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Inhaltliche Aufgabe des Vorbereitungsdienstes ist es, den Lehramtskandi-dat_innen berufliche Handlungsfähigkeit bezogen auf die Lehrerqualifika-tionen Unterrichten, Erziehen, Beraten, Beurteilen, Innovieren, Organi-sieren und Verwalten zu vermitteln. Sie sollen dazu befähigt werden, den Beruf der Lehrer_in selbstständig ausüben zu können (vgl. z. B. § 13 OVP Brandenburg). Dazu ist die unmittelbare berufliche Handlungskompetenz auszuprägen und eine erste Routinisierung auf Basis der im Studium er-langten Kenntnisse einzuüben (Offenberg/Walke 2013: 19).

Hermann Josef Abs und Eva Anderson-Park (2014: 489) sprechen verallgemeinernd von „Berufseinführungsprogrammen“, um auch andere Staaten in ihre Betrachtung einbeziehen zu können. Für Deutschland ist damit der Vorbereitungsdienst gemeint. Berufseinführungsprogramme sind nach Abs/Anderson-Park

„eine Gruppe von Lehr-Lern-Arrangements, die dem Ziel dienen, die Berufsfähigkeit von Lehrpersonen nach dem Abschluss einer aka-demischen Ausbildung zu entwickeln und sicherzustellen. Die Ar-rangements können mit Traineeprogrammen verglichen werden. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie im Prozess der Lehrerbildung nach dem Abschluss einer akademischen Ausbildung einsetzen.

Neben der qualifizierenden Funktion haben Berufseinführungspro-gramme eine selektierende Funktion. In einigen Bildungssystemen stellt nicht nur die Teilnahme, sondern auch das Bestehen von Über-prüfungen eine notwendige Bedingung für die Vergabe eines berech-tigenden Zertifikats zur dauerhaften Berufsausübung dar.“

Die Forschung zur Wirkung von Berufseinführungsprogrammen ist unter-entwickelt. Als Grenzen dieser Forschung benennen Abs/Anderson-Park:

realisierbare Forschungsdesigns (z. B. Querschnitt mit Kohortenvergleich statt individueller Längsschnitte), Diversität der Programme, unzureichen-de Operationalisierung unzureichen-der potenziell wirksamen Bedingungen, Beschrän-kung auf einzelne Unterrichtsfächer, Bildungsgänge und Länder (ebd.:

501). In Deutschland sind anhand der KMK-Standards im Prinzip auch Er-folgskriterien definiert. Allerdings könnten Standards noch nichts darüber aussagen, wie die Implementation gemessen werden soll. Kennziffern und

5.

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Indikatoren jedoch stünden durchaus zur Verfügung: Verbleib im Beruf, Selbstwirksamkeit, Belastung, Kompetenzeinschätzung zum eigenen Lehr-verhalten, Wissen, Schülerleistung (ebd.: 503).

Das deutsche System des Vorbereitungsdienstes ist in Europa ein Sonderfall. Durch neue Modelle an Universitäten und erweiterte Praxispha-sen besteht ein Legitimationsdruck für die zweite Phase. In einigen Bun-desländern wird über die Teilintegration des Vorbereitungsdienstes in die Masterstudiengänge nachgedacht, hauptsächlich um die nötige Anzahl an ECTS-Punkten zu erreichen. Seit Langem gibt es auch Überlegungen und Vorschläge zur einphasigen Lehrerbildung unter Ägide der Universitäten (vgl. Hascher/Winkler 2017). Die OECD (2004) warnt davor, ebenso Exper-ten. Sie heben das Ergänzungsverhältnis von erster und zweiter Phase her-vor (Huwendiek 2010: 221).

Vorschläge, den Vorbereitungsdienst abzuschaffen, formulierten dagegen Brenner (o. J.), der DIHK (2005) und die BDA (2001). Ersetzt werden solle er durch „Training on the Job“, also Traineeprogramme. Der Vorberei-tungsdienst stelle aufgrund der Dualität von Theorie und Praxis eine Beson-derheit dar. Eine Lehrerbildung an der Schule ohne theoretische Begleitung in den Studienseminaren sei jedoch kostengünstiger, effektiver und praxist-auglicher. Daher sollten angehende Lehrer, so DIHK und BDA, in ein Perso-nalentwicklungssystem aus Coaching, Supervision und Traineeprogrammen eingebunden werden. Dominierend aber sei als grundlegende Denkfigur nach wie vor die Komplementarität von erster und zweiter Phase (Huwen-diek 2010: 222).

5.1 Anforderungen: KMK-Vereinbarungen und Länderregelungen

Als Zugangsvoraussetzungen zum Vorbereitungsdienst wurden länderüber-greifend die Erste Staatsprüfung, der Master of Education bzw. die Aner-kennung von Hochschulprüfungen lehramtsbezogener Bachelor- und Mas-terstudiengänge gemäß den Empfehlungen von KMK und HRK vereinbart (vgl. KMK/HRK 2008). Damit sollten an sich auch Wechsel in den Vorbe-reitungsdienst eines anderen Bundeslandes unkompliziert möglich sein. In der Praxis jedoch zeigen sich Probleme:

Die Diversität der konsekutiven Studienmodelle (Bachelor, Master, Staatsexamen, modularisierte Strukturen, Praxisphasen, neue Cur-ricula) hat zur Folge, dass sich der Beginn der zweiten Phase der Lehrerbildung nicht einheitlich gestaltet (Huwendiek 2010: 221).

Der Vorbereitungsdienst 5.

