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Wahrnehmung der GruppenleiterInnen und der Amtsleitung

Im Dokument Rosa-Luxemburg-Stiftung Manuskripte 56 (Seite 128-131)

9 Geschlechtlich eingefärbte Zusammenarbeit mit den

10.6 Wahrnehmung der GruppenleiterInnen und der Amtsleitung

Einige Beschäftigte äußern, dass es für sie belanglos sei, ob sie weibliche oder männliche Vorgesetzte hätten. Eine Mitarbeiterin nimmt den Vorgesetz-ten nicht als übergeordnete Leitungsperson wahr, sondern vielmehr als Kol-legen, der für die Arbeitskoordination und -verteilung zuständig ist.

Zwei Mitarbeiterinnen betonen die fachliche und soziale Kompetenz sowie das gute Verhältnis zu den Gruppenleitern und geben an, sich auch mit priva-ten Problemen an sie wenden zu können. Eine dieser Mitarbeiterinnen nutzt den Kontakt auch als Möglichkeit zur Absprache bzw. um sich bei besonde-ren Auslegungen abzusichern.

„ … der … arbeitet ja schon ganz viele Jahre … in … (dem Amt, A.d.A.) und der ist auch in seiner Kompetenz und seinem Fachwissen ist er schon sehr gut.“ (B8X)

„ Wie gesagt er ist kompetent, er ist sachlich und er ist – wie sagt man so schön – Kumpel. Also man kann kommen mit privaten Sorgen, mit berufli-chen Sorgen, er findet immer ’ne Lösung.“ (B13X)

„Ja im Zweifelsfall bespricht man sich mit den Vorgesetzten, wenn man also abweichen will, oder wenn man irgendetwas mal ’ne besondere Auslegung im Rahmen des Gesetzes vornehmen will, sichert sich ab.“ (B1X)

Zwei Mitarbeiterinnen führen aus, dass ein Gruppenleiter über alle Vorgänge Bescheid wissen will. Er entwickelte eine für alle gültige Bearbeitungslinie und verhält sich hierdurch dirigierend. Sie tolerieren diesen Arbeitsstil und interpretieren die Situation als ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis:

„Der brauch uns. Der braucht uns. Ne, ne also, da haben wir schon ein gu-tes Verhältnis. … A ja, der sagt schon mal: Lasst meine Frauen in Ruhe, a-ber … ne, ne das ist schon. … Der passt schon auf … Ne, also ist aa-ber ganz normal … so wie man eben auch zu Hause rumalbert.“ (B3X)

Ein männlicher Mitarbeiter äußert sich im gesamten Interview nicht über seinen Gruppenleiter. Ein anderer empfindet, ebenso wie eine Kollegin, den Gruppenleiter als eine vorwiegend Arbeiten und Aufträge verteilende Per-son, die zusätzlich bei großen Projekten informiert ist, aber ein autonomes Arbeiten nicht unterbricht.

„Ja im Großen und Ganzen ist man selbst verantwortlich, weil man spricht zwar schon mal mit dem stellvertretenden Amtsleiter, aber mehr informell.

… kommt darauf an, wie lange man selber schon dabei ist und wie viel Er-fahrung man selber hat. … jüngere Kollegen müssen natürlich viel mehr noch angeleitet werden.“ (B2Y)

Die Wahrnehmung der Gruppenleiter ist differenziert und von der Person abhängig. Gleichzeitig variiert die Wahrnehmung über den Gruppenleiter zwischen den weiblichen und männlichen Beschäftigten. Die weiblichen Be-schäftigten erleben ihren Gruppenleiter überwiegend in der exponierten Funktion eines Vorgesetzten. Er ist entweder als freundschaftlich helfende Hand gegenwärtig oder wirkt als Kontroll- und Regulierungsinstanz. Die männlichen Beschäftigten hingegen arbeiten deutlich autonomer. Für sie ist weder die Funktion noch die Person des Gruppenleiters regelmäßig präsent.

