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Wasserkraft in Zukunft: Bedürfnisse und Heraus - for derungen am Beispiel Prättigau

Im Dokument FORUM f ü r W i s s e n 2012 (Seite 59-63)

Gian Paolo Lardi

Repower AG, Via da Clalt 307, CH-7742 Poschiavo gianpaolo.lardi@repower.com

1 Die Repower AG

Repower ist eine international tätige Energieunternehmung mit Hauptsitz in Poschiavo / Graubünden. Sie ist in den Schlüsselmärkten Schweiz, Itali-en, Deutschland und Rumänien sowie auf der ganzen Strom-Wertschöp-fungskette tätig: Repower produziert Strom in eigenen Wasser-, Wind- und Gaskraftwerken, handelt mit Strom, beliefert Endkunden und unterhält in der Schweiz ein Verteilnetz. Tra-ding-Stützpunkte befinden sich in der Schweiz, in Italien und in Tschechien.

Darüber hinaus ist Repower im Gas-geschäft tätig. Repower erzielte 2011 eine Gesamtleistung von rund 2,5 Mia.

CHF. Die Gruppe beschäftigt rund 750 Mirarbeite rinnen und Mitarbeiter, wel-che an mehreren Standorten in Grau-bünden, in Zürich, Mailand, Dortmund, Bukarest und Prag arbeiten.

2 Wasserkraftnutzung im Prättigau

Prättigau und Wasserkraft: zwei Begrif-fe, die seit dem Bau der drei Kraft-werkstufen Klosters-Küblis,

Davos-Klosters und Schlappin durch die AG Bündner Kraftwerke in den 1920er Jahren eng miteinander verbunden sind. In den Jahren 1919 bis1922 wurde die Stufe Klosters-Küblis – KW Küblis – gebaut. Von 1923 bis 1925 folgte die Stufe Davos–Klosters – KW Klosters – und 1927/28 die Anlage Schlappin – KW Schlappin.

Zwischen März und Dezember 2005 wurde der Maschinensaal der Zen-trale Küblis komplett erneuert sowie die sechs Maschinen durch zwei neue ersetzt. Im Mai 2011 ging eine neue Anlage, das KW Taschinas der Repow-er AG, ans Netz.

Wie bei allen Alpenflüssen gehen die Abflussmengen des Prättigauer Talflus-ses Landquart im Winter stark zurück.

Die wasserwirtschaftliche Nutzung des Davosersees als Winterspeicher durch Seespiegelabsenkung und Überleitung in das Prättigau bietet deshalb eine vorteilhafte Lösung zur Erhöhung der Winterenergie. Die Wassermengen des gesamten Einzugsgebietes schwan-ken zwischen 1,6 m3/s bei äusserstem Niederwasser in trockenen Jahren und etwa 170 m3/s bei maximalem

Hoch-Abb. 1. Versorgungsgebiet Prättigau/Rheintal; Quelle: Repower AG.

Repower ist u.a. im Prättigau und Rheintal als Verteilnetzbetreiberin und Stromprodu zentin tätig. Die dort betriebenen Hauptanlagen wurden vor etwa 90 Jahren gebaut. In den letzten zehn Jahren wurden die Anlagen neu konzessi-oniert, saniert und zum Teil neu gebaut – Investitionsvolumen von mehr als 150 Mio. Franken. Bis vor wenigen Jahren waren die technischen Herausforderungen, um die Anlagen sicher zu betreiben, nicht besonders gross. Aufgrund von Umwelt-katastrophen, wie zum Beispiel Tschernobyl und Fukushima, und aufgrund des beschleunigten Klimawandels hat sich die Energiepolitik weltweit massiv verän-dert. In der Schweiz sind die Eckwerte der Energiestrategie 2050 definiert worden, deren wichtigste Ziele sind: Reduktion der CO2-Emissionen, Erhöhung der Ener-gieeffizienz, Reduktion des Energieverbrauchs, Steigerung des Anteils erneuerba-rer Energien, mittelfristiger Ausstieg aus der Atomenergie. Um diese Ziele errei-chen zu können, sind Förderprogramme auf Bundes- und Kantonsebene definiert worden, dank welcher mehr Häuser saniert, ineffiziente Heizungsanlagen ersetzt und neue Produktionsanlagen für erneuerbare Energie gebaut werden.

