der Bauchlage wird der Kopf weit in den Nacken gezogen, die Arme ,flattern’ seitlich, die Beine strampeln in symmetrischer Beuge-Streck- Bewegung in der Luft“ (Zinke-Wolter, 2005, S. 74). Das Kind möchte sich schon gerne fortbewegen, es kann sich aber noch nicht aufrichten. So stellt diese Fliegerhaltung eine Übergangsphase zur ersten aktiven Fortbewegung dar.

4.3 ROLL- UND DREHBEWEGUNGEN

Zwischen fünftem und sechstem Lebensmonat beginnt das Baby, sich von der Bauchlage in die Rückenlage zu drehen und etwas später auch umgekehrt.

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neben ihm liegendes Spielzeug ergreifen möchte, dreht es den Kopf und hebt ihn an.

Dann streckt es den Arm der anderen Seite über den Körper und hebt gleichzeitig die Schulter. Das Becken und die Beine folgen nach und das Kind hat sich gedreht (vgl.

Holle, 2000).

Die Drehung über die Seitenlage hat eine wichtige Bedeutung für das selbstständige Sitzen, den nächsten Entwicklungsschritt.

4.4 SITZEN

Im Alter von sechs bis sieben Monaten bleibt das Kind sitzen, wenn man es in diese Position bringt. Dabei sitzt es meist noch mit sehr krummem Rücken. Kinder diesen Alters sollten noch nicht zu lange Zeit sitzen, weil die Rumpfmuskulatur noch nicht gut genug ausgebildet ist und sich daraus Haltungsschäden entwickeln können.

Sobald die Kopfkontrolle und das Gleichgewicht sicher genug und die Abstützreaktionen der Arme voll entwickelt sind, wird das Kind diese Position von selbst einnehmen. Dies geschieht im neunten oder zehnten Lebensmonat. Das Baby beginnt, sich selbstständig zum Sitz aufzurichten.

„Es tut das auf verschiedene Art und Weise. Entweder rollt es sich in die Bauchlage und kommt über den Vierfüßlerstand und Seitsitz in den freien Sitz.

Oder es rollt sich zur Seite und bewegt sich über einen Ellbogen zum Handstütz hoch. Der Kopf zieht den Rumpf mit in die Senkrechte, und das Kind kommt mit gebeugten Beinen in den Sitz“ (Zinke-Wolter, 2005, S. 83)

Bis sie vier Jahre alt sind, richten sich Kinder auf diese Art und Weise zum Sitzen auf (vgl. Holle, 2000).

4.5 ROBBEN

Ungefähr ab dem 7. Lebensmonat beginnt das Kind, sich am Boden durch Kriechen am Bauch von der Stelle zu bewegen. Zuerst zieht es sich dabei nur mit den Armen vorwärts, später nimmt es auch die Beine zu Hilfe. Ein gut entwickeltes Robben wird im gekreuzten Muster koordiniert durchgeführt, es werden also ein Arm und das Bein der anderen Seite gleichzeitig gebeugt und zur Vorwärtsbewegung eingesetzt. Durch Robben wird das Kind gut auf das Krabbeln vorbereitet, weil die Koordination von Armen und Beinen und die Gelenkigkeit der Wirbelsäule trainiert werden (vgl. Kesper

& Hottinger, 2002).

4.6 KRABBELN

Mit circa neun bis elf Monaten kommt das Kind aus der Bauchlage in den Vierfüßlerstand und beginnt nach einer Phase des Vor- und Zurückwippens und dem manchmal beobachtbaren „Häschenhüpfen“ oder Rutschen am Po mit dem

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Krabbeln. Diese Form der Bewegung ist dann gut entwickelt, wenn sie kreuzkoordiniert erfolgt. Für die Entwicklung des Kindes hat das Krabbeln bedeutende Funktionen: Es unterstützt die Weiterentwicklung der Kopfbeweglichkeit und trägt zur Entwicklung der Blickfixation bei. Die Augenmuskulatur wird dabei gestärkt. Weiters werden die Armmuskeln trainiert und die Handhaltung auf das Greifen vorbereitet. Das Gleichgewicht verbessert sich und durch die ständige Rotation der Wirbelsäule stellt die Krabbelbwegung eine wichtige Vorbereitung auf einen natürlichen und gelenkigen Gang dar (vgl. Holle, 2000).

