Definition.
§ 20.
Zusammenfassende
Stellungnahme zudem
Problem.
Wir
sind im ersten und im zweiten Abschnitte historisch von der Bezeuchimng der Börseund
ihrem—
-47—
Ursprünge ausgegangen. Die erstenBörsen haben wir dort teils aus
dem
Markte selbst, teilsausdem
Spezial-märkte Messe hervorgehen sehen
und
festgestellt, wie diese Urbörsen ihrerseits Vorbilder anderer späterer gewesen sind. In der Tat sind die Börsen in vielen Punkten ihrem Marktursprunge getreu geblieben und haben daher begriffsmäßig mitMarkt und Messe vieles gemein. Gerade deshalb ist der Börsenbegriff gegen diese Ursprungsinstitute schwer abzugrenzen.Es ginge weit über mein Ziel hinaus, Definitionen der drei genannten Institute zu geben und sie mit-einander zu vergleichen. Es ist auch nicht einmal der
Hauptmangel
der besonders in Betrachtkommenden
neueren Definitionen von Börse, daß sie nicht
ge-nügend gegen denMarkt- undMessebegriff abgrenzen.
Dagegen haben die betreffenden Autoren fast
durch-weg
Erscheinungen sekundärer Natur, reine Folge-erscheinungen alsMerkmale
in ihreBegriffsbestimmung aufgenommen.An
zwei Fälle will ich in der Haupt-sache wieder kurz erinnern, den einen, daß vielfach Preisnotierungen, Preisbildungen und BeeinflussungenalsMerkmale figurieren, obwohldiese natürliche Folge-erscheinungen sind, und den anderen, daß
man
fast überall vondem
sekundärenMoment
der Charakteri-sierung der Besucher als Kaufleute oder Großkauf-leute etc. ausgeht, während das Primäre die Art des Handels, nämlich der Groß-und
Spekulationshandelist. Zumeist ist es ja an sich ganz richtig, daß
vor-wiegend Großkaufleute sich
am
Börsenhandel betei-ligen. Andererseits aber ist dies nicht unbedingtnötig.Die Börse ist ein Konzentrationspunkt des Groß-handels. Als natürliche Folge davon werden sich hier die Großhandeltreibenden, also namentlich
Groß-—
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kaufleute einfinden. Unter
Umständen
könnteman
sich aber auch eine Börse denken, wo, aus welchen
Gründen
auch immer, derüberwiegende TeilderHänd-ler keine Großkaufleute sind, sondern beispielsweise zumeist kapitalkräftigePrivatiers;
man
kann sich aber keine Börse vorstellen, an der kein Groß- und Spe-kulationshandel getrieben wird.Es ist ferner wiederholt im vorigen Abschnitt erörtert worden, es sei nicht richtig von „Versamm-lungen an einem bestimmten" oder gar „an einem ein für allemal bestimmten Orte" zu einer solchergestalt bestimmten Zeit zu sprechen. Es genügt zeitliche und
örtliche Vereinigung, wie auch
immer
sie zustandekommen
mag. Ich meine, es würde keinen Unter-schied machen, ob der Börsenbesucher weiß, er hat jedenTag um
zweiUhr
nachmittags zurBörsenver-sammlung
ins Börsengebäude zukommen
oder ob beispielsweisein jeder Börsen Versammlung oder durch dieZeitungspresseaufsneuebekannt gegeben würde,die nächsteZusammenkunft
findetmorgen um
zweiUhr
an der und der Stelle statt oder in ähnlicher Weise..Wenn
sich auch darüber streiten läßt, ob dieses Ver-fahren gerade praktisch ist, so tut das doch der Be-weiskraft des Beispiels keinen Abbruch; die Gegner würden zugeben müssen, daß unser Beispielsinstitutnoch
immer
eine Börse wäre.Dagegen ist die Regelmäßigkeit in der Wieder-holung der
Versammlungen
für den BörsenbegriflP wesentlich, genau so wie für den Begriff des Marktes und der Messe. Eine einmaligeVersammlung
oder eine Mehrheit von Versammlungen, die nur so zu-standekommen,
daß sich ganz zufällig eine Anzahl von PersoiKui im Kaffeehaus treffen und bei der—
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schönen Gelegenheit börsenmäßige Geschäfte mitein-ander abschließen, alles das wäre keine Börse.
Tägliche Wiederholung der
Versammlungen
ist nicht notwendig.Es
gibt in der Tat Börsen, dieall-wöchentlich oder gar noch in größeren regelmäßigen Zeitabschnitten stattfinden. „Meist täglich" ist in den Definitionen fast
zum
geflügeltenWort
geworden. Mitdem
einschränkenden meist ist es auch zuzugeben, aberwiederum ist das nur Folgeerscheinung des Groß-und Spekulationshandels. Je größer und gewaltiger der Börsenverkehr ist, je bedeutender und zahlreicher die Geschäfte sind, desto größer ist das Bedürfnis nach Betätigung und Ausgleich durch häufige Wieder-holung der Versammlungen.Endlich noch ist im einzelnen erörtert worden, daß „die staatliche Aufsicht und Genehmigung" oder eines dieser
Momente
keinMerkmal
ist und daß die gegenteihge AnsichtvonGamp
undSchmoller
nicht einmal auf eine Börseim
Sinne des Reichsbörsen-gesetzes zutrifft. Andererseitsmuß
hier zugegeben werden, daßweitaus die meisten Börsen geradewegen
ihrer großen Bedeutung stets und
immer vom
Staate bevormundet worden sind, In der Gegenwart sind eigentlich nur die englischen Börsen der staatlichenBevormundung
vollständig entrückt. Ähnlich aller-dings ist die amerikanische Börsenverfassung, doch haben die Einzelstaaten formell ein Eingriffsrecht.In noch einem Punkte will ich meinen Stand-punkt zusammenfassend präzisieren. Hauptsächlich in älteren Definitionen ist die Börse bezeichnet als Ver-anstaltung oder
Versammlungen
zudem
Zwecke, den Handelsverkehr zu erleichtern und die allgemeinen, wirtschaftlichen Interessen zu fördern".Man
nimmt,-
50—
wir mir scheint, hierbei den
Mund
zu voll. Es istdem
oben bereits entgegengesetzt worden, daßStaaten aus weniger idealenZwecken, nämlich zurBefriedigung ihrer Kreditbedürfnisse Börsen ins Leben gerufen haben, wievielmehr wird es Kaufleuten, die eine Börseerrichtet haben, oderdie an denVersammlungen
einer bestehenden Börse teilnehmen, fernliegen, die allgemeinen wirtschaftlichen Interessen bei ihrem Börsenhandel zu fördern.
Wer
sich den Verkehr an einerBörse einmal näher besehen hat,muß
eine ganz andere Ansicht von den Bestrebungen der Besucher haben. Geschäftsgewinn ist ihr einziges Losungswort.Der
Gewinn
allein hellt ihre Gesichter auf, und der Verlust verdunkelt ihre Mienen.Nur darum
sehen jene denHimmel
voll von Baßgeigen, nurdarum
wird es diesen bangums
Herz.Aber
so sehen doch die Leute nicht aus, die sich zur Verfolgung allgemeiner Interessen versammeln.Aber, wird
man
sagen, das schließt doch nicht aus, daß die Gründer der Börsen solch' Ziel damit verfolgt haben müssen. Ja,wenn
diese Gründer nicht auch menschliche Kaufleute gewesen wären!Und wo
es Staaten und öffentliche Körperschaften waren: Ge-wiß, da liegt esnäher, daß das allgemeine