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4.2 RM-Analyse von fraktionierten Bodenproben

4.4.1 Vorversuche

Der folgende Teil befasst sich mit der MP-Belastung und deren Folgen für limnische Organismen am Beispiel von einheimischen Muscheln (Unio sp.), wie der Malermu-schel (Unio pictorum) und der Großen FlussmuMalermu-schel (Unio tumidus). Als erster Schritt wurden Anodisc(Al2O3)-, Nitrocellulose- und Polycarbonatfilter auf ihre Eignung für die Raman-Analyse von MP-Partikeln, die aus einem Säureaufschluss von Muscheln stammten, überprüft. Die erhaltenen Spektren und mikroskopischen Aufnahmen der Filter sind in Abbildung 4.33 gezeigt. Auf allen drei Filtern ist der Nachweis von PVC nach dem Säureaufschluss mittels RM möglich. Es können folg-lich alle Filterarten verwendet werden. Der Anodiscfilter zeichnet sich durch seine glatte Oberfläche, welche die Raman-Analyse von kleinen MP-Partikel vereinfacht,

a b

c d

e f

Abb. 4.33.: Raman-Spektren des Filterhintergrundes, eines PVC-Partikels auf dem Filter und einer PVC-Referenz, sowie mikroskopische Aufnahme für Anodisc- (a und b), Nitrocellulose- (c und d) und Polycarbonatfil-ter (e und f).

4.4. Analyse von Mikroplastik aus limnischen Organismen

sowie den nicht vorhandenen Raman-Signalen des Filtermaterials aus. Als Nachteile sind der relativ hohe Fluoreszenzhintergrund des Filters, die schwere Handhabung aufgrund der hohen Sprödigkeit des Materials und die hohen Kosten im Vergleich zu den anderen Filtermaterialien zu nennen. Die unebene Oberfläche des Nitro-cellulosefilters, welcher ein Faserfilters ist, erschwert vor allem die Identifikation kleinerer Partikel. Auch der relativ hohe Fluoreszenzhintergrund des Filtermaterials behindert die Identifikation von MP. Polycarbonat(PC)-Filter sind einfach in der Handhabung, deutlich kostengünstiger als die Anodiscfilter und besitzen eine glatte Oberfläche, die die Raman-Analyse von MP erleichtert. Weiterhin zeigte der Filter nur einen geringen Fluoreszenzhintergrund und war auch gegen höhere Laserleistun-gen beständig. Als Nachteil der PC-Filter ist zu nennen, dass die Identifikation von PC-Partikeln aus der Umwelt deutlich erschwert wird. Sie ist weiterhin durch den konfokalen Aufbau des Raman-Mikroskops sowie durch Unterscheidung von den für die Filter typischen Untergründe möglich, allerdings dadurch zeitaufwändig. Auf Grund der beschriebenen Vorteile, und da PC in Umweltproben nur in geringem Maß zu erwarten ist (vgl. Kapitel 4.3), wurden die weiteren Analysen mit PC-Filter durchgeführt.

a b

Abb. 4.34.: (a) Raman-Spektren zweier für die Fütterung geplanter PVC-Sorten, (b) Raman-Spektren der Probe sowie Referenzspektren (Ref.) von

Palmitinsäure, PA 6.6 und PE.

Weiterhin wurden zwei unterschiedliche PVC-Sorten auf die Eignung zur Iden-tifikation mittels RM überprüft. Es handelt sich dabei um ein durch Recycling wiedergewonnenes PVC sowie ein industriell hergestelltes PVC. Aufgrund der Er-gebnisse aus Kapitel 4.3 wurde ein höherer Fluoreszenzhintergrund für das recycelte PVC erwartet, da von zahlreichen Verunreinigungen ausgegangen werden kann.

Die durchgeführte RM-Analyse kann dies bestätigen (vgl. Abbildung 4.34a). Das recycelte PVC zeigt im Vergleich zum industriell hergestellten PVC einen stärkeren Hintergrund im Bereich von 2000 – 3500 cm-1 und somit deutlich schwächer

ausge-prägte Signale. Da das industriell hergestellte PVC zusätzlich frei von Rückständen war, wurde im Expositionsversuch sowie bei allen weiteren Analysen ausschließlich das industriell hergestellte PVC verwendet.

