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Vulkanisches Aerosol

Im Dokument stratosphärische Wolken mit einem (Seite 27-31)

3 Stratosphärisch Aerosole 2

3.2 Vulkanisches Aerosol

Eruptionssäule energiereicher Vulkanausbrüch könne Gase und Staubpartikel bis in die untere und mittlere Stratosphär tragen. Im unteren Teil der Säul wird der Materialtransport von der kinetischen Energie des austretenden Magmas angetrie- ben. Atmosphärisch Konvektionsprozesse, die durch die hohen Temperaturen des ausgeworfenen Materials ausgelös werden, stabilisieren die Vertikalbewegung im oberen Bereich der Säule

Die Auswirkungen eines Vulkanausbruchs auf den Aerosolhaushalt der Strato- sphär ist in erster Linie abhängi von der Gesamtmenge an schwefelhaltigen Ga- sen, die in die Stratosphär eingetragen werden. Diese Menge mu nicht mit der währen eines Ausbruchs freigesetzten Energie oder der Masse an ausgeworfenem Material korrelieren. So hat der Ausbruch des mexikanischen Vulkans E1 Chich6n im April 1982 mit etwa 0,5 bis 0,6 km3 etwa fünfma weniger Staub und Asche geförder als die Eruption des nordamerikanischen Vulkans Mt. St. Helens im Mai 1980. Die Gesamtmenge des stratosphärische Schwefelsäureaerosols die nach dem Ausbruch des E1 Chich6n entstanden ist, übertriff jedoch die des Mt. St. Helens um fast zwei Gröflenordnunge [Turco et al., 19831. Staub- und Aschepartikel, deren Durchmesser einige Mikrometer überschreiten sedimentieren unter dem Einflu der Gravitation innerhalb weniger Tage bis Wochen in die Troposphär und werden dort vom Regen ausgewaschen. Gasanalysen des Eruptionsmaterials zeigen einen hohen Anteil an SO2. Auch H2S wird in geringen Mengen gefunden. Die in die Stratosphär ein- getragenen schwefelhaltigen Gase werden unter Beteiligung des Hydroxyl-Radikals zu H2S04 oxidiert. Die genauen Reaktionskanäl sind noch nicht im Detail ver- standen. Es wird jedoch vermutet, da der folgende Reaktionsmechanismus in der Stratosphär eine dominierende Rolle spielt [Turco, 19851,

SO2 + O H

-%

HSOS HSO3

+

OH Ñ

so3 +

H20

HS03-i-0 + SOs-i-OH SOs+HzO

-M-^

H2So4.

Das vulkanische Aerosol entsteht schlie§lic durch Kondensation von H2S04 und HzO. Eine teilweise Kondensation setzt bereits im oberen Bereich der Eruptions- säul ein, d a die Temperaturen dort auf ausreichend niedrige Werte abgesunken sind und hohe Partialdrück von HzS04 und H 2 0 auftreten [Tabazadeh und Turco, 19931.

Die Zeitkonstante fü die Kondensation des Schwefelsäureaerosol beträg etwa 20 bis 30 Tage [Bluth et al., 1992; McPeters, 1993; Deshler et al., 19911.

Schwefelsäuretröpfch befinden sich im Gleichgewicht mit dem in der Gasphase vorhandenen Wasser, d.h. die Anzahl der pro Zeiteinheit kondensierenden H 2 0 - Molekül entspricht der pro Zeiteinheit verdunstenden Moleküle Abschätzunge fü diesen Proze ergeben eine Zeitkonstante in der Gröflenordnun weniger Se- kunden [Steele und Hamill, 19811. In Abhängigkei von Wasserpartialdruck und Temperatur stellt sich unter Annahme typischer Stratosphärenbedingunge eine HzS04-Konzentration zwischen 60 und 85% ein ISteele und Hamill, 19811. Da das Volumenmischungsverhältni von H2S04 in der Gasphase gegenübe dem H 2 0 - Mischungsverhältni etwa acht Gröflenordnunge geringer ist, ist die Zeitkonstante fü Kondensation und Verdunstung von SchwefelsäuremolekŸl wesentlich grö§

als die Abklingzeit der Störun durch das vulkanische Aerosol. Das Aerosoltröpf chen wird sich daher in der Regel bezüglic des Austauschs von H2S04 nicht im Gleichgewicht befinden.

