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Hydrologische Vorhersagen Im Rahmen des NFP61 «Nachhaltige

Im Dokument FORUM f ü r W i s s e n 2012 (Seite 24-28)

Vorhersage und Szenarien von Schnee- und Wasserressourcen im Alpenraum

4 Hydrologische Vorhersagen Im Rahmen des NFP61 «Nachhaltige

Wassernutzung» (LeiBundgut 2010) werden Methoden erarbeitet, welche potentiellen Endnutzern (kruse et al.

lichen Rückgang der Schneeakkumula-tion im Winter. Dies wird sichtbare Fol-gen auf die Abflussregimes mittelgros-ser alpiner Gebiete der Schweiz haben (köpLin et al. 2010). Letztere dürften in der zweiten Szenarioperiode ein früheres und schwächeres saisonales Abflussmaximum aufweisen und dafür höhere Abflussspenden im Winterhab-jahr zur Folge haben, wie Abbildung 4 am Beispiel des Einzugsgebietes der

Tab. 2. Natürlicher Wasserhaushalt der hydrologischen Schweiz für die Kontrollperiode und der beiden Szenarioperioden. P: Niederschlag; ET: Verdunstung; R: Abfluss; SNOW: Schnee-schmelze (Bernhard und zappa 2012).

Periode P ET R SNOW

1980–2009 [mm/Jahr] 1415 454 977 408

2021–2050 [mm/Jahr] 1434 458 988 345

Veränderung [ %] 1,4 % 1,0 % 1,1 % –15,6 %

2070–2099 [mm/Jahr] 1409 457 967 251

Veränderung [ %] –0,4 % 0,7 % –1,1 % -38,6 %

Abb. 3. Projektionen für die Klimatologie der Tagesmittelwerte der Schneespeicherung [mm] für die gesamte Schweiz. In Schwarz die Kon-trollperiode 1981 bis 2010, in Farbe die zehn Klimaszenarien (links: 2021 bis 2050; rechts: 2070 bis 2099)

Abb. 4. Projektionen für die Klimatologie der Tagesmittelwerte des Abflusses [m3s-1] für das Einzugsgebiet der Landwasser (bei Davos). In schwarz die Kontrollperiode 1981 bis 2010, in Farbe die zehn Klimaszenarien (links: 2021 bis 2050; rechts: 2070 bis 2099).

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Zum Zeitpunkt der Initialisierung der Vorhersage (8. September 2012) liegen die errechneten Wasserressour-cen knapp über dem Median (50 % Perzentil) der Modellklimatologie. In den fünf Folgetagen ist die Fortsetzung dieses Trends sehr wahrscheinlich. Nur für den fünften Tag der Vorhersage zei-gen die 16 Varianten eine gewisse Unsi-cherheit betreffend der möglichen Ent-wicklung.

4.3 Langfristvorhersagen

Was sich in der Hochwasserprogno-se gut bewährt hat, muss nicht unbe-dingt auch für die Vorhersage von Was-serressourcen gelten. Falls sich eine ungünstige Situation ankündigt, genügt für die meisten Nutzer eine 5-Tages Prognose bezüglich der Wasserres-sourcen bei weitem nicht, um effekti-ve Massnahmen ergreifen zu können.

Darum prüfen wir neuerdings, ob unse-re Vorhersagen auch mit längeunse-rer Vor-laufzeit (z. B. einem Monat) zu realisie-ren sind. Dazu wird aus den aktuellen liert. Eine solche Vorhersage besteht

aus der Kopplung einer bis zur aktu-ellen Stunde nachgeführten Simulation der Hydrologie eines Einzugsgebietes (inkl. Hochwasserdisposition in Form eines gesättigten Bodenspeichers) mit 16 unterschiedlichen Vorhersagen des Wettergeschehens für die kommen-den 120 Stunkommen-den, kommen-den sogenannten COSMO-LEPS Vorhersagen (zap

-pa et al. 2008; zappa und Vogt 2007).

Für die kurzfristige Einschätzung der wahrscheinlichen Wasserressourcen in der Schweiz wurden die operationel-len Simulationen mit PREVAH und COSMO-LEPS (für Limited Area Ensemble Prediction System) in die im Rahmen von CCHYDRO realisier-ten Modell-Klimatologien der Was-serressourcen der Schweiz eingebettet (Abb. 7).

