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2 Aspekte der Aerosolphysik 15

2.5 Koagulation

Aerosolpartikel sind nicht nur der Wechselwirkung mit Moleküle der sie umgeben- den Atmosphär ausgesetzt, sondern sie kollidieren aufgrund ihrer Eigenbewegung auch miteinander. In der Regel verläuf ein hoher Prozentsatz dieser Kollisionen inelastisch und führ zur Bildung neuer Teilchen, die aus den beiden StoBpartnern bestehen. Diesen ProzeB bezeichnet man als Koagulation [z.B. Pruppacher und Klett, 1978; Hinds, 19821.

Die Wahrscheinlichkeit fü die Koagulation eines kleinen mit einem groBen Par- tikel ist höhe als die gleich groBer Teilchen. Im ersteren Fall bewirkt die hohe Mobilitä des einen und die groBe Oberfläch des anderen StoBpartners eine hohe Kollisionsrate. Koagulation führ daher im GröBenspektru zu einem Verschwin- den von Moden bei kleinen Radien, währen sich der Radius des grÖBere Teilchens kaum ändert Bezeichnen

n

und r2 die Radien des grÖBere und des kleineren Partikels, ist die Zunahme des Radius

gegenübe ri vernachlässigba gering, falls rz T Z ,

In der Stratosphär beeinfluBt Koagulation das GröBenspektru nur geringfügig da die Teilchendichten von groBen Partikeln wenige c m 3 nicht übersteigen Nach Modellrechnungen von Toon et al. [I9891 ist die Koagulationsrate von 0,l und 0,5 um-Partikeln mit Teilchen, die nicht gröBe als 100 p m sind, auf einer Zeitskala von Tagen vernachlässigba gering.

Kapitel 3

Stratosphärisch Aerosole

Die Arbeiten von Junge und Mitarbeitern zu Beginn der sechziger Jahre liefern den ersten direkten Nachweis von partikuläre Material in der Stratosphär [Junge et al., 1961; Junge und Manson, 19611. Zahlreiche Untersuchungen beschäftige sich seit dieser Zeit mit den verschiedensten Aspekten des stratosphärische Aero- sols [z.B. Hofmann et al., 1989; Wilson et al., 1992; Dye et al., 19921. Die Ergebnisse von in-situ-Meoverfahren geben Hinweise auf die mikrophysikalische Struktur der Partikel. Fernerkundungsme§system liefern Informationen übe globale Ausdeh- nung und Ausbreitung stratosphärische Aerosole. Mit der Erkenntnis, da hetero- gene chemische Reaktionen, die an Oberfläche des partikuläre Materials ablaufen, eine fundamentale Bedeutung fü die Chemie der polaren Stratosphär haben, be- ginnt Ende der achtziger Jahre eine Phase intensiver Forschung sowohl im Bereich der Feld- und Laboruntersuchungen als auch auf dem Gebiet der Modellierung.

Es zeigt sich, da der grö§ Teil des stratosphärische Aerosols durch Konden- sation oder Ausfrieren von Spurengasen entsteht. Dies erleichtert die Charakterisie- rung des partikuläre Materials hinsichtlich seiner chemischen und physikalischen Eigenschaften. Ich werde in den folgenden Abschnitten drei Arten stratosphärische Aerosole diskutieren. Das stratosphärisch Hintergrundaerosol wird in Zeiten ge- ringer vulkanischer Aktivitä beobachtet. Nach energiereichen Vulkaneruptionen, die zu einem Eintrag von Material in die Stratosphär führen wird das Hinter- grundaerosol übe einen Zeitraum von mehreren Jahren vom vulkanischen Aerosol verdeckt. Das vulkanische Aerohol ist im Hinblick auf seine Zusammensetzung dem Hintergrundaerosol verwandt, weist jedoch um Gröflenordnunge höher Massen- mischungsverhä,ltniss auf. Die dritte Klasse stellen die polaren stratosphärische Wolken dar, die ausschlie§lic bei sehr tiefen Temperaturen in den polaren Strato- sphäre auftreten.