Die Partikelradien des vulkanischen Aerosols nehmen aufgrund von Kondensa- tionsprozessen zu, bis die Teilchen unter dem Einflufl der Gravitation durch die Tropopause in die Troposphär sedimentieren. Ein Partikelwachstum aufgrund von Koagulation kann wegen der geringen Teilchendichte von wenigen hundert Parti- keln pro Kubikzentimeter vernachlässig werden. Dieser Sedimentationsproze ist ein sehr langsamer Vorgang. Die durch vulkanisches Aerosol erhöht optische Dicke kehrt mit einer Abklingzeit von 9 bis 11 Monaten auf den Normalwert der un- gestörte Stratosphär zurüc [Sedlacek et al., 19831.

3.3 Polare stratosphärisch Wolken

Aus Satellitenbeobachtungen weil3 man, da das Auftreten von Wolken in den po- laren Stratosphäre kein seltenes Phänome sind. Währen des Polarwinters findet m a n in der Antarktis an 30% aller Tage polare stratosphärisch Wolken (PSW), in der Arktis aufgrund der höhere Durchschnittstemperaturen nur an etwa 5% aller Tage [McCormick et al., 19821. Auf der Basis dieser Beobachtungen definiert man eine PSW als eine vorübergehend Erhöhun des Partikelextinktionskoeffizienten, ausgehend von einem Hintergrundwert von etwa 1 0 4 k m 1 , um mehr als eine Gröflenordnung Das Auftreten von PSW ist mit der Stratosphärentemperatu kor- reliert. Oberhalb von 200 K werden nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit PSW beobachtet. Fäll die Temperatur unter 190

K,

besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit fü ein PSW-Ereignis [McCormick et al., 19821. I m Gegensatz zum Hintergrundaero- so1 und den vulkanischen Aerosolen ist das Auftreten von polaren stratosphärische Wolken ein räumlic begrenztes Phänomen Horizontale Ausdehnungen betragen in der Regel nicht mehr als einige hundert Kilometer. Wolkendicken zwischen wenigen Metern und wenigen Kilometern werden beobachtet [Hofmann et al., 1990; Browell et al., 19901.

Temperatur [K]

Abbildung 3.1: Vergleich eines Temperaturprofils mit der Koexistenztemperatur von NAT und Eis. Die durchgezogene Linie ist das stratosphärisch Temperaturprofil vom 27. Januar 1993 übe

~ ~ - A l e s u n d . Die unterbrochenen Linien kennzeichnen den Verlauf der Koexistenztemperatur von NAT und Eis, TNAT und T§,, Die Berechnung von TNAT und TEis basiert auf einem Profil des HNOs-Mischungsverhältnisse mit einem Maximalwert von 10 ppbv in etwa 23 km Höh (vgl.

Abb. 8.9) und einem höhenkonstante HaO-Mischungsverhältni von 5 ppmv.

Mit der Erkenntnis, da PSW zur gestörte Chemie in den polaren Stratosphäre währen der Polarnacht beitragen, hat in den vergangenen Jahren das wissenschaft- liche Interesse an dieser Klasse von stratosphärische Aerosolen zugenommen. Den- noch sind der EntstehungsprozeG und die mikrophysikalische Zusammensetzung der Wolkenpartikel noch nicht im Detail verstanden. Im folgenden werde ich zunächs PSW phänomenologisc beschreiben und im AnschluG die Hypothese der selektiven Nukleation fü den EntstehungsprozeG von PSW diskutieren. [Toon et al., 1989;

Toon et al., 19901.