Diese Massnahmen haben einen Einfluss auf die maximal produzierte elektrische Energie sowie auf die maximal verbrauchte Energie. Daraus entsteht die Gefahr, dass die bestehenden elektrischen Einrichtungen überlastet werden und dass es deshalb zu Versorgungsunter brüchen kommt. Die Folgen daraus können bekannt-lich gravierend sein.

mehr als doppelt so viel, wie im Rest der Schweiz.

Heute kommt die Netzinfrastruktur im Prättigau bei Verbrauchsspitzen an wenigen Tagen im Jahr – Weihnachten bis Neujahr – an die Grenze der Lei-tungskapazität. Es gibt drei Ursachen dafür, weshalb die Netzbelastung ste-tig steigt: erstens mehr Konsum, also mehr Stromverbrauch. Zweitens mehr marktbedingte Schwankungen und drittens mehr erneuerbare Energien im Netz. Letztere sind zudem weni-ger berechenbar, da sie unregelmäs-sig anfallen. Um die Gefahr möglicher Engpässe zu minimieren, müssen die Kapazitätsgrenzen erhöht werden, was letztendlich über das Netzentgelt den Kunden belastet wird. In Zukunft ist es Repower-Ver sorgungsgebiet weiterhin

zunehmen werden. Die Hauptgrün-de dafür sind einerseits die Zunahme an Elektromobilität, wie zum Beispiel die Einführung des Halbstundentakts zwischen Zürich und Chur sowie die Zunahme auf dem RhB-Streckennetz, andererseits die Umstrukturierung von Heizanlagen. Heutzutage wird im Prät-tigau in etwa 60 Prozent der Haushal-te mit Öl geheizt, nur 4 Prozent hei-zen mit einer Wärmepumpe. Der Trend zeigt ganz klar, dass die alten Ölhei-zungen durch moderne Wärmepump-anlagen ersetzt werden. In den letzten Jahren konnte bewiesen werden, dass in den Ferienregionen eine Spitzenleis-tungszunahme von bis 4 Prozent pro Jahr erreicht wurde (Abb. 3). Das ist wasser. Während sechs Monaten ist

eine Abflussmenge von 5,6 m3/s im Mit-tel vorhanden.

Die produzierte elektrische Energie hängt direkt von der turbinierten Was-sermenge ab. Die Schwankungen zwi-schen Winter und Sommer sind sehr gross. Im Sommer wird bis zu 12-mal mehr produziert als im Winter.

3 Verteilnetz und

Versorgungssicherheit (Verbrauch)

Die Hochspannungsversorgung im Prättigau erfolgt ab den Unterwerken Sarelli und Filisur. Zwischen Sarelli und Küblis sind zwei, zwischen Küb-lis und FiKüb-lisur ist eine Hochspannungs-freileitung vorhanden. Die Kapazität dieser Leitungen ist auf rund 50 MW pro Leitung begrenzt. Acht Unterwer-ke, 245 Trafostationen und 551 Verteil-kabinen, verteilt zwischen Landquart und Klosters, sorgen dafür, dass dem Endkunden via Kabel und Freileitun-gen elektrische Energie zu jeder Zeit bei jedem Anschluss in der gewünsch-ten Menge und Qualität zur Verfügung steht.

Hier einige wichtige Zahlen zu den Hauptanlagen des Verteilnetzes im Versorgungsgebiet:

Ausspeisepunkte 2

Unterwerke 8

Einspeisepunkte (Kraftwerke) 4

Trafostationen 245

Verteilkabinen 551

Hochspannungsfreileitungen 72 km

Hochspannungskabel 20 km

Mittelspannungsfreileitungen 85 km Mittelspannungskabel 166 km Niederspannungsfreileitungen 72 km Niederspannungskabel 645 km

Die in der Region nachgefragte Ener-gie schwankt zwischen Sommer und Winter massiv. Im Winter wird bis zu fünfmal so viel Strom verbraucht als im Sommer. Tourismus sowie sehr tie-fe Tempe raturen sind die Hauptgründe für dieses Phänomen. Es ist davon aus-zugehen, dass sowohl die verbrauchte Energie als auch die Spitzenleistung im

[MW]

70 60 50 40 30 20 10 0

Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.

Produktion Prättigau, Tagesmittel Verbrauch Prättigau, Tagesmittel Abb. 2. Produktion und Verbrauch 2011 im Versorgungsgebiet Prättigau/Rheintal. Quelle:

Repower AG.

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2012 [MW]

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Abb. 3. Lastspitzentendenz (1/4 h) Versorgungsgebiet Prättigau/Rheintal. Quelle: Repower AG.