Ich verzichte im folgenden auf eine Diskussion anderer in der Stratosphär vorkom- mender Aerosolarten, da diese mit einem bodengestützte Lidar nicht nachweisbar sind. Hierzu gehöre beispielsweise Mikrometeore und Ionencluster [Arnold, 19801, die fü die heterogene Nukleation des Schwefelsäureaerosol von Bedeutung sind, sowie Riesenpartikel mit Radien übe 1 u m und Teilchenzahldichten von 1 0 ' bis 1 0 6 c m 3 [Zolensky et al., 19891. Letztere sind im wesentlichen anthropogenen Ursprungs.

3.1 Hintergrundaerosol

Eine genaue Beschreibung des Hintergrundaerosols und seine Abgrenzung zum Aero- so1 vulkanischen Ursprungs ist aus zwei Gründe schwierig. Vulkanausbrüche die Material in die Stratosphär eintragen, treten in unregelm3igen Abstände auf und führe zu einer Störun des stratosphärische Aerosolhaushalts, die mehrere Jahre andauern kann. Zweitens gibt es Hinweise auf den Eintrag schwefelhaltiger Gase in die Stratosphär zu Zeitpunkten, an denen kein gröflere Vulkanausbruch registriert worden ist [Sedlacek et al., 19831. Unter diesen Umstände kann nur indirekt auf den vulkanischen Ursprung der Störun des Hintergrundaerosols geschlossen werden.

Im Zeitraum der letzten zwanzig Jahre ist die Periode zwischen 1976 und 1979 und zwischen 1986 und 1990 charakterisiert durch geringe vulkanische Aktivität Der Me§zeitrau der Aerosol-Lidar-Untersuchungen, die Gegenstand dieser Arbeit sind, fäll in die Phase der sehr starken Störun des stratosphärische Aerosolhaushalts durch den Ausbruch des Mt. Pinatubo im Juni 1991. Da keine Messungen des Hintergrundaerosols im Rahmen dieser Arbeit vorliegen, werde ich im folgenden nur kurz seine wichtigsten Eigenschaften darstellen.

Nach den Untersuchungen von Junge et al. [I9611 sowie Arbeiten von Rosen und Hofmann [I9861 besteht das Hintergrundaerosol aus verdünnte Schwefelsäure Die Partikel sind mit gro§e Wahrscheinlichkeit flüssig Die Höhenverteilun ist in cha- rakteristischer Weise abhängi vom Teilchenradius. Es zeigt sich, da sich eine fü alle geographischen Breiten vergleichbare Höhenabhängigke ergibt, wenn man als Höhenvariabl die Höh uber der Tropopause einsetzt.

Das Massenmischungsverhältni von Partikeln in der Nukleationsmode mit Ra- dien kleiner als 0,l um nimmt mit der Höh stark ab. Dies legt den Schluf3 nahe, da sich die Quelle fü diese Teilchen in der Troposphär befindet. Die Höhen verteilung grofler Teilchen - das sind Partikel mit Radien uber 0,l p m - besitzt dagegen ein ausgeprägte Maximum im Bereich zwischen 7 und 10 km uber der Tro- popause. Diesen Bereich bezeichnet man nach seinem Entdecker als Junge-Schicht.

Die Junge-Schicht besitzt eine bemerkenswert geringe meridionale und zonale Varia- bilität Untersuchungen von Hofmann lassen allerdings eine deutliche jahreszeitliche Abhängigkei erkennen, deren Ursache im Detail noch ungeklär ist [Hofmann und Rosen, 19811.

Als Quelle fü das stratosphärisch H2S04-Hintergrundaerosol kommen nur schwe- felhaltige Gase in Betracht, die uber eine ausreichende troposphärisch Lebens- dauer verfügen damit vertikale Transportprozesse sie in die Stratosphär eintragen können In Phasen geringer vulkanischer Aktivitä ist die dominierende Quelle OCS.

