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Wachstum und/oder Entwicklung

2. Diskursanalytisches Vorgehen

3.1. Der Diskurs um Globalisierung

3.2.4. Problematiken zukunftsfähiger Entwicklung und Diskursordnungen

3.2.4.1. Wachstum und/oder Entwicklung

Der Versuch einer Gleichsetzung von Entwicklung und Wachstum führt zu einer kaum plausibleren dichotomischen Entgegensetzung (Wehling 1997, 41) beider Begriffe in kritischer Absicht: “Wachstum ist die quantitative Zunahme in physikalischen Größen, während Entwicklung qualitative Verbesserung oder die Entfaltung neuer Möglichkeiten bezeichnet.” (Daly 1990, 1). Es gelingt Daly (1990b), sustainable growth als Oxymoron110 darzustellen: eine Erscheinung, die logisch möglich ist, aber keine andere Wirklichkeit hat.

Dem kann entgegnet werden, daß quantitative Prozesse zu neuen Qualitäten führen können und daß quantitative und qualitative Prozesse oft nicht eindeutig unterscheidbar sind (Ekins 1994, 158f.).

Wachstum

Die Bandbreite des Diskurses um Wachstum reicht von der Festlegung als kulturelles Phänomen mit begrenzter historischer Gültigkeit bis zur anthropologischen Einsicht, daß Wachstumsprozesse alternativlos genetisch festgelegt sind (Haan de/Kuckartz 1996, 264f.).

Wachstum ist ein so zentrales Argument, daß es uns nahezu unmöglich erscheint, es in seinen verschiedenen Dimensionen zu analysieren. Majer hat verbreitete Argumentationen zum Wirtschaftswachstum zusammengestellt, die einen Eindruck von der Bedeutung des Themas vermitteln:

Apologie Kritik

Einkommenszuwachs ist gleichzusetzen Einkommensverteilung hat sich mit mehr Konsummöglichkeiten zugunsten der Einkommen aus

und gerechterer Verteilung. Unternehmertätigkeit und Vermögen

verändert.

Arbeitsplätze werden geschaffen. Positive Wachstumsraten des Sozialprodukts sind mit steigender Arbeitslosigkeit gekoppelt.

Wachstum hält das Sozialsystem Soziale Sicherungssysteme stoßen

finanzierbar. aus innerer Dynamik an Grenzen.

Ein Innovationsklima wird erhalten, Das Innovationsklima ist wesentlich auch das wirtschaftliche Dynamik bewirkt. von anderen Bestimmungsgrößen

abhängig.

Über Wachstum werden Wachstum schädigt Umwelt irreversibel

Umweltaufwendungen erst finanzierbar. bei begrenzter Fähigkeit zur Reparatur.

110 In dieser Linie bewegen sich auch Anderson/Leal (1991), wenn sie festhalten, daß aus der Perspektive vieler Menschen freie Märkte und Umwelt unvereinbar sind, eben ein Oxymoron. Das Oxymoron als rhetorische Figur ist eine Zuspitzung der Antithese als Annäherung des Unvereinbaren.

Mit der Konzeption des “qualitativen Wachstums” wird versucht, auf neoklassischer Grundlage individuelle Nutzenmaximierung mit gesellschaftlichen Strukturwirkungen zu verbinden. Majer nimmt an, daß innerhalb dieser Verbindung kollektive Ziele vorrangig verfolgt werden. Eine Nähe zum Dispositiv entsteht durch die Gleichsetzung von qualitativem Wachstum und Entwicklung bei sekundärer Bedeutung des Gesamtwachstums. Entscheidend ist die Zielorientierung auf Wirtschaftlichkeit, Umwelt-, Sozial- und Internationalverträglichkeit. (Majer 1998, 203). Essentiell für die Konstruktion von

“qualitativem Wachstum” ist der Gedanke der Selbstbegrenzung, die bestimmte “Qualitäten”

sichern soll. (Majer 1998, 204). Dem widerspricht entschieden Ullrich (1995, 27), der ein Identitätsfeld von qualitativem Wachstum und Sustainable Development bestreitet: “Der entscheidende Ausgangspunkt für eine Veränderung in Richtung Zukunftsfähigkeit ist die Wachstumskritik. Jede Nutzungsgradverbesserung wird von beibehaltener Wachstumsdynamik nach einiger Zeit wieder aufgezehrt und überkompensiert.”