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schen zusätzlicher Energieproduktion – über 200 GWh – sowie Eingriffen in die Umwelt wäre schweizweit eines der vorteilhaftesten.

Generell besteht für die Wasser-kraft in der Schweiz die Gefahr einer Überregulierung, welche es Betreibern bestehender Kraftwerke erschwert, ihre Anlagen zu erneuern bzw. zu erweitern sowie Investoren für neue Projekte zu finden, da sich allein über den Marktpreis die Anlagen oftmals nicht wirtschaftlich betreiben lassen.

6 Bedürfnisse und Heraus-forderungen

Wie vorstehend erwähnt, ist in Grau-bünden die produzierte Energie im Sommer sehr hoch und die verbrauchte Energie sehr klein. Im Winter hinge-gen ist es hinge-genau umgekehrt: Die Pro-duktion ist sehr gering und der Bedarf sehr hoch. Die elektrischen Einrich-tungen sind so ausgelegt, dass sie die maximalen Verbrauchsspitzen als auch die maximalen Produktions spitzen aufneh men können. Als Folge der neu-en Energiepolitik sowie der verschie-denen Förder modelle werden die Ver-brauchsspitzen in den nächsten Jahren zunehmen, zum Beispiel wegen dem Ersatz von Ölheizungen durch Wärme-pumpen, und zwar genau dort, wo sie am höchsten sind.

Wenn nichts unternommen wird, ist die Gefahr einer Überlastung der elek-trischen Komponenten bis hin zum Versorgungsunterbruch hoch. Dank intelligenter Stromnetze, Smart Grids, werden in Zukunft dezentrale Erzeu-ger und Verbraucher gesteuert wer-den können. Verbraucher – vor allem Grossverbraucher, welche sich diese Flexibilität in ihren Energielieferver-trägen honorieren lassen – werden vom Netz genommen, wenn Verbrauchs-Netzüberlastungen eintreten. Die glei-chen Verbraucher werden zugeschaltet, wenn Produktions-Netzüberlastungen eintreten. Mit dieser Technologie kön-nen regionale Versorgungsengpässe vermieden werden.

Auf interregionaler / nationaler Ebe-ne könEbe-nen die intelligenten StromEbe-net- Stromnet-ze die Probleme der Versorgungseng-pässe und der dezentralen Einspei-sung nicht lösen. Nur mit Hilfe grosser Neben rückläufigen Preisen kommen

somit die benötigten PumpSpeicher-kraftWerke – das Projekt Lagobianco gehört ebenfalls in die Kategprie der PSW – auch seltener zum Einsatz, denn während der Nachfragespitzen über die Mittagszeit ist jetzt an Sonnenta-gen reichlich Solarstrom verfügbar. Mit der Konsequenz, dass die PSW weniger laufen und in der vormals lukrativsten Zeit jetzt nur noch geringes Deckungs-beitragspotenzial aufweisen. Vor allem neue Kraftwerke, welche sich noch in der Finanzierungsphase befinden, wären in dieser Situation nicht mehr in der Lage, ihre Vollkosten zu decken. In der Folge können die Kraftwerke nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden.

In diesem Zusammenhang muss auch der deutsche Kapazitätsaufbau von 60 000 MW installierter Leistung für Sonnen- und Windenergieerzeu-gungsanlagen bei gesicherter Leistung von 320 MW – niedrigste Einspeisung in einer windstillen Sommernacht 2012 – beachtet werden. Dennoch gibt es im Moment für Investitionen in Aus-gleichskapazitäten keine Investitions-anreize mehr, da die Marktpreise die Knappheit nicht ausreichend reflek-tieren. Es wird somit eine grosse Her-ausforderung sein, neue grosse Wasser-kraftanlagen wie das Pumpspeicher-kraftwerk Lagobianco wirtschaftlich zu bauen und zu betreiben.

Im April 2012 hat Repower mitge-teilt, dass das Kraftwerkprojekt Chlus einer Überprüfung unterzogen werde, weil die frühere Konzeption der Anla-ge KostenfolAnla-gen hätte, welche die Wirt-schaftlichkeit in Frage stellen würden.

