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7. DISKUSSION DER ERGEBNISSE

7.1 Entwicklung der Waldkonversion

Der Vergleich der beiden Satellitenbilder von 1986 und 2000 für das guatemaltekische Hochland hat offenbart, dass die Abholzung nicht signifikant anstieg. Zwischen 1986 und 2000 sind keine großflächigen Areale der Brandrodung zum Opfer gefallen. Ein Hauptgrund dafür ist die Abgeschiedenheit der Region. Es liegt keine Anbindung an öffentliche Transportmittel vor, so dass auch die Marktanbindung eingeschränkt ist. GRUNBERG et al.

(2000) widmen sich in einer Untersuchung im Tiefland Guatemalas der Frage, inwieweit die Faktoren Straßen, Besiedlung und Bodenqualität die Abholzung beeinflussen. In der sehr umfangreichen GIS- und satellitenbildgestützten Modellierung wurde z.B. für jede Bodenfruchtbarkeitsklasse die individuelle Abholzung bestimmt, um potenzielle Abhängigkeiten herauszufinden. Sowohl die Bodenfruchtbarkeit als auch die Präsenz von Straßen und das Vorkommen von menschlicher Besiedlung sind maßgebliche Indikatoren für die Vorhersage von Trends im Hinblick auf die Abholzung (Abbildung 62). Auf gut dränierten, tief verwitterten Böden ist die Abholzung mit 12% im Jahr 1986 am höchsten.

Flachgründige, gut dränierte Böden weisen eine Abholzung von 8% auf. Deutlich geringer ist die Abholzung auf armen Böden mit 3 bis 4%. Auf den verarmten Böden steigt die Abholzung deutlich geringer auf 5% im Jahr 1997, wohingegen auf den fruchtbaren Böden bis 1997 24% abgeholzt wurden. Ein vergleichbares raumbasiertes Ursache-Wirkungs-Modell, wie das Transport-/Mobilitätsnetz die Abholzungsraten beeinflusst, wurde auch für Belize erstellt (CHOMITZ & GRAY 1996).

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Abbildung 62: Abholzungsraten auf unterschiedlichen Bodenklassen (aus: GRUNBERG et al. 2000) Übertragen auf die Untersuchungsregion in der Region Sierra Yalijux bedeutet dies, dass aufgrund des recht hohen Bodenpotenzials theoretisch eine verstärkte Abholzung zu erwarten wäre. Da viele der übriggebliebenen Waldflächen jedoch mittlerweile durch private NGO’s geschützt werden, ist eher davon auszugehen, dass der Waldbestand in Zukunft konstant bleibt. Ein Indiz dafür sind die Ergebnisse der Untersuchungen zur Waldkonversion (Kapitel 6.3). Da in den Jahren zwischen 1986 und 2000 kaum primärer Bergnebelwald verloren gegangen ist, ist zu hoffen, dass sich dieser Trend aus optimistischer Sicht auf die zukünftige Entwicklung übertragen lässt. Diese positive Erwartung ist für die Erhaltung von Flora und Fauna von zentraler Bedeutung. RENNER, MARKUSSEN & MÜHLENBERG (2004, i.V.) kommen zu dem Ergebnis, dass der in der Region noch existierende Bergnebelwald bei der derzeitigen nationalen Abholzungsrate von 1,7% in 60 Jahren verloren wäre. Dieses würde innerhalb der kommenden 120 Jahre das Aussterben des Quetzals (Pharomachrus mocinno) in der Region bedeuten. Nach Beurteilung der derzeitigen Waldkonversion kann diese Tendenz für das Untersuchungsgebiet nicht festgestellt werden.

Der Straßenbau bzw. die Erschließung ist eine der Hauptursachen für die Abholzung in Guatemala. SADER (1995) und SADER et al. (2001) haben für zwei Untersuchungsgebiete anhand von Landsat-TM-Daten herausgearbeitet, dass für den Zeitraum von 1986 bis 1990 mehr als 90 Prozent der Entwaldung innerhalb einer Entfernung von 3 km von Straßen und Flüssen erfolgte. SADER et al. (1994) berechneten einen Prozentsatz von über 90% der Rodungen, die weniger als 2 km von Straßen entfernt liegen.