Im gezeigten Beispiel (Abb. 7) ist zu erkennen, dass die gesamten im Ein-zugsgebiet der Thur mobilisierbaren Wassermengen in den ersten Tagen der Simulation zuerst deutlich gestiegen und in den folgenden Tagen kontinu-ierlich gesunken sind.

Tagen nicht aus. Darum werden derzeit vier unterschiedliche beobachtungs- und modellgestützte Methoden mit Zeithorizonten von bis zu 120 Tagen untersucht. Abbildung 5 zeigt schema-tisch wie drei unterschiedliche, modell-basierte Systeme für die Vorhersage hydrologischer Grössen konfiguriert sind. Die einzelnen Experimente sind in den Unterkapiteln 4.2 bis 4.4 näher erklärt.

4.1 Klimatologische Einordnung Wenn keine operationellen Model-le verfügbar sind, kann man die Was-serressourcen anhand von Messungen, zum Beispiel dem Füllstand eines Stau-sees oder dem Stand eines Grundwas-serpegels, abschätzen.

Am besten kann man einen Mess-wert in Bezug auf eine langjährige homogene Messreihe einordnen. In der Schweiz kann man dank dem Archiv des Bundesamts für Umwelt sehr lan-ge Abflusszeitreihen analysieren (Abb.

6). Auch für Schneeressourcen gibt es Verfahren zur Einordnung der aktu-ellen Schneemengen (Jonas in diesem Band).

4.2 Mittelfristvorhersagen

Seit der Realisierung des MAP D-PHASE Experimentes im Jahr 2007 (zappa und Vogt 2007) haben sich Mittelfristvorhersagen mit Zeithori-zont von 120 Stunden als Standard-methodik zur Früherkennung kriti-scher Hochwassersituationen

etab-Abb. 5. Konfiguration von hydrologischen Vorhersagesystemen mit unterschiedlichem Zeit-horizont. Ausgehend von einer Simulation mit aktuellen Daten können probabilistische Vorhersagen realisiert werden. Das hydrologische Modell kann für die Folgetage mit dem Input von numerischen Wettermodellen oder vergangenen Zeitreihen integriert werden.

Detailangaben sind im Haupttext enthalten.

Abb. 6. Links: Klimatologie (1933–2008, farbige Flächen im Hintergrund) und aktuelle Messung (ausgezogene Linien) des mittleren tägli-chen Abflusses des Rheins bei Rheinfelden. Rechts: Dauer der hydrologistägli-chen Trockenheit in Tagen (gemessener Abfluss < saisonales 15%

Quantil) für ausgewählte Einzugsgebiete der Schweiz. Die Karte zeigt die Situation nach der längeren Hitzeperiode im August 2012.

Anfangsbedingungen eine Langfrist-vorhersage (operationell mit 31 Vari-anten, retrospektiv mit fünf Varianten) gestartet. Die Daten dazu werden vom Europäischen Zentrum für mittelfris-tige Wettervorhersage ECMWF (Pro-dukt VAREPS) zur Verfügung gestellt (Vitart et al. 2008). FundeL et al.

(2012) haben gezeigt, dass Abfluss-vorhersagen im Niedrigwasserbereich (Abfluss kleiner als das 15 %-Perzentil der Modellklimatologie) für die Nutzer einen Mehrwert auch für einen Vorher-sage-Zeitraum von über 20 Tagen auf-weisen. Der Mehrwert der Vorhersage von erhöhten Abflüssen (Abfluss grös-ser als die 85%-Perzentil der Modell-klimatologie) zeigt dagegen eine nied-rige Qualität bereits für Vorhersa-gen mit Zeithorizonten von knapp 10 Tagen.

Abbildung 8 zeigt, dass zudem bes-sere Vorhersagen erzielt werden, wenn die Anfangsbedingungen gut an die reale aktuelle Situation angepasst sind. Im Allgemeinen ist es erfolgver-sprechender, eine Langfristvorhersa-ge für Speicherzustände zu Langfristvorhersa-geben, die eine hohe Persistenz und ein langes

Abb. 7. Klimatologie (Tagesmittelwerte von 1980 bis 2009, farbige Flächen im Hintergrund) und aktuelle Simulation (durchgezogenen Linie) sowie Boxplots für 5-Tage Vorhersagen ab 8. September 2012 der gesamten Wasserressourcen im Einzugsgebiet der Thur werden gemeinsam dargestellt.

