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6 DISKUSSION

6.4 Waldbauliche Folgerungen und Ausblick

Die Überflutungsaue in ihrem jetzigen Zustand stellt ein labiles Ökosystem dar, wie man es so ausgeprägt selten findet. Nachdem die Feldulme (Ulmus carpinifolia) sicherlich für lange Zeit ausgefallen ist und unklar bleibt, inwieweit die Flatterulme (Ulmus laevis) diese ersetzen kann, bleiben als hochwassertolerante Baumarten nur die sich vegetativ vermehrenden Pappeln (Populus spec.) und Weiden (Salix spec.) und die sich ganz selten auf generativem Wege verjüngende Stieleiche. Daneben gibt es eine weitgehend hochwassertolerante Strauchschicht, die in der Überflutungsaue wüchsiger ist als auf anderen Standorten. Die sich reichlich aus Samen verjüngende Esche (Fraxinus excelsior) fällt bei extremem Hochwasser immer wieder im großen Umfang aus oder zeigt Rindenschäden im unteren Stammbereich.

Diese alte Erfahrung (ESSLINGER 1911, TUBEUF 1912) konnte in neueren Untersuchungen bestätigt werden (BIEGELMAIER 2002, SPÄTH 2002, VOLK 2002). Der noch weniger hochwassertolerante Bergahorn (s. Literatur zur Esche) dürfte sich in der Überflutungsaue allenfalls auf höher gelegenen Kleinflächen einige Zeit halten, wenn auch nicht ohne beträchtliche Ausfälle und Schäden.

Auf den von der Wasserführung des Rheins stark beeinflussten Untersuchungsflächen der Überflutungsaue bieten Naturverjüngung und Saat für die Erhaltung der Stieleiche keine Möglichkeiten. Ursachen hierfür sind hohe Samenverluste durch Tiere, Hochwasser in der Vegetationszeit und Konkurrenz durch die Begleitvegetation. Der Erfolg von Pflanzungen wird vor allem bestimmt durch die Hochwassersituation im Jahr der Pflanzung. Geringe

Höhenunterschiede im Flächenrelief beeinflussen die Ausfallrate. Exponierte Stellen wie etwa Mulden, Senken und Rinnen sollten deshalb nicht mit Eichen bepflanzt werden. Für die künstliche Verjüngung der Stieleiche kommt nur eine sorgfältige, das Pflanzmaterial schonende, maximal truppweise Heisterpflanzung in Betracht. Dabei sollten verschulte und im Pflanzkamp oder Baumschule unterstochene Stieleichen verwendet werden. Das wertvolle Pflanzmaterial muss mit den entsprechenden schonenden und angepassten Verfahren in die Bestände eingebracht werden. Bedingt das Verpflanzen großer Gehölze ohnehin schon ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Sorgfalt, muss auf den Standorten der Überflutungsaue alles getan werden, um den Pflanzen ein schnelles und unproblematisches Anwachsen zu ermöglichen. Starke Wurzelschnitte vor dem Einpflanzen sind grundsätzlich zu unterlassen, um die unterirdischen Pflanzenorgane nicht frühzeitig zu sehr zu schwächen und ein ausgeglichenes Spross/Wurzel-Verhältnis zu gewährleisten. Jedoch muss nach lang anhaltendem Hochwasser in der Vegetationszeit auch hierbei mit beträchtlichen Ausfällen gerechnet werden. Gepflanzte Stieleichen benötigen ausreichend Licht um den Pflanzschock rasch zu überwinden und mit dem Höhenwachstum beginnen zu können. Trotz der von einem höheren Lichtangebot ebenfalls profitierenden wüchsigen Begleitvegetation erscheinen hierzu Lichtverhältnisse von mindestens 30 % des Freilandlichtes als notwendig (vgl. Tab. 54 u. 59 Kap. 5.5.1). In Buchenaltbeständen Südniedersachsen konnten in Femellöchern von 30 bis 50 m Durchmesser solche Strahlungsbedingungen gemessen werden (vgl.LÜPKE 1982,SCHMIDT

et al. 1996,LÜPKE 2004). Je nach Bestandesaufbau und den beteiligten Baumarten sind im Auenwald vergleichbare Lückengrößen zu wählen, um die Stieleiche kleinflächig einzubringen. Auf nahezu der gesamten Versuchsfläche OS 1 stellten sich durch die Absenkung des Bestockungsgrades auf 0,7 infolge der Schirmstellung des Oberstandes ebenfalls Strahlungswerte von über 30 % des Freilandlichtes ein. Unabhängig vom Hiebsverfahren und der Verjüngungsmethode muss die fortschreitende Auflichtung des Kronendaches den Zwischenstand unbedingt mit einbeziehen. In Femellöchern sollten daher alle unterständigen Schattbaumarten und Sträucher entfernt werden. Beim Schirmschlagverfahren kann dies je nach der Artenzusammensetzung des Zwischenstandes sukzessiv geschehen. Aus den Erfahrungen der vorliegenden Arbeit lässt sich schließen, dass ein höheres Strahlungsangebot einer zu starken Beschattung stets vorzuziehen ist.

Bedrängende Konkurrenzgehölze müssen deshalb nicht nur vor der Pflanzung sondern auch bei der regelmäßigen Kulturpflege zurückgeschnitten werden. Zäunung der Verjüngungsflächen ist unbedingt erforderlich.