Zugang und Dauer des Vorbereitungsdienstes unterscheiden sich im Vergleich der Bundesländer.

Letzteres betrifft auch die Regelungen für Seiten- und Quereinstei-ger.1

Generell werden die Zugangsregelungen als zu starr empfunden.

Insgesamt würden durch „kleinteilige Zulassungsbedingungen struktureller oder inhaltlicher Art“ die im Bologna-Prozess „intendierte Übergangsnor-mierung“ ausgehebelt. Die unterschiedlichen Länderregelungen erzeugten so Mobilitätshemmnisse nach dem Studium. Das Ziel dagegen müsse die re-gelhafte gegenseitige Anerkennung der Studienabschlüsse der Länder und Hochschulen sein (Bönsch/Müller 2013: 9).

Bestimmungen zum Vorbereitungsdienst sowie den Aufgaben, Inhalten und Zielen der Studienseminare sind in den Bundesländern sowohl gesetzlich als auch untergesetzlich in Richtlinien, Erlassen und Ver-ordnungen geregelt. Es kann hier exemplarisch auf die Ordnung des Vorbe-reitungsdienstes des Landes Brandenburg (OVP) verwiesen werden:

O Danach ist es Ziel des Vorbereitungsdienstes, „Lehramtskandidatinnen und Lehramtskandidaten zu befähigen, selbstständig den Beruf der Leh-rerin oder des Lehrers ausüben zu können. Das heißt insbesondere, dass sie berufliche Handlungsfähigkeit bezogen auf die Lehrerqualifikationen Unterrichten, Erziehen, Beraten, Beurteilen, Innovieren, Organisieren und Verwalten erwerben“ (§ 13 OVP).

O Konkret zielen die Hauptseminare, welche in den Studienseminaren im Land Brandenburg einmal wöchentlich für drei Stunden abgehalten werden, auf die Vermittlung von Inhalten der „Erziehungswissenschaft, insbesondere der allgemeinen Didaktik unter schulpraktischen Gesichtspunkten, daneben Recht und Verwaltung der Schule“. In den Fachseminaren, welche ebenfalls einmal wöchentlich für drei Stunden stattfinden, „werden Gegenstände der Unterrichtspraxis vornehmlich unter fachdidaktischen Gesichtspunkten be-handelt, verschiedene Unterrichtsformen erörtert, beraten und erprobt“2. Während Organisation und Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes von den Ländern geregelt werden, sind Erfolgskriterien in den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz festgelegt. Neben anderen sind dies insbesonde-re die „Anforderungen für die Ausgestaltung des Vorbeinsbesonde-reitungsdienstes“.

1 vgl. unten 6. Berufsbegleitende Qualifizierungen von Quer- und Seiteneinsteigern 2 http://www.mbjs.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb2.c.448243.de (28.10.2016)

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Sie enthalten länderübergreifende Richtlinien zur Gestaltung der zweiten Phase anhand von Zugangsvoraussetzungen und Anweisungen für die in-haltliche Ausgestaltung. Betont wird der Ausbildungscharakter des Vorbe-reitungsdienstes (KMK 2012) (Tafel 33).

Tafel 33: KMK: Ländergemeinsame Anforderungen für den Vorbereitungsdienst

Während des Vorbereitungsdienstes sollen Kompetenzen in folgenden Handlungsfeldern entwickelt werden:

„Bildung und Erziehung: Begründung und Reflexion von Bildung und Erziehung in institu-tionellen Prozessen

Beruf und Rolle des Lehrers: Lehrerprofessionalisierung; Berufsfeld als Lernaufgabe; Umgang mit berufsbezogenen Konflikt- und Entscheidungssituationen

Didaktik und Methodik: Gestaltung von Unterricht und Lernumgebungen

Lernen, Entwicklung und Sozialisation: Lernprozesse von Kindern und Jugendlichen inner-halb und außerinner-halb von Schule

Leistungs- und Lernmotivation: Motivationale Grundlagen der Leistungs- und Kompetenz-entwicklung

Differenzierung, Integration und Förderung: Heterogenität und Vielfalt als Bedingungen von Schule und Unterricht

Diagnostik, Beurteilung und Beratung: Diagnose und Förderung individueller Lernprozesse;

Leistungsmessungen und Leistungsbeurteilungen

Kommunikation: Kommunikation, Interaktion und Konfliktbewältigung als grundlegende Elemente der Lehr- und Erziehungstätigkeit

Medienbildung: Umgang mit Medien unter konzeptionellen, didaktischen und praktischen Aspekten

Schulentwicklung: Strukturen und Entwicklung des Bildungssystems und Entwicklung der einzelnen Schule

Bildungsforschung: Ziele und Methoden der Bildungsforschung; Interpretation und Anwen-dung ihrer Ergebnisse.“

Quelle: KMK (2012: 3 f.)

Laut KMK-Beschluss zu den inhaltlichen Anforderungen für die Fachwis-senschaften und Fachdidaktiken sollen im Vorbereitungsdienst folgende Kompetenzen erreicht bzw. weiterentwickelt werden (KMK 2016b: 4):

1. fachliches bzw. fachrichtungsspezifisches Lernen planen und ge-stalten,

2. Komplexität unterrichtlicher Situationen bewältigen, 3. Nachhaltigkeit von Lernen fördern,

4. fach- bzw. fachrichtungsspezifische Leistungsbeurteilung beherr-schen,

5. Unterricht in heterogenen Lerngruppen planen, durchführen und analysieren,

6. die Fähigkeit, in multiprofessionellen Teams zu kooperieren.

Der Vorbereitungsdienst 5.