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2 Aspekte der Aerosolphysik 15

2.2 Nukleation

Die Entstehung eines Aerosolpartikels aus der Gasphase bezeichnet man als Nuklea- tion. Eine Voraussetzung fü das Einsetzen der Nukleation ist das Vorhandensein einer Übersättigun d.h. der Partialdruck des betreffenden Gases muf3 grö§ als der Sättigungsdampfdruc sein. Sind verschiedene Molekül am Nukleationsprozefi

Konzentration H2S04 [%I

Abbildung 2.1: Die relativen Sättigungsdampfdrüc p s / p S j m von H2S04 (99%) und H20 übe einer Schwefelsäurelösu als Funktion der Konzentration fü eine Temperatur von 296 K. pStw ist der Sättigungsdampfdruck der sich übe reinem HsO bzw. 99 prozentiger H2S04 einstellt, p' bezeichnet den Druck, der sich übe der Mischung einstellt. psl* beträg bei 296 K fü HzO etwa 28,4 hPa, fü H2s04 (99%) etwa 3,3 mPa IRoedel, 19791.

beteiligt, spricht man von heteromolekularer, sonst von homomolekularer Nuklea- tion. Heteromolekulare Nukleation ist gegenübe homomolekularer energetisch be- vorzugt, d a in der Regel der Sättigungsdampfdruc uber einer Mischung geringer als uber der reinen Substanz ist. Abb. 2.1 demonstriert dies am Beispiel des Systems HZSO4/H20. Dargestellt sind die relativen Sättigungsdampfdrückeps/ps~ von H20 und H2S04 uber verdünnte Schwefelsäur als Funktion der H2S04-Konzentration [Roedel, 19791. Hierbei bezeichnet pstm den Sättigungsdampfdruck der sich uber rei- nem H 2 0 bzw. 99 prozentiger H2S04 einstellt, und ps den Druck uber der Mischung.

Fü 80 prozentige H2S04 verringern sich beispielsweise die Sättigungsdampfdrüc von H 2 0 und H2S04 um mehr als das Sofache. Zu beachten ist, da fü eine Tempe- ratur von 296 K der Sättigungsdampfdruc von H 2 0 etwa pSlm = 28,4 hPa beträgt der von H2S04 (99%) dagegen mit ps-OO = 3,3 mPa um fast sechs Gröflenordnunge geringer ist [Roedel, 19791.

Der Sättigungsdampfdruc ist definiert fü eine ebene Grenzfläch zwischen gas- förmige und flüssige oder fester Phase. Ist die Grenzfläch stark gekrümmt wird sich im Gleichgewicht ein Partialdruck einstellen, der höhe als der Sättigungsdampf druck ist. Dieses Phänome bezeichnet man als Kelvin-Effekt. Der Partialdruck p übe einem Tröpfche des Radius r berechnet sich zu [Hinds, 1982; Reist, 19841

p = p exp

(;ET)

-

Hierbei sind p' der Sättigungsdampfdruc und T die Temperatur; a , m und p be- zeichnen die Oberflächenspannung Molekülmass und Massendichte der Flüssigkeit k ist die Boltzmann-Konstante. Da unter atmosphärische Bedingungen der Par- tialdruck von Spurengasen übe Längenskalen die der Ausdehnung eines Aerosol- partikels entsprechen, als konstant angesehen werden kann, sind Partikel mit Radien grö§ als r nach Gl. 2.3 einem höhere Partialdruck ausgesetzt, als fü den Gleich- gewichtszustand erforderlich. Diese Teilchen nehmen daher durch Kondensation an Volumen zu. In analoger Weise verlieren Partikel mit Radien kleiner als r durch Verdunstung an Volumen.

2.2.1 Homogene Nukleation

Mit homogener Nukleation oder Selbstnukleation bezeichnet man die Kondensation aus der Gasphase ohne die Gegenwart von Nukleationskeimen. Homogene Nuklea- tion spielt bei der Entstehung stratosphärische Aerosole nur unter extremen Bedin- gungen, wie z.B. tiefen Temperaturen oder hohen Spurengaskonzentrationen, eine Rolle [Hamill et al., 19821. Sie soll dennoch an dieser Stelle beschrieben werden, da sie die Grundlage fü das Konzept der heterogenen Nukleation darstellt.

Die klassische Theorie der homogenen Nukleation basiert auf der Vorstellung, da sich Molekül in der Gasphase zu Gruppen geringer Bindungsenergie, sogenannten Embryos, zusammenlagern, die thermisch leicht wieder aufgebrochen werden. Aus- gangspunkt fü die folgenden Überlegunge sind zwei Annahmen. Erstens setzt man voraus, da die Embryos als sphärisch Partikel mit makroskopischen Eigen- schaften im Hinblick auf Dichte, Form und Oberflächenspannun behandelt wer- den können Zweitens geht man davon aus, da die Verteilung der Embryos dem Boltzmann-Gesetz folgt. Die Wahrscheinlichkeit fü das Entstehen eines Teilchens pro Volumen- und Zeiteinheit ist unter den genannten Annahmen durch die Nuklea- tionsrate [Pruppacher und Klett, 19781