Man unterscheidet zwei Typen von polaren stratosphärische Wolken. PSW vom Typ I bestehen aus Salpetersäurehydra [Crutzen und Arnold, 1986; Toon et al., 19861. L a b o r u n t e r s u c h u ~ ~ e n zur thermodynamischen Stabilitä liefern Hinweise dar- auf, da es sich in erster Linie um Salpetersäuretrihydra oder NAT (nitric acid trihydrate, H N 0 3 3 HzO) handelt [Hanson und Mauersberger, 1988; Middlebrook et al., 1992; Schrems et al., 19931. Jedoch ist auch Salpetersäuredihydra (NAD) unter stratosphärische Bedingungen stabil [Koehler et al., 1992; Peil und Schrems, 19931. Nach FTIR-spektroskopischen Analysen tritt NAT in zwei Modifikationen auf (Q-NAT und ß-NAT IMiddlebrook et al., 1992; Peil und Schrems, 19931. Da ß-NA die stabilere Konfiguration darstellt, wird vermutet, da die natürliche PSW-Partikel vom Typ I in der /^-Konfiguration vorliegen. Nach in-situ-Analysen enthalten Typ I-Partikel variable Konzentrationen an HNO3. Neben NAT sind daher

vermutlich auch andere Salpetersäurehydrat in einem PSW-Partikel vorhanden.

PSW vom Typ I1 sind Wassereiswolken. Die Koexistenztemperatur von NAT, TNAT, liegt fü typische stratosphärisch H 2 0 - und HN03-Partialdrück etwa 5-7 K übe der Koexistenztemperatur von Eis (TEiS, Frostpunkt) [Hanson und Mauersber- ger, 19881. Als Koexistenztemperatur wird hier diejenige Temperatur bezeichnet, bei der sich die feste bzw. flüssig Phase einer Substanz im Gleichgewicht mit der gasförmige Phase befindet. Die absoluten Werte von TNAT und

TE^^

hänge von den H 2 0 - und HN03-Partialdrücke ab. Abb. 3.1 zeigt TNAT und

TE^^

zusammen mit dem stratosphärische Temperaturprofil vom 27. Januar 1993. Es zeigt sich, da die Koexistenztemperaturen wegen der starken Höhenabhängigke der H 2 0 - und HN03-Partialdrück mit zunehmender Höh deutlich abnehmen.

Gefrierkeime fü Typ I-Partikel liefert das Hast^-Hintergrundaerosol. In dem von Toon und Mitarbeiter formulierten mikrophysikalischen Modell zur Entstehung von PSW wird angenommen, da diese H2S04-Teilchen gefroren sind [Toon et al., 19901.

Damit ist es plausibel, von einer guten Kompatibilitä (m = 0,95) zwischen Nuklea- tionskeim und NAT auszugehen. Fäll die Temperatur weiter, kann Wassereis auf den Typ I-Teilchen ausfrieren. Natürlic ist eine Ablagerung von HN03 weiterhin möglich jedoch ist zu diesem Zeitpunkt Salpetersäur schon fast vollständi aus der Gasphase entfernt. Die Eiskristalle könne zu Partikeln mit mehreren Mikrometern Durchmesser anwachsen.

Lidar-Beobachtungen von PSW durch Browell e t al. [1990] liefern Hinweise, da zwei Unterklassen von Typ I PSW existieren. Browell bezeichnet sie als Typ Ia und Ib. Typ Ia ist charakterisiert durch niedrige Rückstreuverhältnis zwischen 1,2 und 1,5 und hohe Aerosoldepolarisationen zwischen 0,3 und 0,5. (Rückstreuverhäl nis und Aerosoldepolarisation werden in den Abschnitten 6.3 und 8.2 definiert.) PSW vom Typ Ib dagegen verursachen hohe Rückstreuverhältnis zwischen 3 und 8 und eine geringe Aerosoldepolarisation von 0,005 bis 0,025. Ausgehend von der Tat- sache, da hohe Rückstreuverhältnis durch hohe Teilchenzahldichten und hohe Ae- rosoldepolarisation durch asphärisch Partikel verursacht werden, entwickeln Toon und Mitarbeiter ein Konzept der selektiven Nukleation fü die Entstehung von T y p I-Partikeln IToon e t al., 19901. Nach ihren Modellrechnungen aktivieren ge- ringe Abkühlungsrate von unter 1 K/d weniger als 5% der zur Verfügun stehen- den Nukleationskeime. Da ausreichend H N 0 3 in der Gasphase zur Verfügun steht, könne die Partikelradien auf mehr als 1 pm anwachsen. Dentritisches Wachstum führ zu Abweichungen von der sphärische Form und erkläx die hohe Aerosolde- polarisation. Unabhängi von der Abkühlungsrat könne Typ Ia-PSW auch ent- stehen, wenn die Koexistenztemperatur nur geringfügi unterschritten wird und die sich einstellende Übersättigu nur ausreicht, um. die grö§t Schwefelsäurepartike als Nukleationskeime zu aktivieren IToon e t al., 19901.