Nach SADER et al. (1994) ist der im Tiefland gelegene Nationalpark Tikal nicht von Abholzung betroffen, ein sicheres Zeichen dafür, dass der Schutzstatus sein Ziel erfüllt.

Anders wird der ebenfalls im Tiefland gelegene Nationalpark Sierra del Lacandon nach SADER et al. (1997) bewertet. Demnach wohnten dort bereits vor der Parkausweisung Bauern, dessen Anzahl bis heute noch gestiegen ist und somit auch die Entwaldung zugenommen hat.

Hier fehlt jegliche Schutzbeobachtung von staatlicher und auch nicht-staatlicher Seite. Von

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SADER et al. (1994) wurde für die nördliche Petén-Region eine Abholzungsrate von 0,4%

(1986-1990) berechnet sowie eine Neubildungsrate von nur 0,03%, was ein Verhältnis von Abholzung zu Aufwuchs von 12:1 bedeutet.

Die Waldkonversion hatdirekte Auswirkungen auf die Artenzusammensetzung. CAVELIER &

TOBLER (1998) weisen für einen Bergregenwald Kolumbiens ein sehr viel größeres Artenspektrum nach als für aufgegebene 21-jährige Kiefern- und Zypressenplantagen.

Während im ungestörten Wald die Vegetation aus 56 Arten (aus 30 Familien) besteht, sind es in der Kiefernplantage nur 26 Arten (15 Familien) und in der Zypressenplantage nur 18 Arten (10 Familien). Diese Entwicklung ist auch in der Sierra Yalijux zu erwarten: Das Aufforstungsprogramm PINFOR fördert derzeit ausschließlich die Kiefernaufforstung. Die Anlage einer reinen Monokultur schwächt aber nachweislich die Widerstandsfähigkeit des Waldes gegenüber Schädlingsplagen und extremen Wetterunbilden. Darüber hinaus erreicht die Diversität bei weitem nicht das immense Artenspektrum eines Primärwaldes. Aus diesen Gründen ist die Strategie von PINFOR als ungenügend zu bewerten. Eine Ausweitung des PINFOR-Programms zur Aufforstung von Misch-Laubwäldern ist dringend zu empfehlen.

Vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen Krisensituation bezüglich des Kaffeeanbaus.

Die Marktpreise in Guatemala für den Kaffee sind derzeit so niedrig, dass die Plantagen in den vergangenen Jahren zum Teil nicht mehr geerntet wurden. Es bietet sich an, diese Flächen über das PINFOR-Programm aufzuforsten, um die staatlichen Subventionen in Anspruch zu nehmen (Kapitel 4.3).

Bezüglich des Zusammenhangs zwischen Waldvernichtung und Biodiversität in den Tropen wird bis heute u.a. die Arten-Areal-Kurve von MC ARTHUR & WILSON (1967) als Erklärungsmodell herangezogen. Bei einer Verkleinerung des Areals steigt die Extinktionsrate. Als Faustregel nennt WILSON (1997), dass bei einer Verkleinerung des Areals auf ein Zehntel der ursprünglichen Fläche die Artenzahl um fünfzig Prozent abnehmen wird.

Um Managementstrategien zu entwickeln, die den Schutz natürlicher Ressourcen und die Nutzung durch den Menschen sinnvoll kombinieren (LUGO 2002), sind Geographische Informationssysteme ein geeignetes Mittel (DALE et al. 1998). Durch die Verschneidung der unterschiedlichen Informationsebenen einer Region, wie Waldverteilung, Verbreitung von Flora und Fauna, Siedlungsbereiche, Straßennetz, etc. lässt sich der Status Quo sehr gut erfassen. Darauf basierend können zusätzlich Zukunftsszenarien entwickelt werden. Mit Hilfe solcher Datenbanken kann die Ausweisung von Schutzgebieten ganzer Ökosysteme auf modernster wissenschaftlicher Grundlage erfolgen.

Die Bedeutung Geographischer Informationssysteme nimmt immer weiter zu (CAMPANELLA

1993). BEIERKUHNLEIN (1998, 1999a,b) stellt hinsichtlich Forschungsdefiziten und offenen Fragen fest, dass die „Kenntnisse über den Einfluss räumlicher Heterogenität auf ökosystemare Prozesse und Stoffflüsse und resultierend auf die Biodiversität“ gering sind.