Während also die Mitarbeiter zu dem Gruppenleiter ein eher gleichberechtig-tes Verhältnis wie zu sonstigen Kollegen haben, ist zwischen den Mitarbeite-rinnen und dem Gruppenleiter eher das „übliche“ gesellschaftlich-hierarchische Geschlechterverhältnis fortgesetzt.

Die Amtsleiterin wird als Beleg angeführt, dass mittlerweile keine ge-schlechtsspezifische Ungleichheit im Amt mehr existiert. Sie selbst hätte nach Einschätzung eines Mitarbeiters den Weg für mehr Frauen im Amt ge-öffnet. Eine Mitarbeiterin bemerkt im Vergleich zu einem vorhergehenden Vorgesetzten Unterschiede in der Behandlung durch die Amtsleiterin:

„Ich weiß aber, dass also hier noch, also noch der alte Amtsleiter, also der hat die Damen nicht so ernst genommen. … hat mir immer so über die Schul-ter gestreichelt, also das zeugt nicht gerade für Akzeptanz. Aber seit dem der nicht mehr da ist, haben wir auch eine Chefin und da spielt es eigentlich nicht, also keine Rolle.“ (B1X)

Dass die Amtsleiterin ein prinzipielles Interesse an einer Umsetzung von Gleichberechtigung im Amt habe, entnimmt eine Mitarbeiterin dem, dass sie selbst kritisiert wurde, da sie die weibliche Anspracheform in einer Dienst-anweisung vergessen hatte.

„… weil ich da keine Probleme sehe. … Ich werde von meiner Chefin ange-niest, wenn ich ’ne Dienstanweisung schreibe und schreibe liebe Mitarbeiter, dass da nicht Mitarbeiterinnen steht …“ (B11X)

Einige männliche Beschäftigte empfinden es auch nicht als ungewöhnlich, eine Chefin zu haben. Zwar nehmen zwei Mitarbeiter auch die formelle Hie-rarchie zu ihr wahr, wobei einer hiervon angibt, in dieser neuen Konstellati-on selbst mit mehr Kompetenzen ausgestattet worden zu sein. Ein Mitarbei-ter bemerkt, gut mit der AmtsleiMitarbei-terin zusammenarbeiten zu können, da er und ein weiterer Mitarbeiter die Kompetenzen der Amtsleiterin hoch schät-zen.

„Ja, ja. Da gibt’s dann auch eine Hierarchie. …Sie hat sich für gewisse Dinge ’ne Schlusszeichnung vorbehalten. … aber unsere Geschäftsord-nungspläne wurden … neu gemacht. Da ist dann mehr Verantwortung auf die MitarbeiterInnen auch delegiert worden.“ (B4Y)

„… also ich habe den Eindruck, dass ich mit (der Amtsleiterin) recht gut zu Recht kommen kann …(Nachfrage: Chefin – ungewöhnlich?) Eigentlich nicht … bin ja Frauen gegenüber sowie so eher offen.“ (B14Y)

„… sie macht ihre Arbeit gut und vielleicht auch besser als mancher Mann.

… kann sich fachlich mit ihr gut unterhalten.“ (B4Y)

Im Gegensatz dazu äußert sich ein Gruppenleiter, auf die Frage nach der Zu-sammenarbeit mit der Amtsleiterin sehr knapp.

„Ohne Probleme. Gegenseitige Achtung ist da, aus, Ende.“ (B7Y)

Die Mitarbeitenden sprechen positiv über die Kompetenzen der Amtsleiterin und darüber, dass die Stelle von einer Frau besetzt wurde. Lediglich bei ei-nem Gruppenleiter ist zu vermuten, dass eine jüngere und unerfahrenere Vorgesetzte doch eher gewöhnungsbedürftig sein könnte. Möglicherweise ist auch das Thema selbst zu subtil. Die Wahrscheinlichkeit, dass besonders hier Antworten gefiltert wurden, ist relativ hoch.

10.7 Erklärungen: geschlechtsspezifischer Ungleichheiten im

Im Dokument Rosa-Luxemburg-Stiftung Manuskripte 56 (Seite 128-131)