Manche Kinder überspringen diese Phase oder krabbeln erst, wenn sie das Gehen schon beherrschen. Das kann, muss sich aber nicht unbedingt negativ auf die weitere Entwicklung auswirken.

4.7 STEHEN

Im zehnten Monat entwickelt das Kind den starken Willen, in die Senkrechte zu gelangen und zieht sich aus der Hocke mit den Armen an Gegenständen nach oben.

Dabei steht es vorerst mit stark gebeugten Beinen auf den Zehenspitzen. Aus dem Vierfüßlerstand kommt das Kind über den Bärengang auf Händen und Füßen in den Stand (vgl. Zinke-Wolter, 2005): „Vom Stehen kann dann gesprochen werden, wenn das Kind sich selbständig aufrichten, es eine aufrechte Position mit guter Kopfkontrolle einnehmen und Kopf, Rumpf, Arme und Beine frei bewegen kann, ohne das Gleichgewicht zu verlieren“ (Kesper & Hottinger, 2002, S. 25).

4.8 GEHEN

Indem es sich an Gegenständen festhält, beginnt das Kind seitlich zu gehen. Für das anschließende freie Gehen braucht das Kind viel Übung, um das Gleichgewicht zu halten und nach und nach Richtungswechsel und bewusstes Anhalten zu erlernen.

Die Arme werden zuerst noch zur Balance benötigt, können aber mit der Zeit seitlich vom Körper gehalten und rhythmisch mitgeschwungen werden. Mit ungefähr eineinhalb Jahren kann das Kind im Normalfall recht sicher gehen (vgl. Kesper &

Hottinger, 2002).

4.9 LAUFEN UND HÜPFEN

Durch zunehmend verbessertes Gleichgewicht und trainierte Hüftmuskulatur wird es möglich, das Bein voll durchzustrecken. So wird es dem Kind schließlich möglich, auf einem Bein zu stehen, zu laufen und zu hüpfen. Dafür ist auch eine ausreichende Fußbeweglichkeit und eine gekräftigte Oberschenkel- und Wadenmuskulatur notwendig, die durch viel Bewegung immer mehr aufgebaut wird (vgl. Kesper &

Hottinger, 2002).

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4.10 HANDMOTORIK

Der neugeborene Säugling zeigt einen Greifreflex ohne Beteiligung des Daumens, die Hände werden unkontrolliert geöffnet und geschlossen. Bereits im dritten Lebensmonat kommt es zu einer ersten Auge-Hand-Koordination und das Kind führt Gegenstände zum Mund. Wenn das Kind ein halbes Jahr alt ist, kann es bereits vor der Körpermitte mit Beteiligung des Daumens greifen. Erstes Abstützen auf geöffneten Händen ist zu beobachten.

„Jetzt können zum erstenmal beide Hände einen Gegenstand ertasten und die Augen ihn gleichzeitig ansehen. Der radiale Handgriff, der vor der Geburt schon möglich war, wird wieder entdeckt. (…) Beim radialen Handgriff stellt sich der Daumen in Opposition zu den Fingern ein, die Hand kann umfassen und Formen begreifen. Der Greifreflex ist nun völlig erloschen, das Kind kann willentlich beidhändig greifen und loslassen“ (Zinke-Wolter, 2005, S. 87f.).

