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1 EINLEITUNG

1.3 Untersuchungsziele

Die heutige Situation der Rheinauenwälder wirft sowohl aus Naturschutzaspekten als auch aus waldbaulicher Sicht zahlreiche Probleme und Fragen auf. So belegen die bisherigen Untersuchungen des Instituts für Waldbau der Universität Göttingen (RÖHRIG u. BARTSCH

1988, BARTSCH u. RÖHRIG 1992), dass sich Artenvielfalt, stufiger Aufbau, Stabilität und hohe Wuchsleistungen auf den Auenstandorten nur erreichen lassen, wenn die Oberschicht der Bestände überwiegend aus Lichtbaumarten zusammengesetzt ist. Die frühere Mittelwaldwirtschaft hat den Artenreichtum gefördert und in der Struktur zweischichtige Bestände entstehen lassen. Bei der Umwandlung dieser von Stieleiche und Ulmen dominierten Bestände in Hochwald ist durch die starke Ausbreitung des Bergahorns, der Esche und der Pappeln auf Kahlflächen nach Abtrieb der Althölzer der ursprüngliche Charakter der Auenwälder auf weiten Flächen verloren gegangen. Dies wird verstärkt durch den weitgehenden Ausfall der Ulmen infolge der Ulmenerkrankung.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hat die Landesforstverwaltung von Rheinland-Pfalz im Rahmen der von den Forstverwaltungen der Bundesländer entwickelten Bewirtschaftungsgrundsätzen einer ökologisch fundierten, naturnahen Waldbewirtschaftung für die Rheinauenwälder folgende Zielsetzungen festgelegt:

• Verstärkung des Eichenanteils,

• Zurücknahme des Bergahorns und

• Abkehr von Freiflächenkulturen.

Maßgeblichen Einfluss auf die Festlegung der neuen Zielsetzungen hatten Vorstellungen und Ideen des Naturschutzes. Selten gewordene und daher stark gefährdete Auenbiotoptypen und -systeme wurden in den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu naturschutzfachlichen Leitbildern für die zukünftige Landschafts- und Naturentwicklung entlang des Oberrheines erklärt (ANNONYMUS 1988, 1994,BOHN et al. 2003, DISTER 1985, 1988). In den Hartholzauenwäldern sollte fortan durch die Förderung der Stieleiche und der Abkehr vom Edellaubholzanbau die frühere, als sukzessional eingestufte Bestockung wieder hergestellt werden (KÄLBLE 1988, SCHNITZLER 1995, VOLK 1998).

Zur Vermehrung des Stieleichenanteils bieten sich Bestände an, in denen Lücken durch Abgänge von Esche und Bergahorn vor der Hiebsreife entstanden sind. Auch auf den zur Zeit mit Pappeln bestockten Flächen ehemaliger Stieleichen-Hainbuchenwälder innerhalb der Altaue bzw. früherer Ulmen-Stieleichenwälder innerhalb der Überflutungsaue, ist nach den Forsteinrichtungswerken von 1999 die Stieleiche vorgesehen.

Über die waldbaulichen Verfahren zur Einbringung und Verjüngung der Stieleiche im Auenwald bestehen in der forstlichen Praxis große Unsicherheiten. Die bisher üblichen Methoden der Eichenverjüngung auf Freiflächen (durch Heisterpflanzung oder Saat) oder durch Großschirmschlag (“Französisches Verfahren”) bringen gravierende Schwierigkeiten mit sich und führen trotz eines hohen Pflegeaufwandes nur selten zu befriedigenden Ergebnissen.

Im Gegensatz zu den sich reichlich verjüngenden, ursprünglich aber nicht oder nur begrenzt vorkommenden Baumarten Bergahorn und Esche verjüngt sich die Stieleiche in Auenwäldern von Natur aus praktisch nicht (RÖHLE 1982, DISTER 1985, HORNUNG 1988, RÖHRIG u.

BARTSCH 1988, BARTSCH u. RÖHRIG 1992). Bisweilen finden sich zwar Eichensämlinge in Althölzern, diese sind jedoch bereits im Alter von zwei Jahren wieder ausgefallen. Als Gründe für die ausbleibende Naturverjüngung werden die Konkurrenz der Ahorn/Eschen-Verjüngung und der Kraut- und Strauchschicht (v. a. um den Faktor Licht), Wildverbiss, Fraß der Eicheln vor der Keimung (Wildschweine, Vögel, Mäuse), ein ungünstiges Keimbett und Hochwasserschäden diskutiert.