Auch ein Beitrag durch CS2 wird diskutiert [Crutzen, 19761. Carbonylsulfid wird photochemisch in Schwefeldioxid überführ dieses oxidiert unter dem Einflu des OH-Radikals zu Schwefelsäure Der direkte Eintrag von troposphärische Schwefel- dioxid in die Stratosphär ist vernachlässigbar da SOz bereits in der Troposphär zu

& S o 4 oxidiert und vom Niederschlag ausgewaschen wird. Eine wichtige Ausnahme sind energiereiche Vulkaneruptionen, die einige Mt SOz direkt in die Stratosphär eintragen. Dies wird im folgenden Abschnitt diskutiert.

Der Kondensationsprozefl, der H2S04 aus der Gasphase in Schwefelsäureaeroso überführ ist noch nicht im Detail verstanden. Modelluntersuchungen deuten darauf

hin, da homogene Nukleation unter den normalerweise in der Stratosphär vorherr- schenden Bedingungen unwahrscheinlich ist [Hamill et al., 1977; Hamill et al., 19821.

Es wird daher die Kondensation an extraterrestrischen Partikeln (Mikrometeoren), Ionenclustern oder Nukleationskeimen troposphärische Ursprungs diskutiert [Ar- nold, 1980; Turco et al., 19791.

Experimentelle und theoretische Untersuchungen liefern Hinweise dafür da die H2S04-Teilchen fü Temperaturen bis hinunter zu 195-200 K in der flüssige Phase vorliegen [Pueschel et al., 1989; Dye et al., 1992; Jensen et al., 19911. Dies bedeutet, da das Schwefelsäureaeroso um bis zu 40 K unterkühl ist. Die Konsequenzen die- ser Resultate im Hinblick auf die Ausbildung von polaren stratosphärische Wolken werden in Abschnitt 3.3 diskutiert.

Durch Kondensation wachsen die Aerosolpartikel und sedimentieren schlie§lic unter dem Einflu der Gravitation in die Troposphäre wo sie vom Niederschlag ausgewaschen werden.

3.2 Vulkanisches Aerosol

Eruptionssäule energiereicher Vulkanausbrüch könne Gase und Staubpartikel bis in die untere und mittlere Stratosphär tragen. Im unteren Teil der Säul wird der Materialtransport von der kinetischen Energie des austretenden Magmas angetrie- ben. Atmosphärisch Konvektionsprozesse, die durch die hohen Temperaturen des ausgeworfenen Materials ausgelös werden, stabilisieren die Vertikalbewegung im oberen Bereich der Säule

Die Auswirkungen eines Vulkanausbruchs auf den Aerosolhaushalt der Strato- sphär ist in erster Linie abhängi von der Gesamtmenge an schwefelhaltigen Ga- sen, die in die Stratosphär eingetragen werden. Diese Menge mu nicht mit der währen eines Ausbruchs freigesetzten Energie oder der Masse an ausgeworfenem Material korrelieren. So hat der Ausbruch des mexikanischen Vulkans E1 Chich6n im April 1982 mit etwa 0,5 bis 0,6 km3 etwa fünfma weniger Staub und Asche geförder als die Eruption des nordamerikanischen Vulkans Mt. St. Helens im Mai 1980. Die Gesamtmenge des stratosphärische Schwefelsäureaerosols die nach dem Ausbruch des E1 Chich6n entstanden ist, übertriff jedoch die des Mt. St. Helens um fast zwei Gröflenordnunge [Turco et al., 19831. Staub- und Aschepartikel, deren Durchmesser einige Mikrometer überschreiten sedimentieren unter dem Einflu der Gravitation innerhalb weniger Tage bis Wochen in die Troposphär und werden dort vom Regen ausgewaschen. Gasanalysen des Eruptionsmaterials zeigen einen hohen Anteil an SO2. Auch H2S wird in geringen Mengen gefunden. Die in die Stratosphär ein- getragenen schwefelhaltigen Gase werden unter Beteiligung des Hydroxyl-Radikals zu H2S04 oxidiert. Die genauen Reaktionskanäl sind noch nicht im Detail ver- standen. Es wird jedoch vermutet, da der folgende Reaktionsmechanismus in der Stratosphär eine dominierende Rolle spielt [Turco, 19851,

SO2 + O H

-%

HSOS HSO3

+

OH Ñ

so3 +

H20

HS03-i-0 + SOs-i-OH SOs+HzO

-M-^

H2So4.