In den folgenden Lebensmonaten lernt das Kind, Gegenstände gezielt zu nehmen und wieder loszulassen sowie sie von einer Hand in die andere zu befördern. Mit ungefähr zehn Monaten entwickelt sich die Handmotorik weiter zum Pinzettengriff mit gestrecktem Daumen und Zeigefinger. Etwa im 15. bis 18. Lebensmonat wird der Pinzettengriff durch den Spitz- oder Zangengriff verdrängt, wobei alle Finger in gebeugter Stellung beteiligt sind. Nach und nach erwirbt die Hand immer mehr Geschicklichkeit und die Feinmotorik wird verbessert. Nur so ist schließlich der Umgang mit dem Stift, Malen und Schreiben möglich.

Die Präferenz für eine Hand beginnt sich zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr auszubilden, wobei häufig bei Schulbeginn und bis ins Alter von zehn Jahren noch keine eindeutige Händigkeit vorliegt. Schlussendlich bevorzugen über 90% der Menschen die rechte Hand (vgl. Zinke-Wolter 2005, S. 87-100).

5 FRÜHKINDLICHE REFLEXE UND REAKTIONEN

Bei der Geburt ist das Kind mit einer Reihe von Reflexen ausgestattet, die sein Überleben sichern. Diese unbewusst ausgeführten Bewegungsmuster entwickeln sich teilweise schon zu einer sehr frühen Zeit der Schwangerschaft und üben wichtige Funktionen aus. Einerseits dienen sie schon im Mutterleib der Entwicklung von Motorik und Sensorik, andererseits unterstützen sie Mutter und Kind beim Geburtsvorgang. In den ersten Lebensmonaten haben die Reflexe bestimmte Aufgaben und stellen wichtige Grundlagen für die Entwicklung des Kindes dar (vgl.

Beigel, 2004). „Wenn die Reflexe ihre Aufgaben erfüllt haben, werden sie durch

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höhere Zentren im Gehirn gehemmt und kontrolliert“ (Beigel, 2004, S. 84). Dies geschieht bei allen frühkindlichen Reflexen im Normalfall bis zu einem Alter von ungefähr sechs, allerspätestens zwölf Monaten, und wird auch Integration der Reflexe genannt.

Die folgende Grafik gibt einen Überblick über die frühkindlichen Reflexe und die Zeit deren Entstehung und Hemmung.

Abbildung 1: Frühkindliches Reflexprofil (Goddard, 2004, S. 22)

Goddard (2004) betont in diesem Zusammenhang, dass es vom Entwicklungsstand des zentralen Nervensystems und nicht vom chronologischen Alter abhängt, wann ein Reflex entsteht und wann er gehemmt wird. Daher kann bei Nichtvorhandensein oder längerem Bestehen der Reflexmuster von einer Entwicklungsverzögerung oder –störung des zentralen Nervensystems ausgegangen werden.

Im Folgenden werde ich auf die wichtigsten frühkindlichen Reflexe und deren Funktion näher eingehen.

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5.1 DER MORO-REFLEX

Abbildung 2: Moro-Reflex (Goddard Blythe, 2005, S. 49)

Der Moro-Reflex entsteht als erster primitiver Reflex schon in einer sehr frühen Phase im Mutterleib. Er bildet sich zwischen der 9. und 12. Schwangerschaftswoche heraus und ist bei der Geburt des Kindes voll funktionstüchtig. Es handelt sich dabei um eine erste primitive Schreckreaktion.

„Der Moro-Reflex umfasst eine Reihe von schnellen Bewegungen in Reaktion auf plötzliche Reize. Er besteht in einer plötzlichen symmetrischen Aufwärtsbewegung der Arme – weg vom Körper – mit einem Öffnen der Hände, kurzem Erstarren und einer schrittweisen Rückkehr zu einer Haltung, in der die Arme in einer Umklammerungshaltung um den Körper gelegt werden“ (Goddard, 2004, S. 24).