Ferner können mit Hilfe von GIS „in jüngster Zeit Daten zur Biodiversität mit standörtlichen Daten oder Angaben zur Landnutzung verknüpft werden. Es mangelt jedoch an konkreten

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Umsetzungen“. Geographische Informationssysteme sind ein „zentrales Element der Biodiversitätsforschung“, indem physikalische und biologische Daten eines Lebensraumes verknüpft werden, um raumbezogene Informationen z.B. für die Ausweisung von Naturschutzgebieten verwenden zu können (WILSON 1997). In dieser Untersuchung konnte nicht auf umfangreiche, bereits vorliegende Datensätze zurückgegriffen werden, um diese ins GIS zu überführen. Der Naturraum im guatemaltekischen Hochland ist bislang wissenschaftlich nur wenig untersucht worden. Somit wurde mit den in diesem Projekt gewonnenen Daten eine primäre Datengrundlage erst geschaffen.

Die Bergnebelwälder haben nicht nur lokale und regionale Bedeutung, sondern sind auch global von großer Wichtigkeit. Sie stellen einen Speicher für Kohlenstoff aus der Atmosphäre dar (Kohlenstoffsenke). Bei der Photosynthese wird der Kohlenstoff in der Biomasse eingelagert. Durch das Abbrennen der Wälder wird CO2 freigesetzt. Vor dem Hintergrund der weltweiten Erwärmung (Treibhauseffekt u.a. durch steigende CO2 Emissionen) ist die Erhaltung der Bergnebelwälder auch von entscheidender Bedeutung für zukünftige Klimaentwicklungen. Durch die Umwandlung der Primärwaldflächen in landwirtschaftliche Nutzflächen ist ein Rückgang der Kohlenstoffvorräte in der Sierra Yalijux von 320 t/ha auf 160 bis 230 t/ha im Oberboden (0-30 cm) nachgewiesen worden. Diese Zahlen beziehen sich nur auf die Bodenkohlenstoffvorräte. Würde man die Kohlenstoffvorräte in der Biomasse, in der Bodenvegetation und im Totholz bestimmen und in die Rechnung einbeziehen, würde sich eine drastische Änderung im Kohlenstoffhaushalt belegen lassen.

Zudem fungieren die Bergnebelwälder als ein gewaltiger Genpool, was auch aktuell an in guatemaltekischen Bergnebelwäldern neu entdeckten Arten deutlich wird (Polyplax guatemalensis sp. n.: DURDEN & ECKERLIN 2001, Capsicum lanceolatum [Solanaceae]:

BOSLAND & GONZALEZ 2000). Dies stellt u.a. einen hohen ökonomischen Anreiz dar, da neue Arten z.B. für die Pharmaindustrie einen unschätzbaren Wert besitzen können und somit auch die Wirtschaft ein langfristiges Interesse an der Erhaltung dieser natürlichen Ressourcen haben sollte.

Die Bergnebelwälder haben außerdem eine wichtige Stellung im Wasserkreislauf. Das Abholzen unterbricht bzw. stört diesen, wodurch auch das regionale Klima verändert wird.

Darüber hinaus verfügen die guatemaltekischen Bergnebelwälder über ein großes touristisches Potenzial. Die Attraktivität liegt zum einen in der – gerade für Mitteleuropäer paradiesisch anmutenden – ursprünglichen und noch weitestgehend intakten Naturlandschaft mitsamt der zahlreichen endemischen Arten (Vögel, Schmetterlinge etc.). Zum anderen liegt der Reiz in der Kulturlandschaft mit ihren regionalen Besonderheiten wie den milpa-Flächen oder z.B. auch der Verschmelzung traditioneller und christlicher Religionsvorstellungen und -praktiken der Maya-Q’eqchi-Bevölkerung. Ein an die regionalen Eigenheiten angepasster und gelenkter Ökotourismus kann somit zum Schutz der verbliebenen Waldflächen beitragen und den Menschen vor Ort eine lohnende Perspektive geben.

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