Eine Verbesserung der Umweltqualität ergibt sich bei Nullwachstum nicht automatisch, sondern nur bei umweltentlastendem Strukturwandel und Vermeidungstechnologien. Die Kritik an der Forderung nach einem Nullwachstum gipfelt im Vorwurf der eigennützigen Erhaltung eines Status Quo: “Geradezu zynisch erscheint die Forderung nach Nullwachstum, wenn sie von Bürgern der reichen Industrienationen erhoben wird. Entwicklungsländer verbinden mit Wirtschaftswachstum eine höhere Nahrungsmittel- und Industrieproduktion und damit die Hoffnung auf Überwindung der allergrößten Not bei einem großen Teil der Bevölkerung.” (Binder 1999,11f.). Auch Pearce kritisiert die Nullwachstumsschule, begründet dies jedoch damit, daß Nullwachstum enorme soziale Probleme erzeuge: Das Bruttosozialprodukt sei der Hauptbeitrag zu menschlicher Wohlfahrt, Wachstumsabstinenz dagegen werde große soziale Probleme schaffen: Armut und Arbeitslosigkeit. Diese erzeugten wiederum schwerwiegende gesellschaftliche Probleme über die Ausweitung bereits bestehender gesellschaftlicher Differenzen. “Anti-growth advocates are embarrassingly silent or unrealistic on how they would solve problems of poverty and unemployment.” (Pearce 1993, 4). Die Attraktivität der Idee des Nullwachstums erklärt Maier-Rigaud aus der Tatsache, daß die neoliberale Logik nichts gegen die ökologische Katastrophe aufzubieten habe. Allein durch diese Konstellation “erscheint eine Strategie des Wachstumsverzichts als einzig mögliche Alternative.” (Maier-Rigaud 1999, 175).

Die in der Thematisierung des Nullwachstums am stärksten hervortretende Bedeutung von Selbstbegrenzung hat nach Illich eine aktuelle Bedeutung, weil die Gewinne aus Wachstumsprozessen längst durch unerwünschte ‚Nebenwirkungen‘ übertroffen werden. In der Reaktion auf diese Situation nehme die Grenzmetapher eine Vielzahl von Bedeutungen in den verschiedensten Praxisbereichen an. Es sind nach den Überlegungen Illichs subtile Alltagsgrenzen, die den Wachstumskonsens ersetzen sollen, deren Implementierung jedoch im Unterschied zum Entwicklungsdenken neue Problematiken erzeugt: “Der Ersatz des Wachstumskonsensus durch einen Konsens zugunsten von subtilen Alltagsgrenzen erfordert weit größere verwaltende Anmaßung als diejenige, die dem Helfer zur Zeit der Entwicklungswut nötig war. Denn jetzt geht es nicht mehr darum, ‚wie im Westen, also auch auf Erden‘ zu wachsen, sondern alle Lebensbereiche als Subsysteme des Weltsystems zu homologisieren...” (Illich 1997, 210). Trotz der systemtheoretischen und avantgardistischen Befangenheit wird doch kenntlich, daß es sich um die Thematik der Selbstbegrenzung handelt, die in einem Prozeß der Strukturierung des Raumes und der Entfaltung neuer politischer Identitäten einen besonderen Rang einnimmt.

Voraussetzung eines Denkens subtiler Alltagsgrenzen ist eine Veränderung des Verhältnisses der Präsenz von ökonomischen Praktiken und ihrer mathematischen Repräsentation, wie sie etwa von van Dieren entwickelt wird. Dieses Verhältnis wurde seit der Erfindung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen permanent verändert (van Dieren 1995, 46ff.). Als Kontensystem (Geldflüsse und Preise gegen Waren und Dienstleistungen) umfaßte es zunächst Angaben über Produktion, Einkommensentstehung und Einkommensverwendung.

