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2.3 Mikroplastik

2.3.3 Vorkommen

MP in marinen Ökosystemen

Obwohl erste Berichte, welche sich mit dem Vorkommen von kleinen Plastikpar-tikeln und -fasern in Meeren beschäftigten, bereits in den frühen 70iger Jahren veröffentlicht wurden,[144–146] spielte dieses Thema in den folgenden Jahrzehn-ten für die Forschung nur eine untergeordnete Rolle. Es beschäftigJahrzehn-ten sich nur wenige Studien mit dem Vorkommen von kleinen Plastikpartikeln in marinen Systemen.[130, 147–151]. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts berichteten mehrere Stu-dien von überraschend hohen MP-Konzentrationen im nordpazifischen Wirbel[152]

(334,271 Fragmente/km2, Netz mit 330 µm Maschenweite, optische Identifizierung) und in Küstengebieten im südlichen Kalifornien[152, 153] (10 Fragmente/m2 vor ei-nem Sturm bzw. 60 Fragmente/m2 nach dem Sturm, 300 µm Neustonnetz, optische Identifizierung). In Folge dessen fanden zahlreiche Untersuchungen statt.

Die meisten Publikationen beschäftigen sich mit dem MP-Vorkommen im (Nord)At-lantik. Bereits 1972 fanden Carpenter et al. 3,500 Pellets/km2 (Netz mit 330 µm Maschenweite, optische Identifizierung) bzw. 0.275 PE-Pellets/km2(Netz mit 335 µm Maschenweite, Identifizierung mit IR).[144, 145] Neuere Studien bestätigen diese Ergebnisse. Law et al. konnten in einer umfassenden Analyse der Kunststoffanrei-cherung über 22 Jahre (1986 – 2008) in 62% aller 64,000 untersuchten Netzproben Kunststoffe finden (Maschenweite: 330 µm). Die Gesamtanzahl liegt zwischen 10,000 und 100,000 Fragmenten/km2 und hängt stark von der untersuchten Region sowie den Konvergenzströmen an der Oberfläche ab.[154] Kukulka et al. fanden mehr als 50,000 Fragmente/km2 bei geringen Windstärken (Maschenweite: 335 µm, optische Identifizierung).[155]

Zusätzlich zum Pazifik wurde MP in den letzten Jahren in den anderen Weltmeeren und an den Küsten aller fünf Kontinente gefunden.[92, 100, 101] Auch in abgelegenen Orten wie dem Arktischen und Südlichen Ozean, sowie in der Tiefsee, konnte MP nachgewiesen werden.[100, 156, 157]

MP in Süßwasser-Ökosystemen

Trotz des zunehmenden Interesses und des Wissens über die Kontamination der Meere mit MP, wurde das Vorkommen in limnischen („Binnenwasser”-)Ökosystemen lange übersehen. Erst 10 Jahre nach dem gestiegenen Interesse an MP in marinen Systemen, wurde 2011 erstmals von Zbyszewski und Corcoran eine Studie zum Vorkommen von kleinen Plastikpartikeln im Huronsee, Kanada, veröffentlicht.[108]

Die Autoren konnten zeigen, dass die Konzentration stark vom beprobten Ort abhängt. Die maximale Anzahl an Partikeln lag dabei bei 408 Fragmenten/m2,

der Mittelwert betrug 37.8 Fragmente,/m2 (Sedimentproben, optische Identifi-zierung mit Mikro-FTIR an 45 Partikeln). Seitdem wurde MP auch in weiteren Seen wie dem Genfersee[158] (48,146 Fragmenten/km2, Mantanetz mit 300 µm, optische Identifizierung) und dem Gardasee[103] (maximal 1,108 ± 983 Fragmente, Sedimentproben, Dichtefraktionierung mit ZnCl2, RM-Identifizierung aller un-tersuchten Partikel) nachgewiesen. Eine weitere umfangreiche Studie von Faure et al. fand in 6 Schweizer Seen durchschnittlich 1,300 Partikel/m2 pro See für Sedimentproben (optische Identifizierung, ATR-FTIR für MP >1 mm) bzw. durch-schnittlich 91,000/km2 bei Beprobung der Wasseroberflächen (Mantanetz: 333 µm, optische Identifizierung, ATR-FTIR für MP >1 µm).[159] MP wurde weiterhin in den Großen Seen in den USA nachgewiesen, wo Eriksen et al.[126] durchschnitt-lich 43,000 Fragmente/km2 pro See fanden. Stromabwärts zweier großer Städte wurden Werte bis 466,000 Fragmente/km2 festgestellt (Maschenweite: 333 µm, Dichtefraktionierung mit NaCl-Lösung, optische Identifizierung). Durch zusätzli-che Energiedispersive Röntgenspektroskopie(EDS)-Analysen konnten die Autoren zeigen, dass 20% aller Partikel <1 mm, welche optisch als MP identifiziert wur-den, tatsächlich anorganischen Ursprungs waren. Auch in entlegenen Seen wie dem Chöwsgöl Nuur in der Mongolei wurden durchschnittlich 20,264 Partikel/km2 gefunden (Maschenweite: 333 µm, optische Identifizierung).[160]