Begleitet ist die Moro-Reaktion von einem plötzlichen Einatmen, häufig auch von einem kurzen Schrei. Auslöser können verschiedenste unerwartete Reize, vestibuläre Stimulation bei Änderung der Kopfhaltung, laute Geräusche, plötzliche Bewegungen oder Lichtwechsel sein. Schmerz oder Temperaturveränderung können ebenso zu einer Moro-Reaktion führen wie unsanfte Berührungen.

Neben den Armbewegungen, Beschleunigung der Atmung und des Herzschlags kommt es auch zu einem Anstieg des Blutdrucks und einer Rötung der Haut, manchmal gefolgt von starker Blässe. Die Stresshormone Adrenalin und Cortisol werden ausgeschüttet.

Die Funktion des Moro-Reflexes in den ersten Lebenswochen und -monaten ist es, Alarm zu schlagen und Hilfe zu holen. Außerdem hat er gleich nach der Geburt die Funktion, den ersten Atemzug zu ermöglichen und eine Erstickung zu verhindern.

Aus diesem Grund wird das Neugeborenen, wenn es nicht sofort selbstständig atmet, kurz kopfüber gehalten oder es wird ihm ein Klaps gegeben. So wird der Moro-Reflex ausgelöst und der Atemmechanismus in Gang gesetzt.

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Später wird der Moro-Reflex von der erwachsenen Schreckreaktion abgelöst, die sich in einem schnellen Hochziehen der Schultern und Drehen des Kopfes äußert, um die Verursachung des Reizes herauszufinden (vgl. Beigel, 2004; Goddard, 2004).

Manche Fachleute sind der Meinung, dass es sich beim Moro nicht um den allerersten Reflex handelt, sondern dass er sich aus dem so genannten Furcht- Lähmungs-Reflex bildet, der schon in der fünften bis siebten Woche nach der Empfängnis auftritt. Diese vom Stammhirn ausgehende erste Überlebensreaktion ist dem Moro-Reflex in seiner Erscheinungsform und Bedeutung sehr ähnlich, wird durch den Moro-Reflex integriert und stellt die erste Entwicklungsstufe auf dem Weg zum reifen Schreckreflex dar (vgl. Halfmann, 2006b).

5.2 DER PALMAR- UND PLANTAR-REFLEX

Abbildung 3: Palmar- und Plantar-Reflex (Goddard Blythe, 2005, S. 79)

Beim Palmar handelt sich um den Handgreifreflex, beim Plantar um den Fußgreifreflex. Beide entstehen in der elften Schwangerschaftswoche und sind bei der Geburt vollständig vorhanden.

Der Palmar wird beim Säugling ausgelöst, wenn er in der Handinnenfläche mit leichtem Druck berührt wird. Die Finger rollen sich ein und die Faust schließt sich.

Dieser Reflex ist in den ersten Tagen so stark, dass das Baby so sein ganzes Körpergewicht tragen könnte. Analog dazu wird der Plantar durch Druck auf den Fußballen ausgelöst, allerdings ist diese Reaktion etwas schwächer. Die Zehen rollen sich leicht ein und spreizen sich beim Loslassen wieder.

Beim Stillen ist es häufig zu beobachten, dass das Baby begleitend zum Saugen knetende Bewegungen mit den Händen macht. „Diese zweibahnige Verbindung zwischen den Händen (- in einem geringeren Grad auch den Fußsohlen) und dem Mund ist als Babkin-Reaktion bekannt. Sie ist für die frühe Verbindung zwischen Mund und Hand wichtig, aus der sich später weitere Fertigkeiten entwickeln“

(Goddard Blythe, 2005, S. 80).

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Der Handgreifreflex wird im Normalfall zwischen dem zweiten und dritten Lebensmonat integriert und langsam durch die Entwicklung des Pinzettengriffes abgelöst. Der Plantar-Reflex ist länger, etwa bis zum siebten bis neunten Monat vorhanden, dann wird er durch den verstärkten Fußeinsatz des Kindes beim Robben, Krabbeln und Gehen nach und nach gehemmt (vgl. Beigel, 2004; Goddard Blythe, 2005).