Abgesehen von einigen Forschungsansätzen in den USA mit den dort heimischen Eichenarten (STRENG et al. 1989, CLATTERBUCK u. MEADOWS 1993, JONES et al. 1994), sind zur Verjüngung der Stieleiche in mitteleuropäischen Auenwäldern bisher nur wenige Untersuchungen durchgeführt worden (SIEBEL u.BOUWMA 1998,MATIĆ et al.1999,KÜßNER

u. WAGNER 2002, KÜßNER 2003). Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Verjüngung der Eichen außerhalb des Auenwaldes (Literaturübersicht bei HAUSKELLER-BULLERJAHN 1997) lassen sich aus mehreren Gründen nicht auf die Standorte der Überflutungsaue und der Altaue übertragen:

• Auenwaldstandorte weisen größtenteils sehr gut nährstoff- und wasserversorgte Böden auf. JOHNSON (1993) weist in diesem Zusammenhang auf eine allgemeine Beziehung zwischen Standortsgüte und Verjüngungserfolg bei Eichen hin: “the better the site the more difficult it is to regenerate oaks”.

• Auf den Auenstandorten ist bei entsprechender Auflichtung der Konkurrenzdruck durch die Begleitvegetation (Kraut- und Grasvegetation, Straucharten, Baumverjüngung) höher.

• Überflutung, Sedimentation, Erosion, Druckwasser und Mächtigkeit der Schlickauflage führen zu zahlreichen kleinflächigen Standortsunterschieden.

• Baumartenzusammensetzung, Anzahl und Anteil der Mischbaumarten unterscheiden sich wesentlich von den Beständen außerhalb der Auen.

Ziel des vorliegenden Forschungsprojektes ist es, in Zusammenarbeit mit der forstlichen Praxis waldbauliche Verfahren zu entwickeln, mit denen sich der Stieleichenanteil unter den gegenwärtigen Standorts- und Bestockungsverhältnissen der Rheinauenwälder erhöhen lässt.

Hierzu wurden in den rheinland-pfälzischen Forstämtern Speyer, Bellheim und Hagenbach im Herbst/Winter 1998/99 Versuchsflächen mit Naturverjüngung, Pflanzung und Saat der Stieleiche bei unterschiedlicher Schirmstellung des Altbestandes angelegt.

Im Einzelnen wurden folgende Arbeitshypothesen überprüft, denen überwiegend Beobachtungen und Erfahrungen der forstlichen Praxis zu Grunde liegen:

Fruktifikation der Stieleiche

• Die speziellen Standortbedingungen der Überflutungsaue (Überflutung und Nährstoffausstattung der Böden) beeinflussen die Samenentwicklung bei der Stieleiche.

• In der Überflutungsaue sind Masten der Stieleiche seltener und weniger ergiebig als auf Standorten ohne Hochwassereinfluss.

Keimung der Samen

• Die am Boden liegenden Samen werden überwiegend von Tieren gefressen oder verschleppt.

• Lang anhaltende Überflutung verhindert die Keimung und/oder verdriftet die Samen.

Entwicklung der Verjüngung

• Sommerhochwasser und Sommertrockenheit sind die Hauptursachen für die Mortalität von Eichenpflanzen im Auenwald.

• Lichtmangel auf Grund zu geringer Auflichtung des Altbestandes erhöht die Ausfallquote und beeinträchtigt das Wachstum der Verjüngung.

• Die Auflichtung des Altbestandes verstärkt den Konkurrenzdruck durch die Bodenvegetation und Strauchschicht.

• Pilzbefall (v. a. Phytophtora spec.) ist eine Ursache für Pflanzenausfälle.

• Bei der Saat lässt sich gegenüber der Naturverjüngung durch die Wahl des Saatzeitpunktes der Verjüngungserfolg erhöhen.

• Bei der Pflanzung lassen sich durch die Wahl des Pflanzensortimentes, des Pflanzverbandes und -verfahrens Anwuchserfolg und Umfang der Pflegemaßnahmen beeinflussen.