Das vulkanische Aerosol entsteht schlie§lic durch Kondensation von H2S04 und HzO. Eine teilweise Kondensation setzt bereits im oberen Bereich der Eruptions- säul ein, d a die Temperaturen dort auf ausreichend niedrige Werte abgesunken sind und hohe Partialdrück von HzS04 und H 2 0 auftreten [Tabazadeh und Turco, 19931.

Die Zeitkonstante fü die Kondensation des Schwefelsäureaerosol beträg etwa 20 bis 30 Tage [Bluth et al., 1992; McPeters, 1993; Deshler et al., 19911.

Schwefelsäuretröpfch befinden sich im Gleichgewicht mit dem in der Gasphase vorhandenen Wasser, d.h. die Anzahl der pro Zeiteinheit kondensierenden H 2 0 - Molekül entspricht der pro Zeiteinheit verdunstenden Moleküle Abschätzunge fü diesen Proze ergeben eine Zeitkonstante in der Gröflenordnun weniger Se- kunden [Steele und Hamill, 19811. In Abhängigkei von Wasserpartialdruck und Temperatur stellt sich unter Annahme typischer Stratosphärenbedingunge eine HzS04-Konzentration zwischen 60 und 85% ein ISteele und Hamill, 19811. Da das Volumenmischungsverhältni von H2S04 in der Gasphase gegenübe dem H 2 0 - Mischungsverhältni etwa acht Gröflenordnunge geringer ist, ist die Zeitkonstante fü Kondensation und Verdunstung von SchwefelsäuremolekŸl wesentlich grö§

als die Abklingzeit der Störun durch das vulkanische Aerosol. Das Aerosoltröpf chen wird sich daher in der Regel bezüglic des Austauschs von H2S04 nicht im Gleichgewicht befinden.

Die Partikelradien des vulkanischen Aerosols nehmen aufgrund von Kondensa- tionsprozessen zu, bis die Teilchen unter dem Einflufl der Gravitation durch die Tropopause in die Troposphär sedimentieren. Ein Partikelwachstum aufgrund von Koagulation kann wegen der geringen Teilchendichte von wenigen hundert Parti- keln pro Kubikzentimeter vernachlässig werden. Dieser Sedimentationsproze ist ein sehr langsamer Vorgang. Die durch vulkanisches Aerosol erhöht optische Dicke kehrt mit einer Abklingzeit von 9 bis 11 Monaten auf den Normalwert der un- gestörte Stratosphär zurüc [Sedlacek et al., 19831.

3.3 Polare stratosphärisch Wolken

Aus Satellitenbeobachtungen weil3 man, da das Auftreten von Wolken in den po- laren Stratosphäre kein seltenes Phänome sind. Währen des Polarwinters findet m a n in der Antarktis an 30% aller Tage polare stratosphärisch Wolken (PSW), in der Arktis aufgrund der höhere Durchschnittstemperaturen nur an etwa 5% aller Tage [McCormick et al., 19821. Auf der Basis dieser Beobachtungen definiert man eine PSW als eine vorübergehend Erhöhun des Partikelextinktionskoeffizienten, ausgehend von einem Hintergrundwert von etwa 1 0 4 k m 1 , um mehr als eine Gröflenordnung Das Auftreten von PSW ist mit der Stratosphärentemperatu kor- reliert. Oberhalb von 200 K werden nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit PSW beobachtet. Fäll die Temperatur unter 190

K,

besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit fü ein PSW-Ereignis [McCormick et al., 19821. I m Gegensatz zum Hintergrundaero- so1 und den vulkanischen Aerosolen ist das Auftreten von polaren stratosphärische Wolken ein räumlic begrenztes Phänomen Horizontale Ausdehnungen betragen in der Regel nicht mehr als einige hundert Kilometer. Wolkendicken zwischen wenigen Metern und wenigen Kilometern werden beobachtet [Hofmann et al., 1990; Browell et al., 19901.

