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6. ERGEBNISSE UND IHRE BEWERTUNG

6.2 Waldkonversion

6.2.1 Waldkonversion in Guatemala

Die Waldkonversion in Guatemala hat eine lange Geschichte. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken gab es bereits 1699 und 1701 per königlichem Dekret für die Region Antigua ein Verbot, die steilen Hänge aufgrund der zu erwarteten Degradationserscheinungen zu bewirtschaften (VEBLEN 1976). Diese sind als erste ‚Naturschutzgesetze’ in Lateinamerika zu bewerten.

Die naturräumliche Lage Guatemalas hat dazu geführt, dass sich nach MYERS et al. (2000) im Hinblick auf die Artenvielfalt ein hotspot mit besonders hoher Schutzpriorität entwickelt hat (s.a. SCHULZE 2000). NATIONS et al. (1989) sowie VILLAR ANLEU (1998a, 1998b) weisen dabei auf die Korridorlage zwischen den beiden großen kontinentalen Landmassen Nord- und Südamerikas sowie zwischen Pazifik- und Atlantikküste hin, welche auf engstem Raum eine sehr große Diversität von Flora und Fauna ergeben hat. Die kleinräumigen Einheiten haben – abhängig von der starken Reliefenergie und der damit einhergehenden klimatischen Unterschiede – weiterhin eine große ökosystemare Vielfalt entstehen lassen (HOLDRIDGE

1967, DE LA CRUZ 1982). Eine Besonderheit stellen die tropischen Bergnebelwälder Guatemalas dar, die DINERSTEIN et al. (1995) als bioregionale Einzigartigkeit hervorheben und als gefährdet einstufen.

Ergebnisse und ihre Bewertung 92

0 10.000 20.000 30.000 40.000 50.000 60.000 70.000 80.000

km²

1950 1970 1980 1990 2000

Jahr

Abbildung 47: Waldfläche in Guatemala, 1950-2000. (Datenquellen: siehe Tabelle 22)

Eine Übersicht über die Waldrodung in Guatemala der vergangenen 50 Jahre liefern Abbildung 47 und Tabelle 22 (S. 95f.). Hinsichtlich der Abnahme der Waldfläche zeichnet sich ein klarer Trend ab. Während 1950 noch rund 65% der Landesfläche mit Wald versehen waren, sind es in 2000 nur noch circa 26%. Im direkten Vergleich errechnet sich ein Waldverlust von ungefähr 60% im betrachteten Zeitraum. Es ist auffällig, dass je nach Autor die Angaben zur Waldflächenverteilung stark schwanken. So werden zum Beispiel für das Jahr 1990 drei unterschiedliche Angaben über die Waldflächen für Guatemala angegeben.

Gleiches gilt für die jährlichen Abholzungsraten. Die Werte schwanken von circa 54.000 bis 90.000 ha pro Jahr. Als Ursache können sowohl die jeweiligen unterschiedlichen Interessen als auch die zugrundeliegenden Auswertungsmethoden angesehen werden, ebenso wie die Verwendung z.T. unterschiedlicher Datengrundlagen. Aufgrund der neueren Untersuchungen von BAUMEISTER (2001) und FAO (2001) zur Waldrodung auf nationaler Ebene gilt nun ein Waldrodungsumfang von circa 50.000 bis 60.000 ha pro Jahr als realistisch. Ob in den vergangenen 50 Jahren eine Zunahme hinsichtlich der jährlichen absoluten Abholzungsrate vorlag, ist den bisherigen Arbeiten nicht zu entnehmen.

Die FAO (2003) ermittelte in ihrem aktuellen ‚State of the World Forest’s’ eine jährliche Veränderung der globalen Waldfläche für den Zeitraum von 1990-2000 von 9.391.000 ha, dies entspricht einer prozentualen Abnahme von 0,2% weltweit. In Guatemala beträgt die jährliche Abnahme 1,7% und nimmt damit weltweit eine der obersten Ränge ein, noch vor Brasilien (0,4%) und Indonesien (1,2%). Nur Haiti (5,7%), Saint Lucia (4,9%), Nicaragua (3,0%), Belize (2,3%) und Nepal (1,8%) weisen noch höhere jährliche Abholzungsraten auf.