5.3 DER ASYMMETRISCH TONISCHE NACKENREFLEX

Abbildung 4: Asymmetrisch Tonischer Nackenreflex (Goddard Blythe, 2005, S. 61)

Der Asymmetrisch Tonische Nackenreflex, kurz ATNR, spielt eine sehr bedeutende Rolle für die Entwicklung des Kindes. Er erscheint in der 18.

Schwangerschaftswoche und ist bei der Geburt voll entfaltet. Durch Drehung des Kopfes wird der ATNR beim Kind ausgelöst. Dabei strecken sich Arm und Bein der Seite, auf die der Kopf gedreht wird. Die Gliedmaßen der Hinterhauptseite beugen sich.

Der Asymmetrisch Tonische Nackenreflex hat verschiedene wichtige Funktionen. Im Mutterleib bahnt er Bewegungen an, stimuliert das Gleichgewichtssystem und hilft mit, den Muskeltonus zu entwickeln. Am Geburtsprozess ist der ATNR maßgeblich beteiligt. Durch Drehen des Kopfes und dadurch ausgelöste wechselseitige Bewegungen hilft das Kind aktiv mit, sich durch den Geburtskanal zu drehen. Später hat der Asymmetrisch Tonische Nackenreflex die Aufgabe, in Bauchlage den Kopf zur Seite zu drehen, damit der Säugling frei atmen kann. Beigel (2004, S. 92) beschreibt zudem weitere Funktionen: „Durch den ATNR wird der Tonus für spätere Greif- und Streckbewegungen geübt und die erste Auge-Hand-Koordination findet statt.“

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Etwa sechs Monate nach der Geburt sollte dieser Reflex gehemmt werden. Das ist unbedingt notwendig, damit das Kind das Kriechen und Krabbeln erlernen kann (vgl.

Beigel, 2004; Goddard, 2005).

5.4 DER SPINALE GALANTREFLEX

Abbildung 5: Spinaler Galantreflex (Goddard Blythe, 2005, S. 85)

Etwa um die 20. Schwangerschaftswoche bildet sich der Spinale Galantreflex heraus. Bei der Geburt ist er aktiv vorhanden. Dieser frühkindliche Reflex wird durch eine Stimulation der Haut seitlich der Wirbelsäule im Lendenbereich ausgelöst und äußert sich in einer Beugung der Hüfte zu der Seite, die berührt wurde.

Wie der Asymmetrisch Tonische Nackenreflex ist auch der Spinale Galantreflex am Geburtsvorgang beteiligt. Durch das Zusammenziehen der Scheidenmuskeln wird der Lendenwirbelbereich des Kindes stimuliert und der Reflex ausgelöst. So hilft er dem Baby, sich schlangenförmig durch den Geburtskanal zu bewegen. Über weitere Funktionen des Spinalen Galantreflexes ist noch sehr wenig bekannt, möglicherweise ist er aber an der Hemmung des ATNR und der Ausbildung des Amphibienreflexes, einer der Halte- und Stellreaktionen, beteiligt. Weiters scheint es einen Zusammenhang mit der Blasen- und Verdauungsfunktion zu geben: Der Reflex trägt zur Blasen- und Darmentleerung des Kindes bei. Bei Kindern, die im fortgeschrittenen Alter noch Bettnässer sind, findet man häufig einen noch bestehenden Spinalen Galantreflex.

Im Normalfall soll der Spinale Galantreflex im neunten Lebensmonat gehemmt sein, damit sich Haltungsstabilität und aufrechter Gang entwickeln können (vgl. Goddard, 2004; Goddard Blythe, 2005).