Temperatur [K]

Abbildung 3.1: Vergleich eines Temperaturprofils mit der Koexistenztemperatur von NAT und Eis. Die durchgezogene Linie ist das stratosphärisch Temperaturprofil vom 27. Januar 1993 übe

~ ~ - A l e s u n d . Die unterbrochenen Linien kennzeichnen den Verlauf der Koexistenztemperatur von NAT und Eis, TNAT und T§,, Die Berechnung von TNAT und TEis basiert auf einem Profil des HNOs-Mischungsverhältnisse mit einem Maximalwert von 10 ppbv in etwa 23 km Höh (vgl.

Abb. 8.9) und einem höhenkonstante HaO-Mischungsverhältni von 5 ppmv.

Mit der Erkenntnis, da PSW zur gestörte Chemie in den polaren Stratosphäre währen der Polarnacht beitragen, hat in den vergangenen Jahren das wissenschaft- liche Interesse an dieser Klasse von stratosphärische Aerosolen zugenommen. Den- noch sind der EntstehungsprozeG und die mikrophysikalische Zusammensetzung der Wolkenpartikel noch nicht im Detail verstanden. Im folgenden werde ich zunächs PSW phänomenologisc beschreiben und im AnschluG die Hypothese der selektiven Nukleation fü den EntstehungsprozeG von PSW diskutieren. [Toon et al., 1989;

Toon et al., 19901.

Man unterscheidet zwei Typen von polaren stratosphärische Wolken. PSW vom Typ I bestehen aus Salpetersäurehydra [Crutzen und Arnold, 1986; Toon et al., 19861. L a b o r u n t e r s u c h u ~ ~ e n zur thermodynamischen Stabilitä liefern Hinweise dar- auf, da es sich in erster Linie um Salpetersäuretrihydra oder NAT (nitric acid trihydrate, H N 0 3 3 HzO) handelt [Hanson und Mauersberger, 1988; Middlebrook et al., 1992; Schrems et al., 19931. Jedoch ist auch Salpetersäuredihydra (NAD) unter stratosphärische Bedingungen stabil [Koehler et al., 1992; Peil und Schrems, 19931. Nach FTIR-spektroskopischen Analysen tritt NAT in zwei Modifikationen auf (Q-NAT und ß-NAT IMiddlebrook et al., 1992; Peil und Schrems, 19931. Da ß-NA die stabilere Konfiguration darstellt, wird vermutet, da die natürliche PSW-Partikel vom Typ I in der /^-Konfiguration vorliegen. Nach in-situ-Analysen enthalten Typ I-Partikel variable Konzentrationen an HNO3. Neben NAT sind daher

vermutlich auch andere Salpetersäurehydrat in einem PSW-Partikel vorhanden.

PSW vom Typ I1 sind Wassereiswolken. Die Koexistenztemperatur von NAT, TNAT, liegt fü typische stratosphärisch H 2 0 - und HN03-Partialdrück etwa 5-7 K übe der Koexistenztemperatur von Eis (TEiS, Frostpunkt) [Hanson und Mauersber- ger, 19881. Als Koexistenztemperatur wird hier diejenige Temperatur bezeichnet, bei der sich die feste bzw. flüssig Phase einer Substanz im Gleichgewicht mit der gasförmige Phase befindet. Die absoluten Werte von TNAT und

TE^^

hänge von den H 2 0 - und HN03-Partialdrücke ab. Abb. 3.1 zeigt TNAT und

TE^^

zusammen mit dem stratosphärische Temperaturprofil vom 27. Januar 1993. Es zeigt sich, da die Koexistenztemperaturen wegen der starken Höhenabhängigke der H 2 0 - und HN03-Partialdrück mit zunehmender Höh deutlich abnehmen.

Gefrierkeime fü Typ I-Partikel liefert das Hast^-Hintergrundaerosol. In dem von Toon und Mitarbeiter formulierten mikrophysikalischen Modell zur Entstehung von PSW wird angenommen, da diese H2S04-Teilchen gefroren sind [Toon et al., 19901.