Diese Zahlen verdeutlichen das globale Ausmaß der Abholzung und verdeutlichen im Besonderen die Brisanz in Guatemala.

Die Landnutzungsdynamik im Untersuchungsgebiet in den Bergnebelwäldern Guatemalas (Alta Verapaz) wird auf den Fotos 3 bis 6 (S. 94) deutlich. Die intakten Bergnebelwälder der

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Sierra Yalijux (Foto 3) wurden in den vergangenen Jahrzehnten zum Teil durch die traditionelle Brandrodung abgeholzt (Foto 4). Daraus resultierten gravierende Landschaftsveränderungen, zumal die landwirtschaftlichen Flächen jährlich im Rahmen der Vorbereitungen für die Einsaat nochmals gebrannt werden (Foto 5). Das Ergebnis sind großflächig abgeholzte Flächen in den niederen Höhenlagen und nur noch Habitatfragmente in den höhergelegenen Kuppenbereichen (Foto 6).

Die artbezogene als auch ökosystemare Vielfalt ist durch die nach wie vor starke Abholzung in den tropischen und subtropischen Waldgebieten gefährdet. Aufforstungsprogramme seitens des Staates werden zwar durchgeführt, können die Rodungen jedoch nicht annähernd kompensieren und die starken ökologischen Veränderungen nicht rückgängig machen. Den deutlichen Zusammenhang zwischen Abholzung und Artensterben haben MC ARTHUR &

WILSON (1967) mit dem species-area model belegt. LUGO et al. (1993) bestätigen diesen Zusammenhang, vertreten jedoch die Auffassung, dass sich dieser negative Trend durch Managementstrategien aufhalten ließe. Eine Zunahme der Artenvielfalt auf degradierten Flächen wäre demnach durch Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, insbesondere der organischen Substanz, Habitatdiversifizierung innerhalb von Agrarlandschaften, Feuermonitoring, Abwasserrecycling u.a.m. zu erwarten.

Die Folgen und Konsequenzen der Abholzung sind zahlreich: direkter Verlust von Arten, Habitatfragmentierung und -zerstörung (MARKUSSEN & RENNER 2002), klimatische Auswirkungen, die sowohl auf globaler Ebene als auch vor allem hinsichtlich des Meso- und Mikroklimas stattfinden, gravierende Auswirkungen auf die Bodeneigenschaften hinsichtlich bodenphysikalischer, -chemischer und -biologischer Parameter.

HAYES & SADER (2001) haben drei verschiedene change-detection Methoden verglichen:

NDVI Unterscheidung, PCA change detection und RGB-NDVI Klassifizierung. Dabei kommen sie zu dem Ergebnis, dass die RGB-NDVI Klassifizierung am besten geeignet ist, die raum-zeitlichen Veränderungen in tropischen Feuchtwäldern zu determinieren. Die Erfassung der Waldkonversion ist vor allem für die ortsansässigen NGO’s von großer Bedeutung, um die Ergebnisse als Argumentationsgrundlage einsetzen zu können: Einerseits kann damit der Handlungsbedarf für Schutzprojekte aufgezeigt werden, andererseits kann ein Monitoring der Waldkonversion für bereits bestehende Projekte Aussagen über die Projekterfolge treffen (Effizienzkontrolle).

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Foto 3: Intakter Bergnebelwald in der Sierra Yalijux, Alta Verapaz

Foto 4: Traditionelle Brandrodung neuer Waldflächen

Foto 5: Gravierende Landschaftsveränderungen Foto 6: Hohe Reliefenergie mit Habitatfragmenten in

den höhergelegenen Kuppenbereichen

Fotos 3-6: Landnutzungsdynamik in Bergnebelwaldgebieten Guatemalas (Alta Verapaz)

Ergebnisse und ihre Bewertung 95

Tabelle 22: Abschätzung der Abholzung und Waldfläche in Guatemala von 1950 bis 2000

Jahr Waldfläche (%

der Landesfläche) Waldfläche (km²)

Jährliche Abholzungsrate (ha) /

[%] Quelle Anmerkungen

1950 65,0 70.451 - INAFOR (1982)1

1950 65,2 71.000 - OAS (1991)2

1970 47,0 51.000 - LEONARD (1987)2

1975-76 39,7 43.750 - MITTAK (1977) Die Untersuchung enthält keine Beschreibung der angewandten Methode.