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5.5 DER SUCH- UND SAUGREFLEX

Abbildung 6: Such- und Saugreflex (Goddard Blythe, 2005, S. 75)

Die nächsten sich entwickelnden frühkindlichen Reflexe sind der Saugreflex und der Suchreflex. Sie entstehen zwischen der 24. und der 28. Woche der Schwangerschaft und sind ebenfalls bei der Geburt vollständig vorhanden.

„Durch leichtes Berühren der Wange oder des Mundwinkels dreht sich der Kopf des Kindes in die stimulierte Richtung, der Mund öffnet sich und die Zunge wird zum Saugen herausgestreckt. Die Berührung wird somit als Signal zur Nahrungsaufnahme verstanden“ (Beigel 2004, S. 94). Das gemeinsame Auftreten des Such-, Saug- und auch des Schluckreflexes stellt sicher, dass sich der Säugling der Nahrung zuwendet, den Mund weit genug öffnet und anschließend fähig ist, die Nahrung zu sich zu nehmen.

In den ersten Stunden nach der Geburt ist der Suchreflex am stärksten. Auch in den Wochen danach tritt der Suchreflex noch besonders stark auf, wenn das Kind hungrig ist. Bei einem Baby, das gerade gefüttert wurde, ist dieser Reflex nur abgeschwächt auslösbar.

Beim normal entwickelten Kind treten der Such- und der Saugreflex bis zu einem Alter von drei bis vier Monaten auf, dann werden sie gehemmt. Bewusste Nahrungsaufnahme und willkürliches Saugen und Schlucken wird nun möglich (vgl.

Goddard, 2004).

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5.6 DER TONISCHE LABYRINTHREFLEX

Abbildung 7: Tonischer Labyrinthreflex vorwärts und rückwärts (Goddard Blythe, 2005, S. 53f.)

Beim Tonischen Labyrinthreflex, kurz TLR genannt, sind zwei Formen zu unterscheiden. In der 12. Schwangerschaftswoche entwickelt sich der TLR vorwärts.

Er wird ausgelöst, wenn der Kopf des Kindes über die Mittellinie der Wirbelsäule nach vorne, also oben, gebracht wird und führt dazu, dass der ganze Körper in eine Beugehaltung geht. Der TLR rückwärts wird ebenfalls durch Bewegung des Kopfes ausgelöst. Liegt das Baby in Rückenlage und fällt sein Kopf unter die Mittellinie nach unten, so strecken sich alle Gliedmaßen. Im Gegensatz zum TLR vorwärts entsteht er erst bei der Geburt.

Der Tonische Labyrinthreflex unterstützt das Kind dabei, auf Schwerkraft zu reagieren. Weitere Funktionen sind sein Beitrag zur Entwicklung des Muskeltonus und das Training der Propriozeption.

Der TLR vorwärts wird im dritten bis vierten Lebensmonat integriert. Beim TLR rückwärts kommt es zu einem schrittweisen Abbau. Dieser beginnt schon nach sechs Wochen, dauert oft aber bis ins dritte Lebensjahr an. Mit einem halben Jahr sollte sich der Tonische Labyrinthreflex aber soweit verändert haben, dass eine Kontrolle über den Kopf möglich wird. Wird er nicht oder zu spät integriert, hat das negative Folgen für das Gleichgewichtssystem, die Zusammenarbeit mit anderen Sinnessystemen und den Umgang mit der Schwerkraft.

(vgl. Beigel, 2004; Goddard, 2004)

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5.7 DER SYMMETRISCH TONISCHE NACKENREFLEX

Abbildung 8: Symmetrisch Tonischer Nackenreflex in Beugung und Streckung (Goddard Blythe, 2005, S. 67)

Dieser Reflex ist streng genommen kein primitiver Reflex, da er bei der Geburt noch nicht vorhanden ist. Der Symmetrisch Tonische Nackenreflex (STNR) entsteht erst etwa sechs bis neun Monate nach der Geburt. Er hat auch nur eine sehr kurze Lebensdauer. Der STNR wird ebenfalls durch Kopfbewegungen ausgelöst: „Bei Beugung des Kopfes werden die Arme im Ellbogengelenk gebeugt und die Beine total gestreckt, bei Streckung des Kopfes werden die Arme total gestreckt und die Beine gebeugt“ (Flehmig, 2001, S. 21).

