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5 DISKUSSION

5.1 Verwendete Mäuseinzucht- und Defektmutantenstämme

Im ersten Versuchsblock wurden 3 Mäuseinzuchtstämme (C3H/HeJ, C57BL/6J und FVB/N) zur Verifizierung der mit dem HpSS1-Mausmodell erzielten Ergebnisse von JANKE (2000) und zur Etablierung eines neuen H. pylori-Mausmodells mit den Isolaten Hp87 und Hp89 eingesetzt.

Der Stamm C3H/HeJ wurde aufgrund einer Mutation im Toll-like Rezeptor 4 (Tlr4)-Lokus ausgewählt. Im Gegensatz zum Substamm C3H/HeN (Tlr4lps-n-Allel) besitzt er das Defektallel Tlr4lps-d und weist eine damit verbundene, reduzierte Immunantwort auf parenteral appliziertes LPS auf (VETVICKA, 1991). C3H/HeJ gehört mit dem Stamm C57BL/6J zu den am häufigsten in der tierexperimentellen Forschung eingesetzten Mäuseinzuchtstämmen. Auch in der Originalarbeit von LEE et al. (1997) fand der Stamm C3H/He bereits Verwendung. Eine Differenzierung zwischen den beiden Substämmen wurde jedoch nicht gemacht. Der Mausstamm C3H/HeJ wies in der Vorgängerarbeit nach 1-, 4-, und 6-monatiger Beobachtungsdauer relativ hohe Kolonisations- und Entzündungsgrade der Magenschleimhaut auf.

Der Stamm C57BL/6J wurde ebenfalls von LEE et al. (1997) zur Etablierung des standardisierten HpSS1-Mausmodells verwendet. Die Mäuse zeigten nach 3,5 Monaten eine gering- bis mittelgradige, chronisch-aktive Gastritis, die bis zum sechsten Monat an Schwere zunahm und mit hochgradigen Kolonisationsraten einherging. Zusätzlich traten atrophische Veränderungen nach 8 Monaten post inoculationem auf. In der Arbeit von JANKE (2000) wiesen die C57BL/6J-Mäuse nach 4-monatiger Beobachtungsdauer relativ hohe Entzündungsgrade der Magenschleimhaut auf.

Tiere des Stammes FVB/N werden häufig zur Entwicklung von transgenen Mutanten verwendet und wurden bereits in einer H. pylori-Infektionsstudie zur Überprüfung der H. pylori-Anheftungsmechanismen an die Magenschleimhaut eingesetzt (GURUGE et al., 1998). In der Arbeit von JANKE (2000) wurden sie erstmalig mit HpSS1 inokuliert und wiesen die geringgradigsten leukozytären Infiltrationen und Kolonisationsraten nach Infektionsdauern von 4 und 6 Monaten auf.

Der zweite Versuchsblock umfasste die HpSS1-Inokulation ausgewählter Defekt-mutantenstämme (B10.BR-Faslpr, B6.129P2-Il10tm1Cgn, B6.129S7-Icam1tm1Bay, B6.129S7-Rag1tm1Mom und B6.129-Tnfrsf1atm1Mak) und ihrer jeweiligen Hintergrund-stämme C57BL/6J und B10.BR.

Der Stamm B10.BR-Faslpr (auf B10.BR-Hintergrund) wurde zur Überprüfung der Rolle des Fas-Oberflächenantigens bei der Entstehung einer H. pylori-assoziierten Gastritis eingesetzt und unseres Wissens erstmalig mit HpSS1 infiziert. H. pylori fördert die Expression von Fas-Antigen auf den Magenepithelzellen und führt nach Bindung mit dem Fas-Liganden (v.a. auf Th1-Zellen) zur gesteigerten Apoptose der Fas-exprimierenden Zelle (WAGNER et al., 1997; RUDI et al., 1998; WANG et al., 2000). Im H. felis-Modell wurden Fas-defiziente Mutanten auf B6.MRL-Hintergrund eingesetzt. Im Gegensatz zu den Defektmutanten zeigten die Wildtypen nach 6-monatiger Beobachtungszeit eine gesteigerte Entzündungsreaktion mit Beteiligung neutrophiler Granulozyten (HOUGHTON et al., 2000). In einer kürzlich durch-geführten Studie von JONES et al. (2002) wurden Fas-Ligand-defiziente Defekt-mutanten (B6Smn.C3H-Fasgld) mit HpSS1-inokuliert und wiesen nach 12 Wochen im Vergleich zu den HpSS1-inokulierten Wildtypen (C57BL/6) häufiger Magen-schleimhautatrophien auf. Ein Unterschied zwischen den Mausstämmen bezüglich des Entzündungsgrades der Magenschleimhaut nach 6 und 12 Wochen post inoculationem bestand nicht.