1977 33,0 36.100 - INAFOR (1982)1

1950-77 - - 63.700 INAFOR (1982)1

1979 39,76 43.230 - BAUMEISTER (2001) Die Berechnungen der Landnutzungsveränderungen basieren auf Erhebungen und Abschätzungen von Experten.

1980 42,0 45.500 - WILKIE (1993)1

1980 40,46 44.000 - CONAMA (1992)2

1982 - - 60.000 NATIONS & KOMER (1983)2

1983 - - 60.000 LEONARD (1987)1

1981-85 - - 90.000 WRI (1992)1

1987-88 37,36 40.650 - SAGASTUME (1992) Der Gutachter deutet darauf hin, dass die Karten als vorläufig angesehen werden müssen, da es bei der Bearbeitung Probleme mit Wolken auf den Luftbildern gab und zudem keine Ground-checks durchgeführt wurden.

1989 - - 70.000 KAIMOWITZ (1996) Schätzungen nach KAIMOWITZ. 1989 40,0 43.754 55.600 ESCOBAR et al. (1989)1

1981-90 - - 81.000 FAO (1993)2

1990 - - 60.000-90.000 PAFG (1991)1 1990 33,986 37.000 90.000 UTTING (1993)2

1990 38,576 42.000 - FAO (1993)2

Ergebnisse und ihre Bewertung 96

Jahr Waldfläche (%

der Landesfläche)

Waldfläche (km²)

Jährliche Abholzungsrate (ha) / bzw. [%]

Quelle Anmerkungen

1990 39,06 42.253 - FAO (1997)5

1991 - - 90.000 MERLET et al. (1992)2

1992 31,1 33.900 - PAFG (1991)4

1992 31,13 33.902 - CONAMA et al. (1999)5 1977-92 - - 65.900 [1,5%] CONAMA et al. (1999)5

1993 48,0 52.710 - WRI (1996)1

1993 - - 90.000 WILKIE (1993)1

1995 34,4 38.410 - FAO (1997)5

1996 34,0 37.500 - PAFG (1996)1

1996 31,9 34.801 82.000 CCAD (1998)

1996 28,1 30.620 - LÓPEZ (1998) Die Berechnung geht von einer jährlichen Abholzungsrate von 82.000 ha aus.

1997 - - 90.000 CONAP (1997)1

1997 - - 82.000 FAO (1997)4, 5

1998 26,02 28.982 - CONAMA et al. (1999)5 1979-99 29,26 31.760 57.3506 BAUMEISTER (2001)

1998-99 34,57 37.727 - INAB (2000) Die Daten sind methodisch nicht vergleichbar mit den Abschätzungen von SAGASTUME (1992).

2000 26,3 28.497 - FAO (2001)3

1990-2000 - - 53.743 [1,7%] FAO (2001)3 Basiert auf INAB (2000) und SAGASTUME (1992).

1 zit. nach SISTEMA DE LAS NACIONES UNIDADES EN GUATEMALA (1998) und DIX (1999).

2 zit. nach KAIMOWITZ (1996).

3 http://www.fao.org/forestry/fo/country/index.jsp?geo_id=174&lang_id=1, diciembre 2002.

4 zit. nach LÓPEZ (1998).

5 zit. nach CONAMA et al. (1999).

6 Eigene Berechnungen.

Tabelle 22 (Fortsetzung): Abschätzung der Abholzung und Waldfläche in Guatemala von 1950 bis 2000

Zusammenstellung der Daten erarbeitet von LÖNING & MARKUSSEN (2003a und 2003b)

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