Probleme bei der Veränderung dieses Kontensystems bestehen vor allem in der Quantifizierung möglicher Ergänzungen. Mit der Natur zu rechnen, heißt im Hinblick auf veränderte Repräsentanz, die Kosten des Abbaus natürlicher Ressourcen einzubeziehen. Ein Ergebnis der Modifikation ist die Quantifizierung der Differenz zwischen dem traditionellen Sozialprodukt und dem ‚ökologischen Sozialprodukt‘, die den Abstand zu einer nachhaltigen Nutzung der Umweltfunktionen angibt (van Dieren 1995, 273).

Entwicklung

In der skeptischen Deutung liegt dem modernen (industriellen) Entwicklungsprozeß ein Entwicklungsmodell zugrunde, das in fünf wichtigen Dimensionen beschreibbar ist:

Rationalisierung, Homogenisierung, Kolonisierung und Expansion, bio-physische

Degradation und Individualisierung. Für Finger bewirkt dieses Entwicklungsmodell eine sich gegenseitig verstärkende bio-physische und sozio-kulturelle Degradation (Finger 1997, 60).

Jenseits solchen Skeptizismus bemüht sich Kößler (1998, 175) um einen geeigneten Rahmen für die Diskussion des Entwicklungsbegriffs. Danach ist die Linie der universalisierbaren, aufsteigenden Entwicklung im Rahmen eines industriellen Paradigmas von Wirtschaften, Produzieren und Leben nicht beliebig verlängerbar. Es gehe nicht mehr um nachholende, auf Regionen oder Staaten begrenzbare Entwicklung, sondern um einen globalen Prozeß ineinander greifender Transformationen. 111 Das gegenwärtig dominante Entwicklungsmodell beschreibt Kößler (1998, 172) als Blockade, weil in ihm die Zukunft als Fortschreibung der Gegenwart fixiert und Neues allein aus dem technischen Fortschritt zu erwarten ist.

Das Zeitalter der Entwicklung (Sachs 1994, 17ff.; Arts 1994, 7) ist an die Entstehung eines bestimmten Bildes geknüpft. Es ist dies die Vorstellung von einer Einbahnstraße, auf der sich Nationalstaaten mit unterschiedlicher Geschwindigkeit bewegen oder sich anschicken, die Straße zu betreten. Eine Kombination von Kapital, Technologie und Kultur sollte den unterentwickelten Gebieten das Betreten dieser Einbahnstraße (in der Logik dieses Entwicklungsdenkens übrigens die einzige Straße der Welt) ermöglichen. Kulturen, die nicht auf einen allgemeinen Akkumulationszwang hin orientiert waren, wurden zerstört in dem Versuch, Wachstumsschranken zu überwinden. In seiner Bilanz des Entwicklungsdenkens hält Sachs fest, daß der Abstand zwischen entwickelten und unterentwickelten Ländern sich vergrößert hat und daß die Einbahnstraße in die falsche Richtung führt: “Truman konnte immerhin noch darauf vertrauen, daß der Norden die Spitze der sozialen Evolution

