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Herausforderungen und Ziele für die Schweizer Wasser- Wasser-wirtschaft der Zukunft

Im Dokument FORUM f ü r W i s s e n 2012 (Seite 45-51)

Hugo Aschwanden

Bundesamt für Umwelt (BAFU), Sektion Gewässerbewirtschaftung, CH-3003 Bern hugo.aschwanden@bafu.admin.ch

Die grossen Wasserreserven bleiben der Schweiz auch in Zukunft erhalten, hin-gegen kann sich deren saisonale und räumliche Verteilung markant ändern. Dies erfordert eine Wasserwirtschaft, welche die Fragestellungen Sektoren übergrei-fend und in grösseren räumlichen Bezugseinheiten – vorzugsweise im Einzugs-gebiet – angeht. Die Anpassungsstrategie des Bundesrates an den Klimawandel identifiziert die Handlungsfelder und definiert die Ziele für die zukünftige Wasser-wirtschaft Schweiz. Um diese zu erreichen, müssen die Wasserressourcen und die dazugehörenden Infrastrukturen bewirtschaftet werden. Diese Bewirtschaftung orientiert sich an langfristigen Zielen und erfolgt in einem kontinuierlichen Zyk-lus von Planungs-, Umsetzungs- und Überwachungsprozessen. Partizipation und transparente Abwägungsmechanismen gewinnen an Bedeutung.

1 Wasserressourcen

Die Schweiz verfügt über grosse Was-serressourcen: Gletscher rund 58 000 Mio. m3, natürliche Seen 130 000 Mio.

m3, Grundwasser etwa 150 000 Mio. m3 (davon etwa 10 % jährlich erneuerbar), Stauseen 4000 Mio. m3; die Schneere-serven im Frühjahr belaufen sich im Durchschnitt auf etwa 5000 Mio. m3. Obwohl die Schweiz nur 0,4 Prozent der Fläche Europas einnimmt, sind dies rund fünf Prozent der Wasservor-räte Europas. Auf dem Territorium der Schweiz lagern nicht nur ausserordent-lich grosse Reserven von Wasser, diese werden auch immer wieder durch riesi-ge Menriesi-gen von Niederschlag erneuert (rund 60 000 Mio. m3 pro Jahr). Nach Abzug der Verdunstung stehen den acht Millionen Einwohnern im Inland heute pro Kopf und Jahr rund 5100 m3 erneuerbares Wasser zur Verfügung, etwa dreimal so viel wie im weltwei-ten Durchschnitt (sChädLer 2012). Die Schweiz und insbesondere die Alpen spielen für die Wasserversorgung der benachbarten und tiefer liegenden Regionen eine zentrale Rolle. So trägt der Rhein bei Basel mit nur 15 Prozent der Fläche im Mittel 34 Prozent zum Gesamtabfluss des Rheingebietes bei.

Bei der Rhone macht der Wasseranteil aus den Schweizer Alpen 41 Prozent aus, beim Po 53 Prozent.

Die Abfluss-Durchschnittswerte un ter-liegen saisonalen Schwankungen.

Diese sind besonders ausgeprägt im Alpenraum, wo in den Wintermonaten Dezember bis März in den Fliessge-wässern eine ausgeprägte Niedrigwas-sersituation herrscht, da das Wasser in der Schneedecke gespeichert ist und erst verzögert während der Schnee- und Gletscherschmelze zum Abfluss gelangt. In Einzugsgebieten im Mittel-land ausserhalb der grossen Flusstäler ist der Abfluss weitgehend vom Nieder-schlag geprägt. Die jährlichen Abfluss-schwankungen sind meist bedeutender als die saisonalen. Im langfristigen Mit-tel zeigt sich eine Tendenz zu Sommer-Niedrigabflusswerten (LHG 1992).

2 Wassernutzung

Im Vergleich zu den vorhandenen Was-serressourcen sind sowohl der heutige wie auch der zukünftig erwartete Was-serbedarf in der Schweiz bescheiden.