Abb. 8. Güte (2AFC-Kriterium, gut wenn > 0.5) von Monatsvorhersagen von erhöhten Abflüssen (Q85, >85% Perzentil der Klimatologie, gestrichelte Linien) und Niedrigwasser (Q15, <15% Perzentil der Klimatologie, ausgezogene Linien) mit PREVAH und ECMWF-VAREPS. Die Auswertung wird zudem separat für Fälle mit besseren (dunkelgraue Flä-chen) und schlechteren (hellgraue FläFlä-chen) Anfangsbedingungen dargestellt (FundeL et al.

2012).

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Beobachtungen realisierten Vorher-sage, muss zweckmässig früher oder später den Median der Klimatologie erreichen. Je grösser die Abweichung vom Median bei der Initialisierung der Vorhersage, desto länger wird es vor-aussichtlich dauern, bis diese Bedin-gung erfüllt wird. Im in Abbildung 10 gezeigten Beispiel berührt der Medi-an der Projektion den MediMedi-an der Kli-matologie erst 80 Tage nach dem Start der Simulation. Interpretationsbeispiel:

Das Wasserdefizit dürfte deshalb noch die Bestimmung der in Abschnitt 2

beschriebenen Modellklimatologie benutzt wurde.

Ein solches Modell zeigt zum Bei-spiel, wie schnell sich ein System aus einer aktuell kritischen Situation erho-len könnte. Im Winter 2010/2011 ist wenig Schnee gefallen, und das Früh-jahr 2011 war sehr trocken. Im Ein-zugsgebiet der Thur entstand ein Defi-zit in den Wasserressourcen von über 100 mm (Abb. 10). Der Median, der unter Verwendung von vergangenen Gedächtnis aufweisen. Dies gilt zum

Beipsiel für den Grundwasserspeicher, die Bodenfeuchte und die Schneeres-sourcen.

In Abbildung 9 ist eine retrospek-tive Vorhersage für eine Niedrigwas-serperiode im August 2003 dargestellt.

Der Rhein in Neuhausen wies anfangs August 2003 bereits eine niedrige Wasserführung auf. Die fünf berech-neten Vorhersagen für den Folgemo-nat ergaben kein Zeichen, dass sich die Abflussspenden bei diesem für die Rheinschifffahrt sehr wichtigen Kont-rollpunkt erholen würden. Solche Vor-hersagen dürften von Nutzen sein, um beispielsweise die Lademengen der Frachtschiffe zu dimensionieren.

4.4 Klimatologische Vorhersagen Eine weitere Variante zur langfristigen Einschätzung der Wasserressourcen ist die Verwendung von klimabasierten Vorhersagen (Abb. 5 und Abb. 10). Sol-che Vorhersagen geben Antwort zum Beispiel auf die häufig gestellte Frage:

«Wie wird sich jetzt die Lage entwi-ckeln, falls sich ein Sommer wie 2003 wiederholen würde?». Dafür wird zur Vorhersage für die folgenden Wochen (120 Tage in unserer spezifischen Kon-figuration, Abb. 5) das Wettergesche-hen aus den ZeitreiWettergesche-hen der Jahre 1981 bis 2010 verwendet, welches auch für

Abb. 9. Retrospektive Monatsvorhersage des Niedrigwasserabflusses des Rheins bis Neu-hausen für die kritische Phase des Hitzesommers im August 2003. Die Vorhersagen basieren auf den Anfangsbedingungen vom 30. Juli 2003. Sämtliche Vorhersagen (rote Linien) deute-ten darauf, dass während der folgenden 25 Tage keine Erholung von dieser kritischen Situa-tion zu erwarten war. Die Messungen (blaue Linie) bestätigten diese Voraussage. Die gestri-chelten Linien zeigen von unten nach oben das 1 %-, 10 %-, 50 %-, 90 %- und 99 %-Perzentil der Modellklimatologie.

Abb. 10. Wasserdefizit im Mai 2011. Simulation (violette Grundlinie) für das Einzugsgebiet der Thur bis zum 2. Mai 2011 und Projektion für die 120 Folgetage (Box Plots). Die Box Plots (definiert durch Minimum, 25 %, 50 %, 75 % und Maximum) fassen 30 Szenarien zusammen, welche auf dem tatsächlich vorgekommenen 120-Tage-Wetterverlauf der Jahre 1981 bis 2010 beruhen. Dargestellt ist die aktuelle und proji-zierte Abweichung der gesamten Wasserressourcen im Gebiet zum Median der Klimatologie für die Periode 1980 bis 2009 (farbige Flächen im Hintergrund). Rot: Defizit gegenüber Median. Blau: Suffizit gegenüber Median.

für Umwelt für die Bereitstellung der Grundlagendaten. Dr. Thomas Boss-hard (ETH) unterstützte uns bei der Bereitstellung der Klimafolgeszenari-en. Andreas Linsbauer (UNI Zürich) hat die Gletscherszenarien realisiert.