111 Diese Feststellung von Kößler bezieht sich auf einen Diskursstrang, in dem das Ende der ‚großen Theorie‘

von Bedeutung ist (Mürle 1997, 3). Mürle differenziert zwischen dem Ende eine spezifischen Form von Entwicklungstheorie und der Entwicklungstheorie selbst. Die neueren Beiträge zur Entwicklungstheorie (Menzel 1993, 132) gehen mit ihrer Fixierung auf die Kombination von Wirtschaftswachstum, Industrialisierung, soziale Differenzierung, Mobilisierung, mentalen Wandels, Demokratisierung und Umverteilung und die Eingrenzung auf bestimmte Räume (Westeuropa, Nordamerika, Ostasien) nicht über das hinaus, was in der Tradition Webers bereits in den 60er Jahren Diskussionsstand war. Die Kritik von Habermas (1985) an Modernisierungstheorien als Wiederaufnahme von Max Webers Fragestellung mit funktionalistischen Mitteln unter Verzicht auf die Rationalisierungsperspektive ist nur zum Teil begründet. Die Eingrenzung modernisierungstheoretischer Forschungsgegenstände auf bestimmte Räume und Zeiten ist eine Reaktion auf die Kritik an allzu unbefangener Verwendung universeller Muster für soziale Entwicklungsprozesse. Das Potential der Modernisierungstheorie und ihre Wandlungsfähigkeit werden in einem Beitrag von Therborn (1998) deutlich, der die Modernisierungstheorie in eine Theorie multipler Modernitäten umbaut. Ausgangspunkt ist nicht mehr die ethnozentrische Zufälligkeit der Herausbildung eines Ensembles von Institutionen, sondern eine Zeitkonzeption als Begriffsinhalt. Modernität kommt dann einer Epoche, einer Kultur o.ä. zu, wenn sie zukunftsorientiert ist. Diese Zeitkonzeption ist zwar auch Bestandteil der älteren Modernisierungstheorie, ist dort aber an Institutionen gebunden. Statt einer großen Erzählung kann Modernisierung als eine Reihe verschiedener Zugänge zu Modernität mit je eigener historisch-spezifischer Dynamik aufgefaßt werden. Eine solche Pluralisierung zweiter Ordnung unterhalb der ‚Zukunftsorientierung‘ ermöglicht die Referenz auf sozio-kulturelle Räume mit unterschiedlichen sozialen Dynamiken, die abhängig sind von verschiedenen historischen Eintritten in ein modernes Zeitalter, der Konfiguration sozialer Kräfte, ihren Erfahrungen in den Kategorien von Erfolg oder Mißerfolg, verschiedener kulturellen Programmen und institutionellen Mustern. Diese Dynamiken berücksichtigen ausdrücklich auch Widersprüche und Konflikte.

verkörpere. Aber diese Vorstellung der Überlegenheit ist heute angesichts der ökologischen Krise vollständig und endgültig zerbrochen.” (Sachs 1994, 19). Eine ähnlich ernüchternde Bilanz zieht Shiva (1988) für den Zusammenhang von Naturzerstörung und gesellschaftlicher Lage von Frauen während der Entwicklungsära. Mit wenigen Ausnahmen hat sich der Zugang von Frauen zu ökonomischen Ressourcen, Einkommen und Beschäftigungsmöglichkeiten verschlechtert, die Arbeitsbelastung erhöht und der Gesundheits-, Ernährungs-, und Bildungszustand verschlechtert. Und: Rio 1992 erlaube dem Norden die Fortsetzung von Entwicklung als Rennen ohne Ziellinie, woraus Sachs den Schluß zieht, daß Gerechtigkeit von der Perspektive der Entwicklung abzukoppeln sei. Eine Umverteilung von Macht und Ressourcen beschränke sich sonst auf die globale Mittelklasse (Sachs 1994, 23). Das Entwicklungsdenken Trumans ist nur eine - wenn auch sehr einflußreiche - Variante des Entwicklungsdenkens, das auch innerhalb einer innerweltlichen Alternative attraktiv erschien.

Lipietz kritisiert in der Beurteilung von ‚Entwicklung‘ die europäische Linke als Protagonisten der innerweltlichen Alternative: “Hinter dem Versuch, den anderen zu helfen, nicht so zu werden, wie wir sind, stand der Traum, ihnen zu helfen, das zu werden, was wir gerne wären – auf abgekürztem Weg, doch demselben Paradigma des Fortschritts verpflichtet.” (Lipietz 1998a, 86). Als Konsequenz aus den katastrophalen Wirkungen der Versuche, die Wege und Methoden europäischen Fortschritts zu übertragen, schlägt Lipietz vor, auf den Terminus Entwicklung zu verzichten und künftig nur noch von Entwicklungsmodellen zu sprechen.

