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Auch Wermert ist einer von vielen, die der Definition des Oberverwaltungsgerichts vorwerfen, sie

Im Dokument Definition des Begriffes Börse". (Seite 39-44)

sei speziell auf die Feenpalastversammlungen zuge-schnitten. In der Tat kann

man

sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie eine Beschreibung jener Ver-hältnisse ist. Auf den Börsenbegriff, den sie treffen will, angewendet, ist sie nach unserer vorstehenden Darlegung einerseits zu eng, während sie andererseits eine genügend scharfe Abgrenzung gegen verwandte Begriffe vermissen läßt.

§ 11. Definitionen von

Gamp,

Schmoller, v.

Rönne und

in der Berliner Börsenordnung

vom

Jahr 1806.

In den Beratungen derBörsenenquetekommission schlug der stellvertretende Vorsitzende

Gamp

als

Definition von Börse vor: „Die Börse ist eine Ver-anstaltung des Staates zu

dem

Zwecke, den

Handels-—

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verkehr zu erleichtern und die allgemeinen wirtschaft-lichen Interessen zu fördern." Das ist historisch unrichtig. Die Mehrzahl der ursprünglichen Börsen

ist aus der freien Initiative der Kaufleute selber her-vorgegangen, wie wir es an

dem

Beispiel der alten italienischen Börsen gesehen haben.

Auch

späterhin

ist eine beträchtliche Reihe von Börsen aus 'dem Zusammenschluß von Kaufleuten oder kaufmännischen Vereinigungen unbeeinflußt

vom

Staatehervorgegangen, wie die Londoner,

Hamburger

und Berliner Börse, so daß

man

keineswegs

immer

von Veranstaltungen des Staates reden kann. Aber nicht allein darin geht

Gamp

fehl, daß der Staat der notwendige Errichter und Pfleger der Börse sei, sondern auch in seinem Zusatz „zu

dem

Zwecke den Handelsverkehr zu er-leichtern,

und

die allgemeinen wirtschaftlichen Inter-essen zu fördern". Vielfach ist da,

wo

der Staat Begründer ist, ein anderer weniger idealer

Zweck

erkennbar. So greift z. B. in Frankreich königliche Gewalt ein im unleugbaren

Zusammenhang

mit den Kreditbedürfnissen des Staates und des Königlichen Hauses.

Übrigens leidet die

Gampsche

Begriffbestimmung auch an

dem

Mangel, daß sie zu weit ist. Gesetzt, sie träfe sonst zu, so würde sie nicht abgrenzen gegen Markt und Messe etc. etc. Es gibt auch Märkte und Messen und andere Institutionen, die Veranstaltungen des Staates mit

dem

bezeichneten

Zwecke

sind oder sein können. Hierunter würde z. B. auch Post und Eisenbahn fallen.

Schmoll

er schlug vor: „Die Börse ist eine durch den Staat genehmigte und unter Staatsaufsicht stehende Veranstaltung voji

Gemeinden

oder

Handels-—

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-korporationen, zu

dem

Zwecke, den Handelsverkehr zu erleichtern und die allgemeinen wirtschaftlichen Interessen zu fördern."

So wenigwiedie Börse

immer

eine Veranstaltung des Staates ist, so wenig ist sie

immer

eine durch den Staat genehmigte und unter Staatsaufsicht stehende Veranstaltung von

Gemeinden

oder Handelskorporationen'. So haben wir z. B. einer-seits die von staatlicher

Genehmigung und

Aufsicht gänzlich unabhängige Londoner Börse kennen gelernt und andererseits auch Beispiele für Börsen als reine Staatsgründungen, so die

Wiener

Börse, die mit kaiser-lichem Patent

vom

1. August 1771 errichtet worden

ist." Eine scharfe Abgrenzung fehlt ebenso wie bei der vorbesprochenen

Gamp

sehen Begriffsbestimmung, so daß eine Gemeindestraße oder etwas ähnliches auch unter die

Schmoll

ersehen Börsenmerkmale fallen würde.

Eine in der Hauptsache ähnliche ältere Definition befindet sich in

dem

preußischen Staatsrecht von

von Rönne:

„Börsen sind mit

Genehmigung

der Staatsverwaltung regelmäßig stattfindende

Versamm-lungen von Kaufleuten, Rhedern, Schiffern, Ver-sicherern, Wechslern, Mäklern, überhaupt

im

Handel beschäftigten Personen,

um

über alles, was ihren Berufskreis betrifft, miteinander zu verhandeln

und

dadurch den Betrieb kaufmännischer Geschäfte aller Artzuerleichtern." Beider Kritikistdavonauszugehen, daß der Verfasser lediglichdiepreußische Börse charak-terisieren will. Mitdieser und der weiteren Einschrän-kung, daßnämlich

von Rönne

speziell diepreußische Börse der damaligen Zeit (1867) im

Auge

hat, trifft sein

Merkmal

„mit

Genehmigung

der Staatsverwaltung"

zu. Die verschiedenen aufgezählten Gruppen von

Koch, luaiig.-Diss. 3

Besuchern bilden, wie bereits hervorgehoben, kein Charakteristikum. Überdies ist die ganze Aufzählung mit

dem

verallgemeinernden „überhaupt im Handel beschäftigte Personen" ziemlich nichtssagend.