Steigen die Abkühlungsrate dagegen auf Werte u m 10 K/d, wird fast 60% des H2S04-Aerosols als Nukleationskeim aktiviert. Die hohe Teilchendichte verursacht eine deutliche Erhöhun des Rückstreuverhältnisse Die Partikelradien werden nicht grö§ als etwa 0,s pm, d a die Partikel um H N 0 3 in der Gasphase konkurrieren müssen Es entstehen Typ Ib-Teilchen. Es ist allerdings auch denkbar, da aufgrund der schnellen Abkühlun die Partikel als unterkühlt Tröpfche vorliegen, die nicht depolarisierend wirken. Nach Arbeiten von Toon und Mitarbeiter ist auch bei der Ausbildung von Typ II-Wolken selektive Nukleation fü eine starke Abhängigkei

der PartikelgrÖBe von der Abkühlrat verantwortlich. H20 ist jedoch mit einem etwa drei Grö§enordnung höhere Mischungsverhältni in der Stratosphär vor- handen. Das Partikelwachstum wird daher nicht durch einen Mangel an H20 in der Gasphase behindert.

Das Toonsche Modell der PSW-Entstehung lä einige Fragen unbeantwortet.

Zum einen ist eine gute Kompatibilitä von m = 0,95 nicht im Einklang mit expe- rimentellen Befunden. Eine gute Kompatibilitä bedeutet, da schon eine geringe

~ ~ ~ ~ - à œ b e r s à ¤ t t i ~ u ausreicht, um NAT auszufrieren. Dagegen folgern Hofmann e t al. [I9891 aus ihren Beobachtungen mit ballongetragenen Partikelzählern da fü PSW-Bildung eine bis zu zehnfache ~ ~ ~ ~ - à œ b e r s à ¤ t t i ~ u erforderlich ist. Auch die dieser Arbeit zugrundeliegenden Lidar-Messungen deuten auf eine schlechtere Kompatibilitä von m 0,88 hin [Peter, 19931.

Zweitens gibt es experimentelle Hinweise darauf, da das Schwefelsäureaeroso auch bei Temperaturen unterhalb von 200 K nicht gefroren ist und damit nicht als Gefrierkern fü PSW-Teilchen zur Verfügun steht [Pueschel e t al., 1989; Dye e t al., 19921. Ist das Hintergrundaerosol nicht gefroren, könnt die Entstehung einer PSW sich folgendermaaen darstellen [Peter, 19931. Bei sinkenden Temperaturen nimmt das HzSO4-Tröpfche H 2 0 und HN03 aus der Gasphase auf. Der Radius des Parti- kels nimmt währen dieses Prozesses etwa auf das Doppelte zu. Fäll die Tempera- t u r unter die Koexistenztemperatur von NAT, bilden sich innerhalb des Tröpfchen

NAT-Partikel. Diese wirken als Gefrierkeime fü die H N O ~ / H ~ S O ~ / H ~ O - M ~ S C ~ U ~ ~ und das Tröpfche friert als Schwefelsäuretetrahydra (SAT, HzSO4 4H20), NAT

und Eis aus. Laboruntersuchungen unterstütze die Hypothese, da eine Mischung aus HN03/H2S04/H20 nicht als ternär Lösung sondern als SAT und NAT aus- friert ITolbert und Middlebrook, 19901.

Als Senke fü PSW treten zwei Prozesse auf. Zum einen löse sich die Wolken auf, falls die Temperatur übe die Koexistenztemperatur TNAT steigt. Nach Unter- suchungen von Peter und Mitarbeiter beträg die Lebensdauer von Typ I-Teilchen bei Erwärmun auf übe 200 K weniger als eine Stunde, Typ II-Partikel sublimie- ren innerhalb weniger Sekunden [Peter, 19921. Zum anderen könne Typ I a und Typ II-Partikel aufgrund ihrer Grö innerhalb weniger Tage um einige Kilometer sedimentieren.

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