AFhom (T) J = Kl exp

(- )

gegeben. AFhom(r) bezeichnet die freie Energie fü die homogene Nukleation eines Partikels mit Radius r . f i ist ein kinetischer Vorfaktor. Die freie Energie AFhm setzt sich zusammen aus der Volumenenergie A F v , die bei der Entstehung eines Partikels frei wird, und der Oberflächenenergi A F O , die gegen die Oberflächen spannung des Partikels aufgebracht werden mu§ D.h. es gilt

mit positiven Parametern A und B. Fü kleine Radien liefert die Oberflächenener gie den dominierenden Beitrag zu Afiom und die Nukleation ist vernachlässigba gering. Fü gro§ Radien dominiert die Volumenenergie, und Teilchenbildung setzt ein. Der Radius, fü den ^.Fhom den maximalen Wert annimmt, kennzeichnet den Übergangsbereich Es zeigt sich, da dieser Radiuswert durch

gegeben ist. S = p/ps bezeichnet man als ~ b e r s à ¤ t t i ~ u n ~ s v e r h a l t n i oder kurz Ãœbersättigun Im Maximum von AFhom halten sich Kondensation und Verdun- stung die Waage, daher ist Gl. 2.5 identisch mit Gl. 2.3 [Pruppacher und Klett, 19781.

P e r definitionem wird eine Nukleationsrate J

>

1 c m 3 s e c 1 mit einsetzen- der Teilchenbildung identifiziert. Der genaue Zahlenwert ist nicht relevant, d a J sehr empfindlich von den Partialdrücke des kondensierenden Gases abhängt Bei- spielsweise nimmt die Nukleationsrate von HzO-Tröpfche bei einer Temperatur von 261 K um etwa fün Gröfienordnunge zu, wenn die Übersättigu von S = 5 auf S = 6 zunimmt [Pruppacher und Klett, 19781.

2.2.2 Heterogene Nukleation

Währen homogene Nukleation sehr hohe Übersättigung benötigt bevor Teil- chenwachstum einsetzen kann, erlaubt das Vorhandensein von Kondensationsker- nen Partikelentstehung schon bei Übersättigung von wenigen Prozent übe eins.

Man bezeichnet diesen Fall als heterogene Nukleation [Pruppacher und Klett, 19781.

Hierbei häng die Definition des Kondensationskerns vom betrachteten Aerosol ab.

Beispielsweise dienen Ionencluster oder Mikrometeore als Nukleationskeime fü das stratosphärisch HzS04-Hintergrundaerosol [Arnold, 19801. Bei der Entstehung von polaren stratosphärische Wolken fungieren nun die HzS04-Partikel ihrerseits als Kondensationskerne.

Die Rate fü heterogene Nukleation ist analog zu Gl. 2.4 J = K Z exp

(

--

*$)

Die freie Energie ^.Fhet berechnet sich im Unterschied zum homogenen Fall nach

wobei r N und r die Radien des Kondensationskerns und des Kondensats bezeichnen.

6 ist der Grenzwinkel, den die Oberfläch des Kondensats mit der Oberfläch des Kerns bildet. Der Grenz- oder auch Kontaktwinkel 0 lä sich aus der Oberflächen spannung

&^

des Kondensats an der Grenzfläch zur Luft und aus den Ober- flächenspannunge o-L/N und crKIN des Kondensationskerns an der Grenzfläch zur Luft und zum Kondensat anhand der Youngschen Gleichung [Pruppacher und Klett, 19781

bestimmen. Die Funktion f ( r / r N , m ) kontrolliert die Nukleationsrate. Ihre Be- rechnung basiert auf geometrischen Überlegunge fü die heterogene Nukleation von Flüssigkeite [Pruppacher und Klett, 19781. Abb. 2.2 zeigt die Abhängigkei von f ( r / r N , m ) vom Radius des Kondensats r fü eine gute ( m = 0,95) und eine

Abbildung 2.2: Der Nukleationsfaktor f ( r / r N , m ) als Funktion des Verhältnisse von Teilchenra- dius r zu Kondensationskernradius r N . f ( r / r N , m ) ist fü eine gute ( m = 0,95) und eine schlechte (m = 0,88) Kompatibilitä berechnet worden.

schlechte Kompatibilitä (m = 0,88). Nach Gl. 2.6 bedeuten geringe Werte von f ( r / r N , m ) hohe Nukleationsraten.

Obwohl die klassische Theorie der heterogenen Nukleation makroskopische Kon- zepte, wie z.B. Kontaktwinkel, Oberflächenspannun oder Dichte, auf mikrophysi- kalische Vorgäng anwendet, sind die Übereinstimmunge mit experimentellen Er- gebnissen erstaunlich gut. Mahatat und Alofs [I9751 untersuchten die heterogene Kondensation von Wasser an ebenen Oberfläche und fanden geringe Differenzen zwischen ihren Resultaten und den Vorhersagen der klassischen Theorie fü Kon- taktwinkel kleiner als 25' (m

>

0,9).

Im Dokument stratosphärische Wolken mit einem (Seite 18-22)