Insgesamt werden (ohne die nicht-kon-sumtive Nutzung durch die Wasser-kraftwerke und die Durchflusskühlung der Kernkraftwerke) heute etwa total 2220 Mio. m3 Wasser für Haushalt (490 Mio. m3), Landwirtschaft (411 Mio. m3), Gewerbe und Industrie (1123 Mio. m3) und öffentliche Zwecke (84 Mio. m3)

verbraucht (FreiBurghaus 2009). Dies entspricht weniger als fünf Prozent des Niederschlages. Vom angegebe-nen Total des jährlichen Wasserbedar-fes stammen 981 Mio. m3, d. h. etwas weniger als die Hälfte, aus der öffent-lichen Wasserversorgung. Die Zahlen stellen zeitlich und räumlich aggregier-te Weraggregier-te dar und verbergen, wie der Vergleich zwischen der lokalen Verfüg-barkeit und dem Bedarf innerhalb des Jahresverlaufes aussieht. Zudem igno-rieren diese Angaben, dass bei diver-sen Nutzungsformen das Wasser nicht

«verbraucht» wird (nicht-konsumtive Nutzung), sondern lediglich gebraucht wird und somit für weitere Interessen im Einzugsgebiet verfügbar bleibt.

Der Trinkwasserverbrauch in der Schweiz ist rückläufig. 1981 verbrauch-te die ansässige Bevölkerung noch über 500 Liter Trinkwasser pro Kopf und Tag (einschliesslich Industrie und Gewerbe). Seither sank der Wasserver-brauch auf 325 Liter pro Kopf und Tag (SVGW 2011). Geschlossene Kreis-läufe, neue Produktionsverfahren und Strukturänderungen bei Industrie und Gewerbe, wassersparende Haushaltge-räte und die Eindämmung der Wasser-verluste aus dem Verteilnetz haben zu diesem Rückgang beigetragen.

3 Zuständigkeiten und Regelungen

Die Bundesverfassung der Schwei-zerischen Eidgenossenschaft vom 18.

April 1999 (BV, SR 101) legt mit Art.

76 die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen bezüglich Wasser-wirtschaft fest. Der Bund sorgt gemäss Art. 76 BV im Rahmen seiner Zustän-digkeiten für die haushälterische Nut-zung und den Schutz der Wasservor-kommen sowie für die Abwehr schä-digender Einwirkungen des Wassers.

– W1 Trinkwasser: Regional und zeitlich beschränkte Engpässe im Wasserdargebot können die Trink-wasserversorgung beeinträchtigen.

Betroffen sind vor allem nicht ver-netzte, private Versorgungen.

– W2 Speicherseen: Neue Herausfor-derungen (höheres Geschiebepo-tenzial, Eintrag von Schwebstoffen) und Ansprüche (Hochwasserrück-halt, Bewässerungswasser) verlan-gen eine ganzheitliche Bewirtschaf-tung von Speicherseen.

– W4 Bewässerung: Der Bewässe-rungsbedarf in der Landwirtschaft nimmt zu. Zugleich müssen die öko-logischen Anforderungen im Ober-flächen- und Grundwasser eingehal-ten werden.

– W5 Restwasser: Bestehende Vor-schriften (Konzessionen) und Berechnungsgrundlagen (Q347) für Restwassermengen müssen wegen dem veränderten Abflussregime möglicherweise überprüft werden.

– W7 Seeregulierung: Die Seeregulie-rung dient dem Hochwasserschutz, den touristischen Interessen und dem flussabwärts ausgeglichenen Abfluss. Abflussregimeänderungen führen zu veränderten Ansprüchen, was eine Überprüfung bestehender Reglementes notwendig machen kann.

– W8 Internationale Ansprüche: Die wichtigsten internationalen Gewäs-ser der Schweiz sind auch von den Interessen der Nachbarländer betroffen.

– W9 Grundwassernutzung: Grund-wasser und Quellen können quali-tativ durch Infiltration von Oberflä-chenwasser von verminderter Qua-lität beeinträchtigt werden. Höhere Wassertemperaturen verschärfen das Problem.