Dieser Reflex hat die Funktion, dem Kind bei der Bewältigung der Schwerkraft zu helfen. Außerdem ist er an der Hemmung des Tonischen Labyrinthreflexes beteiligt und unterstützt das Training der Augenmotorik.

Schon nach sehr kurzer Zeit des Auftretens, zwischen dem neunten und elften Lebensmonat, wird der STNR wieder gehemmt, was eine wichtige Bedeutung für die folgende motorische Entwicklung des Kindes hat. Das Hin- und Herwippen im Vierfüßlerstand, das bei vielen Kindern vor dem Krabbeln zu beobachten ist, hilft mit bei der Integration des STNR.

„Wenn der symmetrisch-tonische Nackenreflex ganz integriert ist, kann das Kind im Vierfüßlerstand stehen bleiben und den Kopf in alle Richtungen bewegen, also auch nach vorne und hinten beugen, ohne daß die Stellung der Körperglieder beeinflußt wird. Nun ist das Kind in der Lage, mit dem Krabbeln zu beginnen und krabbelnd auf dem Boden zu spielen“ (Holle, 2000, S. 17).

Geringe Reste des STNR bleiben noch bis ins Erwachsenenalter bestehen, ohne dass diese jedoch negative Folgen hätte.

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5.8 WEITERE PRIMITIVE REFLEXE

Im Säuglingsalter zeigen sich noch einige andere Reflexe, deren Bedeutung für die weitere Entwicklung aber teilweise nicht von so starker Bedeutung ist. Sie sollten in der Folge nur genannt und kurz beschrieben werden.

Der Babinski-Reflex

„Der Babinski-Reflex bildet sich etwa in der ersten Lebenswoche heraus und ist sozusagen das Gegenstück zur Plantar-Reaktion. Ein entlang der Außenseite der Fußsohle ausgeübter Druck führt zum Anheben des großen Zehs und zum Auffächern der anderen Zehen“ (Goddard Blythe, 2005, S. 83). Er sollte vorhanden sein, wenn das Kind zu robben beginnt, damit es sich mit dem großen Zeh vom Boden abdrücken kann. Wahrscheinlich ist er auch an der Integration des Plantar- Reflexes beteiligt (vgl. Goddard Blythe, 2005, S. 84).

Stehbereitschaft

In der Zeit zwischen der Geburt bis zum vierten bis sechsten Lebensmonat zeigt sich der Stehreflex. Wird das Baby aufrecht gehalten und berühren die Fußsohlen die Unterlage, werden die Beine durchgestreckt. Das Kind kann aber sein Gewicht noch nicht selbst tragen (vgl. Holle, 2000).

Schreitreaktion

Der primäre Schreitreflex tritt kurze Zeit beim Neugeborenen auf. Zinke-Wolter (2005, S. 70) beschreibt ihn folgendermaßen: „Hält man das Kind am Rumpf in senkrechter Lage und läßt einen Fuß auf die Unterlage tippen, streckt sich das Bein und das andere beugt sich.“ Das sieht aus, als ob das Kind schon gehen möchte, was bei den Eltern Erstaunen und Begeisterung hervorrufen kann.

Glabellareflex

Drückt man einem Säugling auf die Mitte der Stirn, so schließt er die Augen (vgl.

Flehmig, 2001).

Landau-Reaktion

Wie auch der Symmetrisch Tonische Nackenreflex gehört die Landau-Reaktion im eigentlichen Sinn nicht zu den frühkindlichen Reflexen, da sie bei der Geburt noch nicht ausgebildet ist, sondern sich erst im Alter von drei bis zehn Wochen entwickelt.