Ist der Vorschlag von Lipietz als Auflösung der allgemeinen Entwicklungskategorie in nebeneinander existierende Entwicklungsmodelle zu kennzeichnen, so zielt Brand (1997) auf eine veränderte Semantik des Entwicklungsbegriffs ab. Unter Veränderung zentraler Kategorien wird die herkömmliche Entwicklungskonzeption mit dem Ziel gesellschaftlicher Selbstbegrenzung neu gestaltet:

- Selbstbegrenzung der Naturnutzung im Bezug auf künftige Generationen (Art des gesellschaftlichen Naturverhältnisses wird Kernelement von Zukunfts- und Entwicklungsvorstellungen);

- Selbstbegrenzung der Naturnutzung unter dem Aspekt gerecht verteilter, globaler Entwicklungschancen (alle Menschen sollen ähnliche Chancen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse erhalten);

- Selbstbegrenzung von Eigendynamiken systemspezifischer Entwicklungsrationalitäten als Vernetzung ökologischer, ökonomischer und sozialer Entwicklungsaspekte (Brand 1997, 14).

Eine weitere Veränderung des Entwicklungsdenkens deutet sich an, wenn O’Connor/Martinez-Alier die Symbiose zwischen ökonomischer und ökologischer Reproduktion als Abkehr vom Wachstum der Warenproduktion konzipieren: “This means a shift of emphasis away from ‚growth‘ (of commodity output) as a one-way process of raw material appropriation and disposal of wastes, towards a view of development as based on cycles of renewal and regeneration: a symbiosis of ecological and economic ‚reproduction‘.”

(O’Connor/Martinez-Alier 1998, 41). Sie gehen so weit, eine Logik des Gabentausches zu unterstellen, die Marktprozesse nicht leisten: “As members of ecological and human communities, we are each other‘s guests. Receiving from the past, we turn and seek to provide for the future. In this way the gifts of nature are renewed, and we acknowledge gratitude for the gifts received by making counter-gifts. This is a different logic of valuation from what ‚the market‘ can provide.” (O’Connor/Martinez-Alier 1998, 53).

Die Logik des Gabentausches wird von Godelier (1999, 78f.) so charakterisiert, daß der ursprüngliche Geber trotz der Zirkulation des Objektes Rechte an ihm behält: “Die Tatsache, daß es zirkuliert, bedeutet natürlich, daß jeder von denen, die es empfangen, seine Empfänger sind, seinerseits zu einem Geber wird. Doch keiner von ihnen wird je über das Objekt dieselben Rechte wie der erste der Geber haben. Dieser bewahrt das unveräußerliche Eigentum an ihm, alle anderen genießen Besitz- und Nutzungsrechte an dem Objekt, die ihrerseits veräußerlich und vorübergehend sind und die von dem einen auf den anderen übertragen werden.” Für die westlichen Gesellschaften geht Godelier davon aus, “daß die Gabe kein notwendiges Mittel mehr ist, um die Grundstrukturen von Gesellschaft zu produzieren.” (Godelier 1999, 291). Doch sieht er – nur unter Bezug auf gesellschaftliche Prozesse – eine Renaissance der Bedeutung der Gabe: “Heute aber ist angesichts des Ausmaßes der sozialen Probleme und der offensichtlichen Unfähigkeit des Marktes und des Staates zu ihrer Lösung die Gabe im Begriff, wieder zu einer objektiven, gesellschaftlich notwendigen Bedingung für die Reproduktion der Gesellschaft zu werden. Es ist dann nicht die wechselseitige Gabe von gleichwertigen Dingen. Es ist auch nicht die Gabe als Potlach, da diejenigen, für welche die Gaben bestimmt sind, einige Mühe damit hätten, sie zu ‚erwidern‘, und erst recht damit, mehr zurückzugeben.” (Godelier 1999, 294). Es geht hier nicht darum, in jedem Punkt der Argumentation von Godelier zuzustimmen, sondern die Analogie zum gesellschaftlichen Naturverhältnis herzustellen, das allein mit Nutzenerwägungen nicht analysierbar ist. Die Natur als ein Geschenk aufzufassen, das von Generation zu Generation weitergegeben wird, und an dem keine Generation Eigentumsrechte erwerben kann, sondern

bestenfalls eine Nutzung auf Zeit entsteht, läßt die Modellkonstruktion von Rawls als entbehrlich erscheinen.