Besucher stellt er doch ein
Merkmal
auf, ähnlich wiePfleger
dies tut, nur gibt er es mitdem
verall-gemeinernden Zusatz „und anderen beim Handel be-teiligten Personen". Bei der gew^ählten Farblosigkeit
ist zwar nicht viel damit gesagt, aber doch auch nichts Unzutreffendes.
Mit den
Worten
„Handelsgeschäften ohne gleich-zeitige Vorzeigung, Ubergabe und Bezahlung derWare
charakterisiert er eine bestimmte
Form
des Groß- und Spekulationshandels, dieForm, in der sich regelmäßig die Börsengeschäfte abzuwickeln pflegen.Und
doch kannman ihm
hierin nicht unbedingt beitreten. Esist beispielsweise gar kein seltener Fall, daß auf der Börse Geschäfte abgeschlossen werden und sogleich an Ort
und
Stelle die Übergabe und Bezahlung derWare
erfolgt, namentlich beim Efl^ekten- und Prämien-handel. Überdies ist ganz allgemein für die Kassa-geschäfte regelmäßig eine verhältnismäßig nur sehr kurze Erfüllungsfrist bestimmt; mit dieser kleinenEin-scliräiikung kann
man
sagen, daß bei diesen letzteren die Erfüllung prinzipiellZug um Zug
zu erfolgen hat.Ehrenberg
bezeichnet eine spezielleForm
des Groß-und Spekulationshandels, in der sich zwar regelmäßig, aber doch nichtimmer
der Börsenhandel abwickelt.Wenn
diesMerkmal
auch in der Regel auf die mo-dernen Börsenverhältnisse zutrifft, so paßt es doch nicht einmal in der Hauptsache auf die mittelalter-lichen Börsen,wo
derKauf
nach Probe sehr häufigwar und
auch vielfach dieWare
selbst in naturaZug
um Zug
gehandelt wurde.Und
wie wird sich der Börsenverkehr in Zukunft gestalten? Durch Fort-schritt auf technischem Gebiete, durch weitere Aus-gestaltungund
Verbesserung der Verkehrs- und Trans-portanstalten etc. oder durch das Gegenteil kann der Börsenverkehr unterUmständen
in ganz andereFormen
undBahnen
gebracht werden; es ist nicht nur möglich, sondern sogarwahrscheinlich, daß er sich in der Zukunft noch einfacher und abstrakter voll-ziehen wird, vielleicht daß da,wo
sich heute Hunderteund
Tausende von Börsenbesuchern versammeln, nur noch ein paar Geschäftsvermittler herumstehen oder wie sonstman
sich das weiter ausspinnen will. Aber Groß-und
Spekulationshandel wird es bleiben, ist esund war es von jeher.
Nach Grünhut
ist die Börse derjenige Ort, anwelchem
sich mit öffentlicherGenehmigung
die Kauf-leute, Handelsmakler und andeream
Handelsverkehr beteiligte Personen zu einer bestimmten Zeit versam-meln,um
Handelsoperationen zu besprechen, einzu-leitenund
abzuschließen.Hiernach wäre z. B. die Londoner Börse keine Börse, weil diese
Versammlungen
dort nicht deröffent-—
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liehen
Genehmigung
bedürfen,um
gar nicht zu reden von den nicht genehmigten Winkelbörsen. Das hin-sichtlich derBesucher gegebeneMerkmal
stimmt ziem-lich genau mitdem
in derEhrenbergschen
Definition überein. ÜberdiesistdieBegriffsbestimmung imganzen zu weit.§ 14. Definitionen
von
Rentsch, in ConradsWörter-buch
der Staatswissenschaftenund im Handbuch
dergesamten Handelswissenschaften.
Rentsch
bezeichnet (in seinem Handwörterbuch der Volkswirtschaft) die Börse als „Markt der Ver-träge des kaufmännischen Verkehrslebens".Daß
die Börsekein eigentlicherMarktist, sondern eine spezielle verfeinerteForm
des Marktes bezw. derMesse, erhellt aus unserer entwicklungsgeschichtlichen Darstellung.Aber gerade die von Markt
und
Messe unterscheiden-denMerkmale
fehlen in der Definition.In
Conrads
Wörterbuch der StaatsWissenschaftenist die Börse charakterisiert als „Markt für vertretbare Tauschgüter". Georg
Obst
bemerkt in seinemGeld-,Bank- und Börsenwesen hierzu: „Diese Definition hat den Vorzug der Kürze, ist aber nicht erschöpfend".