Dazu kommen aus dem «Umgang mit Naturgefahren» (Sektor N der Anpas-sungsstrategie) die Handlungsfelder Hochwasser (N1) und Wildbachpro-zesse (N3). Aus wasserwirtschaftlicher Sicht die wichtigsten Herausforderun-gen bei der Anpassung an den Klima-wandel in der Schweiz sind die zuneh-mende Sommertrockenheit, die stei-gende Schneefallgrenze, das steistei-gende Hochwasserrisiko und die Beeinträch-tigung der Wasser-, Boden- und Luft-qualität.

weise hohes Wasserdargebot verfü-gen wird (OcCC und Proclim 2007;

C2SM et al. 2011). Im Sommer und Herbst wird dieses allerdings, regio-nal differenziert, abnehmen. Vertief-ter unVertief-tersucht und erstmals quantifi-ziert wurden die Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaus-halt der Schweiz bis 2100 im Rahmen des Projektes CCHydro «Auswirkun-gen der Klimaänderung auf die Was-serressourcen und die Gewässer der Schweiz» (BAFU 2012a). Demnach werden sich als Folge der steigenden Schneefallgrenze parallel zur Zunah-me der Lufttemperatur die in den Alpen gespeicherten Schnee- und Eis-massen stark vermindern. Zusammen mit einer saisonalen Umverteilung des Niederschlags (trockener im Sommer, feuchter im Winter) wird dies eine jah-reszeitliche Umverteilung der Abflüsse hervorrufen. So werden zum Beispiel die Niedrigwasser in Mittellandgebie-ten im Sommer deutlich kleiner und zeitlich ausgedehnter. Die Niedrigwas-serabflüsse der Aare könnten im Spät-sommer allmählich Werte annehmen, welche tiefer sein werden als heutzuta-ge im Winter.

Identifikation der Handlungsfelder Für die Entwicklung einer Strategie zur Anpassung an den Klimawandel (BAFU 2012b) wurden für verschie-dene Sektoren die wichtigsten Hand-lungsfelder bestimmt und Strategien entwickelt. Dazu wurden die vom Kli-mawandel betroffenen Bereiche auf einer dreistufigen Skala (klein – mit-tel – gross) bezüglich der Dimensionen

«Einfluss des Klimawandels», «Rela-tive Wichtigkeit der klimabedingten Veränderung» und «Klimabedingter Handlungsbedarf» qualitativ beurteilt.

Die Beurteilung erfolgte aus der Sicht des jeweiligen Bereichs und basiert auf Expertenwissen.

Im Rahmen der Teilstrategie Was-serwirtschaft wurden 30 relevante Bereiche überprüft und 14 als Hand-lungsfelder der Anpassung identifiziert (Abb. 1). Spezifisch den Alpenraum betreffen die folgenden sieben Hand-lungsfelder mit grossem (W1–8) bzw.

mittlerem (W9–14) Handlungsbedarf (Nummerierung gemäss BAFU 2012b):

Er legt Grundsätze fest über die Erhal-tung und die Erschliessung der Was-servorkommen, über die Nutzung der Gewässer zur Energieerzeugung und für Kühlzwecke und über andere Ein-griffe in den Wasserkreislauf. Art. 76 BV gibt dem Bund auch die Kompe-tenz zum Erlass von detaillierten Vor-schriften über den Gewässerschutz, die Sicherung angemessener Restwasser-mengen, den Wasserbau, die Sicherheit der Stauanlagen und die Beeinflussung der Niederschläge. Gestützt auf diese Kompetenzen hat der Bund

– das Gewässerschutzgesetz vom 24.

Januar 1991 (GSchG, SR 814.20), – das Wasserrechtsgesetz vom 22.

Dezember 1916 (WRG, SR 721.80) – und das Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über den Wasserbau (WBG, SR 721.100)

mit den entsprechenden Verordnun-gen erlassen. Die Bundesverfassung gibt dem Bund in weiteren Bereichen, die für die Wasserwirtschaft relevant sind, die Kompetenz, die Detailgesetz-gebung zu regeln. Relevant sind hier insbesondere die Bereiche der Landes-versorgung (Art. 102 BV), der Land-wirtschaft (Art. 104 BV), der Förde-rung erneuerbarer Energien (Art. 89 BV), der Schifffahrt (Art. 87 BV) und der Lebensmittel (Art. 118 BV).