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Stellreaktionen. Die Hemmung erfolgt ungefähr im dritten Lebensjahr. So werden die Landau-Reaktion und der STNR als Brückenreflexe, als wichtige Übergänge zwischen den primitiven Reflexen und den Halte- und Stellreaktionen, bezeichnet.

Die Landau-Reaktion wird von Flehmig (2001, S. 28) folgendermaßen erklärt:

„Hält man den Säugling horizontal unter dem Rumpf fest, und zwar schwebend, dann wird automatisch der Kopf gehoben und die Beine folgen der Streckung.

(…) Bei plötzlicher Beugung des Kopfes entsteht eine totale Beugung des gesamten Körpers. Dieser Reflex muss für ein paar Monate im ersten Lebensjahr aufgetreten sein, da das Kind hiermit seine Stellung im Raum erfährt (Körperschema).“

6 LEBENSLANGE HALTE- UND STELLREAKTIONEN

Halte- und Stellreaktionen lösen nach und nach die frühkindlichen Reflexe ab und bilden die Grundlage für die Entwicklung der aufrechten Körperhaltung und der Fortbewegung. Wenn durch das Auftreten dieser Halte- und Stellreaktionen die primitiven Reflexe nach und nach gehemmt werden, weist das auf einen Fortschritt in der Gehirnentwicklung hin. Höhere Gehirnstrukturen kontrollieren nun den Hirnstamm und das zentrale Nervensystem weist eine größere Reife auf. Die Halte- und Stellreflexe treten zwischen dem dritten und zwölften Lebensmonat des Kindes auf und bleiben dann ein Leben lang erhalten. Sie werden nicht, wie die frühkindlichen Reflexe, wieder gehemmt (vgl. Beigel, 2004).

Goddard (2004) unterscheidet zwei Gruppen: Die Stellreflexe auf vier Füßen und die Gleichgewichtsreaktionen auf zwei Füßen. Alle dienen der Unterstützung der Haltung, Stabilität und Bewegung.

Folgende Reflexe zählen zu den Stellreaktionen:

• Labyrinth-Kopfstellreflex: Durch Anpassung des Muskeltonus im Hals- und Schulterbereich wird der Kopf aufrecht gehalten.

• Augen-Kopfstellreflex: Dieser Reflex sorgt dafür, dass der Kopf durch Fixierung der Augen auf ein visuelles Ziel stabil gehalten wird, auch wenn sich die Körperposition verändert.

• Amphibienreflex: Wird in Bauchlage das Becken auf einer Seite angehoben, werden Arme, Knie und Hüften derselben Seite ab dem vierten bis sechsten Monat mitbewegt. Dieser Reflex wirkt bei der Hemmung des ATNR mit und trägt zu einer besseren Grobkoordination der Muskeln bei.

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• Segmentärer Rollreflex: Wird der Kopf gedreht, folgt der Körper ab dem sechsten Lebensmonat in einer Rollbewegung nach. Ebenso kann er durch das Legen eines Beines über das andere ausgelöst werden.

Zu den Gleichgewichtsreaktionen gehören Schutz- und Kippreaktionen wie die reife Schreckreaktion und die Abstützreaktion, auch Parachutereaktion genannt (vgl.

Beigel, 2004; Goddard, 2004).

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in: „Frühkindliche motorische Entwicklungsdefizite und Rechtschreibschwäche“ von Maria Ablinger.

ISBN: 978-3-638-78505-1

http://www.grin.com/de/e-book/77796/

(34)

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

LRS ... Lese-Rechtschreibschwäche

ATNR... Asymmetrisch Tonischer Nackenreflex TLR... Tonischer Labyrinthreflex

STNR... Symmetrisch Tonischer Nackenreflex KISS ... Kopfgelenks-Induzierte-Symmetriestörung SI ... Sensorische Integration

INPP ... Institut für neurophysiologische Psychologie NRP ... Neurofunktionelle Reorganisation nach Padovan

(35)

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