Der Defektmutantenstamm B6.129-Tnfrsf1atm1Mak wurde ebenfalls zur Überprüfung der Rolle der Apoptose (ERNST et al., 1997; HUG, 2000) sowie der zellulären Immunantwort im H. pylori-Infektionsgeschehen ausgewählt und unseres Wissens erstmalig mit HpSS1 infiziert. In einer kürzlichen Studie wurden TNF-R1-defiziente Mäuse (auf C57BL/6-Hintergrund) mit 6 verschiedenen klinischen H. pylori-Isolaten inokuliert. Im Vergleich zu den Wildtypen konnten keine Unterschiede bezüglich Entzündungsgrad der Magenschleimhaut und Aktivitätsgrad der Entzündung festgestellt werden (THALMAIER et al., 2002).

Tiere des Stammes B6.129P2-Il10tm1Cgn wurden auch von JANKE (2000) im HpSS1-Mausmodell eingesetzt. Ferner wurden B6.129P2-Il10tm1Cgn-Mäuse zu Überprüfung des Einflusses von IL-10 auf die Entzündungsvorgänge und das

Kolonisations-geschehen im HpSS1-Modell von CHEN et al. (2001) sowie im H. felis-Modell von BERG et al. (1998) verwendet. Die Helicobacter-infizierten Il10tm1Cgn-Mäuse entwickelten eine schwere hyperplastische Gastritis (BERG et al., 1998; JANKE, 2000; MÄHLER et al., 2002) und wiesen geringere (CHEN et al., 2001) bis den Wildtypen (C57BL/6J) gleiche (JANKE, 2000; MÄHLER et al., 2002) Kolonisations-raten auf.

Il10tm1Cgn-Mäuse finden auch als Modellsystem für chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) des Menschen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) Ver-wendung. Die Mäuse entwickeln spontan nach dem Absetzen eine chronische Darmentzündung, wobei der Dickdarm am stärksten betroffen ist (KÜHN et al., 1993;

BRISTOL et al., 2000). In den vorliegenden Untersuchungen wurde zusätzlich unter-sucht, ob eine HpSS1-Infektion einen Einfluss auf das Entzündungsgeschehen im Dickdarm dieser Mäuse hat.

Ein weiterer Entzündungsmediator im H. pylori-Infektionsgeschehen ist das inter-zelluläre Adhäsionsmolekül ICAM-1, dessen Expression auf vaskulärem Endothel im Zuge der unspezifischen Immunantwort auf H. pylori durch die verstärkte Produktion von IL-1β und TNF-α gesteigert wird. Dadurch können Leukozyten (v.a. neutrophile Granulozyten) aus den Gefäßen in die Mukosa der Magenschleimhaut emigrieren (TALMADGE et al., 1988; HATZ et al., 1997). Zur Überprüfung der Rolle dieses Mediators im H. pylori-assoziierten Entzündungsgeschehen wurden Tiere des Stammes B6.129S7-Icam1tm1Bay unseres Wissens erstmalig mit HpSS1 infiziert.

Zur Überprüfung der Rolle des spezifischen Immunsystems im H. pylori-Infektionsgeschehen wurden die Defektmutanten des Stammes B6.129S7-Rag1tm1Mom ausgewählt. Sie weisen einen kombinierten T- und B-Zell-Immundefekt auf und sind den von JANKE (2000) eingesetzten C.B-17-Prkdcscid-Mäusen ähnlich.

Beide Defektmutantenstämme wurden schon im H. felis-Mausmodell eingesetzt. Die C.B-17-Prkdcscid-Mäuse wiesen eine Infiltration mit überwiegend unspezifischen Immunzellen in der Magenschleimhaut auf. Es war kein Unterschied bezüglich der Kolonisationsraten im Vergleich zu den Wildtypen festzustellen (BLANCHARD et al., 1995). Bei den C57BL/6J-Ragtm1Mom-Mäusen blieb eine Entzündungsreaktion im Vergleich zu den Wildtypen weitestgehend aus. Im Gegensatz zu den Ergebnissen

von BLANCHARD et al. (1995) wiesen die Defektmutanten höhere Kolonisationsraten als die Wildtypmäuse auf (ROTH et al., 1999).