Auch

die Zweckbezeichnung ist nicht einwandfrei:

„um

über

alles, w^as ihren Berufskreis betrifft, miteinander zu verhandeln

und

dadurch den Betrieb kaufmännischer Geschäfte aller Art zu erleichtern".

— Wodurch

er-leichtern? Durch das Miteinanderverhandeln? Das ge-schieht auch anßerhalb der Börse.

In der Berliner Börsenordnung

vom

Jahre 1805 heißt es: „Die Börse ist die unter

Genehmigung

des Staates stattfindende

Versammlung

von Kaufleuten, Maklern, Schaffnern und anderen Personen zur Er-leichterung des Betriebes kaufmännischer Geschäfte aller Art."

Im

wesentlichen stimmt dies mit der

von Rönne

sehen Definition überein.

§ 12. Definition

von Liebmann

(inder Wochenschrift für Aktienrecht

und Bankwesen,

Jahrg. 1894).

„Börsen sind diejenigen Vereinigungen von Kauf-leuten, welche auf

Grund

der von den Teilnehmern geschlossenen Geschäfte einen im

Wege

der

Selbst-verwaltung der Vereinigung festgesetzten Kurs oder Preis verlautbaren."

Demgegenüber

ist zu sagen, daß das

Moment

der Kursfestsetzung kein Charakteristikum

ist.

Angenommen,

es wäre ein solches, so würde die Vereinigung der Produktenhändler im Berliner Feen-palast keine Börse gewesen sein, weil es dort keine Kurs- oder Preisfestsetzung gab.

Dem

widerspricht die in der einschlägigen Literatur allgemein vertretene Ansicht, nach der di(i l^örsonnatur dieser

Versamm-lungen fast durchweg trotz der Poh^nik gegen die

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-Darlegungen des Oberverwaltungsgerichts zAigegeben wird. Erst vollends gleichgültig ist es natürlich, auf welchem

Wege

die Kursfestsetzung zustande

kommt.

Schließlich giebt

Lieb mann

auch keine genügenden UnterscheidungsmerkmalezurAbgrenzunggegenMessen und Märkte.

§ 13. Definitionen von Pfleger, Ehrenberg

und

Grünhut.

Pfleger

sagt: „Börse ist eine regelmäßig an einem bestimmten Orte zu einer bestimmten

Tages-zeit stattfindende

Zusammenkunft

von Großkaufleuten eines Handelsplatzes und Hilfspersonen des Groß-handels

zum Zwecke

des Abschlusses von Handels-geschäften in generell bestimmten Wertpapieren oder typenmäßig gehandelten Waren."

Pfleger

legt, wie mir scheint, allzusehr

Wert

auf bestimmten Ort und bestimmte Zeit, während es eigentlich nur darauf

ankommt,

daß der Versammlungsort und die Ver-sammlungszeit je für die nächste

Zusammenkunft

den Börsenbesuchern

im

voraus bekannt ist.

Wenn man

schlechthin einen bestimmten Ort und eine bestimmte Zeit für ein Charakteristikum erklärt, müßte

man

konsequenterweisefolgern, daßdiehistorischen Winkel-börsen, die bald in diesem bald in jenem Kaffeehaus, bald zu dieser bald zu jener Stunde,

um

den Ver-folgern zu entgehen, ihre Zusammenkünfte pflegten, keine Börsen waren.

Es ist auch schon erwähnt worden, daß es höch-stens eine sekundäre Erscheinung ist,

wenn

überwie-gend Großkaufleute und deren Hilfspersonen sich in

den Reihen der Börsianer finden, und daß das

Pri-märe der Großhandel selbst ist.

An

sich ist es ganz 3*

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gleichgültig, ob die sich

Versammelnden

überwiegend Großkaufleute oder andere Personen sind. „Zusammen-kunft von Großkaufleuten eines Handelsplatzes und Hilfspersonen des Großhandels" ist sicherlich zu eng undentsprichtnirgends den tatsächhchenVerhältnissen.

Nach

Richard

Ehrenberg

(in seinem Zeitalter

Im Dokument Definition des Begriffes Börse". (Seite 39-44)