Damit ist es plausibel, von einer guten Kompatibilitä (m = 0,95) zwischen Nuklea- tionskeim und NAT auszugehen. Fäll die Temperatur weiter, kann Wassereis auf den Typ I-Teilchen ausfrieren. Natürlic ist eine Ablagerung von HN03 weiterhin möglich jedoch ist zu diesem Zeitpunkt Salpetersäur schon fast vollständi aus der Gasphase entfernt. Die Eiskristalle könne zu Partikeln mit mehreren Mikrometern Durchmesser anwachsen.

Lidar-Beobachtungen von PSW durch Browell e t al. [1990] liefern Hinweise, da zwei Unterklassen von Typ I PSW existieren. Browell bezeichnet sie als Typ Ia und Ib. Typ Ia ist charakterisiert durch niedrige Rückstreuverhältnis zwischen 1,2 und 1,5 und hohe Aerosoldepolarisationen zwischen 0,3 und 0,5. (Rückstreuverhäl nis und Aerosoldepolarisation werden in den Abschnitten 6.3 und 8.2 definiert.) PSW vom Typ Ib dagegen verursachen hohe Rückstreuverhältnis zwischen 3 und 8 und eine geringe Aerosoldepolarisation von 0,005 bis 0,025. Ausgehend von der Tat- sache, da hohe Rückstreuverhältnis durch hohe Teilchenzahldichten und hohe Ae- rosoldepolarisation durch asphärisch Partikel verursacht werden, entwickeln Toon und Mitarbeiter ein Konzept der selektiven Nukleation fü die Entstehung von T y p I-Partikeln IToon e t al., 19901. Nach ihren Modellrechnungen aktivieren ge- ringe Abkühlungsrate von unter 1 K/d weniger als 5% der zur Verfügun stehen- den Nukleationskeime. Da ausreichend H N 0 3 in der Gasphase zur Verfügun steht, könne die Partikelradien auf mehr als 1 pm anwachsen. Dentritisches Wachstum führ zu Abweichungen von der sphärische Form und erkläx die hohe Aerosolde- polarisation. Unabhängi von der Abkühlungsrat könne Typ Ia-PSW auch ent- stehen, wenn die Koexistenztemperatur nur geringfügi unterschritten wird und die sich einstellende Übersättigu nur ausreicht, um. die grö§t Schwefelsäurepartike als Nukleationskeime zu aktivieren IToon e t al., 19901.

Steigen die Abkühlungsrate dagegen auf Werte u m 10 K/d, wird fast 60% des H2S04-Aerosols als Nukleationskeim aktiviert. Die hohe Teilchendichte verursacht eine deutliche Erhöhun des Rückstreuverhältnisse Die Partikelradien werden nicht grö§ als etwa 0,s pm, d a die Partikel um H N 0 3 in der Gasphase konkurrieren müssen Es entstehen Typ Ib-Teilchen. Es ist allerdings auch denkbar, da aufgrund der schnellen Abkühlun die Partikel als unterkühlt Tröpfche vorliegen, die nicht depolarisierend wirken. Nach Arbeiten von Toon und Mitarbeiter ist auch bei der Ausbildung von Typ II-Wolken selektive Nukleation fü eine starke Abhängigkei

der PartikelgrÖBe von der Abkühlrat verantwortlich. H20 ist jedoch mit einem etwa drei Grö§enordnung höhere Mischungsverhältni in der Stratosphär vor- handen. Das Partikelwachstum wird daher nicht durch einen Mangel an H20 in der Gasphase behindert.

Das Toonsche Modell der PSW-Entstehung lä einige Fragen unbeantwortet.