Mina Ossiaa (WSL) hat mehrere Skripte zur Visualisierung der Ergeb-nisse und die Webseite http://hydro.slf.

ch/sihl/cchydro/ programmiert.

6 Literatur

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BAFU, BWG, MeteoSchweiz, 2004: Auswir-kungen des Hitzesommers 2003 auf die Gewässer. Bern, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft. Umwelt Nr. 369:

174 S.

BezzoLa, g.r.; hegg, C. (Hrsg.), 2008:

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Bosshard, t.; kotLarski, s.; ewen, t.;

sChär, C., 2011: Spectral representation of the annual cycle in the climate change signal. Hydrol. Earth Syst. Sci. 15: 2777–

2788.

Bernhard, L.; zappa M., 2012: Klimaän-derung und natürlicher Wasserhaushalt der Grosseinzugsgebiete der Schweiz.

Schlussbericht zum Projekt Klimaän-derung und Hydrologie in der Schweiz (CCHydro). Birmensdorf, Eidg. For-schungsanstalt WSL.

CH2011, 2011: Swiss Climate Change Scenarios CH2011, published by C2SM, MeteoSwiss, ETH, NCCR Climate, and OcCC. Zurich: 88p. ISBN 978-3-033-03065-7.

tigkeit und der Schneeressourcen. In der Forschung weit verbreitet sind neu-erdings Assimilationsverfahren, welche den sogenannten Ensemble Kalman Filter (eVensen 2009) verwenden.

Die Grundlagen von CCHYDRO kön-nen auch verwendet werden, um wei-tere Fragenstellungen anzugehen. ray

-Mond-praLong et al. (2011) haben mit Zukunftsszenarien die Entwicklung der Sedimentfracht im Gerinne für vie-le Wasserfassungen im Wallis berech-net und Erkenntnisse über die Verlan-dung der Stauseen in den kommenden Jahrzehnten gewonnen.

Ein weiterer offener Aspekt ist die Integration des Landschaftwandels in der Simulation des hydrologischen Kreislaufes. Bisher reduzierte sich die-ser Aspekt auf die Integration von Gletscherschwundszenarien. Dazu hat sChattan (2012) bereits eine ers-te Studie verfasst, welche die Einweg-Kopplung von PREVAH mit dem Wald-Landschaft Modell TREEMIG (LisChke et al. 2006) untersucht und die Folgen der Waldentwicklung auf Abfluss, Bodenfeuchte und Verduns-tung analysiert.

Die WSL betrachtet das Thema

«Schnee- und Wasserressourcen» als eines der Themen, welches sie in den kommenden Jahren fokussiert untersu-chen will. Ziel der Forschung soll u.a.

eine Informationsplattform sein, wel-che eine Grundlage für ein verbesser-tes Management von Wasserressourcen in der Schweiz und im alpinen Raum darstellen soll. Durch eine solche Informationsplattform könnten künf-tig zahlreiche Forschungs- und Moni-toring-Aktivitäten kombiniert werden, womit unseren Endnutzern eine wert-volle Dienstleistung erbracht werden könnte. Ein Kernstück dieses Dienstes dürften benutzerfreundliche Produkte zur saisonalen Vorhersage von Wasser-ressourcen sein.

Dank

Unsere Forschungsarbeiten wurden vom Bundesamt für Umwelt (Pro-jekt CCHydro) und dem Schweizeri-schen Nationalfonds (NFP61-Projekt DROUGHT-CH) finanziert. Wir dan-ken dem EU FP6 Projekt ENSEMB-LES (Vertragsnummer 505539), der MeteoSchweiz und dem Bundesamt mehrere Wochen andauern. In der Tat

regnete es anfangs Juli 2011 recht kräf-tig, weshalb sich die kritische Situation schneller entspannte, als man dies kli-matologisch hätte erwarten können.

5 Schlussfolgerungen und

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