Die Kantone verfügen über die Was-servorkommen. Im Rahmen dieser Zuständigkeit können sie insbesondere Wasserrechte verteilen und die Wasser-nutzung regeln. Der Vollzug der Bun-desvorschriften liegt weitgehend bei den Kantonen, wobei der Bund in der Regel die Aufsicht ausübt. Die Kanto-ne könKanto-nen ihre wasserwirtschaftlichen Aufgaben und die Verfügungshoheit weiter delegieren. Entsprechend viel-fältig sind auch die kantonalen Bestim-mungen.

4 Klimawandel und erwartete Folgen

Das die zuständigen Departemente und Bundesämter Beratende Organ für Fragen der Klimaänderung (OcCC) und das Center for Climate Systems Modelling (C2SM) gehen in den Sze-narien zur Klimaänderung in der Schweiz CH2011 davon aus, dass sie auch in Zukunft über ein

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Steuermitteln) dürften kleinere und mittlere Betreiber von Wasserversor-gungen und AbwasserentsorWasserversor-gungen zunehmend an Grenzen stossen. Die Ver- und Entsorgung ist insbesondere in peripheren Gebieten durch Zusam-menschlüsse und dem politischen Umfeld entsprechende Betreibermo-delle zu professionalisieren.

Flexibilisierung Wasserkraftnutzung:

Der Zielkonflikt zwischen Ausbau der Wasserkraftnutzung als erneuerbare, klimaneutrale Energiequelle und dem Gewässerschutz wird durch die Aus-wirkungen der Klimaveränderungen (Abflussregime, erhöhte Verletzlich-keit der Gewässerökosysteme) und durch die Liberalisierung des Elektri-zitätsmarktes (Erhöhung wirtschaft-licher Druck) verschärft. Durch die Förderung von Kleinwasserkraftwer-ken steigt zudem die Zahl betroffener Gewässerstrecken mit oftmals beson-ders schwierigen Restwasserfragen. In diesem Spannungsfeld gilt es tragbare Lösungen zu finden, die eine fallweise Flexibilisierung ermöglichen.

6 Folgerungen

Folgerung 1: Das Wasserschloss Schweiz bleibt erhalten.

Gesamthaft wird in Zukunft nur unbe-deutend weniger Wasser zur Verfügung stehen. Zurzeit profitiert die Wasser-kraft-Energieproduktion sogar von den steigenden Temperaturen und den damit verbundenen hohen Gletscher-eis-Schmelzraten. Trotz saisonalen Ver-schiebungen der Abflüsse bleibt die Prognose für die Wasserkraft auch für die 2. Hälfte des Jahrhunderts günstig.

Die Laufkraftwerke werden im Win-ter zur Zeit des höchsten Energiebe-darfs dank höherer Abflüsse eine bes-sere Auslastung erzielen (Schweiz.

Gesellschaft für Hydrologie, Limno-logie SGHL und Hydrologische Kom-mission Chy 2011). Die Entwicklung der Trockenzeiten wird aufmerksam zu verfolgen sein. Wo jetzt schon tempo-rär und lokal/regional Wasserknapp-heitssituationen auftreten, werden sich diese noch verstärken. Im Alpenraum könnten sich sogar mit dem Wegfall der Gletscherbedeckung und sommer-Nachhaltigeres Management von

Hoch-wasser und Gewässerraum: Einerseits aufgrund des Klimawandels und ande-rerseits durch den nutzungsbedingten Zuwachs an Sachwerten und Schaden-potential entlang der Gewässer ist eine Zunahme von Hochwasserereignis-sen mit grosHochwasserereignis-sen Schäden zu erwarten.

Die Herausforderung besteht in der Reduktion des Schadenpotentials bei gleichzeitiger Gewährleistung der zen-tralen Bedeutung des Gewässerlebens-raumes hinsichtlich Artenvielfalt und Landschaft. Im Vordergrund stehen die mit den Gefahrenkarten bereits lan-cierte raumplanerische Freihaltung der Gefahrenzonen sowie das Setzen von Anreizen zur Erhöhung der Eigenver-antwortung beim Hochwasserschutz.