Die ersten Analysen der Filter nach dem Säureaufschluss von Muscheln zeigen in fast allen Spektren ähnliche Signale. Diese liegen zum Teil in einem spektralen Bereich, in dem auch typische Signale von PA und PE (vgl. Abbildung 4.34b) auftreten, wodurch eine Identifikation der MP-Partikel erschwert wird. Zusätzlich sind auf den Filtern gelbe Rückstände zu erkennen, die zusammenkleben und kleine Kugeln bilden. Die Rückstände können nach einer Raman-Analyse durch Vergleich mit der Datenbank als Palmitinsäure identifiziert werden. Es handelt sich hierbei um eine gesättigte Fettsäure, welche in größeren Mengen in Muscheln vorkommt.[238]

Durch zusätzliche Behandlung mit Isopropanol nach der Filtration können die Fettsäurereste gelöst und entfernt werden. In Abbildung 4.35 ist ein Filter vor und nach der Behandlung mit Isopropanol gezeigt. Die zuvor vorhandenen gelben Kugeln sind nach dem Spülen der Filter mit Isopropanol entfernt. Die Raman-Signale von Palmitinsäure treten ebenfalls nicht mehr auf.

Um den Einfluss des Säureaufschlusses mit HNO3 auf unterschiedliche Polymerty-pen zu überprüfen, wurden in Kooperation mit dem LfU in Partikel zerkleinerte Alltagsgegenstände mit unterschiedlicher Zusammensetzung (PS, PE, PP, PVC, PET, PA und PUR) dem Muschelgewebe vor dem Aufschluss hinzugegeben. Die Partikel wurden vor und nach dem Aufschluss unter einem optischen Mikroskop betrachtet und vermessen. Zusätzlich erfolgte die Identifikation der Partikel auf dem Filter mittels RM. Die mikroskopischen Aufnahmen der Partikel befinden sich im Anhang (Abbildungen A.1 und A.2), die Raman-Spektren mit den zugehörigen Referenzspektren sind in Abbildung 4.36 dargestellt. PA und PUR können nach

a b

Abb. 4.35.: Fotographische Aufnahme des Filters (a) vor und (b) nach Behandlung mit Isopropanol.

4.4. Analyse von Mikroplastik aus limnischen Organismen

a b

Abb. 4.36.: Raman-Spektren der identifizierten Partikel sowie zugehörige Refe-renzspektren (Ref.) von PS, PE, PP, PVC und PET.

dem Aufschluss auf dem Filter nicht wiedergefunden und identifiziert werden. Dies stimmt mit den Ergebnissen von Claessens et al.[118] überein, die feststellten, dass Nylonfasern nach dem Aufschluss nicht mehr auffindbar waren. Bei den PA- und PUR-Proben handelte es sich um Fasern. Da diese eine deutlich größere Oberfläche als beispielsweise sphärische Partikel besitzen, bieten sie mehr Angriffsfläche für die Säure, wodurch eine schnellere Zersetzung stattfinden kann. Alle anderen zuge-setzten Partikel können auf dem Filter wiedergefunden und mittels RM identifiziert werden. Die Raman-Signale sind bei allen Partikeln deutlich zu erkennen, der Einfluss des Säureaufschlusses auf eine Erhöhung des Hintergrundes ist daher als gering anzusehen. Die Partikelformen und -größen von PP, PE, PVC und PET sind nach dem Aufschluss nahezu unverändert, lediglich die Probe aus PS weist eine deutlich andere Form auf. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass PP, PE, PVC und PET den Säureaufschluss nahezu unbeschadet überstehen, während PA und PUR vollständig zersetzt werden und PS ebenfalls angegriffen wird. Da im Expositionsversuch ausschließlich die Identifikation von PVC von Interesse ist, kann der Säureaufschluss in diesem problemlos angewandt werden. Im Feldversuch muss damit gerechnet werden, dass Partikel und Fasern aus PA, PUR und PS während der Probenaufarbeitung (teilweise) verloren gehen können.