Auf den Untersuchungsflächen der Überflutungsaue fand sich zeitweise eine reichliche Naturverjüngung von Ulme, Esche und Bergahorn. Doch traten nach starkem Hochwasser hohe Ausfälle der Edellaubholzsämlinge, z. T. auch noch im Jungwuchsstadium ein. Im Altbestand sind neben der Stieleiche vor allem Esche (Fraxinus excelsior) und in geringerem Maße auch Bergahorn (Acer pseudoplatanus), Silberpappel (Populus alba) und Silberweide

(Salix alba) vertreten. Ältere Eschen und Bergahorne zeigten nach dem Hochwasser von 1999 ausnahmslos Rindenschäden im unteren Stammbereich, die bisher jedoch noch nicht zum Absterben der Bäume geführt haben.

Aus den Ergebnissen und Beobachtungen dieser Arbeit ergibt sich die Folgerung, die Standorte der Überflutungsaue waldbaulich extensiv zu behandeln und die Stieleiche nur sehr begrenzt durch Pflanzung einzubringen. Die Erhöhung des Stieleichenanteils ist nur unter sehr hohem Aufwand möglich. Auch dann gilt, dass ohne Nachbesserungen und ständige Pflegemaßnahmen die Stieleiche in den Rheinauenwäldern nicht nachhaltig erhalten werden kann. Als künftige Bestockungsziele sollte eine wechselnde Mischung von Esche, Pappeln (Populus alba, P. canescens) und Silberweide mit einem geringen Anteil von Stieleiche und Wildobstbäumen (Malus sylvestris, Pyrus pyraster) angestrebt werden.

Altaue

Die Erhaltung der Stieleiche in der Altaue durch Naturverjüngung, Saat und Pflanzung ist wenig problematisch. Die gegenwärtigen Wasser- und Nährstoffverhältnisse sind hierfür sehr gut geeignet. Die Ergebnisse dieser Arbeit belegen, dass die von LÜPKE (1995, 1998) und HAUSKELLER-BULLERJAHN et al. (2000) entwickelten Ansätze zur kahlschlagfreien Verjüngung von Traubeneiche (Quercus petraea) unter dem Einbezug des Eichenvoranbaus bei ausreichend Pflege auch für die Stieleiche in der Altaue erfolgsversprechend sein können.

Die Stieleiche wird allerdings nur als Mischbaumart eine Rolle spielen werden. Als lichtbedürftige Art kann sie nur unter lichtem Schirm oder in größeren Femellücken verjüngt werden (s. Ausführungen zur Überflutungsaue). Ebenso wie in der Überflutungsaue müssen die für Eichenpflanzungen geschaffenen Kronendachauflichtungen Schatten ertragende unterständige Bäume mit umfassen. Durch die Konkurrenz wuchskräftiger Begleitvegetation bedarf die Eiche ständiger Jungwuchspflege und zusätzlichen Schutz gegen Verbiss. Den Großteil der forstlich genutzten Flächen in der Altaue werden zukünftig die im Wachstum überlegenen Edellaubbäume (Fraxinus excelsior, Acer pseudoplatanus) sowie Hain- und Rotbuche (Carpinus betulus, Fagus sylvatica) bestocken.

Ausblick

Die Folgerungen und Empfehlungen für die Überflutungsaue gelten für die derzeitige Hochwassersituation, die sich seit dem Abschluss des Rheinausbaus eingestellt hat. Nationale und länderübergreifende Projekte zur Hochwasservorsorge wie das Integrierte Rheinprogramm (ANONYMUS 1996, PFARR 1999, HOMAGK 2000, ANONYMUS 2004a) und die Interreg-Rhein-Maas-Aktivitäten (ANONYMUS 2004b, 2004c) zielen auf die Wiederherstellung

des Hochwasserschutzes und Erhaltung der Leistungsfähigkeit des stark wechselnden Naturhaushalts. Dabei sind vorgesehen (ANONYMUS 1994a):

• Schaffung steuerbarer Hochwasser-Rückhalteräume (Polder),

• Rückverlagerung der Hochwasserdämme in mehr landseitige Regionen und

• Anlage von Wehren am Rhein.

Erste Erfahrungen liegen inzwischen vom südlichen Oberrhein vor (ANONYMUS 1994a). In den pfälzischen Rheinauen ist die Anlage von Poldern noch größtenteils im Planungs- oder Baustadium (ANONYMUS 2000b). Eine regelmäßige „Ökologische Flutung“ der beabsichtigten Retentionsräume wird jedoch zweifellos zu einer Veränderung der Hochwassersituation führen. Die zukünftige Bewirtschaftung der forstwirtschaftlich genutzten Flächen entlang des Rheins wird erheblich von dieser Entwicklung abhängen. Die Untersuchungen dieser Arbeit haben gezeigt, dass eine Verkürzung der Hochwasserdauer in der Vegetationszeit und eine Verminderung der Überflutungshöhe die Verjüngungs- und Aufwuchsbedingungen für die typischen Laubbaumarten des Hartholzauenwaldes verbessern könnten. Die Leitbilder für die Wälder (ANONYMUS 1994b, MICHIELS u. ALDINGER 2002) der tiefer gelegenen Zonen der Hartholzaue werden sich durch ein erfolgreiches Poldermanagement letztlich leichter erreichen und erhalten lassen. Bis dahin sollten sich die Anstrengungen zum Erhalt des Stieleichenanteils auf Flächen in der Altaue konzentrieren. Eine weitere Möglichkeit bietet das frühzeitige Aufforsten der neuen Retentionsflächen. Bei einem entsprechenden Poldermanagement mit allmählich steigendem Überflutugsstress nach Inbetriebnahme der wieder an das Flussregime angeschlossenen Flächen könnten so neue an Hochwasser angepasste Stieleichenbestände entstehen.