Zum einen ist eine gute Kompatibilitä von m = 0,95 nicht im Einklang mit expe- rimentellen Befunden. Eine gute Kompatibilitä bedeutet, da schon eine geringe

~ ~ ~ ~ - à œ b e r s à ¤ t t i ~ u ausreicht, um NAT auszufrieren. Dagegen folgern Hofmann e t al. [I9891 aus ihren Beobachtungen mit ballongetragenen Partikelzählern da fü PSW-Bildung eine bis zu zehnfache ~ ~ ~ ~ - à œ b e r s à ¤ t t i ~ u erforderlich ist. Auch die dieser Arbeit zugrundeliegenden Lidar-Messungen deuten auf eine schlechtere Kompatibilitä von m 0,88 hin [Peter, 19931.

Zweitens gibt es experimentelle Hinweise darauf, da das Schwefelsäureaeroso auch bei Temperaturen unterhalb von 200 K nicht gefroren ist und damit nicht als Gefrierkern fü PSW-Teilchen zur Verfügun steht [Pueschel e t al., 1989; Dye e t al., 19921. Ist das Hintergrundaerosol nicht gefroren, könnt die Entstehung einer PSW sich folgendermaaen darstellen [Peter, 19931. Bei sinkenden Temperaturen nimmt das HzSO4-Tröpfche H 2 0 und HN03 aus der Gasphase auf. Der Radius des Parti- kels nimmt währen dieses Prozesses etwa auf das Doppelte zu. Fäll die Tempera- t u r unter die Koexistenztemperatur von NAT, bilden sich innerhalb des Tröpfchen

NAT-Partikel. Diese wirken als Gefrierkeime fü die H N O ~ / H ~ S O ~ / H ~ O - M ~ S C ~ U ~ ~ und das Tröpfche friert als Schwefelsäuretetrahydra (SAT, HzSO4 4H20), NAT

und Eis aus. Laboruntersuchungen unterstütze die Hypothese, da eine Mischung aus HN03/H2S04/H20 nicht als ternär Lösung sondern als SAT und NAT aus- friert ITolbert und Middlebrook, 19901.

Als Senke fü PSW treten zwei Prozesse auf. Zum einen löse sich die Wolken auf, falls die Temperatur übe die Koexistenztemperatur TNAT steigt. Nach Unter- suchungen von Peter und Mitarbeiter beträg die Lebensdauer von Typ I-Teilchen bei Erwärmun auf übe 200 K weniger als eine Stunde, Typ II-Partikel sublimie- ren innerhalb weniger Sekunden [Peter, 19921. Zum anderen könne Typ I a und Typ II-Partikel aufgrund ihrer Grö innerhalb weniger Tage um einige Kilometer sedimentieren.

3.4 Auswirkungen stratosphärische Aerosole

In diesem Abschnitt werden die Auswirkungen stratosphärische Aerosole unter zwei Gesichtspunkten diskutiert. Erstens steht das partikulär Material mit der solaren Einstrahlung und der vom Erdboden aufsteigenden thermischen Infrarotstrahlung in Wechselwirkung und beeinflu§ dadurch den stratosphärische Strahlungshaushalt.

Zweitens führ die Entstehung von Aerosolpartikeln zu Änderunge in Spurengas- konzentrationen und zu einer Erhöhun der Partikeloberflächendichte

3.4.1 Vulkanisches Aerosol

Der Einflu vulkanischer Aerosole auf den Strahlungshaushalt der Erde à ¤ d e r sich in zweierlei Weise. Zum einen führ das Vorhandensein des partikuläre Materials

durch verstärkt Absorption von Solarstrahlung zu einer Temperaturerhöhun in der Stratosphäre Beispielsweise sind nach dem Ausbruch des Mt. Pinatubo Tem- peraturdifferenzen von bis zu +3,5 K gegenübe dem langjährige Mittel beobach- tet worden [Labitzke und McCormick, 19921. Auf dem 30 hPa Druckniveau liegen

durch verstärkt Absorption von Solarstrahlung zu einer Temperaturerhöhun in der Stratosphäre Beispielsweise sind nach dem Ausbruch des Mt. Pinatubo Tem- peraturdifferenzen von bis zu +3,5 K gegenübe dem langjährige Mittel beobach- tet worden [Labitzke und McCormick, 19921. Auf dem 30 hPa Druckniveau liegen