Zusätzlich wurde MP in verschiedenen Flüssen in Europa,[161, 162] sowie Nord-[163–

165] und Südamerika[166] nachgewiesen. Die Donau enthielt bis zu 141 Partikel/m3, mit einer durchschnittlichen Anzahl von 0.93 Partikel/m3 (Treibnetz mit Maschen-weite 500 µm, Dichtefraktionierung mit Wasser, optische Identifikation).[161] Klein et al. fanden 228 bis 3,763 Partikel/kg im Rhein und 786 bis 1,368 Partikel/kg im Main (Sedimentproben, Dichtefraktionierung mit NaCl-Lösung, optische Iden-tifizierung, ATR-FTIR für Partikel >630 µm).[162] Yonkos et al. untersuchten vier Flüsse in der Chesapeake Bay-Flussmündung in den USA und fanden stark variierende Konzentrationen an MP (<1.0 bis 560 g/km2, Maschenweite 330 µm, optische Identifizierung, 10 Partikel mit RM).[164] Faure et al. wiesen mittlere Konzentrationen von 0.1 bis 64 Partikel/m3 (Mantanetz: 300 µm, ATR-FTIR für Partikel >1 mm) in fünf Schweizer Flüssen nach.[159]

Vergleichbarkeit der Studien

Da die Ergebnisse der Studien zum Vorkommen von MP stark von Probennahme, -aufbereitung und -identifikation abhängen und eine Vielzahl an Einheiten zur Angabe der Konzentration Anwendung findet,[92, 95, 97, 101, 167] ist es nahezu unmöglich die Ergebnisse zu vergleichen. Um eine aussagekräftige Interpretation gewährleisten zu können, müssen stets der verwendete Größenbereich und die Iden-tifizierungsmethode zusätzlich zum bloßen Zahlenwert angegeben werden (vgl. auch Kapitel 2.3.3). Auf Grund der fehlenden einheitlichen Definition von MP wurden

2.3. Mikroplastik

zahlreiche Obergrenzen der Partikelgröße formuliert. Diese reichen von 10 mm[98]

über 6 mm[168] und 2 mm[99] bis zu 1 mm.[110, 118] Noch größere Uneinigkeit herrscht bei der Untergrenze. Diese hängt zumeist von der Probennahmemethode ab.[101] Bei gesiebten Sedimentproben liegt die untere Grenze zwischen 0.5 und 2 mm. Bei Filtration des Gewässers hängt das Limit von der Maschenweite des Netzes ab; gängigerweise werden 333 µm verwendet. Die Maschenweite kann aber von 53 µm bis 3 mm reichen. Die Grenze bei einer direkten Probennahme wird durch die Größeneffizienz der verwendeten Filter bestimmt und liegt bei 1.6 bis 2 µm.

Aus analytischer Sicht wäre es sinnvoll, alle Plastikpartikel, welche im Mikrometer-bereich, d.h. 1 bis 1000 µm, liegen, als MP zu definieren. Eine obere Grenze von 5 mm ist jedoch mittlerweile weitgehend etabliert und sollte daher aus Gründen der Vergleichbarkeit beibehalten werden. Für die untere Grenze müssen noch kla-re Richtlinien festgelegt werden. Verschiedene Studien verwendeten 500 µm,[161]

330 – 333 µm,[152, 155, 160] 20 µm,[109] 10 µm[120] und 1 µm[101, 103, 115] als untere Grenze. Da speziell sehr kleine MP-Partikel (<10 µm) im Verdacht stehen, negative Auswirkungen auf Biota hervorzurufen (vgl. Kapitel 2.3.5) und zusätzlich die Adsorption von Schadstoffen mit abnehmender Größe auf Grund des steigenden Oberfläche-zu-Volumen-Verhältnisses zunimmt, sollten diese Partikel in die Studien miteinbezogen werden. Da geeignete Analysemethoden für Partikel im Nanome-terbereich fehlen, wurde das Vorkommen in aquatischen Systemen bisher nicht untersucht. Es wird jedoch ein Zusammenhang zwischen der Anzahl an (sowohl primären als auch sekundären) Plastik-Nanopartikeln und deren Umwelteinfluss angenommen.[169, 170]

Auch die unterschiedlichen Identifizierungsmethoden resultieren in Ergebnissen, die oftmals nicht vergleichbar sind. Zumeist werden entweder die optische Identifizierung oder spektroskopische Methoden (RM und FTIR) verwendet. Obwohl die optische Identifizierung eine Vielzahl an Fehlerquellen birgt (vgl. Kapitel 2.3.2), wird sie weiterhin oftmals eingesetzt, um höhere Kosten zu vermeiden. Die Verlässlichkeit der Ergebnisse, welche mit dieser Methode erhalten wurden, ist jedoch sehr gering.

Vor allem bei der Analyse von Fasern unterscheidet sich die Methode stark. Manche Gruppen geben die Länge und den Durchmesser der Fasern als Größe an, während andere ausschließlich den Durchmesser verwenden.[101] Letzteres resultiert in stark irreführenden Größenangaben.