In der Zwischenzeit hat Repower ein intensives Variantenstudium durchge-führt und Optimierungsmöglichkeiten geprüft. Diese Arbeiten haben nun zu einer Projektvariante geführt, die wirt-schaftlich besser abschneidet, ohne die ökologischen Vorteile des ursprüngli-chen Projekts in Frage zu stellen. Das veränderte Projekt sieht weiterhin vor, das bereits im Kraftwerk Küblis turbi-nierte Wasser mittels eines Druckstol-lens talauswärts zu führen. Die Kraft-werkzentrale ist neu aber nicht mehr in der Chlus bei Landquart, sondern in Trimmis vorgesehen. Unverändert soll zusätzlich Wasser in der Landquart und in drei Seitenbächen gefasst wer-den (Arieschbach, Furnerbach und Schranggabach). Das Verhältnis zwi-über intelligente Netzwerktechnolgie

auch denkbar, dass der Kunde Anreize erhält, dann zu konsumieren, wenn der Strom im Übermass vorhanden ist, und weniger zu konsumieren, wenn es zu wenig Strom hat.

4 Energiegesetz und erneuerbare Energien

Der Bund verfolgt mit seiner energie- und klimapolitischen Zielsetzung eine Reduktion des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen sowie eine signi-fikante Steigerung des Anteils erneu-erbarer Energien. Schweizweit werden Sanierungsprogramme und Fördermo-delle eingeführt.

Mit der Revision des Energiegeset-zes im Jahr 1998 wurde ein Modell zur Förderung der erneuerbaren Energi-en, auch kostendeckende Einspeisever-gütung KEV genannt, eingeführt. Die Vergütung ist für Stromerzeugung aus Wasserkraft, Photovoltaik, Windener-gie, Geothermie, und Biomasse vorge-sehen.

Im Prättigau wurden in den letzten Jahren, auch dank der Fördermodel-le, sehr viele Photovoltaik-Anlagen (PV) gebaut (etwa +100 Prozent pro Jahr). Diese PV-Anlagen sind meistens auf Dächern montiert und produzie-ren Strom, wenn die Sonne scheint, und nicht zwingend, wenn Nachfrage danach besteht.

5 Wasserkraft in Zukunft Da die europäischen Energiemärkte immer enger zusammenwachsen, lohnt sich zur Zukunftsbeurteilung auch der heimischen Wasserkraft ein Blick in den ebenfalls von der Umstellung der Energieerzeugung geprägten deut-schen Markt.

Die erneuerbaren Energien, deren Vollkosten in Deutschland ausserhalb des Marktes über das EEG (Erneu-erbare Energien Gesetz) finanziert werden, speisen ihren Strom gratis in den Markt ein. Dies führt zu einem Verfall der Strompreise an der Leip-ziger Strombörse EEX, welche auf-grund ihrer Liquidität auch für den Schweizer Markt eine Leitwirkung hat.

Pumpspeicherwerke können die fluk-tuierenden Einspeisungen ausgeregelt werden, indem sie die Überschusspro-duktion im Pumpbetrieb aufnehmen.

Diese gespeicherte Energie wird im Turbinenbetrieb wieder ins Netz einge-speist, wenn der Energieverbrauch die Strom produktion übertrifft. Somit wird aus erneubarer Energie zum falschen Zeitpunkt nutzbare Energie zum rich-tigen Zeitpunkt.

Die grosse Herausforderung wird somit sein, zum richtigen Zeitpunkt in den richtigen Anlagentyp mit der rich-tigen Technologie und am richrich-tigen Ort investiert zu haben.

Abstract

Hydropower Prättigau: Needs and Challenges

Repower’s operations include running a distribution grid and generating electricity in the Prättigau and Rhine Valley. The main facilities run by the company in these areas were built around 90 years ago. In the last ten years the plants have been refranchised, refurbished and in some cases rebuilt (involving investment of more than CHF 150 million). Until recently the technical challenges of running these plants were not particularly serious.

But there have been huge changes in energy policy all over the world in the wake of environmental disasters such as Chernobyl and Fukushima and rapid climate change. Switzerland has now laid the cornerstones of a 2050 energy strategy, with the following main aims: Reducing CO2 emissions, Boosting energy efficiency, Reducing energy consumption, Raising the share of renewables, Phasing out nuclear power in the medium term.

To help reach these goals, programmes have been defined at both federal and cantonal level designed to renovate more buildings, replace inefficient heating systems and build new renewable generation facilities.

These measures will affect the maximum amount of electrical energy produced and consumed. The risk is that existing electrical installations will be overloaded, leading to potential power blackouts, which as we all know can have very serious consequences indeed.

Keywords: distribution grid, Prättigau and Rhine Valley, technical challenges, energy policy, energy strategy, potential power blackouts

Forum für Wissen 2012: 61–68 61

Relevante Aspekte aus dem Nationalen

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