Professionalisierung der kleinräumi-gen Siedlungswasserwirtschaft: Ange-sichts des steigenden Bedarfs an fach-lichem Know-how (neue Schadstoffe) und Finanzmittel (hoher Erneuerungs-bedarf bei gleichzeitig wegfallenden 5 Wasserwirtschaft 2025

Aus einem anderen Blickwinkel identi-fiziert die Studie Wasserwirtschaft 2025 (Ernst Basler+Partner 2007) die Her-ausforderungen der Zukunft und gibt Anstösse zur Gestaltung der zukünf-tigen Wasserwirtschaft in der Schweiz.

Sie geht von Megatrends der gesell-schaftlichen und wirtgesell-schaftlichen Ent-wicklung der Schweiz aus und sieht vier Hauptstossrichtungen:

Verteilung der knapper werdenden Wasserressourcen: Die prognostizier-te, klimatisch bedingte Verknappung und Verlagerung der Wassermengen bei gleichzeitigem Mehrbedarf für Bewässerung und Energieproduktion sowie der notwendigen Sicherstellung der Grundbedürfnisse für Mensch und Lebensraum führt zu verstärkten Ver-teilproblemen der Ressource. Die Her-ausforderung besteht in der Einfüh-rung von neuen, effizienten Verteilme-chanismen.

klein mittel gross

Handlungsbedarf

Relative Wichtigkeit der Veränderung

klein mittel gross

Einfluss des Klimawandels klein mittel gross

Übrige

Abb. 1. Beurteilung der relevanten Bereiche der Wasserwirtschaft bezüglich Einfluss des Klimawandels, relativer Wichtigkeit der Veränderungen und des durch den Klimawandel bedingten Handlungsbedarfs.

und Anspruchsgruppen streben an:

– das Wasser und die Gewässer vor Beeinträchtigungen für Tiere, Pflan-zen, Ökosysteme, Landschaften und letztlich auch die menschliche Gesundheit zu schützen,

– den Schutz vor den Gefahren des Wassers, insbesondere des Hoch-wassers, sicherzustellen,

– das Wasser und die Gewässer für unterschiedliche Zwecke zu nutzen, namentlich als Trink-, Brauch- und Löschwasser, für die Nahrungsmit-telproduktion, für die Energiege-winnung, für die Kühlung, für die Schifffahrt sowie im Tourismus für Erholung und Beschneiung.

Diese Ansprüche können zu Interes-senkonflikten führen, sei es zwischen Schutz und Nutzung oder zwischen verschiedenen Nutzungen. Grund-sätzlich lassen sich diese Konflik-te nicht auf einfache Art lösen, aber durch geeignete Verfahren (transpa-rente und partizipative Interessensab-wägung, strategische Planung, räum-liche Schwerpunktbildung) mindern und bei einer regionalen Betrachtung in Einzugsgebieten ausgleichen. Das Einzugsgebietsmanagement nach dem Grundlage für die Umsetzung. Die

Pri-oritäten werden aufgrund von ökolo-gischen, wirtschaftlichen und sozialen Kriterien festgelegt. Ein abgestimmtes Monitoring ist für die Erfolgskontrolle und weitere Planung unerlässlich.

Folgerung 3: Räumliche und sekto-rale Integration ist unumgänglich.

Moderne Wasserwirtschaft orientiert sich an den Grenzen, welche das Was-ser vorgibt. Das Einzugsgebiet ist der Bezugsraum, in dem sich die Wechsel-wirkungen abspielen. Dieser funktio-nal definierte Raum geht über die poli-tisch-administrativen Grenzen hinaus.

Die Gemeinde als Bezugseinheit stösst für zukunftsgerichtete wasserwirt-schaftliche Lösungen an ihre Grenzen.

Das Einzugsgebiet ist besser geeignet, um die wechselseitigen Auswirkun-gen zu erfassen, kumulative Effekte zu berücksichtigen und Strategien, Ziele und Massnahmen aufeinander abzu-stimmen.

Gewässer (Flüsse, Bäche, Seen, Grundwasser) stehen im Spannungs-feld von Schutz- und Nutzungsinteres-sen. Die verschiedensten Interessen- lichen Niedrigwasserperioden neue

Risikogebiete ergeben. Hier stehen allerdings mit den alpinen Wasserkraft-Speichern und den Alpenrand seen grosse Wasserressourcen zur Verfü-gung, deren Potenzial für eine Mehr-fachnutzung samt den technischen, ökologischen und ökonomischen Aspekten noch abzuklären ist.