Im Handbuch
der gesamtenHandelswissenschaften steht: „Börse ist der Platz,wo
die kaufmännischen Verträge sich vollziehen,wo
Angebot und Nachfrage eines einzelnen Platzes sich zu gewissen Zeiten finden und die Geschäfte gemacht werden". Diese Definitionist vor allem zu allgemein und zu unbestimmt.
An
welchen Plätzen vollziehen sich denn keine kaufmän-nischen Verträge,
wo
findet sich nicht Angebot und Nachfrage eines einzelnen Platzes zu gewissen Zeiten undwo
werden nicht die Geschäfte gemacht— und
-
39diese Plätze sind doch keine Börsenplätze. Übrigens ist es direktunzutreffend, daß sichaneinerBörse„Angebot und Nachfrage eines
einzelnen
Platzes finden".Gewiß, es hat eine Zeit gegeben,
wo
Börsen nur lokale Bedeutung hatten und es sind vielleicht auch heute noch solche Börsen denkbar. Aber gerade dadurch unterscheidet sich diemoderne
Börse regelmäßig von den mittelalterlichen Urbörsen, daß jene fastdurchweg nationalen
und
teilweise internationalen Charakterangenommen
hat. Ein schönes Beispiel dafür, daß sich Angebot und Nachfrage aus allen Kulturstaaten an einer Börse vereinigen, bieten die tatsächlichen Verhältnisse an der Londoner Stock Ex-change.§ 15.
Zwei
Definitionen von R. Beigel.InseinemBank- und Börsen wesenschreibtBeigel:
„Die Börse ist der Ort, an
welchem
in regelmäßigen Zusammenkünften Verkäufer und Käuferzum Zwecke
des Abschlusses von Handelsgeschäften, die an anderer Stelle und zu anderer Zeit zu erfüllen sind, sich be-gegnen." Das
Wort
Börse pflegtman
in verschiedener Bedeutung zu gebrauchen; entweder zur Bezeichnung des Ortes, andem
dieVersammlungen
stattfinden oderman
nennt „Börsen" bestimmte Arten von Versamm-lungen der Großhändlerund
Spekulanten etc.Auch
in
dem
Sinne von Börsenbesucher wird dasWort
Börse gebraucht;
man
sprichtvon Haltung,Stimmung
und Tendenz der Börse.Wir
haben es hier mit der zweiten Bedeutung desWortes
zu tun.Darum
kanndie Definition nicht klar werden, w^enn
man
so eng an den Versammlungsort anknüpft, wie dies Beigel tut.—
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In einer späteren Definition knüpft er nicht
mehr
in der Weise an den konkreten Ort an: „Börse ist
der Markt, an welchem Nachfrage und Angebot be-stimmter Gattungen von
Werten
sich gegen einander im Streben nachAusgleich abwägen, wobeider Durch-schnittspreis derWerte
festgestellt und Abschlüsse aufGrund
dieser Preise betätigt werden, und als Re-sultat den Preis oder Kurs der Güter ergeben." Esistan andererStelleausgeführtworden, daß die Börsen keine Märkte, sondern gewissermaßen Kinder des Marktes bezw. der Messe sind. Der von
Beigel
an Markt angeknüpfte einschränkende Relativsatz speziali-siert und berichtigt allerdings seinen „Markt".Im
üb-rigen braucht nicht noch einmal gesagt zu werden, daß die Kursfestsetzung keinMerkmal
ist. Dasselbegilt aber auch von der Preisbildung, mit der Beigel
operiert. Beides, Notierungen
und
Preisbildungen, sind Folgeerscheinungen einer Börse.Das
siehtman
insbesondere ausderEntstehungsgeschichtederBörsen,
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daraus, wiebeidenUrbörsennursehrvereinzelt eine Kursfestsetzung stattfandund
andererseits, wie die Preisbildung ursprünglich nur lokal, wie sie mitdem
intensiver werdenden Wirtschaftsleben und
dem
zu-nehmenden
Geschäftsverkehr nationalund international wirkt. Jedes Geschäft ohne Ausnahme, beidem
ein Preis verabredet wird, ist geeignet, einen Einfluß auf andere gleichartige Geschäfte auszuüben. Irrtümlich bezeichnetBeigel und
einige andere Autoren denUmstand
als ein wichtigesMerkmal
der Börse, daßdie beim Handeln sich ergebenden Preise eine Ein-wirkung auf denHandelsverkehr außerhalb der Börse äußern. Der Reichsgerichtssenatspräsident
Wiener
geht sogar soweit, daß er sagt, als Börse sei jede
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Zusammenkunft
zu betrachten, die einen Einfluß auf die Preisbildung ausübe. Hiernach wärejedes zufälligeZusammentreffen von zwei oder