Trockenheit und Wasserknappheit sind auch in der EU mehr und mehr zu einem Thema geworden. Wirksame Strategien zur Bekämpfung des Dür-rerisikos sind ein vordringliches Ziel der EU. Diesbezüglich wurden von der EU-Umwelt-Kommission sieben Politikbereiche (z. B. zusätzliche Was-ser-Infrastrukturen, verbessertes Tro-ckenheits-Risikomanagement, Wasser sparende Technologien, Wasserpreis-gestaltung) herausgearbeitet und eine Reihe von Optionen auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene auf-gezeigt, um Europa auf eine wassereffi-ziente Wirtschaft hinzuführen. Schwei-zerische Wasser-Ressourcen-Politik hat immer auch eine europäische Dimen-sion. Die Schweiz wird sich mit den Ansprüchen der europäischen Unter-lieger auseinandersetzen müssen.

Folgerung 2: Die Wasserressourcen müssen bewirtschaftet werden.

Bis anhin stand in der Schweiz für alle Nutzergruppen genügend Wasser zur Verfügung, es bestand kaum Bedarf, die Gewässer und Wasserressourcen zu bewirtschaften. Dies könnte in der Zukunft ändern und der Übergang zu einer angebotsgesteuerten Wasserwirt-schaft muss ins Auge gefasst werden.

Dies bedeutet primär, dass die Kanto-ne und Gemeinden, welche über die Wasservorkommen verfügen, ihre Res-sourcen und deren Nutzung detailliert kennen müssen und auf dieser Basis langfristige Planungen erstellen. Was Bewirtschaftung bedeutet, hat die Was-ser-Agenda 21 (2011) in einem Leitbild umschrieben. Die Vision einer nach-haltigen Wasserwirtschaft leitet sich aus dem Verfassungsauftrag (Bundes-verfassung Art. 761 und 73) und den Grundanliegen der Wasserwirtschaft ab. Die Bewirtschaftung des Wassers ist dabei als fortlaufender zyklischer Pro-zess zu verstehen (Abb. 2). Langfristi-ge Entwicklungskonzepte dienen als

Abb. 2. Zyklischer Prozess des Einzugsgebietsmanagements (aus Wasser-Agenda 21 2011).

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verfolgen und rechtzeitig Massnahmen zu ergreifen. Dem Klimawandel wird wie anderen Veränderungsprozessen dabei die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt. Nachfolgend werden ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige nationale Aktivitäten aufgelistet, wel-che das Ziel haben, die heutigen und zukünftigen Herausforderungen der Wasserwirtschaft anzugehen:

– Postulat Walter «Wasser und Land-wirtschaft»: Das Postulat fordert Handlungs- und Lösungsansätze aus der Sicht aller Nutzungen einer-seits für kurzfristige Ereignisse wie z. B. einen lokalen, vorübergehen-den Wassermangel, anderseits sol-len die langfristigen Perspektiven aufgezeigt werden, wie mit einer generellen Wasserverknappung, z. B.

infolge Klimawandel, umzugehen ist. Der Bericht des Bundesrates beinhaltet strategische Lösungsan-sätze und formuliert Massnahmen in sieben verschiedenen Handlungs-feldern (BAFU 2012c).

– Vollzugshilfe-Modul «Koordination wasserwirtschaftlicher Vorhaben»:

Das Modul zu Art. 46 GSchV zeigt auf, wie im Vollzug wasserwirt-schaftliche Vorhaben aufeinander abgestimmt werden können und welche konkreten Anforderungen an die jeweils zuständigen Vollzugs-behörden und verantwortlichen Akteure wasserwirtschaftlicher Vor-haben daraus abzuleiten sind. Dort wo erforderlich soll damit sicherge-stellt werden, dass den vorhandenen Wechselwirkungen, Synergien, Kon-flikten und Abhängigkeiten dank geeigneter Koordinationsformen angemessen Rechnung getragen wird (BAFU 2012d).

– Praxisleitfaden Integrale Bewirt-schaftung des Wassers in der Schweiz: In der Anleitung werden die Grundsätze aus dem Leitbild konkretisiert und Hilfestellung für das methodische Vorgehen gegeben.

Die Konkretisierung besteht nicht in einheitlichen Standardlösungen, sondern erläutert Umsetzungsop-tionen und zeigt diese mit Fallbei-spielen auf. Wo verfügbar werden auf bestehende Methoden, Instru-mente und in der Praxis erprobte Umsetzungsmodelle zurückgegrif-fen (BAFU 2012e).

Folgerung 5: Monitoring und Früh-erkennung sind als Basis für was-serwirtschaftliche Entscheide und für Forschung systematisch weiter zu entwickeln.

Die heutigen Aussagen zur Entwick-lung des Wasserkreislaufes und der Wasserressourcen basieren auf den Trends der letzten Jahre und auf mög-lichen Szenarien der zukünftigen Ent-wicklung des Klimas. Letztere sind mit grossen Unsicherheiten behaftet, ins-besondere was die Emissionsszenarien anbelangt. Diese schliesslich bilden ab, wie die Politik, Gesellschaft und Wirt-schaft mit dem Klimawandel umgeht.

Das Projekt CCHydro (BAFU 2012a) konnte nicht alle Fragen klären. Es identifizierte jedoch die Forschungslü-cken, welche in nächster Zeit zu schlies-sen sind. Voraussetzung dazu bilden die systematische Weiterführung, Weiter-entwicklung und der Ausbau des Moni-torings der hydrologischen Kompo-nenten des Wasserkreislaufs sowie die Schliessung der Datenlücken (Boden-eigenschaften allgemein, Bodenfeuch-te, Verdunstung, Schneewasser-Reser-ven) und die periodische Nachführung der Klimaszenarien. Diese bilden die Grundlage für die Modellierung der hydrologischen Prozesse und die Über-prüfung der Modellresultate. Aus was-serwirtschaftlicher Sicht ebenso rele-vant ist das Monitoring der Entwick-lung von Gesellschaft und Wirtschaft.

Beides bildet die Grundlage für was-serwirtschaftliche Entscheide, welche in vielen Fällen kostenintensive Inves-titionen in technische Anlagen und Inf-rastrukturen bedeuten.

7 Aktuelle Entwicklungen Die schweizerische Wasser- und Gewässerpolitik ist nicht statisch; sie entwickelt sich laufend weiter. Die auf den 1.1.2011 in Kraft getretene Revi-sion des Gewässerschutz-Gesetzes mit der Sicherung des Gewässerrau-mes und der Stärkung der Renaturie-rung oder die geplante Elimination von Mikroverunreinigungen aus den grös-seren Kläranlagen sind Beispiele dazu.

Es gehört zu den Aufgaben der zustän-digen Behörden, Entwicklungen zu Leitbild der Wasser-Agenda 21 (2011)

dient der Abstimmung der verschie-denen Interessen und Ansprüche an Gewässer und Wasservorkommen. Im Idealfall können die Schnittstellen zu anderen Politikbereichen wie Energie, Land- und Forstwirtschaft, Natur- und Landschaftsschutz und Raumentwick-lung mitberücksichtigt werden. Dieser Abstimmung in transparenten Verfah-ren kommt eine wichtige Bedeutung zu, da die schweizerische Wassergesetz-gebung ausser dem Primat der Trink-wasserversorgung für den mensch-lichen Bedarf und die Hygiene keine Nutzung favorisiert, sondern alle Nut-zungsformen im Sinne des Nachhaltig-keitsartikels der Bundesverfassung als

dient der Abstimmung der verschie-denen Interessen und Ansprüche an Gewässer und Wasservorkommen. Im Idealfall können die Schnittstellen zu anderen Politikbereichen wie Energie, Land- und Forstwirtschaft, Natur- und Landschaftsschutz und Raumentwick-lung mitberücksichtigt werden. Dieser Abstimmung in transparenten Verfah-ren kommt eine wichtige Bedeutung zu, da die schweizerische Wassergesetz-gebung ausser dem Primat der Trink-wasserversorgung für den mensch-lichen Bedarf und die Hygiene keine Nutzung favorisiert, sondern alle Nut-zungsformen im Sinne des Nachhaltig-keitsartikels der Bundesverfassung als

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